CE-Kennzeichnung: Leitfaden neue EU-Maschinenverordnung

Aktuell überarbeitet die EU-Kommission die seit 2006 geltende Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Sie soll von der „EU-Verordnung über Maschinenprodukte“ abgelöst werden. In diesem Leitfaden erfahren Sie, welche wichtigen Änderungen zu erwarten sind und welche Zusammenhänge zu anderen neuen EU-Regularien, etwa zu Künstlicher Intelligenz oder Cybersicherheit, zukünftig für Hersteller, Importeure (Einführer), (Online-)Händler, Bevollmächtigte und Inverkehrbringer von Maschinen wichtig sein können.
HINWEIS: Der Leitfaden gibt ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Rechtsverbindlichkeit einen Überblick sowie Tipps zur geplanten neuen EU-Maschinenverordnung. Die Auswahl der dargestellten Sachverhalte basiert auf Erfahrungswerten aus der Beratungspraxis der IHKs. Ziel war es, den Blickwinkel von Unternehmen einzunehmen. Die Auswahl stellt keine Gewichtung bzgl. Wichtigkeit oder Relevanz dar. Der Leitfaden enthält Interpretationen und Auslegungen der Verfasser, ebenfalls ohne Anspruch auf rechtsverbindliche Richtigkeit.

Was ist das Ziel der EU?

Mit der Überführung der seit 2006 geltenden Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in eine neue EU-Maschinenverorndung strebt die EU unter anderem die Anpassung der Vorgaben zur Maschinensicherheit an den „Stand der Technik“ an. Wesentliche Ziele sind hier u. a.
  • Abdeckung neuer Risiken im Zusammenhang mit digitalen Technologien
  • Neubewertung von Hochrisiko-Maschinen
  • Verringerung papierbasierter Dokumentationsanforderungen
Durch die Fortschritte bei der Digitalisierung treten bei Maschinen neue Risiken auf, die von der aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EU nicht ausreichend erfasst sind, zum Beispiel
  • Mensch-Roboter-Zusammenarbeit (Kollaborative Roboter - Cobots)
  • mit dem Internet verbundene Maschinen
  • Auswirkungen von Software-Updates
  • autonome Maschinen und Fernüberwachungsstationen
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Verordnung vs. Richtlinie?

Die aktuell gültige Maschinenrichtlinie 2006/42/EU soll von der „EU-Verordnung über Maschinenprodukte“ abgelöst werden. Mit dem Wechsel des Rechtsinstruments soll eine EU-weit einheitliche Auslegung und Umsetzung der Vorgaben erreicht werden. Das soll für Unternehmen die gleiche Handhabung der Regeln in allen Ländern der Europäischen Union sicherstellen.
Im Unterschied zu EU-Richtlinien, die von den Mitgliedsstaaten erst in nationales Recht umgesetzt werden müssen, haben EU-Verordnungen direkte Gesetzeskraft.
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Ab wann gilt die neue Verordnung?

Einen „Vorschlag für eine Verordnung über Maschinenprodukte“ hat die Kommission im Februar 2021 veröffentlicht. Wann die Verordnung in Kraft tritt, ist noch nicht bekannt. Der Entwurf sieht aber eine Übergangsfrist von 30 Monaten nach Inkrafttreten vor, während der die aktuelle EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ihre Gültigkeit behält. In Entwurf der Verordnung heißt es dazu in Kapitel 49:
“Die Richtlinie 2006/42/EG wird mit Wirkung vom … [30 Monate nach dem Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung] aufgehoben.”
TIPP: Unternehmen sollten sich frühzeitig über Änderungen im Vergleich zur aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG informieren. Nur wer nach Inkrafttreten der neuen Verordnung und Ablauf der Übergangsfrist die entsprechenden Anforderungen erfüllt, darf seine Maschinen weiter in der EU bereitstellen, verkaufen oder importieren.
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Wer ist betroffen?

Betroffen sind nicht nur Hersteller von Maschinen, sondern alle Wirtschaftsakteure, die Maschinen in der EU auf dem Markt bereitstellen, in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen. Neben Herstellern werden in der geplanten neuen EU-Maschinenverordnung nun auch explizit (Online-)Händler, Importeure (Einführer) und Bevollmächtigte genannt.
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Was ist neu?

Im Vergleich zur derzeit gültigen Maschinenrichtline 2006/42/EU enthält der Entwurf der neuen EU-Maschinen-Verordnung eine ganze Zahl an zusätzlichen und neuen Anforderungen. Die wichtigsten im Entwurf der neuen EU-Maschinenverordnung vom April 2021 sind:

1. Begriff „wesentliche Modifikation“

Der neu aufgenommene Begriff der „wesentlichen Modifikation“ bezeichnet eine „vom Hersteller nicht vorhersehbare physische oder digitale Veränderung eines Maschinenprodukts nach dessen Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme, durch die die Übereinstimmung des Maschinenprodukts mit den einschlägigen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen beeinträchtigt werden kann“.
Das hilft Unternehmen bei der Bewertung, wann eine veränderte Maschine als „neue“ Maschine im Sinne der Verordnung anzusehen ist. Liegt eine „wesentliche Modifikation“ vor, ist das Konformitätsbewertungsverfahren der CE-Kennzeichnung für die betreffende Maschine von Neuem durchzuführen.
TIPP: Die wesentliche Veränderung von Maschinen wird für Deutschland aktuell in einem Interpretationspapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) im Detail beleuchtet.
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2. Begriff „Hochrisiko-Maschine“

