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Teilqualifikation – Chance für Chef und Mitarbeiter
Fachwissen und Berufserfahrung – das zeichnet qualifizierte und kompetente Mitarbeiter aus. Kein Unternehmen kann auf sie verzichten, dennoch ist die Suche nach den passenden neuen Kollegen oft nicht erfolgreich. Facharbeiter mit einem „dualen“ Berufsabschluss fehlen am häufigsten. Mit Teilqualifikationen können Unternehmer an- und ungelernten Mitarbeitern mit Berufserfahrung einen zertifizierten beruflichen Abschluss ermöglichen und wertvollen Fachkräften eine Perspektive bieten. Wie das gelingen kann, darüber sprechen Antje Baier, Projektleiterin von „Chancen nutzen! Mit Teilqualifikationen Richtung Berufsabschluss“ und Andreas Drosdzoll, Sachgebietsleiter Prüfungen in der IHK Ostthüringen, im Interview.
TQs gibt es auch für viele dreijährige Berufe, zum Beispiel für Metall- und Elektroberufe.
Wozu sind Teilqualifikationen gut?
Antje Baier, Projektleiterin von „Chancen nutzen! Mit Teilqualifikationen Richtung Berufsabschluss“
Antje Baier: Wir machen das, um den Betrieben weitere Wege der Fachkräftegewinnung zu eröffnen – entweder, indem sie mehr einschlägig qualifizierte Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit finden, oder indem sie ihre eigenen Beschäftigten transformationsfit machen. Wir sprechen hier von einer riesigen Zielgruppe: Im Jahr 2024 waren laut Bundesinstitut für Berufsbildung 2,1 Millionen der 25- bis 34-Jährigen hierzulande ohne Berufsabschluss. Bei den Geringqualifizierten bis zum Rentenalter erreichen die Schätzungen hohe zweistellige Millionenwerte.
Können Angelernte, die mehr aus sich machen möchten, nicht einfach in eine Ausbildung eintreten und ihren Berufsabschluss nachholen?
Antje Baier: Viele dieser Menschen sind im Berufsalltag sehr kompetent, haben aber Berührungsängste mit Theorie und Prüfungen. Für sie bietet die Teilqualifikation einen super Einstieg – die Teilnahme ist niedrigschwellig, und TQs bieten quasi „in Häppchen“ die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Das wird gut angenommen. Und es gibt schöne Geschichten von Menschen, die sich über TQs völlig neu erfinden.
Andreas Drosdzoll, Sachgebietsleiter Prüfungen in der IHK Ostthüringen
Können Sie da ein Beispiel nennen?
Andreas Drosdzoll, Sachgebietsleiter Prüfungen in der IHK Ostthüringen
Andreas Drosdzoll: Sehr beeindruckend finde ich etwa den Fall einer beruflichen Quereinsteigerin, die per Teilqualifizierung zur Fachlageristin wurde. Die Teilnehmerin arbeitet nunmehr seit vielen Jahren erfolgreich in einem Ostthüringer Unternehmen.
TQs erreichen also Menschen, die sich auf den klassischen Weg zur formalen Berufsausbildung nicht mehr einlassen wollen oder können?
Antje Baier: Genau. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das Instrument so enorm flexibel ist – Teilqualifikationen lassen sich in Teilzeit absolvieren, können gemeinsam mit dem Unternehmen aufgesetzt werden und erlauben Pausen zwischen den einzelnen TQs. Und nicht zuletzt können sie auch in Krisensituationen ein gutes Instrument sein: Wird beispielsweise ein Standort aufgegeben, können Beschäftigte in ein anderes Unternehmen „hineinqualifiziert“ und so in Beschäftigung gehalten werden. Denn die Bundesagentur für Arbeit unterstützt die Teilqualifizierung ausgesprochen gut mit Fördergeldern.
