Herkunftsangaben, Kennzeichen und Made in Germany
Kennzeichen wie Marken, Logos oder Herkunftsangaben dienen im geschäftlichen Verkehr der Unterscheidung von Produkten und Dienstleistungen. Besonders geografische Herkunftsangaben – etwa „Made in Germany“ – können Vertrauen schaffen, bergen aber auch rechtliche Risiken bei falscher Verwendung. Ob und wie eine solche Angabe zulässig ist, hängt von der tatsächlichen Herkunft und Qualität des Produkts ab. Wer hier irreführt, riskiert Abmahnungen, Schadensersatz und Imageverlust.
Um sich von anderen Produkten oder Dienstleistungen zu unterscheiden, verwenden Unternehmer oftmals „Kennzeichen“, um sich von der Masse abzuheben. Dabei wird begrifflich unterschieden zwischen:
- Marken im Sinne von Produktbezeichnungen, die eine Ware oder eine Dienst-leistung, mithin ein wirtschaftliches Leistungsergebnis, kennzeichnen;
- Unternehmenskennzeichen, die den Leistungserbringer, zum Teil auch den Hersteller einer Ware, den Händler dieser Ware oder den Erbringer einer Dienst-leistung bezeichnen, d. h. ein ganzes Unternehmen, einen Teil davon oder den Unternehmer selbst, kennzeichnen;
- Herkunftsangaben, die auf einen geografischen Ort hinweisen und dabei die In-formation vermitteln, dass an diesem Ort bei der Erzeugung der aus der ent-sprechenden Gegend stammenden Produkte bestimmte Beschaffenheits- und Qualitätskriterien beachtet wurden.
Auch andere Begriffe tauchen zuweilen im Rechts- und Sprachverkehr auf. Die Worte Logo, Werktitel, Firma, Handelsmarke und -name sowie Warenzeichen meinen dabei vielfach das Gleiche.
In welcher Erscheinungsform die Kennzeichen auch immer verwendet werden: Sie vermitteln Informationen, anhand derer der Verbraucher und Kunde entweder unmittel-bare oder zumindest mittelbare Rückschlüsse auf den Inhaber bzw. Verwender des Kennzeichens und damit auf den jeweiligen Anbieter zieht bzw. ziehen kann.
Geographische Herkunftsangaben
Herkunftsangaben sind Angaben, die eine Ware als aus einem Ort, einer Gegend, ei-nem Gebiet, einem Land oder einer Region stammend kennzeichnen sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geo-grafischen Herkunft von Waren und Dienstleistungen benutzt werden. Durch die Her-kunftsangabe wird also die Beziehung der Ware zu ihrem geografischen Ursprung ge-kennzeichnet.
Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nur dann verwendet werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen. Ist dies nicht der Fall, liegt eine Irreführung des Kunden vor, die abge-mahnt werden kann.
Von einer qualifizierten Herkunftsangabe spricht man, wenn die betreffende Ware gerade mit einer besonderen Qualität, einem besonderen Ruf oder einem sonstigen be-sonderen Merkmal verbunden wird und der Kunde die Ware diesem spezifischen geo-graphischen Ursprung zuschreibt.
Qualifizierte geografische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nur dann benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleitungen diese besonderen Eigen-schaften oder diese besondere Qualität auch aufweisen!
Sonderregelungen existieren bei z.B. bei Käse, Weinbauerzeugnissen, Spirituosen und bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnissen.
Besteht durch die Herkunftsangabe für Waren oder Dienstleitungen eine Gefahr der Ir-reführung über die geografische Herkunft oder wird der Ruf der Herkunftsangabe ausgenutzt bzw. beeinträchtigt, ist die Angabe ebenfalls unzulässig (§ 127 Abs. 3 und 4 MarkenG).
Als geografische Herkunftsangaben nicht geschützt – sie dürfen also auch entgegen dem bereits Gesagten verwendet werden – sind solche Namen, Angaben oder Zeichen, bei denen es sich um Gattungsbezeichnungen handelt. Das sind solche Bezeichnun-gen, die zwar eine Angabe über die geografische Herkunft enthalten oder von einer sol-chen abgeleitet sind. Sie haben jedoch ihre ursprüngliche Bedeutung verloren und dienen nunmehr nur noch als
- Name von Waren
- oder Dienstleitungen oder als
- Bezeichnung oder Angabe über Beschaffenheit, Art, Sorte oder sonstige Eigen-schaft/sonstiges Merkmal
von Waren oder Dienstleistungen (§ 126 Absatz 2 MarkenG). Insbesondere im Le-bensmittelbereich finden sich dazu viele Beispiele: Frankfurter Kranz, Edamer, Pils oder Kasseler. Aber auch Begriffe wie „Flip Flop“ oder „Tempo“ haben sich mittlerweile als Gattungsbegriff etabliert.
