Wahlrecht für gebundene Versicherungsvermittler (Ausschließlichkeitsvertreter)

 

1. Welches Wahlrecht steht dem gebundenen Versicherungsvermittler bei
der Registrierung zur Verfügung?

 
Der gebundene Vermittler (Ausschließlichkeitsvertreter) hat die Wahl, ob er
  1. die notwendige Registrierung durch sein(e) Versicherungsunternehmen vornehmen lässt,
  2. sich selbstständig bei der zuständigen IHK registrieren lässt oder
  3. die Erlaubnis bei der zuständigen IHK zwar beantragt, sich aber als gebundener Versicherungsvermittler über das/die Versicherungsunternehmen registrieren lässt
Bei der Entscheidung sollten die jeweiligen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden.
Eine Doppelregistrierung „sowohl – als auch” ist nicht möglich. Die Erlaubnis plus Registrierung bei der IHK führt zur Eintragung als „Versicherungsvertreter mit Erlaubnis gemäß § 34 d Abs. 1 GewO" und nicht zur Eintragung als "gebundener Vermittler" – auch wenn der gebundene Ausschließlichkeitsvermittler wie bisher nur mit seinem Versicherungsunternehmen zusammenarbeitet.
Die Erlaubnis plus Registrierung bei der zuständigen IHK verleiht potentiell Unabhängigkeit vom Versicherungsunternehmen, entbindet aber nicht von einer privatrechtlichen Verpflichtung zur Ausschließlichkeit. Die Registrierung über das Versicherungsunternehmen ist finanziell günstiger und in der Regel für den Versicherungsvermittler weniger aufwändig in der Antragsstellung und Vorlage der erforderlichen Nachweise.

2. Vergleich des Verfahrens und der Voraussetzungen

 
Erlaubnis und Registrierung IHK
Registrierung Versicherungsunternehmen
Erlaubnis und Registrierung
Registrierung erfolgt erst nach Erlaubniserteilung
Registrierung ohne Erlaubnis möglich, wenn Vermittlungstätigkeit ausschließlich für ein oder mehrere Versicherungsunternehmen (keine Konkurrenz der Versicherungsprodukte) und
uneingeschränkte Haftungsübernahme durch Versicherungsunternehmen
Ausbildung/ Qualifikation
bestimmte Ausbildung nicht vorgeschrieben, Sachkundeprüfung IHK orientiert sich an Inhalten der Ausbildung Versicherungsfachmann/-frau BWV
Ausbildung nicht vorgeschrieben, soll sich an der Qualifikation Versicherungsfachmann/ -frau orientieren
Sachkunde
Erfolgreiche Sachkundeprüfung oder vergleichbare Qualifikation sind nachzuweisen
Versicherungsunternehmen hat für „gleichwertige Qualifikation” zu sorgen, BaFin kontrolliert dies
Verwaltungs-aufwand
Vermittler muss Antrag auf Erlaubnis stellen und Nachweise über persönliche Zuverlässigkeit, geordnete finanzielle Verhältnisse sowie den Nachweis über eine eigene Berufshaftpflichtversicherung (=Vermögensschadens-haftpflicht) erbringen
Kein Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit, der geordneten finanziellen Verhältnisse sowie einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung (=Vermögensschadens-haftpflicht); all dies muss das Versicherungsunternehmen unter Aufsicht der BaFin sicherstellen
Kündigung des Vertretervertrages
Erlaubnis bleibt bestehen und Beruf kann fortgesetzt werden
Haftungsübernahme entfällt, damit wird die Registrierung gelöscht; der Vermittler darf nicht weiter tätig werden. Sofern er künftig nicht für ein anderes Unternehmen als gebundener Vermittler tätig wird, das unter Übernahme der Haftung die neuerliche Registrierung veranlasst, muss er selbst Erlaubnis und Registrierung beantragen. Damit muss er unter Umständen zum Nachweis seiner Qualifikation die Sachkundeprüfung ablegen. In der Zwischenzeit kann er seiner Tätigkeit nicht nachkommen.
Kosten der Erlaubniserteilung
Erlaubniserteilung durch IHK gegen Gebühr
Erlaubnis nicht erforderlich
Berufs-(Vermögens-schaden-) haftpflicht-versicherung
Der Vermittler muss eine eigene Versicherung abschließen und jährlich Prämienzahlungen leisten
Versicherungsunternehmen übernimmt uneingeschränkte Haftung
Kosten der Registrierung
durch die IHK gegen Gebühr
werden teilweise vom Unternehmen übernommen
Wechsel der Auftraggeber
Problemlos bei eigener Erlaubnis möglich, auch für mehrere Gesellschaften (Mehrfachagent)
Wechsel zu einem anderen Versicherungsunternehmen nur durch erneute Registrierung möglich
 
