Von der Ausbildung zum Präsidenten

Mit einem rauschenden Fest haben die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein und die IHK-Akademie Südlicher Oberrhein in der Europa-Park Arena in Rust die Absolvent:innen der Abschlussprüfungen des Jahres 2023 aus dem Kammerbezirk geehrt. Erstmals feierten Kammer und Akademie gemeinsam. Beinahe 2000 Menschen, stolze Absolvent:innen und ihre Begleitungen sowie Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung, genossen einen Abend voller besonderer Momente.
„Goldene Zeiten“ versprach IHK-Präsident Eberhard Liebherr den jungen Fachkräften in seiner Ansprache. „Denn mit Ihrem Abschluss in Aus- und Weiterbildung haben Sie nicht nur berufliches Know-how erworben, Sie werden damit auch zu genau den stark gesuchten Fachkräften, die die Wirtschaft in unserer Region benötigt.“
„Das eine oder andere Mal erneut die Schulbank für eine Fortbildung gedrückt.“
Auf welchen Lebensweg eine Ausbildung führen kann, berichtete Liebherr aus eigener Erfahrung. „Ich habe auch nicht studiert, sondern vor genau 50 Jahren, im Jahr 1973, meine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel begonnen. Und schauen Sie, wohin ich mit meiner Ausbildung gekommen bin! Also wer weiß – vielleicht werden auch Sie einmal Präsident oder Präsidentin der IHK.“ Gleichzeitig mahnte er, dass es zu einem erfolgreichen Lebensweg gehöre, sich immer weiterzubilden. Denn ausruhen dürften sich die Absolvent:innen nicht auf ihrem Abschluss. „Ich kann Ihnen sagen: In den vergangenen fast 50 Jahren habe ich das eine oder andere Mal erneut die Schulbank für eine Fortbildung gedrückt.“
Ernst wurde der IHK-Präsident beim Blick auf das aktuelle Weltgeschehen. „All diese Ereignisse betreffen auch uns hier am südlichen Oberrhein. Nicht nur in Berlin gibt es Debatten zur Auswirkung der Zuwanderung. Bei uns sehen sich Landkreise, Städte und Gemeinden ebenfalls vom Bund mit der zunehmenden Zahl an Geflüchteten allein gelassen. Manch einer macht sich inzwischen Sorgen, dass ein Weiter-So in Sachen Migration den Kitt in unserer demokratischen Gesellschaft zerstören könnte.“
„Aus Menschen unterschiedlichster Herkunft werden Kolleginnen und Kollegen.“
Er erinnerte daran, dass die Themen Asyl und Zuwanderung in der politischen Debatte sauber getrennt werden müssten, wobei die Zuwanderung ein wichtiger Aspekt für eine prosperierende Wirtschaft sei. Denn allein aus den sogenannten Hauptherkunftsländern seit der ersten größeren Flüchtlingswelle im Jahr 2015 hätten mehr als 1.000 Azubis im Kammerbezirk der IHK Südlicher Oberrhein eine Ausbildung in einem IHK-Beruf angetreten. Jeder sechste Azubi habe eine ausländische Staatsbürgerschaft. „Jetzt stellen Sie sich vor, wie unser Ausbildungsmarkt ohne Migration aussähe!“, bemerkte Liebherr. Darüber hinaus sieht er die Arbeit auch als wichtige Unterstützung in der Integration. „Aus Menschen unterschiedlichster Herkunft werden Kolleginnen und Kollegen, daraus wird ein Team, eine Gemeinschaft. Vielleicht ist es also die Arbeit, die den Kitt in unserer demokratischen Gesellschaft reparieren kann.“
Exakt 3.931 Prüflinge hatte es in diesem Jahr im gesamten Kammerbezirk bei den Abschlussprüfungen gegeben; 93,2 Prozent bestanden diese letzte Hürde ins Berufsleben. 230 der Absolvent:innen, also 6,4 Prozent, erreichten bei der Abschlussprüfung mindestens 92 von 100 Punkten und erhielten damit die Note eins. In 126 verschiedenen Berufen fanden Prüfungen statt, von der Chemikantin über den Packmittel- und Weintechnologen bis zur Automobilkauffrau. Auch die Landes- und Bundesbesten wurden an diesem Abend ausgezeichnet. 18 Landesbeste kommen im Abschlussjahrgang 2023 aus dem Kammerbezirk der IHK Südlicher Oberrhein; fünf von ihnen waren zugleich Bundesbeste in ihren Berufen (siehe gesonderte Listen anbei). Sie erhielten Gutscheine und Eintrittskarten für den Europa-Park von Inhaberfamilie Mack. Für die Bundesbesten wird es noch eine große Feier in Berlin geben; ein Reisetaschengeld bekamen die fünf von der IHK Südlicher Oberrhein.
Geschenke gab es außerdem für drei der beinahe 2.000 Gäste. Sie nahmen am Gewinnspiel der IHK-Akademie Südlicher Oberrhein teil, beantworteten alle Fragen korrekt und wurden per Losentscheid zu glücklichen Gewinnern. Für sie gab es Gutscheine der Akademie in Höhe von 500, 1.000 und 1.500 Euro. Gina, die den Hauptpreis gewann, hatte sich bereits Gedanken gemacht, wie sie das Geld einsetzen könnte: „Vielleicht mache ich die Weiterbildung zum Betriebswirt.“
„Ein Jahr nach Ende der Weiterbildung hatte ich Prokura.“
Welch eine erstaunliche Karriere mit einer Weiterbildung möglich ist, erzählte Sonja Jankowiak im Interview mit der Moderatorin des Abends, Lena Reuter. „Nach Mittlerer Reife und Berufskolleg I und II habe ich die Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht, dann die Weiterbildung zur Bilanzbuchhalterin.“ Noch während der Weiterbildung habe sie die Firma gewechselt. „Ein Jahr nach Ende der Weiterbildung hatte ich dann Prokura und seit August bin ich Teil der Geschäftsführung.“ Die Fortbildung habe ihr dabei mehr gebracht als das Fachwissen um Zahlen. „Auch Kommunikation und Teamfähigkeit sowie das Finden neuer Lösungswege standen auf dem Stundenplan.“
Umrahmt wurden die Ehrungen der Besten von einem bunten Showprogramm aus Tanz, Akrobatik und Entfesselungskunst. Zum Abschluss des offiziellen Teils rieselte ein goldener Konfetti-Regen auf die Absolvent:innen von IHK und IHK-Akademie herab; danach feierten die jungen Leute bei Tanz, Getränken und Speisen weiter.
(31.10.2023)