Andreas Drosdzoll: Zum Beispiel aus dem Qualifizierungschancengesetz für Arbeitnehmer. Die Agentur für Arbeit übernimmt dabei voll oder anteilig je nach Art der Qualifizierung und abhängig von der Unternehmensgröße die Weiterbildungskosten und erstattet dem Arbeitgeber bis zu 100 Prozent der Lohnkosten.
Wie funktioniert Teilqualifikation?
Andreas Drosdzoll: Teilqualifikationen bieten die Chance, einen Beruf in Theorie und Praxis schrittweise zu erlernen und am Ende sogar einen Berufsabschluss komplett nachzuholen. Es sind kürzere Bildungseinheiten, die aus anerkannten Ausbildungsberufen abgeleitet werden. Das hat den Vorteil, dass die Inhalte aktuell und am Arbeitsmarkt gefragt sind. Je nach Voraussetzungen des jeweiligen Teilnehmers kann er nach mehreren erfolgreich durchlaufenen Teilqualifikationen zur Abschlussprüfung in einem staatlich anerkannten Beruf extern zugelassen werden.
Welche Teilqualifikationen sind Ihrer Erfahrung nach am beliebtesten?
Andreas Drosdzoll: Die meisten Kompetenzfeststellungen führen wir für die Teilqualifikationen Maschinen- und Anlagenführer und im Bereich Logistik durch – dicht gefolgt von den Kaufleuten für Büromanagement und der Fachkraft für Schutz und Sicherheit.
Antje Baier: Die Anzahl der Kompetenzfeststellungen sagt aber nichts über die Berufsabschlüsse aus. Bei einigen Teilqualifikationen sind die Teilnehmenden mit den erlernten Kompetenzen bereits nach TQ 1 oder TQ 2 für Unternehmen als Arbeitskräfte interessant und werden dann direkt eingestellt oder setzen die Qualifizierung nicht fort. Wir freuen uns für diese Menschen, setzen uns aber immer für die Möglichkeit ein, den Berufsabschluss nachzuholen.
Sehen Sie denn entsprechende Entwicklungen?
Antje Baier: Auf jeden Fall! Immer mehr IHKs engagieren sich für das Thema. Nicht nur, dass die Zahl der Kompetenzfeststellungen steigt, Teilqualifikationen gibt es zunehmend auch für komplexere Berufe. Die Nachfrage steigt beispielsweise für den kaufmännischen Bereich und für die Produktion stark an. Ursprünglich zielten TQs vor allem auf zweijährige Berufe, inzwischen sind auch viele dreijährige dabei, etwa der Fachinformatiker …
Andres Drosdzoll: … oder Metall- und Elektroberufe.
Die Antworten von TQ-Projektleiterin Antje Baier sind einem Interview auf der DIHK-Homepage entnommen.
dihk.de
Mehr Informationen zu Teilqualifikationen und IHK-Ansprechpartner
ihk.de/gera/tq
ihk.de/gera/tq
Weitere Artikel zu erfolgreichen Teilqualifikationen im IHK-Onlinemagazin:
„Praxisnah und flexibel berufliche Qualifikationen erwerben“
16.8.2024: Mitte August starten insgesamt 26 Teilnehmer eine berufliche Teilqualifizierung. In verschiedenen Bildungsbausteinen erwerben sie Fachwissen als Fachkraft für Schutz und Sicherheit oder Servicekraft für Schutz und Sicherheit. Jede dieser Teilqualifikationen endet mit einer „Kompetenzfeststellung“ bei der IHK. Damit erweitert die IHK ihr Angebot für berufliche Qualifizierung für Menschen ohne Berufsabschluss oder Quereinsteiger um weitere Berufsfelder. Mit Teilqualifikationen können Unternehmer an- und ungelernten Mitarbeitern mit Berufserfahrung einen zertifizierten beruflichen Abschluss ermöglichen.
ihk.de/gera/magazin
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ihk.de/gera/magazin
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