IHK-Konjunktur regional: Geschäftserwartungen allerorts im freien Fall

Belastungsprobe für große Teile der Ostthüringer Wirtschaft

Hohe Energiepreise, Sorgen um die Versorgungssicherheit, Inflationsdruck und der Fachkräftemangel prägen die Stimmung der Wirtschaft in ganz Ostthüringen. Vor allem die Frage nach der Bezahlbarkeit und Sicherheit der Energieversorgung belastet die Unternehmen. Das zeigt die Konjunkturumfrage der IHK Ostthüringen zu Gera im Herbst 2022, an der rund 400 Unternehmen mit zusammen 13.900 Beschäftigten teilgenommen haben.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sich zu einem Teil aus den Bewertungen zur aktuellen Geschäftslage, zum anderen aus den Erwartungen der Unternehmen zusammensetzt, gibt im Vergleich zur Vorumfrage im Frühjahr 2022 um 23 Punkte nach. Von möglichen 200 Punkten werden aktuell nur 71,5 Punkte erreicht und damit derzeit deutlich weniger als im Zehnjahresdurchschnitt von 112,7 Punkten.
„Noch sind 76 Prozent der Unternehmen mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden, während 24 Prozent zu einem negativen Urteil kommen. Allerdings sind die Prognosen der Betriebe mehrheitlich ungünstig“, erklärt Almut Weinert, Leiterin des Geschäftsbereichs Wirtschaft und Technologie in der IHK Ostthüringen zu Gera. Der Grund für die deutliche Stimmungseintrübung liege in den massiv eingebrochenen Geschäftserwartungen. Unter dem Eindruck des Energiepreisschocks gehen derzeit 63 Prozent der Firmen von einer schlechteren Geschäftsentwicklung aus. Eine positive Einschätzung geben indes nur neun Prozent der befragten Unternehmer ab.

Die Regionalanalyse der IHK Ostthüringen zeigt, wie sich die Entwicklung in den Ostthüringer Landkreise und kreisfreien Städten im Detail darstellt:

In der kreisfreien Stadt Gera bewerten die Unternehmen ihre Lage besser als im Frühjahr 2022 – jeder Zweite meldet gute Geschäfte, weitere 30 Prozent der Betriebe fällen ein befriedigendes Urteil. Allerdings verschlechtern sich die Erwartungen deutlich. 62 Prozent der Befragten geben eine negative Geschäftsprognose ab. Zuversichtlich zeigen sich derzeit nur 16 Prozent der Geraer Firmenchefs. Angesichts der unklaren Versorgungsperspektive bei Energie und der Preisentwicklung sind die Personal- und Investitionspläne zurückhaltend. Nur drei Prozent der Betriebe wollen zusätzliche Stellen schaffen, während der Großteil der Befragten (82 Prozent) keine personellen Veränderungen plant. Zugleich erwarten 61 Prozent der Unternehmen weniger oder gar keine Investitionen.
Die Stimmung unter den Unternehmen in der kreisfreien Stadt Jena kühlt merklich ab. Der Index zur Geschäftslage fällt auf acht Saldenpunkte. Das ist ein Minus von 25 Punkten gegenüber der Vorumfrage im Frühjahr 2022. Bei den Erwartungen überwiegen die negativen Einschätzungen. 56 Prozent der Firmen rechnen mit einer ungünstigeren Entwicklung. Entsprechend gehen die Einstellungsbereitschaft und die Investitionsabsichten zurück. Gleichwohl sind die Aussichten für Jobsuchende in Jena im Ostthüringer Vergleich noch am günstigsten: 17 Prozent der befragten Firmen aus der Lichtstadt planen mit einer größeren Mitarbeiterzahl.
Auch im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gerät der Konjunkturmotor angesichts der Energiepreisexplosion ins Stocken. Der regionale Konjunkturklimaindikator gibt um 16 Punkte nach und fällt auf einen Wert von 75,6 – von 200 möglichen Punkten. Vor allem der Ausblick der Unternehmen auf die nächsten Monate hat sich eingetrübt. Gab im Frühjahr 2022 noch jedes fünfte Unternehmen eine positive Einschätzung zur Geschäftsentwicklung ab, so sind es derzeit nur noch sieben Prozent der Befragten. Neue Stellen wollen derzeit lediglich zwei Prozent der Firmen am Saalebogen schaffen, weitere 84 Prozent planen mit einer konstanten Beschäftigtenzahl.
Die Unternehmen im Saale-Holzland-Kreis sind im Herbst 2022 weniger zufrieden mit ihrer gegenwärtigen Lage. Zwar bewerten 71 Prozent der Befragten ihre aktuellen Geschäfte mit gut oder befriedigend, aber der Anteil jener Unternehmen mit einer negativen Einschätzung hat sich im Vergleich zum Frühjahr um 18 Punkte auf 29 Prozent erhöht. Bei 36 Prozent der Firmen ist das Auftragsvolumen im Vorjahresvergleich zurückgegangen, weitere 39 Prozent melden konstante Bestellungen. Eine positive Prognose zur Geschäftsentwicklung geben derzeit nur acht Prozent der Firmen ab, während sich zwei Drittel der befragten Unternehmen rund um das Hermsdorfer Kreuz pessimistisch äußern. Die gedämpften Erwartungen schlagen sich in zurückhaltenden Personal- und Investitionsplänen der Firmenchefs nieder.
Nach der Stimmungsaufhellung im Frühjahr verliert die Konjunktur im Saale-Orla-Kreis wieder an Schwung. Jedes vierte Unternehmen bewertet seine Geschäftslage als gut, während sich 39 Prozent unzufrieden äußern. Per Saldo ist das ein Rückgang um 32 Punkte. Erwartungsseitig sind mit einem Anteil von 67 Prozent (plus sieben) die negativen Ausblicke klar in der Mehrzahl. Die Beschäftigungs- und Investitionsabsichten sind daher verhalten. Ein Beschäftigtenplus im Unternehmen erwartet nur jeder 16. Firmenchef und höhere Investitionsausgaben sind derzeit bei nur 16 Prozent der Betriebe im Landkreis vorgesehen.
Auch im Landkreis Greiz belasten die Energie- und Rohstoffpreise die Unternehmen zunehmend. Neun von zehn Betrieben sehen darin eine Gefahr für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Eine deutliche Entspannung der Situation erwarten die wenigsten der hiesigen Firmen. 76 Prozent der Unternehmen geben mit Blick auf die nächsten 12 Monate eine negative Einschätzung ab. Dies spiegelt sich in den Umsatzerwartungen wider: Trotz allgemeiner Teuerung gehen nur 17 Prozent der Befragten auf höheren Erlösen in den nächsten Monaten aus. 56 Prozent der Betriebe im Landkreis Greiz erwarten indes geringere Umsatzzahlen.
Die Unternehmen im Altenburger Land bewerten ihre aktuelle wirtschaftliche Situation geringfügig besser als im Frühjahr. 29 Prozent der Firmen melden gute Geschäfte, weitere 58 Prozent sind zufrieden. Eine schlechte Lage verzeichnen 13 Prozent der Befragten. Jedoch ist auch im Altenburger Land der Ausblick der Firmen mehrheitlich negativ – 58 Prozent der Betriebe erwarten eine Verschlechterung. Investitionen werden daher vielerorts aufgeschoben oder gestrichen. 79 Prozent der befragten Unternehmen planen mit einem kleineren Budget oder werden in den kommenden Monaten nicht investieren. Neue Stellen will derzeit nur jeder 20. Unternehmer schaffen.
14.11.2022, ba