Stand der Technik

Was versteht man unter dem Stand der Technik?

Der Stand der Technik umfasst alle zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannten technischen Lösungen für ein bestimmtes Problem.
Im Sinne des Patentgesetzes bildet alles den Stand der Technik, was vor dem Anmeldetag der Patentanmeldung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Bei Patentanmeldungen werden dabei schriftliche und mündliche Beschreibungen weltweit berücksichtigt. Darunter fallen auch alle veröffentlichten Patentanmeldungen.
Unter einer Recherche zum Stand der Technik versteht man deshalb eine Recherche, die im Vorfeld eigener Patentanmeldungen durchgeführt wird oder dann, wenn bereits Umsetzungen für eigene Erfindungen existieren. Um sie umzusetzen wird der Stand der Technik in einem bestimmten Technologiegebiet ermittelt.
Im Gegensatz dazu dient die Technologierecherche dazu, die eigene Entwicklungstätigkeit zu unterstützen. Es werden hierfür möglichst viele unterschiedliche Lösungsansätze für ein technisches Problem identifiziert. Ziel ist nicht die genaue Ermittlung des Stands der Technik sondern das Auffinden einer möglichst großen Zahl bereits dokumentierter Alternativlösungen.

Was nützt mir eine Recherche zum Stand der Technik?

Stand-der-Technik-Recherchen dienen in erster Linie der Vorbeugung gegen die mögliche Verletzung fremder Schutzrechte und der Vermeidung von Doppelentwicklungen.
Recherchen zum Stand der Technik auf Basis von Patentdaten können aber prinzipiell in allen Phasen eines Innovationsprozesses zum Einsatz kommen und wertvolle Informationen liefern:
  1. Problemanalyse/ Ideengewinnung: Recherchen zum Stand der Technik können Informationen darüber liefern, ob bekannte ungelöste Fragestellungen existieren, ob Verbesserungspotenzial für bestimmte Produkte besteht, woran der direkte Wettbewerb arbeitet oder wohin insgesamt die Entwicklungstendenzen in der Branche gehen.
  2. Ideenbewertung/ Ideenauswahl: Wichtige Indikatoren, ob eine Weiterverfolgung einer bestimmten Produktidee sinnvoll ist oder nicht, können aus einer Recherche zum Stand der Technik gewonnen werden. Als relevante Indikatoren könnten die Fragen angesehen werden, wer die Patentanmelder im Technologiefeld sind (Wettbewerbssituation), wie viele Anmeldungen getätigt werden oder ob es dominierende Unternehmen unter den Anmeldern gibt.
  3. Forschung/ Entwicklung: Eine Recherche zum Stand der Technik kann die reine Entwicklungsdauer eines Produkts unter Umständen erheblich verkürzen, nämlich dann wenn bereits eine bestehende Lösung zur Problemstellung existiert und nicht geschützt (mehr) geschützt ist (freier Stand der Technik). In diesem Fall kann die Lösung direkt übernommen werden. Ist sie aber geschützt, so kann man entweder versuchen eine Lizenzvereinbarung mit dem Schutzrechtsinhaber zu erzielen oder die gefundene Lösung als Ausgangspunkt für die eigenen Entwicklungstätigkeiten zur Verbesserung oder Erneuerung von Produkten nehmen.
  4. Vermarktung: Eine Stand-der-Technik-Recherche kann schließlich auch einen Beitrag bei der Markteinführung und Vermarktung innovativer Produkte leisten. Eine Recherche zum Stand der Technik kann zur Identifikation der Märkte eingesetzt werden, die der technologische Wettbewerb für interessant hält. Sie kann aber auch dazu verwendet werden, eine sinnvolle Schutzrechtsstrategie für die eigenen Lösungen zu erstellen und somit eine optimierte Marktabschöpfung für die innovativen Produkte zu unterstützen.

Warum verwendet man in der Regel Patentdaten für eine Recherche zum Stand der Technik?