Artikel 5 des Verordnungs-Entwurfs legt Klassifizierungsregeln für Hochrisiko-Maschinen fest. Dies sind Maschinen, von denen unter Berücksichtigung ihrer Konstruktion und des Verwendungszwecks ein Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.
Bei der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit und der Schwere eines Schadens ist zu berücksichtigen:
  • der Grad, in dem jede betroffene Person durch den Schaden beeinträchtigt werden würde
  • die Anzahl der potenziell betroffenen Personen
  • der Grad, in dem potenziell betroffene Parteien von dem Ergebnis abhängig sind, das durch das Maschinenprodukt erzielt wird
  • der Grad der Schutzbedürftigkeit potenziell betroffener Parteien gegenüber dem Verwender des Maschinenprodukts
  • der Grad der Umkehrbarkeit des von dem Maschinenprodukt verursachten Schadens
  • der Grad, in dem das Maschinenprodukt für einen bestimmten Zweck verwendet wurde
  • Hinweise auf Schäden, die in der Vergangenheit durch Maschinenprodukte, die für einen bestimmten Zweck verwendet wurden.
Anhang I des Verordnungsentwurfs listet die als “Hochrisiko-Maschinen” einzustufenden Maschinen auf. Mit Blick auf die Digitalisierung von Maschinen und Maschinensteuerungen fallen hierunter auch:
•    Software, die Sicherheitsfunktionen wahrnimmt, einschließlich KI-Systeme. (Anmerkung: KI = Künstliche Intelligenz)
•    Maschinen, in die Sicherheitsfunktionen wahrnehmende KI-Systeme integriert sind.
ACHTUNG: Die im Verordnungsentwurf vorgesehene generelle Einstufung von Maschinenprodukten mit sicherheitsrelevanten KI-Systemen als „Hochrisiko-Maschine“ führt bei betroffenen Unternehmen zu einem deutlich aufwändigeren Konformitätsbewertungsverfahren. Die Einbindung einer benannten Stelle wäre dann bindend, selbst wenn ein Hersteller die einschlägigen harmonisierten Normen anwendet.
Für Maschinen, die nicht als Hochrisiko-Maschinen eingestuft sind, ist dagegen weiterhin die Möglichkeit einer internen Kontrolle durch den Hersteller zur Feststellung der Konformität vorgesehen.
TIPP: Verwenden Sie die Übersicht aller benannten Stellen der Europäischen Kommission → Übersicht Notified bodies Nando, um bei Bedarf die für Sie richtige benannte Stelle zu finden.
MEINUNG: Nach aktuellem Entwurfsstand würde bereits der Einsatz maschinellen Lernens, logikgestützter Konzepte oder statistischer Ansätze im Kontext der Maschinensicherheit zur Einstufung als Hochrisiko-Maschinenprodukt führen. Sollte hier von der EU nicht nachgebessert werden, wäre zukünftig wohl nahezu jede Maschine mit innovativen digitalen Funitionen betroffen, auch wenn offensichtlich kein tatsächliches „Hochrisiko“ bei der Maschinensicherheit besteht.

TIPP: Unternehmen sollten nach Inkrafttreten der Verordnung prüfen, ob der Anhang I hier im Vergleich zum aktuellen Entwurf nachgebessert wurde.

TIPP: Unternehmen sollten nach Inkrafttreten der Verordnung regelmäßig prüfen, ob es Änderungen an der Liste von “Hochrisiko-Maschinen” im Anhang I gibt. Diese soll zukünftig immer wieder an den „Stand der Technik“ angepasst werden. Es können also neue Arten von Maschinen hinzukommen, auch Maschinen, die bislang nicht als Hochrisiko-Maschinen eingestuft waren.
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3. Konformitätsvermutung durch technische Spezifikationen

Die bereits von der aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EU vorgesehene Konformitätsvermutung für Maschinen durch Anwendung harmonisierter Normen oder Teilen davon, bleibt bestehen.
Um die Konformitätsvermutung zu gewährleisten, wenn es (noch) keine harmonisierten Normen gibt, kann die EU-Kommission zukünftig auch technische Spezifikationen erlassen, die ebenfalls eine Konformitätsvermutung auslösen.
HINWEIS: Eine „technische Spezifikation“ ist eine Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Abmessungen, Verpackung, Qualitätsstufen, Konformitätsbewertungsverfahren usw. Unter diesen Begriff fallen ferner die Herstellungsmethoden und -verfahren.
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4. Digitale Betriebsanleitung und Konformitätserklärung

Neu sieht der Entwurf zur EU-Maschinenverordnung vor, dass Hersteller Betriebsanleitungen und Konformitätserklärungen auch digital zur Verfügung stellen können. Eine Papierversion ist jedoch auf Anfrage zwingend vorgeschrieben. Darüber hinaus werden in Anhang 3 1.7 des Verordnungsentwurfs grundlegende (obligatorische) Anforderungen an Betriebsanleitungen und Informationen festgelegt.
Wird die Betriebsanleitung in digitaler Form bereitgestellt, muss auf dem Produkt oder in den Begleitdokumenten angegeben werden:
  • wo die digitale Betriebsanleitung eingesehen bzw. heruntergeladen werden kann
  • klar sein, welche Version der Betriebsanweisung dem Maschinenproduktmodell entspricht
  • in einer Form bereitgestellt werden, in welcher sie auf jedem Endgerät zu öffnen und zu speichern ist
MEINUNG: Aus dem Entwurf geht bislang nicht eindeutig hervor, in welcher Form Betriebsanleitungen und Konformitätserklärungen „digital zur Verfügung“ gestellt werden müssen/können/dürfen.

Anhang III, Abs. 1.7.4 c impliziert, dass die Anweisungen der Betriebsanleitung zum Download bereitgestellt werden können. Artikel 10, Absätze 5 und 6 führen dagegen aus, dass die Anweisungen „beigefügt“ werden müssen. Es bestehen hier noch erhebliche Unsicherheiten für Wirtschaftsakteure, inwieweit eine digitale Anleitung „beiliegen“ muss (z. B. auf einem Display einer Maschine abrufbar) oder zum Download bereitgestellt werden kann.

Dies wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass Artikel 10, Abs. 8 einen Verweis auf eine Internetadresse zum Download der Konformitätserklärung vorsieht, während für Anleitungen keine vergleichbare Aussage erfolgt.

Unklar bleibt auch, inwieweit bei Bereitstellung digitaler Anleitungen und/oder Konformitätserklärungen eine dauerhafte Verfügbarkeit, etwa nach einer Betriebsaufgabe, sichergestellt werden muss.

Offen ist auch, ob im Fall von digital bereitgestellten Anleitungen/Konformitätserklärungen eine Papierversion auf Wunsch des Käufers beim Kauf des Maschinenprodukts zum Zeitpunkt des Kaufs selbst oder zu einem späteren Zeitpunkt geliefert werden muss. Hierdurch kann es insbesondere auch bei Verbraucherprodukten zu Unsicherheiten kommen, zum Beispiel beim Kauf einer Kettensäge im Baumarkt.
ACHTUNG: Der Verordnungsentwurf beantwortet nicht, was „zur Verfügung stellen“ einer (digitalen) Betriebsanleitung tatsächlich bedeutet. Gilt eine digitale Betriebsanleitung als „zur Verfügung gestellt“, auch wenn diese bspw. von einem Maschinenbenutzer vor Ort aufgrund einer fehlenden Internetverbindung nicht ständig beim Hersteller abgerufen werden kann, falls dieser die Anleitung einzig zum Herunterladen anbietet?

