International

Warenursprung und Präferenzen

Allgemeines

Aufgrund der zollrechtlichen Vergünstigungen haben sich Präferenzabkommen in den letzten Jahren zu einem effektiven Instrument im globalen Handel entwickelt. Da im Rahmen der Doha-Runde der Welthandelsorganisation die Verhandlungen für einen multilateralen Ansatz für weltweite Zollreduzierungen seit Jahren keine Fortschritte erzielen, schließen viele Länder und Ländergruppen diverse Abkommen mit Staaten und Regionen ab, um ihren Unternehmen bessere Zugangs- und Bezugsmöglichkeiten auf dem globalen Businessparkett zu verschaffen – so auch die Europäische Union (EU).

Ziel ist Zollminderung oder Zollfreiheit
Das Präferenzrecht der EU verfolgt in diesem Sinne ebenfalls das primäre Ziel einer tarifären Begünstigung (Zollminderung oder Zollfreiheit) von präferenzbegünstigten Waren bei der Einfuhr in das jeweilige Abkommensland. Der nachweislich präferenzielle Status einer Ware setzt die Anwendung des Regelzollsatzes (Meistbegünstigtenklausel der Welthandelsorganisation) im Abkommensstaat außer Kraft und gewährt den begünstigten Zollsatz oder gegebenenfalls sogar Zollfreiheit.
Die Vorzugsbehandlung ist entweder an die Präferenzursprungseigenschaft oder an die Freiverkehrseigenschaft einer Ware gekoppelt. Letzteres stellt eine Besonderheit im Präferenzrecht dar und wird deshalb später unter der Rubrik Freiverkehrspräferenzen im Detail erläutert. Die Ursprungspräferenzen sind ohnehin von viel größerer Bedeutung im Rahmen der Präferenzregelungen der EU. Eine Ware erhält den präferenziellen Ursprungsstatus, wenn sie in dem betreffenden Abkommensland vollständig gewonnen oder hergestellt wird, beziehungsweise einer besonderen Be- oder Verarbeitung unterzogen wird. Dieses Erfordernis stellt das sogenannte materielle Ursprungsrecht im Rahmen der Präferenzregelungen dar. In diesem Zusammenhang sind zusätzliche formell-rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen. Konkret unterliegen die materiell-rechtlichen Aspekte (Prozess der Ursprungsfindung einer Ware) gewissen Nachweis- und Dokumentationspflichten (formelles Präferenzrecht). Das Zusammenspiel zwischen dem materiellen und formellen Präferenzrecht ist für die Anwendung der Präferenzabkommen von großer Bedeutung.
Die Anwendung der Präferenzen ist lediglich auf die Länder oder Ländergruppen beschränkt, mit denen die Europäische Gemeinschaft/Union Präferenzregelungen abgeschlossen hat. Deshalb kann der präferenzielle Charakter einer Ware nur von einem Abkommensland (z. B. EU) im Verhältnis zu einem anderen Abkommensland (z. B. Schweiz) verliehen werden. Die Zuständigkeit im Rahmen der Präferenzen obliegt den Zollverwaltungen in den jeweiligen Abkommensstaaten - so auch in der EU. Die Ausübung des Präferenzrechts ist freiwillig und ist keine Voraussetzung für die Einfuhrfähigkeit einer Ware in einem Abkommensland.

Auswirkungen des Lissabonner Vertrags
Die begriffliche Unterscheidung der Präferenzabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Union resultiert aus dem Lissaboner Vertrag. Dieser hatte folgende Auswirkungen auf das Präferenzrecht der EU:
Die Abkommen, die vor dem 1. Dezember 2009 in Kraft getreten sind, laufen zurzeit unter den Präferenzreglungen der Europäischen Gemeinschaft weiter, wenn sie nicht bereits auf die Europäische Union aktualisiert worden sind. Alle Präferenzabkommen, die nach diesem Datum zur Anwendung kamen, wurden seitens der Europäischen Union abgeschlossen – zum Beispiel mit Südkorea, Kanada, Vietnam und Japan. Diese Änderung im Vertragswesen der EU (Vertrag über die Arbeitsweise der EU – Lissabonner Vertrag) hatte somit Auswirkungen auf das formelle Präferenzrecht. Zum Beispiel musste in Lieferantenerklärungen die Ursprungsangabe von Europäische Gemeinschaft auf Europäische Gemeinschaft/Union erweitert werden, um den formellen Anforderungen beider Vertragsparteien der Präferenzabkommen (Europäische Gemeinschaft und Europäische Union) gerecht zu werden. Zwischenzeitlich wird im Allgemeinen die Ursprungsangabe EU für beide Ursprungsangaben in Lieferantenerklärungen akzeptiert. Im Folgenden wird die Unterscheidung nur hervorgehoben, wenn sie im Rahmen der Präferenzabkommen von besonderer Bedeutung ist. Ansonsten wird im Laufe des Merkblatts die Begrifflichkeit EU für alle bestehenden Präferenzabkommen verwendet.
Die Rechtsgrundlagen der Präferenzabkommen bilden das Zollrecht der EU und die jeweiligen völkerrechtlichen Verträge mit den Abkommensländern und –gruppen.

Abkommensformen

Die Präferenzabkommen der EU haben diverse Ausrichtungen mit unterschiedlichen Auswirkungen. Die Ausrichtungen sind wie folgt:
• autonom (einseitig)
• bilateral (zweiseitig)
• plurilateral (mehrseitig)
Autonome (einseitige) Abkommen
Bei den autonomen Präferenzregelungen können präferenzbegünstige Waren aus den jeweiligen Abkommensländern zollfrei oder mit niedrigeren Zollsätzen, als es der Regelzollsatz der EU hergibt, in die Europäische Union eingeführt werden. Die einseitigen zollrechtlichen Vorzugsbehandlungen werden grundsätzlich an Entwicklungsländer gewährt und stellen seitens der EU eine Art wirtschaftliche Entwicklungshilfe für diese Länder dar. Ein positiver Nebeneffekt dieser Abkommensform ist der Zugang zu kostengünstigen Rohstoffen in Entwicklungsländern für EU-Unternehmer. Zusätzlich werden die einseitigen Präferenzregelungen als eine Vorstufe für ein zukünftiges bilaterales Abkommen mit diesen Ländern betrachtet.
Bei den autonomen Präferenzregelungen gibt es seit dem 1. Januar 2014 faktisch, bis auf einige Tabakerzeugnisse aus Andorra, keine Unterscheidung zwischen Ursprungs- und Freiverkehrspräferenzen. Zum 31. Dezember 2013 wurde die letzte bedeutende einseitige Freiverkehrspräferenzregelung mit den überseeischen Ländern und Gebieten aufgehoben. Deshalb werden bei den einseitigen Präferenzabkommen die Vergünstigungen nur noch für Ursprungswaren der Abkommenspartner gewährt, die mit dem geeigneten Ursprungsnachweis (zum Beispiel Erklärung zum Ursprung, Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder Ursprungserklärung) belegt sein müssen. Die verschiedenen Ursprungsnachweise (formell-rechtliche Anforderungen) resultieren aus den unterschiedlichen einseitigen Präferenzabkommen der EU.
Bilaterale (zweiseitige) Abkommen
Im Rahmen der bilateralen Präferenzregelungen können präferenzbegünstigte Waren zollfrei oder zollreduziert aus den jeweiligen Abkommensländern bezogen oder in die Abkommensländer geliefert werden. Die bilateralen Abkommen beruhen auf Gegenseitigkeit. Die Präferenzgewährung ist in den meisten Abkommen der EU auf die Ursprungseigenschaft einer Ware ausgelegt. Die jeweiligen Ausübungsakte (materielle und formelle Anforderungen) werden in den einzelnen völkerrechtlichen Abkommen definiert. Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass die Präferenzabkommen mit den verschiedenen Ländern oder Ländergruppen in ihren Anforderungen nicht deckungsgleich sind, obwohl sie mehrheitlich einer einheitlichen Systematik folgen. Im Rahmen der bilateralen Abkommen können Ursprungswaren (Vormaterialien) eines Abkommenslandes (zum Beispiel Schweiz) bei der Ursprungsfindung (Herstellung) eines anderen Erzeugnisses in der EU mit angerechnet werden, wenn die Waren in ein Abkommensland geliefert werden, die alle untereinander mit denselben Regeln vernetzt sind. Dieser Akt wird im Präferenzrecht als Kumulierung bezeichnet. Über die sogenannte Kumulierungsmatrix der Zollverwaltung kann ermittelt werden, welche Kumulierungsvarianten möglich sind. Für die Anwendung dieser Regelung ist es zusätzlich wichtig, dass die Ursprungwaren (Vorerzeugnisse aus der Schweiz) mit dem formell-rechtlich korrekten Präferenznachweis (für das aufgeführte Beispiel z.B. mit einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1) in die EU eingeführt werden.
Plurilaterale (mehrseitige) Abkommen
Für die Anwendung von plurilateralen Abkommen müssen mindestens drei Abkommenspartner, die sich auf dieselben Abkommensregeln verständigt haben, an der Präferenzregelung beteiligt sein. Plurilaterale Abkommen werden in der Regel mit grenznahen Ländern oder Ländergruppen abgeschlossen. Sie können als eine regionale Ausweitungsform der bilateralen Abkommen betrachtet werden. Bei den mehrseitigen Abkommen können präferenzbegünstige Waren unter den vertraglich gebunden Abkommensländern, zollbegünstigt oder zollfrei, ein- und ausgeführt werden. Ein weiterer zentraler Punkt dieser Abkommensvariante ist, dass ebenfalls Ursprungswaren (Vormaterialien) von Abkommensparteien, die bei der Ursprungsfindung eines anderen Endprodukts in einem Abkommensland, als ursprungsunschädlich eingesetzt werden dürfen, wenn das Enderzeugnis in ein kumulierungsfähiges Abkommensland exportiert werden soll. Vereinfacht dargestellt ist die Kumulierung nur zulässig, wenn das Land der Endfertigung und das Land der Endbestimmung mit allen am Erwerb der Ursprungseigenschaft beteiligten Länder, in den die verwendeten Vormaterialien ihren Ursprung haben, Freihandelsabkommen mit denselben Ursprungsregeln vereinbart haben. Auch hierbei ist über die sogenannte Kumulierungsmatrix zu ermitteln, welche Kumulierungsvarianten mit den beteiligten Ländern möglich sind. Des Weiteren ist es ebenfalls für die Anwendung dieser Sonderregelung unerlässlich, dass die Ursprungswaren (Vorerzeugnisse) aus den Abkommenspartnern mit dem formell-rechtlich korrekten Präferenznachweisen (je nach Kumulierungszone) in das Endfertigungsland begleitet werden.

