Blick zurück
In 150 Jahren haben die IHK Darmstadt und die Region viel erlebt. Unter dem Motto "Blick zurück" veröffentlichte der IHK-Report, die Zeitschrift der IHK Darmstadt, das ganze Jahr 2012 über ein Stück Wirtschaftsgeschichte. Stöbern Sie hier mit uns in Vergangenem!
Folge 9, Engineering Region
Molekularbiologie-Labor der Brain AG
Einen Blick in ein Molekularbiologie-Labor der Brain AG zeigt dieses Foto. Das Biotechnologie-Unternehmen aus Zwingenberg wurde 1993 gegründet und ist eines von vielen hochspezialisierten Unternehmen in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zur Engineering Region gewandelt hat. Durch Spezialisierung ist es den Unternehmen in Südhessen gelungen, konkurrenzfähige Güter und Dienstleistungen zu entwickeln. 2005 arbeiteten 42 Prozent aller in Südhessen Beschäftigten im Bereich Engineering. Dazu zählen entwicklungsintensive und wissensbasierte Branchen wie Maschinen- und Fahrzeugbau, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Informations- und Kommunikationstechnik, Forschungsdienstleistungen, Automation und Automotive. Im Vergleich dazu sind im Bundesgebiet nur rund 27 Prozent aller Beschäftigten im Bereich Engineering tätig.
Zu dieser Entwicklung trug auch hohe Zahl an Forschungsinstitutionen in Darmstadt bei: die Technische Universität Darmstadt, die Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI), sowie das European Space Operations Center (ESOC) und Eumetsat.
Der Strukturwandel der südhessischen Wirtschaft zur Engineering Region zeigt sich auch in der Zusammensetzung der IHK-Vollversammlung. 1953 hatte das damals noch Beirat genannte Gremium 33 Mitglieder aus drei Wahlgruppen. In der seit 2009 ins Amt gewählten Vollversammlung sind 73 Mitglieder aus zehn Wahlgruppen, unter anderem Industrie, Einzelhandel, Touristik und Informationswirtschaft. Unter den zehn Wahlgruppen dominieren heute die Dienstleistungen. 40 Prozent der aktuellen Vollversammlungsmitglieder kommen aus dieser Branche. Traditionsreiche Industrieunternehmen wie Merck, Carl Schenk, Opel oder Koziol prägen aber nach wie vor die Region Südhessen.
Aus dem "IHK-Report", Dezember 2012
Folge 8, Umwelt und Energie
Bau des Atomkraftwerks Biblis, 1970
Den Bau des Atomkraftwerkes Biblis Anfang der 1970er Jahre zeigt dieses Foto. Rechts ist Block A zu sehen, dessen Bau bei der Aufnahme des Fotos bereits fortgeschritten war. Links ist der gerade erst begonnene Bau von Block B. Der Standort wurde aus zwei Gründen gewählt: Die Nähe zum Rhein-Main-Gebiet und dem Industriestandort Mannheim sowie die Lage am Rhein, dessen Wasser für den Betrieb des Kernkraftwerkes genutzt werden sollte.
Die Steigerung der Produktivität brachte einen erhöhten Energieverbrauch mit sich. Ende der 1960er Jahre sah man im Bau von Atomkraftwerken eine sichere Energiequelle für die Zukunft, nachdem Erdöl die Kohle zurückgedrängt hatte und auch der Gasverbrauch weiter zunahm. Der erste Block des Atomkraftwerks Biblis ging im Jahr 1974 in Betrieb, drei Jahre später der zweite. Bald lieferte es den größten Teil des hessischen Stromverbrauchs.
Der wirtschaftliche Wandel wirkte sich in dieser Zeit auch auf die IHK-Arbeit aus. Die IHK beschäftigte sich zunehmen mit Fragen zum Umweltschutz. Im Januar 1972 nahm der Ausschuss für Fragen zum Umweltschutz seine Arbeit auf.
Heute hat er als Ausschuss für Umwelt und Energie 16 Mitglieder und beschäftigt sich mit Fragen der Umweltpolitik und des Umweltrechts sowie der Energiewirtschaft. Die IHK Darmstadt berät und unterstützt Unternehmen außerdem zu den Themen Energie und Rohstoffe, zum Beispiel in kostenfreien Gesprächen mit Energieberatern oder in Weiterbildungen zum Energiemanager.