Für Unternehmen stellt sich damit zwingend die Frage, ob eine digitale Betriebsanleitung permanent vom Maschinennutzer abrufbar sein muss?
TIPP: Unternehmen, die Betriebsanleitungen und/oder Konformitätserklärungen zukünftig digital bereitstellen wollen sind gut beraten nach Inkrafttreten der neuen EU-Maschinenverordnung zu prüfen, ob die o. g. Unsicherheiten ausgeräumt wurden. Im Zweifelsfall sollten Unternehmen die Unterlagen besser weiter in Papierform beilegen.
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5. Risikobewertung bei Maschinen mit autonomen Verhalten

Bevor Hersteller eine Maschine in Verkehr bringen/in Betrieb nehmen dürfen, muss eine Risikobewertung mit Blick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz vorgenommen werden.
Neu ist, dass bei Maschinen mit sich entwickelndem und autonomem Verhalten auch die Risiken einbezogen werden müssen, die nach dem Inverkehrbringen der Maschine aufgrund ihres sich entwickelnden und autonomen Verhaltens auftreten können.
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6. Anforderungen an die IT-Sicherheit

Hersteller von Maschinen müssen Vorkehrungen gegen Risiken treffen, die sich aus böswilligen Handlungen Dritter ergeben können und die Maschinensicherheit betreffen.
Das gilt für Manipulationen durch den Anschluss von oder Kommunikation mit anderer Hardware ebenso wie für die Maschinen-Software (z. B. Hacker-Angriffe).
Der Verordnungsentwurf sieht hierfür neue grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung (Anhang III, 1.1.9) vor:
  • Es dürfen durch den Anschluss oder durch Kommunikation mit einer „anderen Einrichtung“ keine gefährlichen Situationen entstehen.
  • Ein sicherheitsrelevantes Hardware-Bauteil für den Anschluss „anderer Einrichtungen“, muss so konstruiert sein, dass es angemessen gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Verfälschung geschützt ist.
  • Die Maschine muss Beweise für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in die Hardwarekomponente sammeln.
  • Software und Daten, die für die Übereinstimmung der Maschine mit den Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der Maschinenverordnung entscheidend sind, müssen als solche benannt und gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Verfälschung geschützt werden.
  • Die für den sicheren Betrieb einer Maschine installierte Software ist kenntlich zu machen und die entsprechenden Informationen müssen jederzeit in leicht zugänglicher Form bereitgestellt werden können.
  • Die Maschine muss Beweise sammeln für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in ihre Software oder eine Veränderung der in der Maschine oder ihrer Konfiguration installierten Software.
Seit 2019 kann in diesem Zuge auch der Cybersecurity Act der EU (CSA) (siehe unten) herangezogen werden. Die Verordnung (EU) 2019/881 über die Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik (CSA-Verordnung) enthält Vorgaben für einen Zertifizierungsrahmen für Cybersicherheit (siehe auch Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA)). Durch diese Verordnung werden IKT-Produkte, -Dienste und -Prozesse bestimmten Zertifizierungen unterworfen.
Das neue Cybersicherheitszertifikat bescheinigt, dass die geprüften Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse bestimmte Anforderungen an die Cybersicherheit erfüllen.
Nach Artikel 52 der CSA-Verordnung werden Produkte/Dienstleistungen/verfahren in drei Vertrauenswürdigkeitsstufen eingestuft – von „niedrig“ über „mittel“ bis „hoch“. Die Einstufung erfolgt auf Basis einer Risikoabwägung in Abhängigkeit, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Sicherheitsvorfall eintritt und wie sich dieser auswirkt.
Artikel 53 der CSA-Verordnung besagt, dass Hersteller bei der Vertrauenswürdigkeitsstufe „niedrig“ die Konformität selbst und alleinverantwortlich bewerten können. Für die Vertrauenswürdigkeitsstufen „mittel“ und „hoch“ wird dagegen ein Cybersicherheitszertifikat, das von einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle ausgestellt wurde, verlangt.
In allen Risikostufen ist die Zertifizierung, bzw. im Risikobereich “niedrig” die Konformitätsbewertung durch den Hersteller, aktuell noch freiwillig, sofern das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedsstaaten nicht etwas anderes vorschreiben.
TIPP: Da die neue EU-Maschinenverordnung Anforderungen an die Cybersicherheit stellen wird, könnte bei Produktgruppen, für die es auf Basis des EU Cybersecurity Act (CSA) bereits ein freiwilliges Cybersicherheitszertifizierungsschema gibt, dieses zum Nachweis der Konformität genutzt werden.

TIPP: Neben dem CSA gibt es auch harmonisierte Normen für die aktuell geltende Maschinenrichtlinie und andere Richtlinien, die bereits Anforderungen an die Cybersicherheit enthalten und entsprechend berücksichtig werden müssen bzw. können. Ein Beispiel ist die internationale Normenreihe IEC 62443 „Industrielle Kommunikationsnetze – IT-Sicherheit für Netze und Systeme”. Hilfreich für das Auffinden derartiger Normen kann auch der “Cybersecurity Navigator” des Instituts für Informations-, Gesundheits- und Medizinrecht (IGMR) der Universität Bremen.
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7. Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen

Die Anforderungen für die Sicherheit und Zuverlässigkeit von (Maschinen-)Steuerungen wurden präzisiert (Anhang III, 1.2.1). Das betrifft insbesondere auch Vorgaben, die im Zusammenhang mit Software stehen. Wichtige Aspekte sind:
  • Steuerungen müssen beabsichtigten oder unbeabsichtigten äußeren Einflüssen und auch böswilligen Versuchen Dritter, Gefahrensituationen zu schaffen, widerstehen können.
  • Defekte an Hard- und Software sowie Fehler in Logiken von Steuerkreisen dürfen nicht zu Gefährdungssituationen führen.
  • Sicherheitsfunktionen dürfen nicht über die vom Hersteller in der Risikobeurteilung festgelegten Grenzen hinaus verändert werden können.
  • Das Rückverfolgungsprotokoll der im Zusammenhang mit einer Intervention der Marktaufsichtsbehörden  generierten Daten als auch die Versionen der Sicherheitssoftware, die nach Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme der Maschine hochgeladen wurden, müssen bis zu fünf Jahre danach den zuständigen nationalen Behörden zum Nachweis der Konformität der Maschine zugänglich gemacht werden können.
  • Daten über sicherheitsrelevante Entscheidungsprozesse müssen nach dem Inverkehrbringen oder der Inbetriebnahme der Maschine aufgezeichnet werden. Sie müssen für ein Jahr nach der Aufzeichnung zum Nachweis der Konformität der Maschine auf begründete Anordnung einer zuständigen nationalen Behörde gespeichert werden.
  • Steuerungssysteme für (teilweise oder in wechselndem Maße) autonome Maschinen müssen sicherstellen, dass...
    • ...die Maschine keine Handlungen ausführt, die über die festgelegte Aufgabe und den festgelegten Bewegungsbereich hinausgeht.
    • ...es jederzeit möglich ist, die Maschine zu korrigieren, um deren inhärente Sicherheit zu wahren.
  • Bei drahtlosen Steuerungen darf ein Ausfall der Kommunikation oder der Verbindung oder eine fehlerhafte Verbindung nicht zu einer Gefährdungssituation führen.
  • Bei autonomen mobilen Maschinen muss die Steuerung so konzipiert sein, dass sie die von der EU-Maschinenverordnung vorgegebenen Sicherheitsfunktionen eigenständig erfüllt. Das gilt auch, wenn Handlungen mittels einer Fernüberwachungsfunktion befohlen werden.
Hilfreich hierbei können die Anwendung der harmonisierten Norm 13849-1:2015 (Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen) als auch die Berücksichtigung der oben unter 6. aufgeführten Anforderungen an die (Cyber-)Sicherheit sein.
TIPP: Nutzen Sie unser CE-Tool um Hinweise zu Aktualität von harmonisierten Normen zu erhalten.
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8. Anforderungen für die Mensch-Maschine-Interaktion

Die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zur Ergonomie wurden um Aspekte der Mensch-Maschine-Interaktionen erweitert und angepasst (Anhang III, 1.1.6).
Bei bestimmungsgemäßer Verwendung einer Maschine müssen Belästigung, Ermüdung sowie körperliche und psychische Fehlbeanspruchung der Bediener auf das mögliche Mindestmaß reduziert sein.
Mit Blick auf lernende und/oder (teilweise oder in wechselndem Maße) autonome Maschinen sind u. a. folgende ergonomische Prinzipien zu beachten:
  • Anpassung von Mensch-Maschine-Schnittstellen an die vorhersehbaren Eigenschaften der Bediener.
  • Die Maschine muss in angemessener Art und Weise auf Personen reagieren (verbal durch Worte und nichtverbal durch Gesten, Gesichtsausdrücke oder Körperbewegungen).
  • Geplante Handlungen (was sie tun wird und warum) muss die Maschine den Bedienern in verständlicher Weise mitteilen.
Hilfreich hierbei können die Anwendung der harmonisierten Norm 13849-1:2015 (Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen) als auch die Berücksichtigung der oben unter 5.6 aufgeführten Anforderungen an die (Cyber-)Sicherheit sein.
TIPP: Nutzen Sie unser CE-Tool um Hinweise zu Aktualität von harmonisierten Normen zu erhalten.
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9. Risiken durch bewegliche Teile und psychologische Belastung

Die beweglichen Teile einer Maschine müssen so konstruiert und gebaut sein, dass Unfallrisiken durch Berührung dieser Teile verhindert sind. Bestehen die Risiken dennoch, müssen die beweglichen Teile mit trennenden oder nichttrennenden Schutzeinrichtungen ausgestattet sein.
Es sind alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um ein ungewolltes Blockieren der beweglichen Teile zu verhindern. Sind Blockierungen trotzdem nicht ausgeschlossen, müssen ggf. spezielle Schutzreinrichtungen und Spezialwerkzeug mitgeliefert werden, damit sich Blockierungen gefahrlos lösen lassen. Auf spezielle Schutzreinrichtungen und deren Verwendung ist in der Betriebsanleitung und nach Möglichkeit auf der Maschine selbst hinzuweisen.
Um Kontaktrisiken durch die Interaktion mit einer Maschine und daraus folgende Gefährdungssituationen und/oder psychische Belastungen zu vermeiden, müssen folgende neue Aspekte berücksichtigt werden:
  • Koexistenz zwischen Mensch und Maschine in einem gemeinsamen Raum ohne direkte Zusammenarbeit
  • Mensch-Maschine-Interaktion
Hier gelten die oben unter 8. genannten Grundsätze.
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10. Maschinen mit sich entwickelnden Fähigkeiten (KI-Systeme)

Die Risiken von KI-Systemen sollen durch die EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E) (siehe unten), die sich aktuell ebenfalls im Entwurfsstadium befindet, geregelt werden.
Trotzdem enthält der Entwurf der EU-Maschinenverordnung auch Vorgaben für KI-Systeme, um Wechselwirkungen zwischen Maschinenkomponenten zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wurden folgende grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen angepasst:
  • Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen (siehe 7.)
  • Allgemeine Grundsätze, 1.1.6 zur Ergonomie (siehe 8.)
  • Risiken durch bewegliche Teile und psychologische Belastung (siehe 9.)
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Überblick Neue EU-Maschinenverordnung: Der Weg zum sicheren Produkt

1. Fällt mein Produkt unter die EU-Maschinenverordnung?

Ob ein Produkt unter die EU-Maschinenverordnung fällt, ist in Artikel 1 der Verordnung geregelt.
Berücksichtigen Sie bei Ihrer Recherche, dass Ihr Produkt unter mehrere CE-Richtlinien oder Vorschriften fallen kann (siehe auch Abschnitt “Zusammenhang mit anderen CE-Vorgaben zur Produktsicherheit”).
TIPP: Eine Übersicht über alle aktuell geltenden CE-Richtlinien/Verordnungen finden Sie im Internetauftritt der Europäischen Kommission unter https://ec.europa.eu/growth/single-market/european-standards/harmonised-standards_de.
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2. Risikobeurteilung und Harmonisierte Normen