Übersicht Präferenzabkommen und Kumulierungszonen

Im Folgenden ist eine Darstellung der Präferenzabkommen, die die Europäische Gemeinschaft/Union mit Ländern und Ländergruppen abgeschlossen hat. 
Land
Art der Präferenzgewährung
Ursprungspräferenz
Ägypten (EG) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Albanien (AL) **) ***)
<------------->
Ursprungspräferenz
Algerien (DZ) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
Andorra (AD) (Tabakwaren der Pos. 2402 und 2403)
Einseitige Präferenzgewährung durch Andorra
<--------------
Freiverkehrspräferenz
Andorra (AD) (Waren der Kap. 1 bis 24)
<------------->
Ursprungspräferenz
Andorra (AD) (Waren der Kap. 25 bis 97)
<------------->
Freiverkehrspräferenz
Einseitige Präferenzgewährung durch die Europäische Union
-------------->
Ursprungspräferenz
Einseitige Präferenzgewährung durch die Europäische Union
-------------->
Ursprungspräferenz
Bosnien und Herzegowina (BA) **) ***)
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
Chile (CL)
<------------->
Ursprungspräferenz
Côte d`Ivoire, Elfenbeinküste
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
Färöer (FO) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Georgien (GE) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Ghana
<------------->
Ursprungspräferenz
Israel (IL) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Japan
<------------->
Ursprungspräferenz
Jordanien (JO) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Kanada
<------------->
Ursprungspräferenz
Kosovo (XK) **) ***)
<------------->
Ursprungspräferenz
Libanon (LB) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Einseitige Präferenzgewährung durch die Europäische
Gemeinschaft
--------------->
Ursprungspräferenz
Marokko (MA) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Mexiko (MX)
<------------->
Ursprungspräferenz
Montenegro (ME) **) ***)
<------------->
Ursprungspräferenz
Nordmazedonien (MK) **) ***)
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
Republik Korea (KR)
<------------->
Ursprungspräferenz
Republik Moldau (MD) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
San Marino (SM)
<------------->
Freiverkehrspräferenz
Schweiz (CH)*) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Serbien (XS) **) ***)
<------------->
Ursprungspräferenz
Singapur
<------------->
Ursprungspräferenz
Syrien (SY) **)
Einseitige Präferenzgewährung durch die Europäische Gemeinschaft
--------------->
Ursprungspräferenz
Tunesien (TN) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Türkei (TR) (EGKS-Waren) *) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Türkei (TR) (sonstige Waren - Zollunion) *) **) ***)
<------------->
Freiverkehrspräferenz
Türkei (TR) (Waren der Agrarregelung) *) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Ukraine (UA) **
<------------->
Ursprungspräferenz
Einseitige Präferenzgewährung durch die Europäische Union
--------------->
Ursprungspräferenz
Vereinigtes Königreich
<------------->
Ursprungspräferenz
Vietnam
<------------->
Ursprungspräferenz
Westjordanland u. Gazastreifen (PS) **)
<------------->
Ursprungspräferenz
Zentralafrika (CAS)
<------------->
Ursprungspräferenz
<------------->
Ursprungspräferenz
Die einseitigen Pfeile stellen die autonomen Präferenzabkommen dar. Pfeile in beide Richtungen sind die bilateralen Präferenzabkommen. Die Länder, die mit einem oder mit mehreren Sternen gekennzeichnet sind, stellen die unterschiedlichen drei Kumulierungszonen der Präferenzregelungen (Ausweitung der bilateralen Abkommen in plurilaterale Abkommen) der EU dar. Diese sind wie folgt: Die Paneuropäische Kumulierungszone (EU, Schweiz, Liechtenstein, Norwegen, Island und Türkei) beinhaltet die Länder, die mit einem Stern in der Übersicht der Präferenzabkommen gekennzeichnet sind. Sie ist die älteste Kumulierungszone der EU. In dieser Kumulierungszone haben alle beteiligten Staaten die Abkommensregeln ratifiziert. Aus diesem Grund ist der Kumulierungsvermerk bei Ursprungsnachweisen in dieser Zone bei Kumulierungen von Vorerzeugnissen (Ursprungswaren) von Abkommenspartnern grundsätzlich nicht notwendig, da die Ursprungsprotokolle mit jedem dieser Abkommenspartner identisch sind. Deshalb können in dieser Zone Vorerzeugnisse (Ursprungswaren) von Abkommenspartnern anhand der folgenden formell-rechtlichen Präferenznachweise zur Kumulierung ermächtigt werden: Warenverkehrsbescheinigung EUR.1, Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED (Kumulierungsvermerk nicht erforderlich), Ursprungserklärung auf der Rechnung oder Ursprungserklärung EUR-MED auf der Rechnung (Kumulierungsvermerk nicht erforderlich).
Ausweitung auf Mittelmeer- und Balkanstaaten
Die zweite Kumulierungszone, die Pan-Euro-Med, stellen die Länder dar, die mit einem Doppelstern in der Übersicht der Präferenzregelungen der EU markiert sind. Die Pan-Euro-Med ist im Wesentlichen die Ausweitung der Paneuropa-Präferenzzone. Sie beinhaltet neben der EU folgende Abkommenspartner: Ägypten, Albanien*, Algerien, Bosnien und Herzegowina, Färöer-Inseln, Island, Israel, Jordanien, Kosovo, Libanon, Liechtenstein, Marokko, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, Schweiz, Serbien, Syrien, Tunesien, Türkei sowie Westjordanland und Gazastreifen, Republik Moldau, Georgien und die Ukraine. In dieser Kumulierungszone haben noch nicht alle beteiligten Staaten die Abkommensregeln unterzeichnet. Deshalb ist der Kumulierungsvermerk in den Präferenznachweisen in dieser Zone bei Kumulierungen von Ursprungswaren (Vorerzeugnissen) von Abkommenspartnern notwendig, um sicherzustellen, dass alle in der Kumulierung beteiligten Staaten sich über dieselben Abkommensregeln verständigt haben.
Ein Beispiel hierzu wäre wie folgt: Ursprungwaren (Vorerzeugnisses) aus der Schweiz werden für die Endfertigung in die EU bezogen und sollen nach der Bearbeitung mit einem Präferenznachweis nach Tunesien exportiert werden. Als Kumulierungsvoraussetzung ist es notwendig zu prüfen, ob alle beteiligten Länder (Schweiz, EU und Tunesien) dieselben Abkommensregeln anwenden. Die Prüfung kann über die Kumulierungsmatrix auf der Webseite des Zolls erfolgen. In diesem Fall haben alle Staaten dasselbe Ursprungsprotokoll unterzeichnet. Für die Ausübung der Kumulierungsakte ist es entscheidend, dass die Vorerzeugnisse (Ursprungswaren) aus der Schweiz entweder mit einer Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED oder mit einer Ursprungserklärung EUR-MED auf der Handelsrechnung des Schweizer Exporteurs die Ursprungseigenschaft der Vorerzeugnisse formell-rechtlich korrekt dokumentiert. Beim Export des Endproduktes nach Tunesien ist der Kumulierungsvermerk mit der Schweiz in der Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED oder in der Ursprungserklärung EUR-MED anzubringen. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED oder die Ursprungserklärung EUR-MED auf der Rechnung sind in der Pan-Euro-Med Kumulierungszone die einzigen zwei korrekten Präferenznachweise, die eine Kumulierung der Vorerzeugnisse (Ursprungswaren) von Abkommenspartnern im Rahmen der Pan-Euro-Med Kumulierungszone ermöglichen. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder die Ursprungserklärung auf der Handelsrechnung als Vornachweis lässt die Kumulierung des Vorerzeugnisses aus Schweiz in das Endprodukt in dieser Kumulierungszone nicht zu. Die vorgenannten Präferenznachweise (EUR.1 und Ursprungserklärung) können in dieser Zone lediglich nur eine begünstige Einfuhr in die EU und wieder zurück in die Schweiz ermöglichen. Die Pan-Euro-Med-Kumulierungszone beinhaltet circa 60 bilaterale Ursprungsprotokolle, dessen Verwaltungsaufwand hoch ist. Zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen Ursprungsprotokolle und der unterschiedlichen Kumulierungszonen hat die EU das Regionale Übereinkommen eingeführt. Sukzessive werden die Abkommen der einzelnen Länder und Gebiete in das einheitlich Regionale Übereinkommen überführt.
Zone für potenzielle EU-Mitgliedstaaten
Die SAP (Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess) Zone stellt die dritte Kumulierungsregion dar und beinhaltet die Länder, die in den nächsten Jahren eine Mitgliedschaft in die Europäische Union anstreben. In der Übersicht sind sie mit drei Sternen gekennzeichnet. Durch die SAP Kumulierungszone soll eine stärkere wirtschaftliche Anbindung dieser Länder an die EU ermöglicht werden. Vertragspartner der SAP Kumulierungszone sind neben der EU die folgenden Länder: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und die Türkei (ohne EGKS (Regelung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) und Agrarwaren). In dieser Kumulierungszone haben alle beteiligten Staaten die Abkommensregeln unterzeichnet. Deshalb ist der Kumulierungsvermerk in dieser Zone bei Kumulierungen von Ursprungswaren (Vorerzeugnissen) von Abkommenspartnern nicht notwendig, da die Ursprungsprotokolle mit jedem dieser Abkommenspartner identisch sind. Demzufolge können in dieser Zone Ursprungswaren (Vorerzeugnisse) von Abkommenspartnern anhand der folgenden formell-rechtlichen Präferenznachweise zur Kumulierung ermächtigt werden: EUR.1 oder Ursprungserklärung EUR.1 auf der Rechnung.

