Mit dem Rücken zur Wand
Corona und vor allem die damit verbundenen, politisch angeordneten drastischen wirtschaftlichen Einschnitte werfen lange Schatten. Lieferketten, ob nun weltweit oder regional, sind zusammengebrochen, was Lieferschwierigkeiten und in der Folge Preiserhöhungen für sehr viele Produkte bedeutet. Hinzu kommt der immer deutlicher zu spürende Fachkräftemangel, der durch coronabedingte Personalausfälle noch verstärkt wird. Das bereitet den Ostthüringer Unternehmen große Sorgen. Viele stehen inzwischen mit dem Rücken zur Wand und der Optimismus bleibt oft auf der Strecke.
In nahezu jedem Unternehmen hat Corona Auswirkungen auf die Bilanzen.
Konjunktur ohne Schwung
Das schlägt sich auch in harten Fakten nieder. Nur 17 Prozent der hiesigen Firmen erwarten laut aktueller Konjunkturumfrage im Jahresverlauf bessere Geschäfte. Ein Drittel befürchtet sogar, dass es eher schlechter wird. Die Konjunktur hat deutlich an Schwung verloren, der noch im Herbst zu spüren war.
Industrie: Schwierige Situation trotz guter Auftragslage
Die Auftragsbücher der Industrie sind voll, trotzdem können Aufträge vielerorts nicht abgearbeitet werden. Neben Lieferengpässen bei Material und Vorprodukten sind stark beeinträchtigte Betriebsabläufe die Ursache. Durch kurzfristige Personalausfälle etwa durch geschlossene Kitas oder Quarantäne lösen Ad-hoc-Entscheidungen stabile Produktionsplanung ab. Das geht auch zu Lasten der Kapazitätsauslastung. Widersprüchliche Regelungen und nicht zu Ende gedachte Verordnungen legen den Unternehmen Steine in den Weg. „Unternehmer, egal in welcher Branche, tun alles, damit der Betrieb läuft – mit sehr viel Kreativität, Einfallsreichtum und Kraft. Dazu ist keine Verordnung notwendig. Was sie brauchen, sind nicht Eingriffe mit immer neuen Pflichten und Sanktionen, sondern geradlinige, eindeutige Richtlinien mit genügend Handlungsspielraum“, bringt es Sybille Kaiser, geschäftsführende Gesellschafterin der Porzellanfabrik Hermsdorf, auf den Punkt.
Gastronomie am Limit
Gesunkene Gästezahlen, abgesagte Weihnachtsfeiern und Familienausflüge: die vierte Infektionswelle und verschärfte Infektionsschutzauflagen versetzten der Tourismuswirtschaft einen herben Rückschlag. Niedrige Auslastung und anhaltende Umsatzeinbrüche bringen viele Unternehmen in Existenznöte. „Bei 87 Prozent der Klein- und Kleinstunternehmen im Thüringer Gastgewerbe sind die Reserven der Unternehmer schon lange aufgebraucht, da geht es schlicht um die Existenz“, fasst Mark Kühnelt, Präsident des DEHOGA Thüringen, die Situation zusammen. „Gastgewerbe und Tourismus brauchen positive Signale, damit unsere Gäste wiederkommen und für die folgenden Monate buchen.“
Differenziertes Bild im Handel
Ähnlich dramatisch ist die Situation im Handel. Während Lebensmittel- und Onlinehandel eher positive Signale senden, geht es bei vielen stationären Händlern ums Überleben. Rund 16.000 Geschäfte könnten 2022 bundesweit verloren gehen, schätzt der Handelsverband Deutschland ein. „Bis 2019 hatten wir ein gesundes Geschäft. Dann kam Corona. Heute sind alle Reserven aufgebraucht. Wir können nichts für diese Krise, die unser Lebenswerk kaputt macht“, spricht Adina Ackermann, die ein Modehaus in Oettersdorf leitet, vielen Händlern aus der Seele. „Wenn auch im Herbst und Winter wieder Corona-Chaos mit wechselnden 2G- oder 3G-Bestimmungen kommt, ist das für Viele das Aus.“
Lockerung der Corona-Einschränkungen reicht nicht
Derzeit werden Lockerungen von Corona-Einschränkungen diskutiert. 43 Prozent der Ostthüringer Unternehmer zeigten sich in der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage optimistisch, dass 2023 Lieferengpässe zurückgehen. Das sind deutliche, aber auch sehr vorsichtige Zeichen der Entspannung.
„Auch wenn irgendwann alle Beschränkungen aufgehoben sind, muss den Unternehmen eine Übergangszeit eingeräumt werden, damit Erholungseffekte auch wirklich Wirkung entfalten können. Die in Aussicht gestellte Verlängerung der Hilfen bis Ende Juni 2022 ist hierbei eine wichtige Unterstützung. Zur Absicherung der Aufträge und der schwindenden Personaldecke bedarf es zum 20. März allerdings auch der Aufhebung der 3G-Regel am Arbeitsplatz und der Verpflichtung Testangebote vorzuhalten“, schätzen die Thüringer Industrie- und Handelskammern ein.
Außerdem sollte die Politik die anstehende Pandemieverschnaufpause im Sommer nutzen, um ein belastbares Krisenmanagement zu entwickeln, das bei eventuell steigendem Infektionsgeschehen im Herbst und Winter oder bei ähnlichen pandemischen Lagen effektiv greift, ohne dermaßen tiefe und existenzbedrohende wirtschaftliche Einschnitte zu erzeugen. „Das war schon 2020 eine Forderung der IHK. Die Chance wurde zwei Jahre lang verpasst“, sagt Almut Weinert, Bereichsleiterin Wirtschaft und Technologie der IHK. „Die Unternehmen halten keine weitere Krisensituation durch, die nach dem Chaosprinzip gemanagt wird.“
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