Konsequenzen
Bei einem Verstoß gegen die vorgenannten Vorschriften und Regelungen hat der Be-rechtigte einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 128 MarkenG). Dies gilt auch, wenn im geschäftlichen Bereich ein Angestellter oder Beauftragter diesen Vorschriften zuwiderhandelt.
„Made in Germany”
Eine gesetzliche Grundlage für die Bezeichnung „Made in Germany“ existiert nicht. Auch gibt es keine rechtliche Verpflichtung zur Kennzeichnung von Produkten mit „Ma-de in Germany“. Allerdings bestehen in verschiedenen Ländern Einfuhrvorschriften, die – zollrechtlich gesehen – eine solche Markierung notwendig machen.
Von diesen Einfuhrvorschriften zu trennen ist dagegen die Tatsache, dass Produkte, die mit „Made in Germany“ in Deutschland angeboten werden, vom Verbraucher bzw. Ab-nehmer als maßgeblich in Deutschland hergestellt angesehen werden. Die gerechtfer-tigte Auszeichnung einer Ware mit der Bezeichnung „Made in Germany“ richtet sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung, letztlich also danach, wie der Abnehmer die Angabe im Einzelfall wertet.
Eine von der Verkehrsanschauung abgeleitete „Made in Germany“-Markierung darf also nicht zu falschen, insbesondere kundenorientierten und -genehmen Ursprungsangaben führen. Angaben sind dann als falsch zu bewerten, wenn sie von den beteiligten Ver-kehrskreisen in einer Weise verstanden werden, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht.
Für die Werbung ist grundsätzlich ein Wertschöpfungsanteil von 45 % in Deutsch-land erforderlich, um die Herkunftsbezeichnung eines Produktes aus Deutschland zu rechtfertigen. Allerdings ist jeder Einzelfall überprüfbar, sodass auch ein deutlich gerin-gerer Wertschöpfungsanteil in Deutschland die Kennzeichnung mit „Made in Germany“ noch rechtfertigen kann!
Die letztendlich endgültige Entscheidung, ob eine „Made in...“- Angabe irreführend ist oder nicht, obliegt damit der gerichtlichen Entscheidung.
Klar ist aber: Die Bezeichnung „Made in Germany“ ist irreführend, wenn zahlreiche wesentliche Teile eines Gerätes aus dem Ausland kommen.
So entschied z. B. das LG Stuttgart mit seinem Urteil vom 27.02.2003 (Az. 35 O 170/02): Die in Deutsch-land allein durchgeführte Qualitätskontrolle der Bauteile eines PC’s und deren Zu-sammenfügung reicht laut Gericht nicht aus, um die Aussage „Qualität Made in Germany“ zu rechtfertigen. Maßgebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise verstünden diese Angabe wegen der damit verbundenen Wertschätzung und Güte-vorstellung nicht nur dahin, dass der Akt der Konstruktion und Endfertigung in Deutschland liegt, sondern dass außerdem Leistungen in Deutschland erbracht wurden, die für jene Eigenschaft des Produkts ausschlaggebend sind, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen bzw. dass die qualitätsbe-gründende Behandlung in Deutschland stattgefunden hat. Diese Rechtsprechung wurde erneut bestätigt durch das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 07.11.2008, Az.: 3/12 U.50/08): Ein in Deutschland ansässiger Hersteller von Messern und Schneidwaren hat die Wer-bung seiner Messer mit der Bezeichnung „Germany“ durchgeführt. Die Messer wurden jedoch unstreitig nicht in Deutschland hergestellt, sondern die beworbenen Produkte wurden im Ausland im Wege der Lohnfertigung produziert. Das Landge-richt Frankfurt am Main hat in seinem Urteil bestätigt, dass in der Angabe „Germa-ny“ eine geografische Herkunftsangabe liegt. Angesichts der Fertigung im Ausland dürfen die Produkte nicht mit der Herkunftsangabe „Germany“ gekennzeichnet werden.
Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 05.04.2011, Az.: I-20 U 110/10, auch aus-geführt, dass die Aussagen „Made in Germany“ und „Produziert in Deutschland“ geografische Herkunftsangaben darstellen. Die so gekennzeichneten Waren müs-sen maßgeblich in Deutschland hergestellt werden. Das Gericht betont, dass es da-für darauf ankommt, ob eine in Deutschland hergestellte Ware nach ihrer geistigen Konzeption und Formgebung vom Publikum als deutsches Erzeugnis anzusehen ist und ob die Eigenschaften oder Teile einer Ware, die nach der Auffassung des Pub-likums ihren Wert ausmachen, auf einer deutschen oder einer ausländischen Leis-tung beruhen. Entscheidend ist, dass alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgen. Dass die Waren im Ausland mit deutschen Maschinen und deutschen Know-How erzeugt wurden, rechtfertige die zulässige Verwendung von „Made in Germany“ nicht.
Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 20.11.2012, Az.: I-4 U 95/12, diese ständige Rechtsprechung bekräftigt, indem es angab, dass durch die Verwendung des „Ma-de in Germany“ der Verbraucher erwarten kann, alle wesentlichen Fertigungsschrit-te des in Rede stehenden Industrieproduktes seien in Deutschland erfolgt. Zumin-dest kann er erwarten, dass der maßgebliche Herstellungsvorgang, bei dem die Ware die bestimmenden Eigenschaften erhält, die für die Wertschätzung des Ver-kehrs im Vordergrund stehen, in Deutschland stattfand. In dem zu entscheidenden Fall wurde überwiegend die Qualitätskontrolle für das Medizinprodukt in Deutsch-land durchgeführt. Der Herstellungsprozess selbst war bereits im Ausland abge-schlossen. Dies reicht nicht aus, um die Kennzeichnung „Made in Germany“ wett-bewerbsmäßig zu erlauben.
Nach Ansicht des OLG Köln mit Urteil vom 13.06.2014, Az.: 6 U 156/13, ist es für die Richtigkeit der Angabe „Made in Germany“ ausreichend, wenn die gesamte Entwicklung und Fertigung von Konstruktion über Herstellung bis zur Qualitätsana-lyse im Inland durch den Hersteller selbst ausgeführt wird und nur ein einziger Pro-duktionsschritt aus Energiekostenersparnis in ein vom Hersteller betriebenes Werk nach Italien verlegt und dort unter Kontrolle des Herstellers auf Grundlage seines Knowhows durchgeführt wird. Entscheidend sei, dass die Arbeitsschritte, durch die das Endprodukt seine aus Verkehrssicht wesentlichen Eigenschaften erhält, in Deutschland stattfinden. Gegenstand des Verfahrens war die Herstellung eines Schmiedekolbens. Das Schmieden des Rohlings fand in Italien statt, da dort die Energiekosten um ca. ein Drittel günstiger sind als in Deutschland. In weiteren 15 aufwändigen Arbeitsschritten wurde der Rohling in Deutschland zum Endprodukt weiterverarbeitet.
Ein Erzeugnis darf jedoch die Bezeichnung „Made in Germany“ tragen, wenn einzelne Teile oder sogar ganze Baugruppen eines industriellen Erzeugnisses im Ausland zugekauft wurden. Dann müssen diejenigen Leistungen, die für jene Eigenschaften der Ware ausschlaggebend sind, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vorder-grund stehen, in Deutschland erbracht worden sein.
Fazit: Regelmäßig wird für die Bezeichnung als deutsche Ware oder als „Made in Ger-many“ die Herstellung der Ware durch ein deutsches Unternehmen in der BRD ver-langt. Die Ware braucht zwar nicht vom gedanklichen Entwurf bis zur endgültigen Fer-tigstellung in Deutschland hergestellt zu sein. Entscheidend ist, dass die wesentlichen Bestandteile und die bestimmenden Eigenschaften der Ware, die in den Augen des Publikums deren Wert ausmachen, auf einer deutschen Leistung beruhen.