Arten der Präferenzen

Auf die grundsätzliche Unterscheidung zwischen der Ursprungseigenschaft und der Freiverkehrseigenschaft einer Ware im Präferenzrecht hatten wir bereits in der Einleitung hingewiesen. Basierend auf diesen zwei Arten der Präferenzen werden Vorzugsbehandlungen im Rahmen der Präferenzregelungen der EU gewährt. Obwohl beide Varianten ein und dasselbe Ziel verfolgen, unterscheiden sie sich in ihrer Rechtsgrundlage und Ausübung.
Ursprungspräferenzen
Ursprungspräferenzen werden generell im Rahmen von Freihandelsabkommen vereinbart und sind die häufigste Form der Präferenzregelungen. Bei einem Freihandelsabkommen werden die Außentarife (Zollsätze) der beteiligten Abkommensländer nicht harmonisiert. Die Präferenzgewährung wird lediglich an die Präferenzursprungseigenschaft einer Ware gekoppelt – jeweils im Verhältnis zum Abkommensland. In diesem Zusammenhang kann die Ursprungspräferenz einer Ware lediglich unter folgenden Konstellationen verliehen werden. Sie muss entweder in einem Abkommensland vollständig gewonnen oder hergestellt worden sein beziehungsweise einer besonderen Be- oder Verarbeitung unterzogen werden. Im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung stellen die ersten beiden Kriterien, vollständiges gewinnen oder herstellen eine immer geringere Bedeutung dar. Resultierend daraus wurden in den einzelnen Freihandelsabkommen besondere Herstellungskriterien, sogenannte Be- oder Verarbeitungslisten, für die vom Abkommen erfassten Waren seitens der Vertragspartner definiert, die zu einer Präferenzursprungseigenschaft von Vormaterialien ohne Präferenzursprungseigenschaft führen. Die Einzelheiten zu den Be- und Verarbeitungslisten werden im nächsten Abschnitt erläutert.

Freiverkehrspräferenzen
Freiverkehrspräferenzen werden grundsätzlich infolge einer Zollunion ausgehandelt. Eine Zollunion ist wirtschaftlich gesehen eine tiefere Integrationsform der Vertragsparteien als eine Freihandelszone. Im Gegensatz zu Freihandelsabkommen werden im Rahmen von Zollunionen die Außenzölle der beteiligten Länder harmonisiert. Da in diesem Zusammenhang bei Wareneinfuhren aus Drittländern in dem jeweiligen Abkommensland (Zollunionspartner) derselbe Zollsatz erhoben wird, können Waren, die sich im freien Verkehr (Drittlandswaren die verzollt und steuert sind oder Ursprungswaren der Abkommensländer) eines Vertragspartners befinden zollfrei innerhalb dieser Zollunion zirkuliert werden. Bestes Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Zollunion zwischen der EU und der Türkei. Seit 1996 ist die Zollunion für gewerbliche Waren (Kapitel 25 – 97 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik – mit Ausnahme von einigen Waren, die unter die Regelung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl fallen) in Kraft. In diesem Zusammenhang ist auf das besondere Verhältnis zwischen der EU und der Türkei hinzuweisen. Die EU und die Türkei unterhalten neben der Zollunion (Freiverkehrspräferenz) zwei Freihandelsabkommen (Ursprungspräferenzen). Die zwei Ursprungsabkommen beziehen sich zum einen auf die Kapitel 1 – 24 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik (Lebensmittel) und auf Waren, die unter die Regelung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl fallen. Je nach der Präferenzmaßnahme (Ursprung- oder Freiverkehrspräferenz) sind die entsprechenden formell-rechtlichen Nachweise bei Ein- und Ausfuhren zwischen der EU und der Türkei beizubringen.

