Mehr als eine gesetzliche Verpflichtung – Chancen für KMU

Die europäischen ESG-Ziele und -Regulierungen wie CSRD, CSDDD, EUDR und EU Taxonomie betreffen nicht nur große Unternehmen, sondern auch KMU, die mindestens indirekt durch Anforderungen ihrer Kunden und Lieferanten betroffen sind. Auch ohne regulatorische Pflichten erfordert der Druck von Unternehmen, Geldgebern und die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit eine Anpassung der Geschäftsstrategien.

Den Aufwand selbst bewältigen oder ist Unterstützung ratsam?

Die Vielzahl an Verordnungen und ihre bürokratische Umsetzung sorgen auch bei Experten bisweilen für Kopfschütteln. Dennoch gibt es einen breiten Konsens, dass das Wirtschaften der vergangenen Jahrzehnte so nicht fortgeführt werden kann. Die Einführung eines stetig ansteigenden CO2-Preises vor 20 Jahren hätte den Übergang zu nachhaltigerem Wirtschaften sicherlich annehmbarer gestaltet. Doch wir müssen uns der aktuellen Situation und den zu erwartenden Veränderungen stellen.
Nachhaltigkeitsrisiken wie Klimawandelfolgen oder Ressourcenknappheit sind real und lassen sich nicht wegdiskutieren – sie bestehen unabhängig von politischen Überzeugungen. Diese globalen Herausforderungen betreffen Unternehmen aller Branchen. Gleichzeitig nehmen die Erwartungen von Kunden und anderen Stakeholdern stetig zu, was die Komplexität der Anforderungen weiter erhöht.
Ob KMU die vielfältigen ESG-Anforderungen selbst bewältigen oder externe Unterstützung einholen, hängt von mehreren Faktoren ab: der Größe des Unternehmens, den vorhandenen Ressourcen und der Komplexität der zu berichtenden Themen. Externe Unterstützung kann eine sinnvolle Ergänzung sein, um den Prozess effizient und fehlerfrei zu gestalten, bis eigene Erkenntnisse und Prozesse gereift sind. Sie hilft KMU, die vielschichtigen Anforderungen zu bewältigen und sich als zukunftsorientierte, nachhaltige Partner zu positionieren.

Worauf müssen Unternehmen achten?

Um den vielfältigen und komplexen Herausforderungen gerecht zu werden, sollten KMU besonders auf folgende Aspekte achten:
Wesentlichkeitsanalyse und Risikomanagement
Auch ohne Pflicht zur detaillierten Wesentlichkeitsanalyse sollten KMU sich der Auswirkungen ihres Handelns auf Umwelt und Gesellschaft bewusst sein. Eine ehrliche Wesentlichkeitsanalyse hilft, Risiken und Chancen zu erkennen und den Fokus auf relevante Themen zu richten. Dies reduziert den Aufwand und unterstützt eine zielgerichtete Umsetzung.
Datentransparenz und Nachvollziehbarkeit
Die Nachfrage nach ESG-Daten wie zu Klimaresilienz und der Relevanz von Wasserstress wächst. Unvollständige oder fehlerhafte Daten gefährden das Vertrauen und können langfristige Geschäftsbeziehungen belasten. Eine transparente Datenerhebung ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit.
Kundenanforderungen und Marktperspektive
Der Markt verlangt zunehmend konkrete Nachweise von Nachhaltigkeitsmaßnahmen und eigene ESG-Ziele zu erreichen. KMU müssen flexibel auf diese Anforderungen reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Regulatorische Vorgaben beeinflussen auch Circular Economy-Aspekte, die KMU proaktiv mitdenken sollten.
Vermeidung von Greenwashing
Glaubwürdigkeit ist der Schlüssel. Unternehmen müssen ihre Nachhaltigkeitsziele und Nachhaltigkeitsmaßnahmen transparent und belegbar kommunizieren. Übertriebene oder ungenaue Aussagen können zu Vertrauensverlust und rechtlichen Konsequenzen führen. Aufrichtige Kommunikation stärkt nicht nur die Marke, sondern fördert auch Partnerschaften.
Mitarbeitersensibilisierung und Ziele
Eine erfolgreiche ESG-Umsetzung erfordert das Engagement der Mitarbeiter. Schulungen helfen, die Relevanz verschiedener Nachhaltigkeitsaspekte zu verstehen und diese sinnvoll zu adressieren. Mit SMARTen Zielen (spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden) können Unternehmen ihre Fortschritte effektiv steuern und die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie sicherstellen.
Lieferantenintegration und Zusammenarbeit
KMU sollten ihre Lieferanten in die ESG-Strategie einbinden und sicherstellen, dass diese relevante ESG-Daten bereitstellen können. Eine enge Zusammenarbeit ist entscheidend, um eine durchgängige ESG-Compliance in der Lieferkette zu gewährleisten und mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.