Ob die verwendeten Rohstoffe oder Halbfabrikate deutschen Ursprungs sind, ist bei ei-nem industriellen Erzeugnis, dessen Wert vorwiegend in der Verarbeitung liegt, grund-sätzlich ohne Belang. Es kommt jedoch sehr wohl darauf an, ob eine in Deutschland hergestellte Ware nach ihrer geistigen Konzeption und Formgebung vom Publikum als deutsches Erzeugnis anzusehen ist (Verkehrsanschauung!).
Als Richtschnur sind die folgenden Fragen anzusehen:
- Welche Eigenschaften oder Bestandteile der Ware sind wertbestimmend?
- Beruhen diese wertbestimmenden Merkmale auf einer deutschen Leistung?
- Beeinflusst die deutsche oder ausländische Herkunft der Ware die Kaufüberle-gungen?
Problematisch sind vor allem die Fälle, in denen die Ware nicht ausschließlich in Deutschland hergestellt wird; in der Regel handelt es sich um so genannte mehrstufige Verarbeitungen. Häufig findet in Deutschland nur noch die Montage des eigentlichen Produktes statt. Teilweise wird nur noch die Endkontrolle in Deutschland vorgenommen. Fraglich ist, inwieweit der Aufdruck „Made in Germany“ hierbei noch gerechtfertigt ist.
Abgestellt werden muss hier wohl auf den Aspekt der objektiven Wertsteigerung. Nach dem Ursprungsrecht hat eine Ware in dem Land ihren Ursprung, in dem die we-sentliche Be- oder Verarbeitung der Ware vorgenommen wird. Bei Waren, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt sind, hat die Ware ihren Ursprung in dem Land, in dem sie die letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung erfährt. Diese muss in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen werden und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt oder eine bedeutende Herstellungsstufe erreicht haben. In einigen Entscheidungen zur Thematik „Made in Germany“ mischen sich ursprungsrechtliche Erwägungen in die wettbewerbs-rechtliche Beurteilung ein.
Anhaltspunkte für die Zulässigkeit der Bezeichnung können sein:
- maßgebliche Herstellung der Ware in Deutschland,
- entscheidender Wertschöpfungsanteil durch Zusammenbau in Deutschland,
- maßgebliche Veredelung des Produkts in Deutschland.
Die reine Endkontrolle in Deutschland genügt jedenfalls nicht. Der BGH (Az.: I ZR 16/14) hat in einem Fall entschieden, dass die Angabe „Made in Germany“ irreführend sei, wenn das Produkt (im gegenständlichen Beschluss ging es um Kondome) im Aus-land hergestellt wird und im deutschen Werk nur verpackt, versiegelt und einer Quali-tätskontrolle unterzogen wird. Dadurch enthielte das Produkt nicht seine aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder seine we-sentlichen produktspezifischen Eigenschaften.
Einer Irreführung steht es übrigens gleich, wenn das Wort „Germany“ auf dem Produkt angebracht oder in der Herstellerbezeichnung angegeben wird, aber auch die Abbildung einer Landesflagge, sofern die wesentlichen Herstellungsprozesse des Erzeugnisses nicht in Deutschland stattgefunden haben.
Mit Beschluss vom 17.08.2020 (Az. 6 W 84/20) entschied das OLG Frankfurt am Main, dass die Werbung „deutsches Unternehmen - wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module“ bei den Verbrauchern den Eindruck erzeugt, die Module würden in Deutschland hergestellt. Der Verkehr erwartet zwar nicht, dass alle Produkti-onsvorgänge einer Industrieproduktion am selben Ort stattfinden. Er weiß aber, dass industriell gefertigte Erzeugnisse ihre Qualität ganz überwiegend der Güte und Art ihrer Verarbeitung verdanken. Es kommt damit maßgeblich auf den Ort der Herstellung und nicht der konzeptionellen Planung an. Das OLG untersagte im Eilverfahren die angegrif-fenen Werbeangaben. Auch die siegelartige Gestaltung der Angabe “Solarmodule-Hersteller...“ in Verbindung mit einer stilisierten Deutschland-Flagge und die siegelartige Darstellung auf der Produktbroschüre „German Luxor Quality Standard“ erzeuge im Kontext der Werbung bei den Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt.
Konsequenzen
Derjenige, der irreführende Angaben über den Ursprung der Waren macht, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Auch eine Beschlagnahme der Ware ist möglich.