Ursprungssystematik

Die Ursprungssystematik kann ihre Anwendung lediglich auf die Präferenzregelungen haben, die die Vorzugsbehandlungen aufgrund der Präferenzursprungseigenschaft einer Ware gewähren. Das bedeutet konkret, dass von der Begrifflichkeit Ursprungssystematik nur die materiell-rechtlichen Aspekte (Prozess der Ursprungsfindung) des Präferenzrechts erfasst sind. Allerdings sind die dokumentären Nachweispflichten ein Teil des gesamten Präferenzrechts und sind deshalb stets mit zu berücksichtigen. In Zusammenhang mit den Präferenzabkommen, die die Vorzugsbehandlung auf die Präferenzursprungseigenschaft einer Ware gewähren, gibt es eine klare Grundsatzunterscheidung zwischen Waren mit und ohne Präferenzeigenschaft. Lediglich Waren, die nicht in einem Abkommensland (z. B. EU) vollständig gewonnen oder hergestellt wurden oder noch nicht bereits einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung unterzogen worden sind, müssen die in den jeweiligen Abkommen (jeweils im Verhältnis zum Abkommensland – zum Beispiel Schweiz) definierten Be- und Verarbeitungskriterien erfüllen, damit das hergestellte Erzeugnis die Ursprungseigenschaft vom Abkommensland (z. B. EU) verliehen bekommen kann und zollbegünstigt oder zollfrei in dem jeweiligen Abkommensland (z. B. CH) eingeführt werden kann. In diesem Zusammenhang ist das Erfüllen der Präferenzursprungseigenschaft einer Ware immer anhand der korrekten Ursprungsnachweise (z. B. Lieferantenerklärung, Warenverkehrsbescheinigung oder Ursprungserklärung) zu dokumentieren. Fehlen die dokumentären Nachweise für den präferenziellen Ursprungsstatus einer Ware, gleichwohl wenn die materiell-rechtlichen Erfordernisse im Rahmen der Herstellung erfüllt wurden, ist sie als Ware ohne Präferenzursprungseigenschaft zu behandeln. Hier kommt das Zusammenspiel zwischen dem materiellen und formellen Präferenzrecht erneut zum Vorschein.
Vollständige Gewinnung oder Herstellung
Die erste Ursprungsregel im Präferenzrecht für die Ursprungserlangung eines Erzeugnisses basiert auf den Kriterien der vollständigen Gewinnung oder Herstellung. Vollständiges gewinnen oder herstellen wird im Präferenzabkommen zwischen der EU (für EU Ursprungswaren) und der Schweiz (für Schweizer Ursprungswaren) als Exempel wie folgt definiert:
a. dort aus dem Boden oder dem Meeresgrund gewonnene mineralische Erzeugnisse;
b. dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse;
c. dort geborene oder ausgeschlüpfte und dort aufgezogene lebende Tiere;
d. Erzeugnisse von dort gehaltenen lebenden Tieren;
e. dort erzielte Jagdbeute und Fischfänge;
f. Erzeugnisse der Seefischerei und andere von eigenen Schiffen außerhalb der Küstengewässer der ausführenden Vertragspartei aus dem Meer gewonnene Erzeugnisse;
g. Erzeugnisse, die an Bord eigener Fabrikschiffe ausschließlich aus den unter Buchstabe f genannten Erzeugnissen hergestellt werden;
h. dort gesammelte Altwaren, die nur zur Gewinnung von Rohstoffen verwendet werden können, einschließlich gebrauchter Reifen, die nur zur Runderneuerung oder als Abfall verwendet werden können;
i. bei einer dort ausgeübten Produktionstätigkeit anfallende Abfälle und Altstoffe. 
j. aus dem Meeresboden oder Meeresuntergrund außerhalb der eigenen Hoheitsgewässer gewonnene Erzeugnisse, die die Vertragspartei zum Zwecke der Nutzbarmachung Ausschließlichkeitsrechte über diesen Teil des Meeresbodens oder Meeresuntergrunds ausübt;
k. Waren, die dort ausschließlich aus unter den Buchstaben a bis j aufgeführten Erzeugnissen hergestellt werden.
Lediglich die Definitionen, die in den einzelnen Abkommen bestimmt sind, führen zu dem Tatbestand der vollständigen Gewinnung oder Herstellung und somit zur Präferenzursprungseigenschaft einer Ware im Rahmen der ersten Ursprungsregel. Waren, die nicht die Kriterien der vollständigen Gewinnung oder Herstellung erfüllen, können den präferenziellen Ursprungsstatus über eine ausreichende Be- oder Verarbeitung erreichen, die in den sogenannten Listenregeln (Ursprungsprotokollen) der jeweiligen Abkommen konkretisiert sind (zweite Ursprungsregel). Allerdings sind vor dem Einstieg in die Be- und Verarbeitungslisten die sogenannten Minimalbehandlungen, die ebenfalls in den jeweiligen Abkommen definiert sind, im Vorfeld zu prüfen.
Minimalbehandlungen
Minimalbehandlungen stellen geringe und nicht ursprungsbegründende Behandlungen an Erzeugnissen im Präferenzrecht dar. Sollten die Be- und Verarbeitungen an einer Ware nicht über die definierten Minimalbehandlungen der jeweiligen Abkommen hinausgehen, ist die Betrachtung der Listenregel bedeutungslos. Im Ergebnis müssen die beschriebenen Tatbestände (Minimalbehandlungen) immer als Voraussetzung verneint werden, damit im nächsten Schritt die Listenregelungen zur Anwendung gezogen werden können. Eine Ausnahmeregelung hierzu besteht lediglich im Rahmen der Kumulierung. Im Folgenden ist ein Musterauszug der Minimalbehandlungen aus dem Präferenzabkommen zwischen der EU und der Schweiz:
a. Behandlungen, die dazu bestimmt sind, die Erzeugnisse während des Transports oder der Lagerung im guten Zustand zu erhalten;
b. Teilen oder Zusammenstellen von Packstücken;
c. Waschen, Reinigen, Entfernen von Staub, Oxid, Öl, Farbe oder anderen Beschichtungen;
d. Bügeln von Textilien;
e. einfaches Anstreichen oder Polieren;
f. Schälen, teilweises oder vollständiges Bleichen, Polieren oder Glasieren von Getreide und Reis;
g. Behandlungen zum Färben von Zucker oder zum Formen von Würfelzucker;
h. Enthülsen, Entsteinen oder Schälen von Früchten, Nüssen und Gemüse;
i. Schärfen, einfaches Schleifen oder einfaches Zerteilen;
j. Sieben, Aussondern, Sortieren, Einordnen, Einstufen, Abgleichen (einschließlich des Zusammenstellens von Sortimenten);
k. einfaches Abfüllen in Flaschen, Dosen, Fläschchen, Säcke, Kästen, Schachteln, Befestigen auf Karten oder Brettchen sowie alle anderen einfachen Verpackungsvorgänge;
l. Anbringen oder Aufdrucken von Marken, Etiketten, Logos oder anderen gleichartigen Unterscheidungszeichen auf den Erzeugnissen selbst oder auf ihren Verpackungen;
m. einfaches Mischen von Erzeugnissen, auch verschiedener Arten;
n. Mischen von Zucker mit anderen Vormaterialien;
o. einfaches Zusammenfügen von Teilen eines Erzeugnisses zu einem vollständigen Erzeugnis oder Zerlegen von Erzeugnissen in Einzelteile;
p. Zusammentreffen von zwei oder mehr der unter den Buchstaben a bis n genannten Behandlungen;
q. Schlachten von Tieren.

Ausreichende Be- oder Verarbeitung
Gehen die Be- oder Verarbeitungen an einer Ware über die Minimalbehandlungen hinaus, können die Listenregeln im nächsten Schritt auf Erfüllung geprüft werden. Ein zentraler Punkt bei der Anwendung der Listenregeln ist, dass diese nur für Waren zu beachten sind, die nicht den präferenziellen Ursprungsstatus besitzen. Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft sind Waren, die zum Beispiel von einem Vorlieferanten aus der EU ohne eine Lieferantenerklärung mit Präferenzursprungseigenschaft gemäß dem Unionszollkodex bezogen wurden. Ein weiteres Beispiel wäre der Bezug von Waren aus einem Drittland,
z. B. USA, für weitere Fertigungszwecke in der EU. Die zwei genannten Voraussetzungen stellen die häufigsten Sachverhalte dar, wo eine ausreichende Be- oder Verarbeitung über eine Listenregel im Verhältnis zu einem Abkommensland in der EU stattfinden muss, damit das Erzeugnis den präferenziellen Status einer EU-Ursprungsware verliehen bekommen kann.
Die Be- und Verarbeitungslisten der EU-Abkommen sind mehrheitlich anhand eines vierpunkte Schemas wie folgt aufgebaut (Ausnahme: Abkommen mit Kanada und Japan):
• Präferenzregelung(en) der EU
• HS Position des Endprodukts
• Warenbeschreibung
• Be- und Verarbeitungskriterien an Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft
Die Be- und Verarbeitungslisten sind immer im Verhältnis zu einem Abkommensland anzuwenden. Die Kriterien zur Ursprungsfindung wurden abkommensbezogen definiert. Das bedeutet, dass für dasselbe Produkt abweichende Listenkriterien zwischen den unterschiedlichen Präferenzabkommen der EU bestehen können.
Die Listenregeln zur präferenziellen Ursprungsverleihung einer Ware basieren auf dem Harmonisierten System (HS) der Weltzollorganisation. Konkret in der Regel auf der Positionsebene des HS (ersten vier Stellen der Zolltarifnummer – in Ausnahmefällen auf der Unterposition zum HS – ersten sechs Stellen der Zolltarifnummer). Das bedeutet, dass für die Anwendung der Be- oder Verarbeitungslisten nach der Festlegung eines Abkommenspartners im zweiten Schritt die HS Position des Endproduktes (mit dem Stand, der im Abkommen vereinbart wurde) ermittelt werden muss. Sie ist eine wesentliche Komponente für die Umsetzung der Listenregeln. Die korrekte Ermittlung ist von großer Bedeutung, da die Kriterien für die Ursprungsfindung an die HS-Position bzw. Unterposition gekoppelt sind. Eine unkorrekte Einreihung einer Ware zu einer HS-Position bzw. Unterposition könnte zu einem falschen Ursprungskriterium führen. Somit wäre unter Umständen die materiell-rechtliche Anforderung für eine Ware nicht erfüllt. Sollte z. B. in diesem Zusammenhang im HS-Feld ein „Ex“ aufgeführt sein, bezieht sich das Kriterium der Be- und Verarbeitungsliste (Feld vier) nur auf die Waren, die im Feld der „Warenbeschreibung“ aufgeführt sind. Das dritte Feld „Warenbeschreibung“ beinhaltet eine globale Bezeichnung von den Waren, die von der HS-Position erfasst sind. Die Waren Definitionen sind aufgrund der HS Positionsebene sehr global gehalten.