Und was das Atomkraftwerk Biblis betrifft: Seit dem von der Bundesregierung im vergangenen Jahr auferlegten Moratorium sind die beiden Blöcke vom Netz und werden nicht wieder angefahren.
Aus dem "IHK-Report", November 2012
Folge 7, Die Gastarbeiter
Ankunft griechischer Gastarbeiter am Rüsselsheimer Bahnhof im Jahr 1966
Die Ankunft griechischer Gastarbeiter am Rüsselsheimer Bahnhof im Jahr 1966 zeigt dieses Foto. Die Anwerbung ausländischer Fachkräfte begann nach dem Übergang zur Vollbeschäftigung im Jahr 1955, nachdem für eine weitere Steigerung der Produktion Arbeitskräfte fehlten. Durch seine wirtschaftliche Entwicklung war Südhessen attraktiv für Zuwanderer. Die ersten Arbeiter kamen im April 1956 aus Italien nach Darmstadt. Sie arbeiteten bei der Odenwälder Hartstein-Industrie in Ober-Ramstadt. In der Zeit danach kamen weitere Zuwanderer aus Griechenland, Spanien, Italien, Portugal, der Türkei und Tunesien. Sie arbeiteten in der Autoindustrie, der chemischen Industrie und dem Baugewerbe. Im Vergleich wurden im Bezirk der IHK Darmstadt zu dieser Zeit mehr ausländische Fachkräfte beschäftigt als bundesweit.
Geplant war zunächst, die Gastarbeiter nur für eine bestimmte Dauer zu beschäftigen. Doch mit der Zeit wurden aus „Gastarbeitern“ Einwanderer, denn eine Rotation war am Ende nicht im Interesse von Beschäftigten und Unternehmen. Waren die Gastarbeiter in den 1950er und 1960er Jahren noch vor allem in der Produktion als un- und angelernte Arbeiter beschäftigt, kommen heute vor allem hochqualifizierte Fachkräfte nach Südhessen. Ausländische Wissenschaftler arbeiten befristet zum Beispiel bei der GSI, der ESOC oder der ESA und verlassen die Region dann wieder. Auch wenn sich die Qualifikation durch die wirtschaftliche Entwicklung der Region zum Technologiestandort gewandelt hat: Ausländische Fachkräfte wurden nicht nur vor 50 Jahren, sondern werden auch heute noch gebraucht.
Aus dem "IHK-Report", Oktober 2012
Folge 6, Der Einzelhandel
Eröffnung der Darmstädter Kaufhof-Filiale am 14. Oktober 1953
In den 1950er und 1960er Jahren gewannen die Warenhäuser an Bedeutung. Die Eröffnung der Darmstädter Kaufhof-Filiale am 14. Oktober 1953 zeigt dieses Foto. Außer Kaufhof gab es in Darmstadt Filialen von Neckermann und Kaufhalle sowie das einheimische Kaufhaus Henschel und Ropertz. Geplant wurden außerdem Filialen von C und A, Karstadt und Quelle. Zu dieser Zeit war Deutschland von wirtschaftlichem Wachstum geprägt, es wurde expandiert. Von 1950 bis 1970 nahm die gesamtwirtschaftliche Produktion in Hessen stärker zu als im Durchschnitt der westdeutschen Wirtschaft. Zu verdanken war dies vor allem Südhessen und dem Rhein-Main-Gebiet. Durch das Wachstum der Bevölkerung, den steigenden Konsum und die Erweiterung der Städte gab es immer mehr Einzelhandelsgeschäfte.
Die Bedeutung des Handels zeigt sich auch Jahrzehnte später in der Mitgliederstruktur. Mehr als 10.000 von insgesamt etwas mehr als 18.000 IHK-Mitgliedern im Jahr 1970 kamen aus dem Bereich Handel. Damit machte er unter den Mitgliedsfirmen rund 60 Prozent aus, die Industrie nur zehn Prozent.
