Gründungsgeschehen und Ausfallrisiken in Ostfriesland und Papenburg 2024
Das Gründungsgeschehen in Ostfriesland und Papenburg ist durch eine stabile Unternehmenslandschaft mit moderaten Ausfallraten gekennzeichnet. Die Analyse basiert auf aktuellen Daten von Creditreform Leer, Wirtschaftsdatenbank für das Jahr 2024 und vergleicht die regionalen Kennzahlen mit dem Bundesdurchschnitt.
Im Jahr 2024 verzeichnete die IHK für Ostfriesland und Papenburg einen positiven Gründungssaldo: 4.081 Gewerbeanmeldungen standen 3.487 Abmeldungen gegenüber. Die Zahl der Gewerbeanmeldungen blieb zum Vorjahr (4.098) stabil, während die Gewerbeabmeldungen zum Vorjahr (3.487) zunahmen. Die meisten Gründungen erfolgten, wie im Vorjahr, in den Branchen Handel und Dienstleistungen.
Ausfallwahrscheinlichkeit im Vergleich
Die Ausfallwahrscheinlichkeit – also der Anteil der insolventen oder aufgegebenen Unternehmen – ist in der Region insgesamt niedriger als im Bundesdurchschnitt. Die Unterschiede zwischen den Regionen sind jedoch relevant:
Ort | Ausfallrate 2024 (%) | Anzahl Unternehmen | Anzahl der Ausfälle |
---|---|---|---|
Aurich | 1,18 | 4.815 | 57 |
Emden | 1,38 | 1.086 | 15 |
Leer | 1,36 | 4.323 | 59 |
Wittmund | 1,55 | 1.674 | 26 |
Papenburg | 2,59 | 1.081 | 28 |
Deutschland | 1,78 | 2.376.655 | 42.297 |
Die Ausfallrate liegt – definiert als der Anteil insolventer oder liquidierter Unternehmen – in allen Regionen unter dem Bundesdurchschnitt von 1,78 Prozent im Jahr 2024.
Besonders positiv fällt der Landkreis Aurich auf, der mit einer Ausfallrate von 1,18 Prozent den niedrigsten Wert der betrachteten Regionen aufweist. Emden (1,38 Prozent) und Leer (1,36 Prozent) liegen leicht darüber, aber immer noch deutlich unter dem bundesweiten Mittelwert. Wittmund bewegt sich mit rund 1,55 Prozent ebenfalls in diesem stabilen Bereich, anders Papenburg mit einer Ausfallrate von 2,59 Prozent. Zum Vergleich: Niedersachsen insgesamt verzeichnet eine Ausfallrate von 1,61 Prozent.
Branchenabhängige Risiken
Ein differenzierter Blick auf die Branchenstruktur zeigt deutliche Unterschiede in den jeweiligen Ausfallwahrscheinlichkeiten. In Emden weist das Baugewerbe mit 3,51 Prozent die höchste Ausfallrate auf. In Papenburg sind es sogar 4,73 Prozent, was auf konjunkturelle Unsicherheiten, steigende Zinsen und verschobene öffentliche Investitionen zurückzuführen sein dürfte. Aurich (1,74 Prozent), Leer (1,52 Prozent) und Wittmund (1,9 Prozent) bleiben in dieser Branche unter dem Bundesdurchschnitt von 2,31 Prozent.
Im Bereich Verkehr und Lagerei liegt Aurich mit 2,36 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 3,36 Prozent, aber innerhalb der Region am höchsten. Während Emden (1,22 Prozent) und Leer (0,43 Prozent) in diesem Bereich nur geringe Risiken aufwiesen, hatten Wittmund und Papenburg keine Ausfälle zu verzeichnen.
Das Gastgewerbe ist bundesweit mit 3,44 Prozent eine besonders risikobehaftete Branche. In Ostfriesland fällt das Risiko jedoch geringer aus: Aurich liegt bei 1,83 Prozent, Leer bei 2,14 Prozent, Emden bei 1,19 Prozent, Wittmund bei 2,62 Prozent und Papenburg bei 2,04 Prozent. Ähnlich stabil zeigt sich der Handel mit Werten zwischen 0,82 Prozent (Aurich) und 1,76 Prozent (Emden) im Vergleich zu 1,86 Prozent bundesweit.
Ein Sonderfall stellt die Branche Kunst, Unterhaltung und Erholung dar. In Papenburg liegt die Ausfallrate hier bei alarmierenden 11,11 Prozent – ein Wert, der deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,64 Prozent liegt. Dieses Segment bleibt in den anderen Regionen deutlich kleiner und weniger ausfallanfällig.
Rechtsformen und ihre Risikostruktur
Die Wahl der Rechtsform zeigt regional unterschiedliche Auswirkungen auf das Ausfallrisiko. Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG schneiden in Ostfriesland besser ab als im bundesweiten Vergleich (2,12 Prozent). In Emden beträgt die Ausfallrate für Kapitalgesellschaften 1,32 Prozent, in Aurich 1,34 Prozent, in Leer 1,21 Prozent, in Wittmund 2,03 Prozent und in Papenburg etwa 3,01 Prozent.