Die eigentlichen Be- und Verarbeitungskriterien sind der vierte und letzte Punkt in dem Aufbauschema der Listenregeln. Sie beinhaltet die zu erfüllenden Kriterien an Vormaterien ohne Ursprungseigenschaft, die zu einer Präferenzursprungseigenschaft führen. Hier können je nach Produkt (HS Position) und Abkommensland zwei Kriterien oder auch nur ein Kriterium aufgeführt sein. Für die Ursprungserlangung des präferenziellen Status reicht es aus, wenn einer dieser Kriterien erfüllt wird. In den Fällen wo zwei mögliche Kriterien aufgeführt sind, kann der Anwender zwischen den Varianten frei wählen. Allerdings ist vom Grundsatz das letztgenannte Kriterium in den Listenregelungen einfacher zu erfüllen. Sollten die Kriterien der Be- und Verarbeitungslisten nicht erfüllt werden können, ist es eventuell noch möglich über einige Sonderregeln zum präferenziellen Ursprung zu kommen. Die Sonderregeln werden im Rahmen der folgenden Beispiele miterläutert.
Kriterien der Ursprungsregeln
Die Listenregeln beinhalten je nach HS-Positionsebene (Ware) und Abkommen unterschiedliche Ursprungsregeln. Die Varianten in diesem Zusammenhang sind wie folgt:
• Positionswechsel (Tarifsprung)
• doppelter Positionswechsel (doppelter Tarifsprung)
• Wertklauseln
• Kombinationen aus Positionswechsel und Wertklauseln
• Herstellungsprozesse, teilweise auch mit Kombinationen mit Wertklauseln
 
Positionswechsel:

Präferenzregelung(en)
HS-Position
Warenbezeichnung
Be- oder Verarbeitung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die Ursprung verleihen
CH
7326
Waren aus Eisen oder Stahl, ausgenommen:
Herstellen aus Vormaterialen jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellt Ware

Das illustrierte Beispiel basiert auf der Präferenzregelung zwischen der EU und der Schweiz (CH). Die Erfüllung der dargestellten Listenbedingung würde in Verbindung mit einem formell-rechtlichen Präferenznachweis, zum Beispiel EUR.1, zur Zollminderung oder Zollbefreiung bei der Einfuhr in die Schweiz führen.

Die Präferenzregelungen mit den Abkommensländern werden in der Regel mit den Iso-alpha zwei Codierungen dargestellt. Von der HS-Position 7326 sind unter anderem Beschläge für elektrische Leitungen erfasst. Da die Warenbezeichnungen auf der Positionsebene im Rahmen der Abkommen definiert werden, sind die Waren (Beschläge für elektrische Leitungen in diesem Fall) oftmals nicht explizit in der Spalte wiederzufinden. Dies erschwert zusätzlich die korrekte Eintarifierung der Waren auch im Sinne des Präferenzrechts. Das aufgeführte Kriterium verlangt in diesem Beispiel für die Ursprungerlangung von Waren ohne Ursprungseigenschaft einen Positionswechsel. Ein Positionswechsel (Tarifsprung) liegt vor, wenn mindestens eine Ziffer der vierstelligen HS-Positionen von den eingesetzten Vormaterialen ohne Ursprungeigenschaft im Rahmen der Be- oder Verarbeitung sich ändert. Konkret bedeutet dies, dass alle eingesetzten Vormaterialen ohne Präferenzursprungseigenschaft vom Grundsatz nicht unter dieselbe HS-Position fallen dürfen wie das Enderzeugnis (7326). Eingesetzte Vormaterialien mit Präferenzursprungseigenschaft, die unter dieselbe HS-Position (7326) fallen wie das Enderzeugnis sind von dieser Regelung auszuschließen, da die Anwendung der Listenkriterien nur für Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft ihre Gültigkeit hat. Sollte das Herstellungskriterium nicht erfüllt werden können, aufgrund eines Vormaterials ohne Ursprungseigenschaft, das ebenfalls unter dieselbe HS-Position (7326) fällt wie das Enderzeugnis, könnte eine Sonderregel gegebenenfalls zum präferenziellen Ursprung führen.

Die sogenannte „allgemeine Toleranzregel“ besagt, dass Vormaterialen ohne Ursprungseigenschaft, die unter dieselbe HS-Position fallen wie das Endprodukt ursprungsunschädlich eingesetzt werden können, wenn der Gesamtwert dieser Waren nicht über zehn Prozent des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses liegt, keine Werteklausel verletzt wird sowie, dass es sich nicht um Textilwaren handelt. Die allgemeine Toleranzregel kann also nur zur Anwendung kommen, wenn das Kriterium einen Positionswechsel in der Listenregelung vorschreibt, welches in unserem oben aufgeführten Beispiel der Fall ist. Für die Herstellung der Beschläge für elektrische Leitungen werden Profile (HS-Position 7222) aus den USA (Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft) eingesetzt. Da im Rahmen der Be- und Verarbeitung ein Positionswechsel stattgefunden hat, können für die Beschläge Präferenzdokumente (z. B. Warenverkehrsbescheinigung EUR.1) in Richtung Schweiz ausgestellt werden.
Doppelter Positionswechsel:
Präferenzregelung(en)
HS-Position
Warenbezeichnung
Be- oder Verarbeitung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die Ursprung verleihen
DZ, EG, CL
ex Kaptiel 62
Kleidung und Bekleidungszubehör, ausgenommen aus Gewirken oder Gestricken; ausgenommen:
Herstellen aus Garnen(2)(4)
DZ, EG, CL
ex 6202, ex 6204, ex 6206, ex 6209 und ex 6211
Kleidung für Frauen, Mädchen oder Kleinkinder, bestickt; anderes konfektioniertes Bekleidungszubehör für Kleinkinder, bestickt
Herstellen aus Garnen(2)(6)oder Herstellen aus nicht bestickten Geweben, wenn der Wert der verwendeten nicht bestickten Gewebe 40 v.H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet

Das aufgeführte Beispiel basiert auf den Präferenzregelungen der EU mit Algerien (DZ), Ägypten (EG) und Chile (CL). In diesem Fall sind die Kriterien der Listenregeln für alle drei Abkommensländer identisch. Unbestickte Damenblusen sind von der HS-Position ex Kapitel 62 erfasst. Dies ist aus dem Feld der HS-Position in Verbindung mit der Warenbezeichnung zu entnehmen. Die erste Stufe der HS-Position erfasst das gesamte Kapitel 62 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik. In der zweiten Stufe sind einige Ausnahmen aufgeführt. Die Ausnahmen beinhalten in diesem Fallbespiel lediglich Erzeugnisse, die bestickt sind. Das Kriterium in der Be- oder Verarbeitungsliste im Verhältnis zu den vorgenannten Abkommensländern sieht für eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung für unbestickte Damenblusen das Herstellen aus Garnen vor. Dies ist eine versteckte Klausel des doppelten Positionswechsels und kommt lediglich bei Textilerzeugnissen (Kapitel 50 – 63 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik) zur Anwendung. Der Wortlaut des doppelten Positionswechsels ist in keiner Be- und Verarbeitungsliste explizit aufgeführt. Allerdings sind die Erfüllungskriterien einem doppelten Positionswechsel gleichzusetzen. Das Kriterium Herstellen aus Garnen, z.B. HS-Position 5205 (Baumwollgarne), würde bedeuten, dass im ersten Schritt aus den eingesetzten Baumwollgarnen ein Gewebe (HS-Position 5209) entstehen muss. Anschließend ist aus dem Gewebe (HS-Position 5209) eine unbestickte Damenbluse (HS-Position (6209) herzustellen. Erst wenn diese zwei Tatbestände erfüllt sind, kann die unbestickte Damenbluse den präferenziellen Ursprungsstatus der EU im Verhältnis zu den Präferenzabkommen mit Algerien, Ägypten und Chile verliehen bekommen.
In diesem Zusammenhang kann auf eine zweite Sonderregel des Präferenzrechts hingewiesen werden. Mehrere Teilbehandlungen in der Kette der Vorlieferanten - innerhalb der EU - zur Herstellung eines Enderzeugnisses können unter Umständen in der Summe betrachtet zum präferenziellen Ursprung einer Ware führen. Dies gilt selbstverständlich auch für die unterschiedlichen Kumulierungszonen der EU. Innerhalb der EU wird für diese Besonderheit die Lieferentenerklärung ohne Präferenzursprungseigenschaft gemäß dem Unionszollkodex praktiziert. Hierbei haben Vorlieferanten die Möglichkeit die durchgeführten, aber noch nicht ursprungsbegründenden Be- und Verarbeitungen in der Lieferantenerklärung aufzuführen. Diese dokumentieren Teilbearbeitungen (mehr als Minimalbehandlungen aber nicht ursprungsbegründend) können dann über die gesamte EU betrachtet addiert werden und führen gegebenenfalls zum präferenziellen Ursprung einer Ware. Ein Beispiel hierzu wäre, dass z. B. ein polnischer Vorlieferant Baumwollgarne (HS 5205) zu Gewebe (HS 5209) verarbeitet. Im zweiten Schritt wird das Gewebe (HS 5209) zu einer unbestickten Damenbluse in Düsseldorf verarbeitet. Erst die Be- und Verarbeitung in Kombination (Polen und Düsseldorf) erfüllt das materiell-rechtliche Listenkriterium. Für die Teilverarbeitung müsste der polnische Vorlieferant des Gewebes eine Lieferantenerklärung ohne Präferenzursprungseigenschaft dem Düsseldorfer Unternehmer für die durchgeführte Be- und Verarbeitung zur Verfügung stellen, damit er die Teilbehandlung des polnischen Vorlieferanten für die Erfüllung der Listenregel anrechnen kann und somit ein entsprechendes Präferenzpapier (z. B. Warenverkehrsbescheinigung EUR.1) für Algerien, Ägypten und Chile bei der Zollverwaltung beantragen.
Wertklauseln

Präferenzregelung(en)
HS-Position
Warenbezeichnung
Be- oder Verarbeitung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die Ursprung verleihen
CH, IL, JO
8444 bis 8447
Maschinen für die Texilindustrie der Positionen 8444 bis 8447
Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 40 v.H. des Ab-Werk-Preises der Ware nicht überschreitet
Das dargestellte Beispiel beruht auf den Präferenzregelungen der EU mit der Schweiz (CH), Israel (IL) und Jordanien (JO). Die Be- und Verarbeitungsliste für Maschinen für die Textilindustrie der HS-Positionen 8444 – 8447 sind für diese Abkommensländer identisch. Die Maschine für die Textilindustrie (HS-Position 8445) soll nach der Herstellung in der EU nach Israel exportiert werden – wenn möglich mit einem Präferenznachweis. Das Listenkriterium schreibt hierbei eine sogenannte Wertklausel, oft auch Prozentklausel genannt, vor. Konkret dürfen Komponenten ohne Ursprungseigenschaft bis zu 40% des Ab-Werk-Preises (tatsächlich gezahlter oder zu zahlender Preis) in das Endprodukt einfließen. Rabatte in diesem Zusammenhang sind wertmindernd zu berücksichtigen. Hingegen bleibt ein ausgewiesenes handelsübliches Skonto unberücksichtigt. Eine Präferenzkalkulation in diesem Zusammenhang für eine Textilmaschine mit einem Ab-Werk-Preis von 1000, 00 EUR für einen Exportvorgang nach Israel wäre wie folgt:

Komponente A (Vormaterial ohne Ursprung, z. B. aus Japan) 150,00 EUR
Komponente B (Vormaterial mit Ursprung EU – Nachweis Lieferantenerklärung) 75,00 EUR
Komponente C (Vormaterial ohne Ursprung, z. B. aus den USA) 100,00 EUR
Komponente D (Vormaterial ohne Ursprung, z.B. aus Deutschland ohne Lieferantenerklärung) 130,00 EUR
Komponente E (Vormaterial mit Ursprung Schweiz – Nachweis Warenverkehrsbescheinigung EUR MED) 55,00 EUR
Komponente F (Vormaterial mit Ursprung Jordanien – Nachweis Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED) 50,00 EUR
Herstellungskosten 200,00 EUR
Gewinnertrag 240,00 EUR
In dem aufgeführten Beispiel haben die Vormaterialen ohne Ursprungseigenschaft einen Gesamtwert von 380,00 EUR (Vormaterialien aus Japan, USA und Deutschland ohne Lieferantenerklärung). Dieser Wert liegt unter der vorgeschriebenen Listenregel für Textilmaschinen von bis zu maximal 40 % (400, 00 EUR) des Ab-Werk-Preises. Es findet mehr als eine Minimalbehandlung in der EU statt. Somit sind die materiell-rechtlichen Anforderungen für die Textilmaschine erfüllt. In dem Beispiel ist eine weitere Sonderregel in Form der Pan-Euro-Med-Kumulierung beinhaltet. Wie bereits kurz erläutert, ist es im Rahmen der Kumulierungszonen möglich Vormaterialien aus gewissen Abkommensländern in ein Enderzeugnis als Vormaterial einzusetzen, die vom Grundsatz bei der Beurteilung der Präferenzkalkulation als ursprungsunschädlich berücksichtigt werden können – fast wie Ursprungswaren der EU. Für diese Anwendung sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen. Die beteiligten Länder, in unserem Beispiel die EU, Schweiz, Jordanien und Israel müssen im Rahmen der Pan-Euro-Med Kumulierungszone untereinander identische Präferenzabkommen abgeschlossen haben (Übersicht Kumulierungsmatrix) und die Vormaterialien aus der Schweiz und Jordanien müssen mit dem formell-rechtlich richtigen Präferenzpapier (Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED) bei der Einfuhr in die EU begleitet werden. Wären hingegen die Vormaterialen aus Jordanien oder Schweiz mit einer Warenverkehrsbescheinigung EUR. 1 geliefert worden, wäre die Anwendung der Kumulierung für diese Vormaterialien in Bezug auf die Pan-Euro-Med Kumulierung nicht möglich gewesen. Dies resultiert aus den Vorgaben der unterschiedlichen Kumulierungszonen. Die EUR.1 hätte lediglich eine begünstige Einfuhr der Waren in die EU ermöglicht. Damit die Textilmaschine den präferenziellen Zollsatz bei der Einfuhr in Israel erlangen kann, muss sie mit einer Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED begleitet werden. In dem Präferenzpapier ist ein Kumulierungsvermerk mit Jordanien (für die eingesetzten jordanischen Vormaterialien) und der Schweiz (für die eingesetzten Schweizer Vormaterialien) aufzunehmen.
Kombinationen aus Positionswechsel und Wertklauseln
Präferenzregelung(en)
HS-Position
Warenbezeichnung
Be- oder Verarbeitung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die Ursprung verleihen
CH, TN
Ex Kapitel 33
Ätherische Öle und Resinoide; zubereitete Riech-, Körperpflege- oder Schönheitsmittel; ausgenommen:
Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derseblen Position wie die hergestellte Ware. Jedoch dürfen Vormaterialen derselben Position wie die hergestellte Ware Verwendet werden, wenn ihr Gesamtwert 20 v.H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet
Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 40 v. H. des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet
Das aufgeführte Beispiel basiert auf den Präferenzregelungen der EU mit der Schweiz und Tunesien. Das Feld der HS-Position umfasst das gesamte Kapitel 33 des Warenverzeichnisses der Außenhandelsstatistik. Hierunter fällt auch Haarshampoo (HS-Position 3303). In den Listenregeln sind zwei mögliche Kriterien für die Ursprungserlangung von Vormaterialien ohne Ursprung aufgeführt. Die Auswahl ist den Anwendern freigestellt. Das letztgenannte Kriterium (rechte Spalte) in diesem Beispiel ist eine klassische Werteklausel. Für die Ursprungserlangung schreibt sie eine Höchstprozentklausel für Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft vor, die nicht über 40% des Ab-Werk-Preises sein darf. Das erstgenannte Kriterium in der Listenregel ist eine Kombination aus Positionswechsel und Werteklausel. Da es sich hierbei um eine Kombination der vorgenannten Kriterien handelt, sind auch beide zu erfüllen. Konkret schreibt das Kriterium im ersten Schritt vor, dass alle eigensetzten Vormaterialien ohne Ursprung nicht wie das Endprodukt einzureihen (HS-Position 3303) sind. Im zweiten Teil der Listenregel wird dieses Kriterium aufgeweicht, indem bis zu 20% des Ab-Werk-Preis an Vormaterialien ohne Präferenzursprungseigenschaft eingesetzt werden können, die ebenfalls wie das Endprodukt (HS-Position 3303) eingereiht sind. Für diese Ursprungsermittlung (erste Regel) müssen in diesem Beispiel sowohl die HS-Positionen der einzelnen Vormaterialen, deren präferenzielle Ursprünge (Vormaterialien mit und ohne Ursprungseigenschaft) und die Wertigkeiten der Vormaterialien ermittelt werden. Eine Musterkalkulation in diesem Zusammenhang könnte wie folgt aussehen:
Warenbezeichnung
HS-Position
Wert
Shampoo HS-Position
3305
Ab-Werk-Preis 1 EUR
Wasser
2201
0,09 EUR
Nein
Tenside
3402
0,22 EUR
Nein
Duftstoffe
3303
0,08 EUR
Nein
Vitamine
2936
0,04 EUR
Nein
Zusatzstofffe
3305
0,18 EUR
Nein