Heute liegt der Anteil der Einzelhandelsbetriebe unter den Mitgliedsunternehmen bei 19 Prozent. Unter den rund 70.000 Mitgliedern sind rund 13.000 Einzelhändler. Kaufhof gibt es in Darmstadt nach fast 60 Jahren immer noch an der gleichen Stelle. Bleibt nur die Frage, ob heute noch einmal so viele Menschen zur Eröffnung eines Kaufhauses kämen.
Aus dem "IHK-Report", September 2012
Folge 5, Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg
Wiederaufbau in Darmstadt, Bereich Rheinstraße, Ecke Kasinostraße, um 1950
Den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt dieses Bild, hier im Bereich Rheinstraße, Ecke Kasinostraße. Bei den Bombenangriffen 1944 wurden nicht nur die Stadt, sondern auch die Industriebetriebe zum Teil schwer zerstört. Röhm & Haas legte sein Werk still, auch die Firmen Merck und Goebel wurden schwer getroffen. Die IHK, die 1943 in der Gauwirtschaftskammer aufgegangen war, konstituierte sich wenige Tage nach Besetzung durch die Alliierten am 25. März 1945 neu. Emil Schenk vom Unternehmen Carl Schenk GmbH, damals 77 Jahre alt, übernahm zunächst das Amt des Präsidenten. Zwei Monate später folgte ihm Wilhelm Köhler von der Goebel AG. Ein Jahr später, 1946, wandte sich die IHK Darmstadt zum ersten Mal wieder mit Nachrichten an ihre Mitglieder.
Aus dem "IHK-Report", Juli/August 2012.
Folge 4, Die zwanziger und dreißiger Jahre
'Abrichter' im Steinbruch der Odenwälder Hartstein-Industrie AG
Die „Abrichter“ im Steinbruch der Odenwälder Hartstein-Industrie AG in Roßdorf zeigt dieses Bild aus dem Jahr 1935. Dort wurden zu dieser Zeit Pflastersteine und Stücksteine für den Straßenbau gefertigt. Der Abbau und die Verarbeitung von Gesteinen im Odenwald war ein wichtiger Zweig der regionalen Wirtschaft.
Diese hatte unter der Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre gelitten. In Darmstadt lag im Jahr 1933 die Arbeitslosigkeit bei 21,5 Prozent. Die Unternehmen kämpften mit Umsatzrückgängen, drosselten die Produktion oder mussten ihre Betriebe ganz schließen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 standen die folgenden Jahre im Zeichen derer Rüstungspolitik. Einerseits wandelten sich Unternehmen zum Rüstungsbetrieb. Andererseits verloren Unternehmen, die für die Rüstungswirtschaft unbedeutend waren, nach Kriegsbeginn 1939 Teile ihrer Stammbelegschaft oder mussten ganz aufgeben. Zudem wurden jüdische Arbeiter und Unternehmer aus den Betrieben gedrängt und verfolgt. In dieser Zeit verschwanden viele Unternehmen in der Region, andere haben diese Zeit überlebt und existieren nach wie vor.
Wer heute auf der B 38 an Roßdorf vorbeifährt, sieht am Roßberg den immer noch aktiven Steinbruch der Odenwälder Hartstein-Industrie (OHI). Diese hat heute ihren Sitz in Hanau. Sie ist keine Aktiengesellschaft mehr, sondern eine GmbH unter dem Dach der Mitteldeutschen Hartstein-Industrie.
Aus dem "IHK-Report", Juni 2012.
Folge 3, Die Luftfahrt in Südhessen
Flugzeugfabrik Geb. Müller, Griesheim
Nicht nur die besetzten Gebiete hatten wirtschaftliche Probleme: Es gab Gewinner und Verlierer, mittlere und kleine Betriebe dominierten. Die Unternehmen kämpften mit der steigenden Inflation, es fehlte Geld für Investitionen. Der Anteil der Textilverarbeitung in der Industrie ging zurück, die Chemieindustrie und der Maschinenbau erlebten einen Aufschwung. Groß- und Einzelhandel, Banken, Immobilien- und Speditionsgeschäfte stellten einen der größten Wirtschaftszweige in Südhessen dar. Ende der 1920er-Jahre nahm der Luftverkehr in der Region stark zu. Viele Unternehmen begannen, ihre Waren per Luftfracht zu versenden. Personen- und Frachtverkehr sowie die Verkehrsplanung waren Themen, zu denen die IHK in dieser Zeit gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden Stellung nahm.