Es gibt mehrere Gründe, Patentdaten für eine Recherche zum Stand der Technik auszuwerten:
  • In der Patentliteratur ist ca. 90% des weltweit vorhandenen technischen Wissens wiedergegeben. Nur ca. 15% dieses Wissens findet sich auch in anderer Literatur, z. B. in Fachartikeln oder Büchern. Patentliteratur bildet deshalb eine sehr umfassende Basis für Recherchen zum Stand der Technik.
  • Von der Anmeldung bis zur Erteilung eines Patents vergehen durchschnittlich drei bis vier Jahre. Deshalb werden Erfindungen in der Regel bereits früh in der Entwicklungsphase zum Patent angemeldet. Die Offenlegung erfolgt spätestens 18 Monate nach dem Tag der Erstanmeldung. Daraus ergibt sich ein zeitlicher Vorsprung, den die Patentliteratur vor der Produkteinführung hat.
  • Patentliteratur ist weltweit normiert und in Felder eingeteilt, die mit Nummern (INID-Codes) versehen sind. Jedem Code ist ein bestimmtes Element einer Patentanmeldung zugeordnet, so dass relativ komfortabel nach dem jeweiligen Inhalt des Feldes recherchiert werden kann.
  • Die Recherche in der Patentliteratur kann teilweise sprachunabhängig erfolgen. Neben den INID-Codes gibt es mit der Internationalen Patentklassifikation (IPC) auch ein einheitliches Klassifikationssystem auf Technikebene. Jedes Patent wird bei der Anmeldung in Haupt- bzw. Untergruppen, Klassen, Unterklassen und Sektionen klassifiziert. So ist es möglich, unabhängig von der jeweiligen Landessprache nach Patenten eines ganz bestimmten Technikbereichs zu recherchieren.

Wo kann man den Stand der Technik recherchieren?

DEPATISnet - Mit DEPATISnet können Sie in einer weltweiten Sammlung von Patentveröffentlichungen recherchieren. Sie nutzen dabei den Datenbestand des amtsinternen deutschen Patentinformationssystems DEPATIS.
DPMAregister - Über DPMAregister haben Sie die Möglichkeit, die Publikationsdaten sowie die aktuellen Rechts- und Verfahrensstände nationaler Schutzrechte zu recherchieren. Außerdem können Sie das Patent-, Marken- und Designblatt teilweise oder auch vollständig herunterladen. Die in DPMAregister publizierten Schutzrechtsinformationen stellen die amtlich verbindlichen Veröffentlichungen der Register- und Publikationsdaten dar.
Espacenet - Espacenet bietet kostenlosen Zugriff auf über 80 Millionen Patentdokumente aus aller Welt mit Informationen zu Erfindungen und technischen Entwicklungen von 1836 bis heute.
PatFT - In dieser Datenbank des USPTO sind alle erteilten Patent ab 1790 eingespielt. Patent, die nach 1975 veröffentlicht wurden, sind auch im Volltext recherchierbar.
AppFT - Diese Datenbank des USPTO greift auf alle veröffentlichten Dokumente zu, also auch auf Patentanmeldungen, die noch nicht erteilt sind (vgl. DPMAregister). Diese Dokumente sind ab dem 15. März 2001 im Volltext recherchierbar. Vorher wurden in den USA nur bereits erteilte Patente veröffentlicht.
JPO - Auch das japanische Patentamt bietet in seinem englischen Internet-Auftritt Recherchemöglichkeiten an. In dieser Datenbank kann in japanischen Patentpublikationen recherchiert werden.