Personengesellschaften weisen im Bundesdurchschnitt eine Ausfallrate von 1,55 Prozent auf. Aurich liegt hier mit 1,14 Prozent deutlich darunter, Leer bei 1,55 Prozent und Emden bei 1,53 Prozent, Wittmund 1,39 Prozent und Papenburg 2,23 Prozent.
Zusammenhang von Unternehmensgröße und Ausfallrisiko
Die Analyse nach Umsatzklassen bestätigt den bekannten Trend: Kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 500.000 Euro sind am stärksten gefährdet. In Aurich beträgt die Ausfallrate in dieser Gruppe 1,16 Prozent, in Emden, Leer, Wittmund bewegt sie sich zwischen 1,3 und 1,5 Prozent – durchweg unter dem Bundesdurchschnitt von 1,80 Prozent. Nur Papenburg liegt klar über dem Bundesdurchschnitt, mit 2,71 Prozent.
Bei einem Umsatz zwischen 500.000 Euro und 1 Million Euro steigt die Ausfallrate in Aurich auf 2,40 Prozent, was leicht über dem Bundesdurchschnitt von 2,00 Prozent liegt. Auch in den anderen Regionen ist in dieser Umsatzklasse ein höheres Risiko erkennbar. Unternehmen mit einem Umsatz über 5 Millionen Euro weisen hingegen die niedrigsten Ausfallraten auf. In Aurich liegt dieser Wert bei 0,75 Prozent, in Leer bei 0,68 Prozent und in Emden bei 1,89 Prozent. Bundesweit beträgt der Durchschnitt 1,14 Prozent.
Entwicklung der Ausfallraten 2021 bis 2025
Die Ausfallraten in Ostfriesland zeigen seit 2021 eine schwankende, aber insgesamt stabile Entwicklung. In Emden stieg die Rate von 0,75 Prozent (2021) auf 2,10 Prozent (2023), sank jedoch 2024 auf 1,38 Prozent. Für 2025 wird wieder ein Anstieg auf 1,69 Prozent prognostiziert. Aurich verzeichnete 2021 eine Rate von 1,08 Prozent, die 2023 auf 1,25 Prozent stieg und 2024 auf 1,18 Prozent fiel. Die Prognose für 2025 liegt bei 1,76 Prozent. Trotz dieser leichten Zunahmen bleiben die regionalen Werte durchweg unter dem erwarteten Bundeswert von 2,04 Prozent im Jahr 2025.
In Leer lag die Ausfallrate im Jahr 2021 bei 0,9, stieg 2023 auf 1,25 und 2024 auf 1,36 Prozent an. Die Prognose für 2025 liegt bei 1,86 Prozent. Leer verzeichnet damit einen konstanten Anstieg. Wittmund verzeichnete 2021 eine Rate vom 1,0, welche 2023 auf 1,36 und 2024 auf 1,55 Prozent anstieg. Für 2025 wird eine weitere Steigung auf 1,82 prognostiziert. Papenburg verzeichnete 2021 einen Wert von 0,73, welcher 2023 auf 1,12 und 2024 sogar auf 2,59 Prozent anstieg. Die Prognose verspricht jedoch mit einem Wert von 1,76 Prozent Besserung.
In Aurich, Leer und Wittmund lag die Ausfallrate somit seit 2021 immer unter dem Bundesdurchschnitt.
Fazit
Das Gründungsgeschehen in Ostfriesland und Papenburg ist durch eine stabile Unternehmenslandschaft und vergleichsweise geringe Ausfallraten gekennzeichnet. Besonders in Aurich ist das unternehmerische Risiko niedrig. Die höchsten Ausfallraten treten in einzelnen Branchen wie dem Baugewerbe (Emden, Papenburg) und im Kultursektor (Papenburg) auf. Die Wahl der Rechtsform beeinflusst das Risiko maßgeblich: Kapitalgesellschaften sind stabiler, insbesondere in Ostfriesland. Auch zeigt sich, dass das Ausfallrisiko mit steigendem Umsatz sinkt.
Zitat
Christian Bolte, Creditreform Leer KG:
„Das Gründungsgeschehen in Ostfriesland und Papenburg zeigt, dass die Region insgesamt über eine stabile wirtschaftliche Basis verfügt: Ein positiver Gründungssaldo, niedrige Ausfallquoten im Vergleich zum Bund und eine solide Entwicklung in vielen Branchen sprechen für ein gesundes unternehmerisches Umfeld. Gleichzeitig machen die erhöhten Ausfallraten in bestimmten Sektoren, etwa im Baugewerbe oder im Bereich Kunst und Kultur sowie in kleineren Unternehmen deutlich, wo gezielte Unterstützung notwendig ist. Besonders relevant ist zudem die Erkenntnis, dass Kapitalgesellschaften und umsatzstärkere Betriebe tendenziell krisenfester sind. Die Daten liefern somit wertvolle Hinweise für eine differenzierte Gründungsförderung und eine strategisch ausgerichtete Wirtschaftspolitik in der Region.“
Diese Pressenotiz wurde am 30. Juli 2025 veröffentlicht.