Der Verordnungsgeber hat die Versicherungsvermittlungsverordnung zugunsten der gebundenen Vermittler nachgebessert: In dem Entwurf zur Neuregelung war der Bestandsschutz davon abhängig, dass der Vermittler bis zum 1. Januar 2009 eine Erlaubnis bei der zuständigen IHK beantragt. Ausgedehnt wurde dieser Bestandschutz bei entsprechender Berufserfahrung für die gebundenen Vermittler, wenn sie sich bis zum 1. Januar 2009 über ihr Versicherungsunternehmen registrieren lassen. In §1 Abs. 4 Versicherungsvermittlerordnung heißt es jetzt: „Personen, die seit dem 31. August 2000 selbständig oder unselbständig ununterbrochen als Versicherungsvermittler oder als -berater tätig waren, bedürfen keiner Sachkunde­prüfung, wenn sie sich bis zum 1. Januar 2009 in das Register nach § 11a Abs. 1 der Gewerbeordnung haben ein­tragen lassen oder die Erlaubnis beantragt haben.”
FAZIT: Der Versicherungsvermittler muss nun keine Erlaubnis mehr beantragen, um den Bestandsschutz zu erhalten. Bereits die Registrierung über ein Versicherungsunternehmen gewährt künftig den Bestandsschutz und ersetzt die Sachkundeprüfung bei Vorliegen der Voraussetzungen.

3. Welche Folgen hat die Beantragung einer Erlaubnis bei der IHK?

Der Vermittler kann sich entweder über sein Versicherungsunternehmen als gebundener Vermittler oder nach vorangegangener Erlaubnis durch die zuständige IHK als Vertreter mit Erlaubnis registrieren lassen.
Wurde der Vermittler bereits über ein Versicherungsunternehmen als gebundener Versicherungsvertreter registriert, dann muss für die Neueintragung die bisherige Bezeichnung „Versicherungsvermittler als gebundener Versicherungsvertreter” gemäß § 34d Abs. 7 GewO vom Versicherungsunternehmen im Register gelöscht werden. Eine „Doppelregistrierung” z.B. „Versicherungsvertreter mit Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO und nach § 34d Abs.7 GewO als gebundener Versicherungsvertreter” wird es nicht geben.
Die Erlaubnis kann allerdings auf Vorrat beantragt werden, ohne dass damit zugleich die Registrierung über die IHK veranlasst wird. Das bedeutet aber, dass sämtliche Erlaubnisvoraussetzungen (persönliche Zuverlässigkeit, geordnete finanzielle Verhältnisse und Berufshaftpflichtversicherung) aufrecht erhalten werden müssen und die mit der Berufshaftpflichtversicherung verbundenen Kosten zusätzlich anfallen.

4. Was ist bei der Beantragung einer Erlaubnis zu beachten?

Bestandteil des Erlaubnisverfahrens ist der Sachkundenachweis. Dieser kann durch eine erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung, eine gleichgestellte Berufsqualifikation oder eine entsprechende berufliche Praxis von bestimmter Dauer und Regelmäßigkeit (mindestens seit 31. August 2000 selbstständig oder unselbstständig ununterbrochen in der Versicherungsvermittlung tätig) erbracht werden.
Die letztgenannte Möglichkeit steht allerdings unter der Bedingung, dass sich der Vermittler bis 1. Januar 2009 registrieren lässt oder die Erlaubnis beantragt, siehe oben unter 2. Insofern besteht also eine zeitliche Grenze. Bestandsschutz sollen nach dieser Regelung also der gebundene Vermittler, der sich über sein Versicherungsunternehmen eintragen lässt wie auch der ungebundene Vermittler erhalten, dessen Registrierung über die zuständige IHK vorgenommen wird. Der Nachweis und die IHK-Anerkennung für eine der gleichgestellten Qualifikationen (vgl. § 4 VersVermV) ist aber auch nach dem 1. Januar 2009 möglich sein.