Die CE-Richtlinien/Verordnungen sehen unter anderem vor, dass Hersteller ihre Produkte in Einklang mit in den Vorschriften definierten Sicherheitszielen in Verkehr bringen.
Es gilt grundsätzlich, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden dürfen. Daher müssen Produkte zumindest den aktuellen Stand der Technik zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens aufweisen.
In der Praxis werden zu diesem Zweck harmonisierte Normen herangezogen. Hierbei handelt es sich um Normen, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind. Stimmt ein Produkt mit einer harmonisierten Norm überein, wird die Konformität mit den Sicherheitszielen gemäß CE-Richtlinie/Verordnung vermutet, sofern diese durch die Norm abgedeckt sind (siehe: https://ec.europa.eu/growth/single-market/european-standards/harmonised-standards_de). Die Normen können kostenpflichtig über die Internetseite des Beuth-Verlags bezogen werden oder kostenfrei bei den sog. Normen-Infopoints eingesehen werden.
Zum Nachweis der Übereinstimmung der Maschine mit den Bestimmungen der Verordnung muss der Hersteller das jeweils zutreffende in der Verordnung angegebene Konformitätsbewertungsverfahren durchführen.
Ist das Maschinenprodukt keine “Hochrisiko-Maschine”, also nicht in Anhang I des Verordnungsentwurfs aufgelistet, führt der Hersteller (oder sein Bevollmächtigter) die in Anhang VI der EU-Maschinenverordnung erläuterte Fertigungskontrolle mit Risikobeurteilung (Anhang III und z.B. EN ISO 12100:2010) durch.
ACHTUNG: Mit den neuen Anforderungen im Entwurf der EU-Maschinenverordnung an Maschinen mit Mensch-Maschine-Interaktion und zur Koexistenz zwischen Mensch und Maschine in einem gemeinsamen Raum ohne direkte Zusammenarbeit (siehe “Was ist neu?”, Punkt 9.) können neue Gefährdungen für die Risikobeurteilung relevant werden, die noch NICHT in der Gefährdungstabelle der  entsprechenden Sicherheitsgrundnorm EN ISO 12100:2010 zur Risikobeurteilung berücksichtigt sind.
Ist das Maschinenprodukt eine “Hochrisiko-Maschine” nach Anhang I , muss eine Baumusterprüfung (Anhang VII) der  Maschine von einem externen Dienstleister durchgeführt werden, oder der Hersteller führt eine umfassende Qualitätssicherung nach Anhang IX durch.
HINWEIS: Sie werden bei der weitergehenden Recherche schnell feststellen, dass sich das Vorgehen keinesfalls auf die Recherche geeigneter Normen beschränkt. Vielmehr ist zunächst zu beurteilen, welche Risiken vom Produkt ausgehen und welche grundlegenden Anforderungen welcher Vorschriften überhaupt zur Anwendung kommen müssen, auch  CE-Richtlinien/Verordnungen hinaus.

Die Erfüllung dieser Anforderungen kann in der Anwendung harmonisierter Normen bestehen. In der Praxis ist dieses Vorgehen auch der Regelfall.

Im weiteren Verlauf ist abzugleichen (und im Rahmen der Risikoanalyse und -bewertung zu dokumentieren), ob durch eine oder mehrere herangezogene harmonisierte Normen auch tatsächlich alle Anforderungen der anzuwendenden Richtlinie(n)/Verordnung(en) - sowie erforderliche Maßnahmen zur Risikominderung - abgedeckt sind oder ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.

Aus technisch nicht mehr weiter minderbaren Risiken werden dann beispielsweise Warnhinweise in Anleitungen abgeleitet.
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3. Technische Unterlagen

Neben der Risikobeurteilung müssen alle im Anhang IV der neuen EU-Maschienverordnung aufgeführten technischen Unterlagen bis zu 10 Jahren nach Inverkehrbringen der Maschine auf Verlangen der Marktaufsichtsbehörden vorgelegt werden können.
Neu gegenüber der aktuell gültigen EU-Maschinenrichtlinie ist, dass u.a. die Betriebsanleitungen explizit auch digital zur Verfügung gestellt werden dürfen, aber auf Verlangen die gedruckte Version kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss (siehe auch unter “Was ist neu?”, Punkt 4.).
Zudem ist die Weitergabe der EU-Konformitätserklärung in Papierform nicht mehr ausdrücklich vorgeschrieben. Diese kann auch unter Angabe einer URL digital abgelegt und dort abgerufen werden.
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4. Konformitätserklärung und CE-Kennzeichen

Mit der Konformitätserklärung erklärt ein Hersteller, dass ein Produkt den Anforderungen aller anzuwenden CE-Richtlinien/Verordnungen entspricht. Der Anhang V der kommenden EU-Verordnung gibt den Aufbau und die Art der Inhalte vor.
Nach Durchlaufen des Konformitätsbewertungsverfahrens und dem Ausstellen der Konformitätserklärung muss das CE-Kennzeichen sichtbar, leserlich und dauerhaft auf dem Produkt aufgebracht werden. Die EU stellt dazu eine Vorlage bereit, wie das CE-Zeichen genau aussehen muss.
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Zusammenhang mit der EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI) und mit dem EU-Data-Act

Im Zusammenhang mit Digitalisierung und Daten arbeitet die EU-Kommission derzeit an verschiedenen Regulierungen, die sich auch auf Hersteller, (Online-)Händler, Importeure (Einführer) und Bevollmächtigte von Maschinen auswirken können. Zwei wichtige Beispiele sind die geplante EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E) sowie der EU-Data-Act (Data-Act-E), die im folgenden kurz beschrieben werden.
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EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E)

Aktuell arbeitet EU-Kommission an einer Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E). Diese soll das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von KI-Systemen/KI-Produkten regeln.
KI-Methoden und KI-Technologie sind sehr vielfältig und unter anderem dort einsetzbar, wo viele Daten anfallen und ausgewertet werden können, zum Beispiel in modernen Maschinen.
Daher ist es möglich, dass in Zukunft für Maschinen neben der neuen EU-Maschinenverordnung von den Maschinenherstellern, Importeuren (Einführern), (Online)-Händlern oder Bevollmächtigten auch die EU-Verordnung KI-VO-E zu beachten ist.
Aktuell unterscheidet der Entwurf der KI-VO-E zwischen verschiedenen Anwendungsbereichen und vier Risikoklassen (unannehmbares Risiko, hohes Risiko, geringes Risiko, minimales Risiko).
KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko sind grundsätzlich verboten (Artikel 5 KI-VO-E). Für Hochrisiko-KI-Systeme gelten weitreichende Anforderungen wie u.a.
  • ein umfassendes Qualitäts- und Risikomanagement, das über den gesamten Lebenszyklus fortgeführt werden muss (Artikel 8 ff.)
  • eine Konzeption bzw. Entwicklung, die eine Protokollierung von Vorgängen und Ereignissen ermöglicht (Artikel 12)
Zusätzlich soll für Hochrisiko-KI-Systeme eine Gebrauchsanweisung erstellt werden, die präzise, vollständige, korrekte und eindeutige Informationen  enthält (Artikel 13). Gefordert werden in diesem Zusammenhang Informationen u.a. zur Zweckbestimmung, eine Bewertung des Grades an Genauigkeit, Robustheit und Cybersicherheit des KI-Systems.
Daneben gelten für KI-Systeme mit spezifischen Manipulationsrisiken aller Risikoklassen bestimmte Transparenzvorgaben.
Dagegen gehen aus dem Entwurf der Verordnung KI-VO-E für Systeme mit geringem oder minimalem Risiko aktuell keine speziellen Regulierungen hervor.
HINWEIS: Der Entwurf der Verordnung KI-VO-E richtet sich im Kern an KI-Systeme mit hohem Risiko, deren Ausfall und Störung besonders schwerwiegende Folgen für das Leben und die Gesundheit von natürlichen Personen haben kann.

Weiter gelten KI-Systeme als hoch-riskant, wenn sie als Produkt oder Produktbestandteil Sicherheitsfunktionen erfüllen (Artikel 6) und somit bestimmten Harmonisierungsvorschriften unterliegen (Anhang II KI-VO-E).

Anhang III des Entwurfs der Verordnung KI-VO-E enthält außerdem eine Liste von KI-Systemen die ebenfalls als Hochrisiko-KI-Systeme eingestuft werden. Diese Liste kann die EU-Kommission ständig anpassen und erweitern.
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EU-Data-Act-E (EU-Datengesetz)

Neben dem Entwurf der KI-Verordnung hat die EU-Kommission auch einen Entwurf für ein EU-Datengesetz (Data-Act-E) vorgelegt. Dieser hat zum Ziel, dass mehr Daten für eine innovative Nutzung zur Verfügung stehen und nicht einzelne, große Akteure die alleinige Kontrolle über die Daten haben.
Gemeinsam mit Initiativen wie dem Data Governance Act soll der Data Act dabei helfen das Potential bislang weitgehend ungenutzter industrieller Daten auszuschöpfen. Dabei handelt es sich aus Sicht der Kommission vorwiegend um Daten von IoT-Objekten, also mit dem Internet vernetzte Geräte wie Haushaltsgeräte, Maschinen oder Autos. Viele dieser Objekte sammeln Daten, deren Mehrwert durch das Zusammenspiel zwischen Nutzer und Gerät generiert wird.
Die Nutzungsrechte an diesen Daten sind bislang rechtlich nicht eindeutig geregelt und müssen daher zwischen den Parteien vertraglich vereinbart werden. Dabei sind insbesondere kleinere Unternehmen häufig mit unfairen Vertragsbedingungen konfrontiert. Oftmals sehen die Verträge vor, dass die Daten eines Geräts nur vom Hersteller genutzt werden dürfen.
Um den Zugang und die faire Nutzung von Daten zu erleichtern, führt der Gesetzes-entwurf neue Rechte und Pflichten für Nutzer, Hersteller und Dateninhaber ein.
Rechte und Pflichten für Nutzer: In Zukunft sollen vorwiegend die Nutzer darüber entscheiden können, wie mit Daten umgegangen wird, an deren Entstehung sie mitgewirkt haben. Nutzer können Unternehmen oder auch Verbraucher sein. Der Data Act soll es den Nutzern ermöglichen, diese Daten auszuwerten und unter bestimmten Bedingungen an Dritte weiterzugeben. Dabei müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen zu wahren.
Ausnahme ist die Weitergabe von Daten an besonders große und mächtige Unternehmen, die der EU-Digital Markets Act als „Gatekeeper“ definiert. Der Nutzer darf die Daten nicht an Gatekeeper weitergeben. Gleichzeitig ist es den Gatekeepern untersagt, den Nutzer aufzufordern, Daten mit ihnen zu teilen oder Daten zu erhalten.
Rechte und Pflichten für Hersteller und Dateninhaber: Damit der Zugang und die Weitergabe von Daten auch technisch möglich ist, müssen Hersteller ihre Produkte und Dienstleistungen so gestalten, dass ein Datenzugang „unverzüglich“, wenn möglich sogar in „real-time“ stattfinden kann. Hinzu kommen neue Transparenz- und Informationspflichten, etwa über die Art und den Umfang der Datenerhebung. Kleinst- und Kleinunternehmen sind von diesen Verpflichtungen ausgenommen.
Der Dateninhaber ist verpflichtet dem Nutzer Daten zur Verfügung zu stellen. Die für die Bereitstellung von Daten vereinbarte Vergütung muss angemessen sein. Zudem darf der Dateninhaber nicht-personenbezogene Daten, die durch die Nutzung eines Produkts oder eines damit verbundenen Dienstes entstehen, nur auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Nutzer verwenden.
Rechte und Pflichten für Cloud-Anbieter: Nutzern von Daten soll es erleichtert werden, ihren Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten zu wechseln. Dies bedeutet neue Verpflichtungen für Dateninfrastrukturanbieter. Sie müssen den Umstellungsprozess unterstützen und kommerzielle, technische, vertragliche und organisatorische Hindernisse beseitigen. Zudem ist ein schrittweiser Abbau von Umstellungsgebühren geplant. Darüber hinaus sollen Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten wie Cloud-Services verpflichtet werden, die Interoperabilität durch offene Standards und Schnittstellen erleichtern.
Rechte für öffentliche Stellen: Neben privaten Akteuren sollen auch öffentlichen Einrichtungen erweiterte Zugangsrechte eingeräumt werden. So muss ein Dateninhaber einer öffentlichen Einrichtung auf Antrag Daten zur Verfügung stellen, wenn ein „außergewöhnlichen Bedarf“ (z. B. öffentliche Notlage) an der Nutzung der Daten besteht. Kleinst- und Kleinunternehmen sind von dieser Regelung ausgenommen.
MEINUNG: Die EU-Kommission hat mit dem Data Act ein komplexes neues Regelwerk vorgelegt, das für viele unterschiedliche Bereiche Regelungen vorsieht, um den Zugang zu Daten zu erleichtern und Klarheit in Bezug auf Zugriffs- und Nutzungsrechte an Daten schaffen soll.

Offen bleibt bleibt bislang die vor allem Unternehmen betreffende Fragen, wie sensible Daten und Geschäftsgeheimnisse hier geschützt werden können und welche Möglichkeiten im Falle von Verstößen gegen das Verbot bestehen, die Daten für die Entwicklung von konkurrierenden Produkten einzusetzen.
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Zusammenhang mit anderen CE-Vorgaben zur Produktsicherheit

Grundsätzlich gelten die CE-Richtlinien/Verordnungen zur Produktsicherheit nicht immer nur unabhängig voneinander. Zum Teil gibt es in der Regelungswirkung Zusammenhänge zwischen verschiedenen CE-Richtlinien/Verordnungen. Im Folgenden sind dazu drei Beispiele aufgeführt.
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Niederspannungs- und Funkanlagenrichtlinie

In vielen Fällen ist eine Maschine gleichzeitig auch ein „elektrisches Gerät“, dass von der Niederspannungsrichtlinie betroffen sein kann. Sowohl die Maschinenrichtlinie als auch die Niederspannungsrichtlinie stellen „elektrische Anforderungen“ an die Produktsicherheit.
Da es wenig Sinn macht, vergleichbare Anforderungen an ein Produkt zweimal prüfen und erfüllen zu müssen, ist die EU bemüht, Überschneidungen (Kohärenzen) zu vermeiden bzw. praktikabel zu regeln.
Ein Produkt ist dann i. d. R. von einer bestimmten CE-Richtlinie ausgenommen (erfüllt diese quasi automatisch mit), wenn vergleichbare Anforderungen an die Produktsicherheit bereits von einer anderen CE-Richtlinie abgedeckt werden.
So definiert die kommende EU-Maschinenverordnung (Artikel 2, Absatz 2, Buchstabe m):
“Diese Verordnung gilt nicht für: …die folgenden elektrischen und elektronischen Produkte, soweit sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/35/EU (Niederspannungsrichtlinie) oder der Richtlinie 2014/53/EU (Funkanlagenrichtlinie) fallen:
i) für den häuslichen Gebrauch bestimmte Haushaltsgeräte, bei denen es sich nicht um elektrisch betriebene Möbel handelt; ii) Audio- und Videogeräte; iii) Einrichtungen der Informationstechnik; iv) Büromaschinen; v) Niederspannungsschaltgeräte und -steuergeräte; vi) Elektromotoren;”
Das heißt, für Haushaltsgeräten der o. g. Art genügt die Einhaltung der CE-Vorgaben nach Niederspannungsrichtlinie bzw. Funkanalagenrichtlinie. Obwohl sie im eigentlichen Sinne auch eine Maschine sein könnten, fallen Sie nicht unter die Maschinenrichtlinie.
BEISPIEL:  Eine Waschmaschine mit WLAN-Modul fällt zukünftig unter die Funkanalgenrichtlinie 2014/53/EU und nicht unter die Maschinenverordnung.
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ATEX-Richtlinie

Inhaltliche Zusammenhänge bzw. Kohärenzen gibt es auch zwischen der kommenden Maschinenverordnung und der CE-Richtlinie für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen (2014/34/EU) (ATEX).
Im Entwurf der Maschinenverordnung heißt es:
„Hinsichtlich des Explosionsrisikos, das sich aus dem Einsatz des Maschinenprodukts in einer explosionsgefährdeten Umgebung ergibt, muss das Maschinenprodukt den hierfür geltenden spezifischen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union entsprechen.“
Das heißt, auch bei Maschinen, von denen selbst kein Explosionsrisiko ausgeht, müssen zusätzlich zur Maschinenrichtlinie auch die Vorgaben der Richtlinie 2014/34/EU (ATEX) eingehalten werden, falls eine Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen vorgesehen ist bzw. nicht ausgeschlossen werden kann.
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Druckgeräterichtlinie

Eine Maschine, die Baugruppen enthält, die unter die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU fallen, ist in ihrer Gesamtheit eine Maschine im Sinne der Maschinenrichtlinie. Sie ist in ihrer Gesamtheit jedoch kein „Druckgerät“ oder keine „Druckgerät-Baugruppe“ im Sinne der Druckgeräterichtlinie.
Bei der Bewertung der CE-Konformität müssen neben der Maschinenverordnung (Konformität des „Gesamtsystems“) für die Druckgefährdungen durch bestimmte Bauteile/Komponenten/Baugruppe der Maschine die Vorgaben der Druckgeräterichtlinie beachtet werden. Für diese „Maschinenteile“ muss auch das Konformitätsbewertungsverfahren nach Druckgeräterichtlinie durchgeführt werden.
Bei der Einstufung der Bauteile/Komponenten/Baugruppen nach Druckgeräterichtlinie müssen wiederum die Ausnahme der Richtlinie, z. B. mit Blick auf Maschinen beachtet werden (Druckgeräterichtlinie Artikel 1, Absatz 2, Buchstabe f).  Hier heißt es:
„Die Druckgeräterichtlinie gilt nicht für: … Geräte, die nach Artikel 13 dieser Richtlinie höchstens unter die Kategorie I fallen würden und die von einer der folgenden Richtlinien erfasst werden … 2006/42/EG (Anmerkung: Maschinenrichtlinie)…“.
Deshalb muss der Hersteller der Maschine eine EG-Konformitätserklärung nach der Maschinenrichtlinie bzw. nach der kommenden Maschinenverordnung ausstellen. Eine EU-Konformitätserklärung für die gesamte Maschine nach der Druckgeräterichtlinie ist nicht möglich, weil nur die „Druckteile“ der Maschine unter diese fallen.
Möglich ist allerdings ein ergänzender – freiwilliger - Satz in der EG-Konformitätserklärung nach der Maschinenverordnung, der auf die Einhaltung der Druckgeräterichtlinie in Bezug auf die Druckgefährdungen hinweist, z. B. „In Hinblick auf die Druckgefährdungen werden die einschlägigen Anforderungen der Richtlinie 2014/68/EU eingehalten.“
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Zusammenhang mit anderen CE-Vorgaben außerhalb der Produktsicherheit – Exkurs Ökodesign-Richtlinie

