Bestellpflichten für Gefahrgut-beauftragte aufgrund von im Betrieb anfallenden Abfällen

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Viele Unternehmen müssen (nur) aufgrund ihrer Abfälle, welche sie in Behältnisse einfüllen bzw. verpacken und die sie abgeben bzw. im Sinne des Gefahrgutrechts absenden, einen Gefahrgutbeauftragten bestellen. Dies ergibt sich aus der Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV), obwohl diese eine Reihe von Befreiungstatbeständen enthält. Diese sollen nachfolgend im Hinblick auf die Abgabe von gewerblichen Abfällen an Abfalltransporteure näher betrachtet werden.
Zunächst ist festzuhalten, dass Abfälle je nach ihren Eigenschaften zum Teil als Gefahrgüter einzustufen sind, wobei es keine Analogien gibt: Gefährliche Abfälle gemäß Abfallrecht sind also nicht automatisch Gefahrgut/gefährliche Güter gemäß Verkehrsrecht. Wenn ein Abfall aufgrund seiner Eigenschaften als Gefahrgut eingestuft werden muss, dann unterliegt seine Entsorgung sowohl dem Abfall- als auch dem Gefahrgutrecht. Diese Abfälle werden im Folgenden betrachtet.
Die GbV verpflichtet zunächst alle Unternehmen zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten, die an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind. Beteiligte sind insbesondere der Auftrageber des Absenders, der Absender, der Verlader, der Verpacker, der Befüller, der Beförderer, der Betreiber von Tankcontainern und Schüttgutcontainern, der Hersteller von Gefahrgutverpackungen, der Fahrzeughalter und der Fahrzeugführer sowie der Entlader und der Empfänger eines Gefahrguts.
§ 2 der GbV enthält sieben Ausnahmen von dieser Gefahrgutbeauftragten-Bestellpflicht, die nachfolgend im Hinblick auf die betriebliche Abfallentsorgung betrachtet werden:

Ausnahme 1: Unternehmen, die nur in bestimmten Rollen agieren

Aufgezählt werden hier diejenigen Unternehmen, die nur Pflichten als Fahrzeugführer, Schiffsführer, Empfänger, Reisender, Hersteller und Rekonditionierer von Verpackungen oder als Stelle für Inspektionen und Prüfungen von Großpackmitteln (IBC) zu erfüllen haben.
Diese Ausnahme ist im Hinblick auf die betriebliche Abfallentsorgung nicht relevant. Auch die genannte Ausnahme für Empfänger greift nur, wenn die empfangenen Güter zwar Gefahrgüter sind, aber die daraus entstehenden Produkte und Abfälle allesamt keine Gefahrgüter mehr sind. Ansonsten agiert ein Unternehmen nicht nur als Empfänger, sondern auch als Absender / Befüller / Verlader / Verpacker etc. seiner produzierten Waren bzw. Abfälle.

Ausnahme 2: Unternehmen, die ausschließlich als Auftraggeber des Absenders an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind und gleichzeitig eine Obergrenze von 50 t/a einhalten

Normalerweise gilt der Abfallerzeuger als Absender seiner Abfälle im Sinne des Gefahrgutrechts. Zulässig wäre, dass stattdessen der Abfall-Einsammler als Absender gemäß Gefahrgutrecht agiert. Dadurch könnte sich der Abfallerzeuger auf die Rolle des Auftraggebers des Absenders zurückziehen.
Dies müsste vertraglich zwischen Abfallerzeuger und Einsammler vereinbart werden, aber wird in der Praxis nur selten realisiert. Denn eine Befreiung von der Gefahrgutbeauftragtenbestellpflicht wäre auch dann nur gegeben, wenn der Abfallerzeuger gleichzeitig nicht als Verpacker oder Befüller des Abfallbehälters agieren würde. Denkbar erscheint dies nur, wenn z. B. der Einsammler mit einem Saugwagen Flüssigkeiten aus einem nur innerbetrieblich genutzten Behälter absaugt.

Ausnahme 3: Unternehmen, die ausschließlich als Entlader an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto pro Kalenderjahr beteiligt sind

Diese Ausnahme ist im Hinblick auf die Abgabe und Verladung der eigenen betrieblichen Abfälle nicht relevant.

Ausnahme 4: Freigestellte Beförderungen

Im Bereich der Abfallentsorgung kann diese Ausnahme nur relevant werden bei der Beförderung von ungereinigten leeren Lagerbehältern oder ungereinigten leeren Verpackungen, allerdings jeweils nur unter bestimmten Randbedingungen (bestimmte Stoffklassen etc.)

Ausnahme 5: Beförderungen nach ADR-Unterabschnitt 1.1.3.6

In diesem Unterabschnitt 1.1.3.6 des ADR wird die so genannte 1000-Punkte-Grenze definiert. Sie hat zur Folge, dass bestimmte Gefahrgüter in Mengen von bis zu 20 bzw. 333 bzw. 1000 Litern oder Kilogramm unter vereinfachten Randbedingungen befördert werden können. (Die Vereinfachungen beinhalten dann u. a., dass auf die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten verzichtet werden kann).
Dies gilt z. B. bei der Abgabe von Bleibatterien bis zu 1.000 kg (UN 2794, Beförderungskategorie 3) oder von festen Stoffen, die entzündbare flüssige Stoffe mit einem Flammpunkt von höchstens 60 °C enthalten, bis 333 kg (UN 3175, Beförderungskategorie 2).

Ausnahme 6: Freigestellte Beförderungen nach ADR-Kapitel 3.3 oder 3.4 oder 3.5

Kapitel 3.3 enthält Sondervorschriften für Spezialfälle. Kapitel 3.4 und 3.5 regeln Beförderungen im Bereich weniger Kilogramm, was auf die betriebliche Abfallentsorgung im Normalfall nicht zutrifft.

Ausnahme 7: Beteiligung an der Beförderung von max. 50 t/a für den Eigenbedarf in Erfüllung betrieblicher Aufgaben

Gemeint ist hiermit z. B. der Transport von Gasflaschen zu einer Baustelle durch Handwerksbetriebe, da diese die transportierten Gefahrgüter dort für ihre betriebliche Tätigkeit benötigen.
Nicht gemeint ist der Vorgang der betrieblichen Abfallentsorgung, da sie nicht als so genannter Eigenbedarf gilt. Denn der Transportvorgang stellt nicht die Haupttätigkeit des Abfallerzeugers dar, selbst wenn er seine eigenen Abfälle transportiert.

Schulungspflichten unabhängig von Bestellpflichten

Selbst wenn ein Unternehmen unter die genannten Ausnahmeregelungen fällt und dadurch keinen Gefahrgutbeauftragten bestellen muss, ist zu beachten, dass das ADR-Kapitel 1.3 vorschreibt, dass alle Personen, die mit Gefahrgütern zu tun haben, unterwiesen bzw. geschult sein müssen.