Wie kann man den Stand der Technik recherchieren?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt immer darauf an, welche Frage einer Patentrecherche zugrunde liegt.
Generell kann aber zwischen Formal- und Sachrecherchen unterschieden werden. Bei der Durchführung von Formalrecherchen wird im Wesentlichen in den Formalangaben von Patenten, also in den bibliografischen Daten, gesucht. Formalrecherchen können weiter in Namensrecherchen, Familienrecherchen und Rechtsstandsrecherchen unterteilt werden. Demgegenüber beziehen sich Sachrecherchen auf den technisch-inhaltlichen Teil von Schutzrechten. Übersichtsrecherchen und Recherchen zum Stand der Technik zählen deshalb zu den Sachrecherchen.
Der Recherchetyp bestimmt dann auch die Wahl der Datenbasis, in der recherchiert werden soll. Die Qualität des Rechercheergebnisses hängt stark von der Eignung der verwendeten Informationsbasis zur Beantwortung der konkreten Fragestellung ab. Nicht jede Datenbank enthält zwangsläufig die notwendigen Daten, um ein optimales Resultat zu erreichen.
Die Recherchetechnik bezeichnet die korrekte Durchführung einer Recherche. In den meisten Datenbanken werden verschiedene Recherchemodi zur Verfügung gestellt, die unterschiedliche Kenntnisse über die jeweilige Recherchesprache, Operatoren etc. verlangen. Für besonders simple Fragestellungen (z. B.: Hat Unternehmen X ein Patent/ Gebrauchsmuster in Deutschland im Technikfeld Y angemeldet?) kann bereits der in den Datenbanken des DPMA angebotene Einsteigermodus ausreichen, vielfach wird man jedoch auf den Ikofax- oder den Expertenmodus mit einer Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten bei der Rechercheformulierung zurückgreifen müssen.
Die durch die Recherche erzielten Ergebnisse müssen ausgewertet werden. Das bedeutet, dass die aufgefundenen Patente in Beziehung auf ihre Relevanz für die Beantwortung der ursprünglichen Fragestellung untersucht werden müssen. Oftmals enthalten Rechercheergebnisse nämlich auch Patente, die sich als für das jeweilige Rechercheziel irrelevant erweisen.
Werden die einzelnen Schritte des dargestellten Ablaufs aber sorgfältig abgearbeitet, so ist in der Regel eine hinreichende Beantwortung der Ausgangsfrage zu erwarten.

Gibt es finanzielle Fördermöglichkeiten für Stand-der-Technik-Recherchen?

Ja, mit Hilfe des Innovationsgutscheins A des Landes Baden-Württemberg können kleine und mittlere Unternehmen einen Zuschuss erhalten, wenn Sie im Vorfeld der Entwicklung eines innovativen Produkts eine Recherche zum Stand der Technik von einem externen Dienstleister oder einer Forschungseinrichtung durchführen lassen.
Wenn Sie bereits die Zusage für ein Förderprojekt im Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) haben, können Sie externe Marktanalysen zudem im Modul ZIM-DL bezuschusst bekommen.
Schließlich gibt es für Patentanmelder, die erstmals (in den letzten fünf Jahren) eine Patentanmeldung anstreben, die Möglichkeit im Rahmen des Förderprogramms “WIPANO” eine Stand-der-Technik-Recherche bezuschusst zu bekommen.

Wo bekomme ich weitere Unterstützung?

  • IHK-Innovationsberatung: Die IHK Südlicher Oberrhein bietet ihren Mitgliedsunternehmen Erstberatungen zum Vorgehen bei der Durchführung von Stand-der-Technik-Recherchen und unterstützt bei der Beantragung von entsprechenden Fördermitteln.
  • Patent- und Markenzentrum Baden-Württemberg: http://www.patente-stuttgart.de/
  • Recherchedienstleister
  • Patentanwälte - eine Liste der ortsansässigen Patentanwälte erhalten Sie auf Anfrage bei der IHK Südlicher Oberrhein
  • Förderprogramm "Innovationsgutscheine Baden-Württemberg": http://www.innovationsgutscheine.de/
  • Modul ZIM DL im Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand: http://www.zim-bmwi.de/
  • Förderprogramm "Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen (WIPANO)": Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie