IHK-Forum Personalentwicklung

Von „Babyboomern“ und der „GenZ“

Beim diesjährigen IHK-Forum Personalentwicklung gab es spannende Einblicke sowie praktische Tipps zur Zusammenarbeit von älteren und jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
VON TOBIAS BÖCKER
Der Große Saal der IHK zu Dortmund empfängt die Teilnehmer des 13. IHK-Forum Personalentwicklung mit einer eher ungewöhnlichen musikalischen Untermalung: Es läuft „Komet“ von Apache 207 und Udo Lindenberg. Das Lied aus dem Jahr 2023 lässt manchen beim Betreten des Saals kurz irritiert stutzen. Doch dann liefert Sandra Schröder den Grund, warum sie sich gemeinsam mit ihrem Team für den Song als Einstimmung in den Tag entschieden hat: „,Komet‘ ist der erste Nummer-eins-Hit in der Karriere von Udo Lindenberg. Das Besondere daran ist, dass er in Zusammenarbeit mit einem deutlich jüngeren Künstler entstanden ist. Ein Künstler, der einer anderen Generation angehört und für eine ganz andere Art von Musik steht“, beschreibt die IHK-Referentin für Fachkräftesicherung.
Schröder führte am 7. März nicht nur durch das rund dreistündige Forum, sondern beschrieb den Hit der beiden Künstler als Sinnbild für die Veranstaltung, die unter dem Motto „Alle Potenziale nutzen – wertvolle Erfahrungen und neue Impulse zusammenbringen“ stand. „Der Single-Erfolg des 1946 geborenen ‚Babyboomers‘ Lindenberg wurde erst durch die Zusammenarbeit mit Apache 207 möglich. Der ist fast 40 Jahre jünger und Mitglied der oft zitierten ‚Generation Z‘“, so Schröder.
Ältere Beschäftigte
Die erfolgreiche Zusammenarbeit verschiedener Generationen stand im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen. Den Auftakt machte Franziska Arndt, Referentin im Themencluster Berufliche Qualifizierung & Fachkräfte beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Unter dem Titel „Ältere Beschäftigte am Arbeitsmarkt: Wertvolle Potenziale stärken“ beschrieb sie, wie wichtig altersgemischte Teams und die Erfahrung älterer Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg sind.
Außerdem stellte sie die Arbeit des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung vor, kurz KOFA. Das KOFA ist eine zentrale Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Personalarbeit optimieren wollen. Seit Mai 2011 unterstützt es Unternehmen dabei, Fachkräfte zu gewinnen, zu binden und weiterzuentwickeln. Das Projekt wird im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) durchgeführt und ist am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) angesiedelt. Ziel ist es, Unternehmen praxisnahe Lösungen und wertvolle Impulse für eine zukunftsorientierte Personalstrategie zu bieten.
Um die aktuellen Herausforderungen zu verdeutlichen, stellte Arndt zunächst die derzeitige Arbeitsmarktsituation dar. Diese sei einerseits von zunehmender Kurzarbeit und Entlassungen geprägt. Andererseits fehlten bereits heute über 500.000 Fachkräfte – Tendenz stark steigend. Gerade in Engpassberufen wie Verkehr, Logistik und Baugewerbe sei der Anteil älterer Beschäftigter besonders hoch, sodass diese Branchen durch den demografischen Wandel weiter unter Druck geraten würden.
Die Expertin beließ es jedoch nicht bei der Problembeschreibung, sondern gab konkrete Tipps, welche Handlungsoptionen Unternehmen haben, um Ältere als Mitarbeiter zu gewinnen und möglichst lange im Unternehmen zu halten. Dazu gehören laut Arndt unter anderem die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse Älterer – insbesondere flexible Arbeitszeiten, ein aktives Gesundheitsmanagement sowie eine angepasste Führung von möglichst altersgemischten Teams.
Generationen-Zusammenspiel
Um das konkrete Zusammenspiel von Babyboomern und GenZ ging es im anschließenden Vortrag von Bianca Wirtz und Tatjana Heinz. Die Diplom-Psychologin, Resilienztrainerin, Coach und Gründerin des Beratungsunternehmens Avutura, und die Personalleiterin der Lidl Vertriebs-GmbH&Co. KG, Bönen, beschrieben ebenfalls den demografischen Wandel und die damit verbundenen Herausforderungen.
Dabei gingen sie immer wieder auf die Besonderheiten des Einzelhandels ein. Denn auch hier ist der Fachkräftemangel bereits spürbar. Mit Blick auf die GenZ machten beide immer wieder deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine homogene Gruppe handle. Vielmehr gebe es in dieser Generation viele unterschiedliche Charaktere. Was sie jedoch eine, sei eine sehr ähnliche Sozialisation, die stark von Instagram, TikTok und Co. geprägt ist.
Die Sprache der Jugend
Diese Sozialisation müsse auch in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und älteren Kollegen berücksichtigt werden. Beispielsweise erwarteten viele junge Menschen eine sofortige Reaktion – auch Instant Reaction genannt – auf ihre Handlungen. Das sei inzwischen „einfach so gelernt“, etwa durch ein sofortiges „Daumen hoch“ nach einem Posting in den sozialen Medien. Bleibt die Reaktion aus, führe das schnell zu Irritation und Frustration.
Ebenfalls wichtig: Strukturen und Richtlinien vorgeben, an denen sich die Auszubildenden orientieren können. So sei die am häufigsten gestellte Frage in aktuellen Bewerbungsgesprächen die nach einem detaillierten Einarbeitungsplan. Hier habe Lidl sicherlich den Vorteil, dass es für jeden Prozess im Unternehmen klare Handlungsanweisungen gebe, die digital verfügbar seien, so die Personalleiterin. Neben diesen eher faktischen Vorgaben komme es zusätzlich auch auf die Geisteshaltung der Vorgesetzten sowie ihr Auftreten gegenüber den jeweiligen Azubis an. Besonders wichtig ist Heinz zufolge eine offene Kommunikation auf Augenhöhe.
Um Offenheit und Augenhöhe geht es auch bei einer aktuellen Recruiting-Kampagne des Discounters. Hier übernahmen vier Azubis die komplette Verantwortung: Sie entwickelten die Ideen und schrieben das Drehbuch für „Bei uns kommst du voran“. Der dabei entstandene, siebenminütige Film basiert vollständig auf ihren humorvollen Ideen. Verbreitet wird er über Social-Media-Kanäle wie Facebook, Instagram, TikTok, Snapchat, Spotify und YouTube, um die junge, onlineaffine Zielgruppe punktgenau zu erreichen.
Neben den Fachvorträgen bot das Forum abschließend die Möglichkeit, mit den Referentinnen ins Gespräch zu kommen, von eigenen Erfahrungen zu berichten und sich innerhalb der Personalbranche auszutauschen.