Die CE-Kennzeichnung ist bereits seit einigen Jahren nicht nur für die gesetzlichen Vorgaben zur Produktsicherheit relevant. Die aktuell gültige Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist ein Beispiel für Vorgaben zur Produktsicherheit, in diesem Fall für Maschinen.
Für die CE-Kennzeichnung von Produkten ist aber bspw. auch die sogenannte Ökodesign-Richtlinie relevant. Mit dieser wurde 2005 von der EU das Konzept der umweltgerechten Gestaltung (Eco-Design oder Ökodesign) von Produkten eingeführt. Aktuell gilt die Neufassung, die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG. 2008 wurde die Richtlinie in deutsches Recht überführt Hier ist das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) maßgeblich.
Ziel der Ökodesign-Vorgaben ist es, die Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz von bestimmten Produkten über deren gesamten Lebenszyklus hinweg zu verbessern. Dafür werden verbindliche Mindestanforderungen an die Produktgestaltung festgelegt, deren Einhaltung mit der CE- Kennzeichnung nachgewiesen werden muss. Artikel 5, Absatz 1 der Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG (Neufassung) führt aus:
„Vor dem Inverkehrbringen und/oder der Inbetriebnahme eines von Durchführungsmaßnahmen erfassten Produkts ist dieses mit der CE-Kennzeichnung zu versehen und eine EG-Konformitätserklärung für das Produkt auszustellen, mit der der Hersteller oder sein Bevollmächtigter zusichert, dass es allen einschlägigen Bestimmungen der jeweils geltenden Durchführungsmaßnahme entspricht.“
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Was heißt das für Unternehmen?

Nur wenn ein betroffenes Produkt die Ökodesign-Anforderungen erfüllt, darf es die CE-Kennzeichnung tragen und in der EU in Verkehr gebracht werden.
ACHTUNG: Hersteller/Importeure/Inverkehrbringen müssen immer prüfen, welche CE- Richtlinien und -Verordnungen für eine Maschine insgesamt relevant sind und dürfen sich für die CE-Konformität nicht nur auf die Vorgaben zur Produktsicherheit beschränken.
BEISPIEL: Ein Produkt kann bspw. den Anforderungen an die Produktsicherheit nach Maschinenrichtlinie unterliegen. Gleichzeitig kann es auch unter die Ökodesign-Richtlinie fallen. Der Hersteller darf dann das CE-Kennzeichen nur anbringen, wenn die Anforderungen beider Richtlinien bzw. Verordnungen erfüllt sind.

Eine Maschine, die die Produktsicherheitsvorgaben nach Maschinenrichtlinie erfüllt ist trotzdem nicht CE-konform, wenn sie gleichzeitig auch unter die Ökodesign-Richtlinie fällt, deren Vorgaben jedoch nicht einhält. Gleiches gilt umgekehrt.
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Für welche Produkte gelten Ökodesign-Vorgaben?

Die konkreten Ökodesign-Vorschriften für einzelne Produkte ergeben sich nicht unmittelbar aus der o. g. Richtlinie oder dem o. g. Gesetz. Die Anforderungen sind bzw. werden nach und nach in produktspezifischen Verordnungen formuliert. Die Verordnungen sind unmittelbar nach ihrem jeweiligen Inkrafttreten in allen EU-Mitgliedstaaten gültig und verbindlich für Hersteller und Importeure.
Die Ökodesign-Richtlinie galt zunächst nur für energiebetriebene Produkte (außer Verkehrsmittel). Dies sind Produkte, denen Energie (Elektrizität, fossiler Treibstoff oder erneuerbare Energiequellen) zugeführt werden muss, damit sie bestimmungsgemäß funktionieren können – zum Beispiel Haushalts- und Bürogeräte oder Heizung und Beleuchtung. Auch Produkte zur Erzeugung, Übertragung und Messung von Energie zählen dazu.
Seit der Neufassung der und der entsprechenden Anpassung des deutschen Rechts mit dem Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz gilt Ökodesign darüber hinaus auch für sogenannte energieverbrauchsrelevante Produkte. Neben den energiebetriebenen Produkten sind damit auch Produkte gemeint, die zwar selbst keine Energie benötigen, aber den Verbrauch von Energie beeinflussen – zum Beispiel Fenster und Isoliermaterialien.
Für welche Produkte/Produktgruppen bereits Verordnungen konkrete Ökodesign-Vorgaben gelten und wie der Umsetzungsstand für kommende Verordnungen für weitere Produkte/Produktgruppen ist, finden Sie auf der Internetseite der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) unter folgendem Link: https://netzwerke.bam.de/Netzwerke/Navigation/DE/Evpg/EVPG-Produkte/evpg-produkte.html.
Zusätzlich finden Sie hier auch die Vorgaben zur Kennzeichnung von Produkten nach den Verbrauchskennzeichnungsverordnungen, Stichwort: Energielabel.
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Was ist konkret zu tun?

Der Hersteller eines unter die Ökodesign-Richtlinie fallenden Produkts muss folgende Schritte erledigen:
  • Berücksichtigung der in der für das Produkt gültigen Verordnung festgelegten Ökodesign-Anforderungen bei der Produktentwicklung
  • Durchführung einer Konformitätsbewertung und Erstellung technischer Unterlagen
  • Ausstellung einer Konformitätserklärung und Anbringen der CE-Kennzeichnung auf dem Produkt
  • Anbringen eventuell weiterer vorgeschriebener Informationen (z.B. Codes, Piktogramme) auf dem Produkt
  • Aufbewahrung der Unterlagen zur Konformitätsbewertung und der abgegebenen Konformitätserklärungen bis zehn Jahre nach Produktionsende
  • Vorlage der Unterlagen auf Anforderung der zuständigen Marktüberwachungsbehörde
  • Bereitstellung zusätzlicher Informationen für die Verbraucher (falls vorgeschrieben).
Ist der Hersteller nicht im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassen, so hat der Importeur die Pflicht, sicherzustellen, dass das in Verkehr gebrachte oder in Betrieb genommene Produkt den Ökodesign-Anforderungen entspricht.
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