5. Übersichtstabelle zu den Vor- und Nachteilen bei Registrierung über das Versicherungsunternehmen

 
Bei Registrierung über VU keine Erlaubnis notwendig (Ersparnis z. B. der Gebühren, keine Sachkundeprüfung erforderlich ...) Durch Registrierung über das VU herrscht größere Abhängigkeit bzw. geringere Flexibilität bei angestrebtem Wechsel
Durch Haftungsübernahme des VU keine eigene Vermögensschadenhaftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben. Bei Verzicht auf eigene Vermögensschadenhapftlichtversicherung sind Regressforderungen des VU möglich

6. Grenzen des Wahlrechts für gebundene Versicherungsvermittler

Können Einfirmenvertreter über den Weg der Registrierung selbst entscheiden?
Grundsätzlich steht es jedem Versicherungsvermittler frei, für welchen Weg er sich hinsichtlich der Registrierung entscheidet. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, kann er sich zunächst über (s)ein Versicherungsunternehmen registrieren lassen. Er wird dann als gebundener Vermittler registriert und hat dies dem Kunden zu Beginn des jeweiligen Vermittlungsgesprächs entsprechend mitzuteilen (die so genannte Selbstauskunftspflicht).
Auf der anderen Seite kann ein Versicherungsvermittler, der bislang in der Ausschließlichkeit tätig war, eine Erlaubnis bei der zuständigen IHK beantragen. Die Erlaubnis wird dann bei Vorliegen aller Voraussetzungen wie bei einem ungebundenen Vermittler in vollem Umfang erteilt.
Der Versicherungsvermittler kann nun bei der IHK entweder die Registrierung als Vermittler mit Erlaubnis beantragen oder die in jedem Fall erforderliche Eintragung in das zentrale Register über ein oder mehrere haftungsübernehmende Versicherungsunternehmen vornehmen lassen.
Wichtiger Unterschied:
Die Registrierung über das/die Versicherungsunternehmen erfolgt ohne Hinweis auf die bestehende Erlaubnis. Die Eintragung „Versicherungsmakler, -vertreter oder -berater mit Erlaubnis” ist in zentralem Register für die Allgemeinheit nur erkennbar, wenn die Registrierung durch die IHK erfolgt ist!
Fazit:
Die Erlaubnis kann auch für einen Ausschließlichkeitsvertreter erteilt werden, der sich über das/die Versicherungsunternehmen registrieren lässt. Diese Erlaubnis „auf Vorrat” bringt nur wenig Vorteile. Der Bestandsschutz für Versicherungsvermittler mit langjähriger Berufserfahrung ist mit der aktuellen Versicherungsvermittlerverordnung auf den gebundenen Vermittler ausgeweitet worden.
Innerhalb dieser Registrierungsmöglichkeiten (gebunden via Versicherungsunternehmen <=> ungebunden mit Erlaubnis direkt bei IHK) hat der Ausschließlichkeitsvertreter folgende Möglichkeiten der Berufsausübung:
  1. Über die bislang in der Versicherungswirtschaft gebräuchliche „Ventillösung” kann der Versicherungsvertreter, der ausschließlich an ein Versicherungsunternehmen vertraglich gebunden ist, zusätzlich weitere Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermitteln. Solange diese Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz (zum Beispiel VU 1: Krankenversicherung, VU 2: Lebensversicherung) zueinander stehen, kann sich der Vermittler als „gebundener Versicherungsvermittler” über das/die Versicherungsunternehmen registrieren lassen.
  2. Wenn die Versicherungsprodukte miteinander konkurrieren (zum Beispiel VU 1: Krankenversicherung, VU 2: Krankenversicherung), muss der Vermittler eine Erlaubnis beantragen und die Registrierung als "Versicherungsvertreter, -makler oder -berater mit Erlaubnis" bei der zuständigen IHK vornehmen lassen.
  3. Ein Versicherungsvermittler mit Erlaubnis kann gleichwohl wie ein gebundener Versicherungsvermittler für ein Versicherungsunternehmen tätig werden, solange er entsprechend seiner Informationspflicht gegenüber dem Kunden auf die eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist. Auch diese Möglichkeit resultiert aus der branchenüblichen „Ventillösung”, soweit die Versicherungsprodukte verschiedener Unternehmen in Konkurrenz zueinander stehen.
Die aufgezeigten Möglichkeiten sollten jedoch in jedem Einzelfall überprüft und gegebenenfalls mit dem/den vertraglich verbundenen Versicherungsunternehmen abgestimmt werden.