Anhand der Präferenzkalkulation ist das letztgenannte Kriterium (rechte Spalte) der Listenregel nicht erfüllt. Die eingesetzten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft überschreiten (61% des Ab-Werk-Preises) hierbei die erlaubte 40% Klausel. Deshalb besteht für das Shampoo in unserem Beispiel noch die Möglichkeit über das erstgenannte Listenkriterium (Kombination aus Positionswechsel und Wertklausel) zum präferenziellen Ursprung zu gelangen. Dieser verlangt vom Grundsatz einen Tarifsprung für alle eingesetzten Vormaterialen ohne Ursprungseigenschaft. Dies ist bis auf die Zusatzstoffe für die Vormaterialien erfüllt. Im zweiten Teil der Listenregel wird allerdings zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt, dass Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft eingesetzt werden können, die ebenfalls wie das Endprodukt (HS-Position 3305) eingereiht werden, die aber nicht mehr als 20% des Ab-Werk-Preises überschreiten dürfen. Da die Zusatzstoffe einen Anteil von 18% des Ab-Werk-Preises betragen, kann für das Shampoo der präferenzielle Ursprungsstatus EU im Verhältnis zu den Präferenzabkommen CH und TN verliehen werden. Da in diesem Beispiel die Listenregeln für die Schweiz und Tunesien geprüft wurden, können bei einem Direktexport für diese zwei Abkommensländer Präferenzpapiere in Form von Warenverkehrsbescheinigungen EUR1. oder EUR-MED ausgestellt, beziehungsweise Ursprungerklärungen angefertigt werden. Bei einem Weiterverkauf innerhalb der EU kann eine Lieferantenerklärung mit Ursprungseigenschaft gemäß dem Unionszollkodex mit den Präferenzregelungen für die Schweiz und Tunesien abgegeben werden.
Herstellungsprozesse und weitere Bedingungen
Präferenzregelung(en)                    
HS-Position
Warenbezeichnung
Be- oder Verarbeitung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die Ursprung verleihen
AL, BA, ME, MK
ex Kapitel 73
Waren aus Eisen oder Stahl; ausgenommen:
Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien der Position der Ware
ex 7307
Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus nichtrostendem Stahl (ISO Nr. X5 CrNiMo 1712), aus mehreren Teilen bestehend
Drehen, Bohren, Aufreiben, Gewindeschneiden, Entgraten und Sandstrahlen von Schmiederohlingen, wenn der Wert der verwendeten Schmiederohlinge insgesamt 35 v. H. des Ab-Werk-Preises der Ware nicht überschreitet
Die Präferenzregelungen der EU, die von diesem Beispiel erfasst sind im Verhältnis mit Albanien (AL), Bosnien und Herzegowina (BA), Montenegro (ME) und Mazedonien (MK). In unserem Beispiel sollen Rohrformstücke hergestellt und in diese Länder mit Präferenznachweisen exportiert werden. Rohformstücke sind unter die HS-Position 7307 einzureihen. Hierfür bestehen in den Listenkriterien gesonderte Be- und Verarbeitungskriterien, welche für die Ursprungserlangung beachtet werden müssen. Das Be- und Verarbeitungskriterium für Rohformstücke schreibt einen Herstellungsprozess wie Drehen, Bohren, Aufreiben, Gewindeschneiden, Entgraten und Sandstrahlen von Schmiederohlingen vor. Als Zusatzkriterium dürfen die verwendeten Schmiederohlinge ohne Ursprungseigenschaft nicht über 35% des Ab-Werk-Preises liegen. Die aufgezählten Be- und Verarbeitungsprozesse vor der Prozentklausel (zweites Kriterium der Listenregel) sind allesamt durchzuführen. Sollte auch nur eins dieser Herstellungsschritte ausgelassen werden, ist die Listenbedingung nicht erfüllt. Somit kann der präferenzielle Ursprung EU für die Rohrformstücke nicht verliehen werden. Für die Herstellung der Rohformstücke werden Schmiederohlinge (HS-Position 7207) aus den USA (ohne Ursprungseigenschaft gemäß dem Präferenzrecht) eingesetzt. Die in der Listenregel aufgeführten Be- und Verarbeitungsschritte werden berücksichtigt und die eingesetzten Schmiederohlinge aus den USA haben einen Wert von 25 EUR bei einem Ab-Werk-Preis von 100 EUR pro Stück. Somit wären beide Kriterien der Listenregel für Albanien (AL), Bosnien und Herzegowina (BA), Montenegro (ME) und Mazedonien (MK) erfüllt. Folglich können Präferenzpapiere (Lieferantenerklärungen, Warenverkehrsbescheinigungen oder Ursprungserklärungen) für diese Länder ausgestellt, bzw. angefertigt, werden.
Die aufgeführten Beispiele stellen die Herstellungsvarianten dar, die in den Listenregeln zur Ursprungsfindung möglich sind. Allerdings sind weitere Bedingungen im Rahmen der Präferenzermittlung zu berücksichtigen, die unter den folgenden Punkten erläutert werden.
Territorialitätsprinzip (EU-CH-Abkommen)
Die dargestellten Kriterien (Be- und Verarbeitungen) zum Erwerb der Präferenzursprungseigenschaft einer Ware haben prinzipiell ohne Unterbrechung in der Europäischen Union oder in einem Abkommensland stattzufinden. Eine Ausnahmeregelung hierzu besteht im Rahmen der bilateralen und plurilateralen Abkommen in Form der passiven Veredelung. Unter diesem Zollverfahren (passive Veredelung) können Waren, die bereits in der EU einer Be- oder Verarbeitung unterzogen wurden, die über eine Minimalbehandlung hinausging, in einem Drittland einer weiteren ursprungsunschädlichen Be- oder Verarbeitung unterzogen werden. Allerdings darf der erzielte Wertzuwachs im Rahmen der passiven Veredelung im Drittland nicht über 10% des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses überschreiten. Zusätzlich darf die Ausnahmebestimmung keine Prozentregel verletzten. Konkret bedeutet dies, dass wenn das Listenkriterium eine Prozentklausel für Waren ohne Ursprungseigenschaft vorsieht, dass der genannte Prozentsatz für Waren ohne Ursprungseigenschaft durch diese Sonderregel nicht überschritten wird. Diese Ausnahmeregelung findet ebenfalls bei Textilerzeugnissen der Kapitel 50 – 63 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik keine Anwendung.
Direktbeförderungsprinzip (EU-CH-Abkommen)
Im Rahmen der Präferenzabkommen der EU sind Ausführungen enthalten, die eine unmittelbare Beförderung von Präferenzwaren zwischen den Abkommenspartnern vorsehen. Die Einhaltung des Direktbeförderungsprinzips ist in der Regel bei der Einfuhr im Abkommensland durch die Vorlage eines durchgehenden Frachtpapiers (inklusiv einer Auflistung der Durchfuhrstaaten) zu belegen. Alternativ kann dieser Nachweis auch durch eine sogenannte Nicht-Manipulationsbescheinigung, ausgestellt von einer Zollverwaltung jenes Durchfuhrstaates, wo aus transportgründen eine temporäre Ent- oder Verladung stattgefunden hat, geführt werden.
Zollrückvergütung und der Zollbefreiung (Draw-Back-Verbot)/(EU-CH-Abkommen)
Das Verbot der Zollrückvergütung und der Zollbefreiung, oft auch Draw-Back-Verbot genannt, verbietet im Rahmen einer Vielzahl der Präferenzabkommen der EU, dass Vormaterialien, die sich nicht im freien Verkehr (Nichtgemeinschaftswaren - nicht verzollt und versteuert sind) der EU befinden, nicht in Exportwaren eingesetzt werden dürfen, für die ein Präferenznachweis bei der Ausfuhr angefertigt/beantragt werden soll. Ein konkretes Beispiel im Rahmen des Präferenzabkommens zwischen der EU und Tunesien wäre wie folgt, dass z. B. eine derartige Draw-Back-Verbot-Klausel beinhaltet. In der EU werden Pkws für den Export nach Tunesien hergestellt und für diese soll ein Präferenzpapier in Form einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 beim Zoll beantragt werden. Im Prozess der Herstellung werden Motoren aus den USA importiert und im Rahmen des Zollverfahrens der aktiven Veredelung in die Pkws eingebaut. In der aktiven Veredelung werden Nichtgemeinschaftswaren (Motoren aus den USA in diesem Beispiel) in der Regel nicht verzollt und versteuert. Somit ist es dem Hersteller der Pkws nicht möglich für den beabsichtigten Exportvorgang nach Tunesien eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 zu beantragen, da Komponenten (Motoren - Nichtgemeinschaftswaren) in dem Endprodukt (Pkws) beinhaltet sind und diese sich nicht im freien Verkehr der EU befinden. Die Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 wäre nur möglich, wenn der Exporteuer die Motoren aus den USA zeitgleich bei der Antragstellung für die Ausstellung des Präferenzpapiers (EUR.1) in den Verzollungs- und Besteuerungsprozess überführt. Hierdurch wird das Grundprinzip des doppelten Vorteils (Aussetzung der Zölle und Einfuhrumsatzsteuer durch die Überführung von Nichtgemeinschaftswaren in das Zollverfahren der aktiven Veredelung im Rahmen der Einfuhr und die Erlangung von Präferenzen für die Ausfuhr) für ein Produkt ausgehebelt. In der Praxis soll durch diese Regelung verhindert werden, dass für ein und dieselbe Ware keine zweifach Begünstigung (Einfuhr und Ausfuhr) im Rahmen von Zollprozessen beansprucht wird.