Fazit: ESG als Wettbewerbsvorteil für den Mittelstand

Auch wenn KMU nicht direkt von den strengen ESG-Vorgaben betroffen sind, können sie von einer vorausschauenden ESG-Strategie profitieren. Unternehmen, die frühzeitig in ihre Dateninfrastruktur investieren und die Anforderungen ihrer Kunden erfüllen, sichern sich nicht nur Wettbewerbsvorteile, sondern stärken ihre Marktstellung und profitieren von besseren Finanzierungsbedingungen.
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
Die CSRD verpflichtet Unternehmen, detailliert über die für sie relevanten Auswirkungen, Chancen und Risiken im Hinblick auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen zu berichten. Ziel ist es, Unternehmen durch eine bessere Berichterstattung resilienter aufzustellen und langfristig nachhaltiger zu agieren. Gleichzeitig soll die Vergleichbarkeit und Transparenz der Informationen verbessert werden.

Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Die CSDDD verpflichtet Unternehmen zur Durchführung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umweltstandards in ihren Lieferketten. Ziel ist es, Risiken zu minimieren und die Verantwortung für globale Nachhaltigkeit zu stärken.

EU Deforestation Regulation (EUDR)
Die EUDR ist eine EU-Verordnung, die Unternehmen verpflichtet, Produkte, die mit Entwaldung in Verbindung stehen, aus ihren Lieferketten zu verbannen. Sie soll den globalen Waldschutz fördern und die illegale Abholzung bekämpfen.

EU Taxonomie
Die EU Taxonomie definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten. Der Fokus liegt derzeit darauf, die Umweltziele des EU Green Deals zu erreichen und dazu Investitionen umzulenken. Für Banken gilt zusätzlich die Green Asset Ratio (GAR), eine Kennzahl, die den Anteil nachhaltiger Vermögenswerte aufzeigt.
Zum Autor
Mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung im Bereich Nachhaltigkeit unterstützt Johannes H. Fleischmann sowohl Kunden, die neu in die Nachhaltigkeitsberichterstattung einsteigen, als auch große Unternehmen mit stark ausgereiften ESG-Berichterstattungspraktiken. Darüber hinaus treibt er mit Leidenschaft das interne Wissensmanagement von Accenture voran, da die ESG-bezogenen regulatorischen Entwicklungen erheblich an Dynamik gewonnen haben. Er lebt und arbeitet in Jena.
Nachhaltigkeit: Chancen und Herausforderungen
Nicht nur die großen Unternehmen, sondern gerade auch kleine und mittelständische Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette sehen sich in immer stärkerem Maß politischen und gesellschaftlichen Anforderungen, Nachweispflichten oder regulatorischen Vorgaben ausgesetzt. Doch wie gelingt es, ökonomisch, ökologisch, sozial verantwortlich und gesetzeskonform zu handeln? Die IHK und DIHK haben kompakt und übersichtlich Anforderungen und Unterstützungsangebote aufbereitet.

ihk.de/gera/magazin
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