Formelles Präferenzrecht

Auf die Bedeutung der formell-rechtlichen Aspekte (Nachweis- und Dokumentationspflichten) im Rahmen des Präferenzrechts wurde bereits mehrmals hingewiesen. Im Folgenden werden die wesentlichen Einzelheiten und Varianten des formellen Präferenzrechts erläutert:
Lieferantenerklärung
Die Präferenzursprungseigenschaft einer Ware kann für Lieferungen innerhalb der Europäischen Union lediglich mit einer Lieferantenerklärung für Waren mit Ursprungseigenschaft gemäß dem Unionszollkodex erbracht/dokumentiert werden. Sie dient als Grundlage für die Beantragung oder Anfertigung der unterschiedlichen Präferenznachweise (EUR.1, EUR-MED, Ursprungserklärungen oder Erklärungen zum Ursprung), die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit einem Exportgeschäft in Abkommensländer stehen. Zudem erkennen die IHK Organisationen die Lieferantenerklärung mit Präferenzursprungseigenschaft (ohne Kumulierungsvermerk) grundsätzlich auch bei der Antragstellung für ein Ursprungszeugnis als Ursprungsnachweis an.
Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1, EUR-MED und A.TR.
Die förmlichen Präferenznachweise werden auf Antrag auf den dafür vorgesehenen Vordrucken durch eine Zollstelle ausgestellt. Sowohl die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 als auch EUR-MED sind Präferenznachweise, die im direkten Zuge zu einem Exportvorgang in einem Präferenzabkommensland ihre Anwendung finden. Die zuvor genannten Präferenzpapiere dienen im Empfangsland als Nachweis für die Erfüllung der materiell-rechtlichen Anforderungen (Ursprungseigenschaft) im Rahmen der Freihandelsabkommen und gewähren dem Importeur in dem jeweiligen Abkommensland die Anwendung des begünstigten Zollsatzes in Verbindung mit der Einfuhrware. Die Warenverkehrsbescheinigung A.TR. ist hingegen der Nachweis über die Freiverkehrseigenschaft einer Ware. Sie findet lediglich im Grenzverkehr zwischen der EU und der Türkei ihre Anwendung. Zweck der A.TR. ist es ebenso den begünstigten Zollsatz für die Einfuhrwaren in dem jeweiligen Abkommensland zu gewähren.
Der Antrag auf Ausstellung für Warenverkehrsbescheinigungen wird in der Regel vom Ausführer oder von einem vertretungsberechtigten gestellt, der die Präferenzursprungseigenschaft der auszuführenden Waren nachweisen kann. Daher kommt es in der Praxis, insbesondere bei Reihengeschäften häufig vor, dass der Antragsteller der Präferenzpapiere und der zollrechtliche Ausführer voneinander abweichen.
Grundsätzlich können Präferenznachweise von jeder Zollstelle ausgestellt werden, die die erforderlichen Voraussetzungen (Ursprungs- oder Freiverkehrseigenschaft) der Waren prüfen kann. In der Regel ist das die Zollstelle, wo sich die Waren physisch vor der Ausfuhr befinden. Dies ist üblicherweise am Sitzort der Ausführers oder des Vertreters.
Ursprungserklärung, Erklärung zum Ursprung und Ermächtigter Ausführer (REX)
Neben den formellen Präferenznachweisen zur Ursprungseigenschaft (EUR.1 und EUR-MED) einer Ware haben Exporteure drei weitere Möglichkeiten, über sogenannte nicht-förmliche Präferenznachweise, die Ursprungseigenschaft einer Ware im direkten Zuge zu einem Exportvorgang nachzuweisen. Die Ausstellung der nicht-förmlichen Präferenznachweise erfolgt in eigener Verantwortung und ohne Mitwirkung einer Zollstelle im Gegensatz zu den förmlichen Präferenznachweisen. Diese Vereinfachungsvariante ist in jedem Präferenzabkommen der EU wiederzufinden – bis auf die Abkommen mit der Republik Korea, Kanada und Japan. Hier stellen die nicht-förmlichen Ursprungsnachweise auf der Rechnung, dem Lieferschein oder auf einem anderen Handelsdokument den Regelfall dar. Die förmlichen Präferenznachweise sind nicht Bestandteil des Präferenzabkommens mit der Republik Korea (Südkorea), Kanada und Japan.
Im Rahmen der Präferenzabkommen ist jedem Ausführer die Möglichkeit eingeräumt worden Ursprungserklärungen (abkommensbezogener vorgeschriebener Wortlaut) oder Erklärungen zum Ursprung für Sendungen bis zu einem Warenwert von 6000 EUR auf Rechnungen, Lieferscheinen und anderen Handelsdokumenten (erste Variante) abzugeben. Diese Vereinfachungsvariante ist nicht bewilligungsbedürftig. Für Sendungen mit einem Warenwert von über 6000 EUR ist diese Vereinfachungsvariante seitens der Zollverwaltung bewilligungsbedürftig oder registrierungspflichtig für die Abkommen mit Kanada oder Japan (zweite Variante). Hierfür hat der Ausführer einen schriftlichen Antrag zum Ermächtigten oder Registrierten Ausführer bei seinem zuständigen Hauptzollamt zu stellen. Ermächtigte Ausführer und Registrierte Ausführer können Ursprungserklärungen ohne Wertgrenzen abgeben. Zusätzlich können Ermächtigte Ausführer im Rahmen ihrer Bewilligung vorausbehandelte (vorabgestempelte) Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. (Freiverkehrswaren) von der Zollverwaltung für ihre Lieferverkehre zwischen der EU und der Türkei für Zollunionswaren erhalten. Somit entfällt teilweise der physische Weg zum Zollamt im Rahmen des Antragverfahrens.

Übersicht präferenzielle Nachweise

Im Folgenden ist eine Übersicht zu den gängigsten Präferenznachweisen:
einseitige Abkommensländer
• Erklärungen zum Ursprung und Rex-Erklärung
• Ursprungserklärung bis 6000 EUR auf der Rechnung
• Warenverkehrsbescheinigung EUR.1
beidseitige Abkommensländer
• Warenverkehrsbescheinigung EUR.1
• Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED
• Ursprungserklärung bis 6000 EUR auf der Rechnung
• Ursprungerklärung EUR-MED bis 6000 EUR auf der Rechnung
• (Ermächtigter Ausführer) Ursprungserklärung oder Ursprungserklärung EUR-MED über 6000 EUR
• Erklärung zum Ursprung, Gewissheit des Einführers
• Warenverkehrsbescheinigung A.TR. (Zollunionswaren – Freiverkehr)
• Lieferantenerklärung Türkei (gewerbliche Ursprungswaren Türkei)
innerhalb EU
• Lieferantenerklärung mit Präferenzursprungseigenschaft Unionszollkodex
• Langzeit-Lieferantenerklärung mit Präferenzursprungseigenschaft Unionszollkodex

Prüfschema für Ursprungspräferenzen

1. Ist die Ware vom Abkommen erfasst?
a. wenn nein, können keine Präferenzdokumente ausgestellt werden – Ende des Prüfschemas
b. wenn ja, weiter zu Punkt 2
2. Handelt es sich um Waren die vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind?
a. wenn ja, weiter zu Punkt 5
b. wenn nein, weiter zu Punkt 3
3. Liegt eine Minimalbehandlung vor?
a. wenn nein, weiter zu Punkt 4
b. wenn ja, können keine Präferenzdokument ausgestellt werden – Ende des Prüfschemas
4. Liegt eine ausreichende Be- oder Verarbeitung gemäß den Listenregeln vor?
a. wenn nein, können grundsätzlich keine Präferenzdokumente ausgestellt werden
i. es sei das Listenkriterium kann über eine Sonderregel erfüllt werden
b. wenn ja, weiter zu Punkt 5
5. Ausfertigung der Präferenznachweise für Ursprungswaren
a. innerhalb der EU – Lieferantenerklärung
b. direkt Export – Warenverkehrsbescheinigung EUR. 1, EUR-MED, Ursprungserklärung oder Ursprungserklärung EUR-MED
Dieses Ergebnis ist immer unter der Berücksichtigung des Territorialitätsprinzips, des Direktbeförderungsprinzips und gegebenenfalls des Draw-Back-Verfahrens zu betrachten.
Letzte Aktualisierung: Juli 2021