Der August-Euler-Flugplatz in Griesheim ist heute im Besitz der Technischen Universität Darmstadt und wird für Forschungszwecke genutzt. Für Südhessen ist heute der Frankfurter Flughafen von großer Bedeutung. Er ist mit rund 75.000 Beschäftigten Deutschlands größte Arbeitsstätte. Mit dem Bau der Cargo City Süd 1996 wurde der Flughafen zum größten Frachtflughafen Europas, 2011 gingen 2,17 Millionen Tonnen Luftfracht über den Flughafen. Viele Unternehmen mit
Sitz im Bezirk der IHK Darmstadt erhalten oder versenden ihre Waren über den Flughafen. Viele von ihnen mit Verbindung zum Flughafen haben ihren Sitz auf dem Mönchhofgelände in Kelsterbach oder in Mörfelden-Walldorf.
Übrigens: Das Unternehmen Gebrüder Müller gab im Jahr 1933 den Flugzeugbau auf und wechselte zur Möbelproduktion.
Aus dem "IHK-Report", Mai 2012, Seite 10.
Folge 2, Die Berufsausbildung
Lehrlingswerkstatt der Carl Schenck AG im Jahr 1912
Eine Lehrlingswerkstatt der Carl Schenk GmbH im Jahr 1912 zeigt dieses Bild. Das Unternehmen hat in der Geschichte der beruflichen Ausbildung für den Bezirk der IHK Darmstadt eine wichtige Rolle gespielt. Auf Initiative von Dr. Emil Schenk, einem Neffen des Firmengründers, der das Darmstädter Unternehmen nach der Jahrhundertwende übernahm, bildeten die Verbände der Metall- und Holzindustrie gemeinsam mit der Handwerkskammer im Jahr 1923 Prüfungsausschüsse. Die Kammer hatte sich nicht von Beginn an mit der Ausbildung beschäftigt. Diese Aufgabe der Berufsbildung kam erst 40 Jahre nach der Gründung, im Jahr 1902, hinzu. Die Kammer übernahm die Aufsicht über die sogenannten kaufmännischen Fortbildungsschulen. In dieser Zeit hatte die Handelskammer rund 1.800 Mitgliedsunternehmen. Die Region war geprägt von einem wirtschaftlichen Aufschwung. In Darmstadt war der Maschinenbau eine wichtige Branche, dazu zählte auch die „Eisengießerei und Waagenfabrik“ von Carl Schenk. Diese war um 1914 mit 750 Mitarbeitern die größte Darmstädter Maschinenfabrik. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 endete dieser Aufschwung abrupt.
Nach dem Ersten Weltkrieg kam der Berufsausbildung in Industrie und Handel eine größere Bedeutung zu, im Jahr 1925 erhielten die Kammern in Hessen die Bezeichnung „Industrie- und Handelskammer“. Ab dem Jahr 1921/22 galt die Berufsschulpflicht für Lehrlinge, zumindest für die männlichen und die meisten weiblichen. Auf die IHK kamen neue Aufgaben zu: Seit 1931 war die IHK Darmstadt für die Prüfungen von einer zunehmenden Zahl von Berufen zuständig. Mittlerweile prüft die IHK Darmstadt jährlich mehr als 8.500 Zwischen- und Abschlussprüflinge in mehr als 70 Berufen.
Nach dem Ersten Weltkrieg kam der Berufsausbildung in Industrie und Handel eine größere Bedeutung zu, im Jahr 1925 erhielten die Kammern in Hessen die Bezeichnung „Industrie- und Handelskammer“. Ab dem Jahr 1921/22 galt die Berufsschulpflicht für Lehrlinge, zumindest für die männlichen und die meisten weiblichen. Auf die IHK kamen neue Aufgaben zu: Seit 1931 war die IHK Darmstadt für die Prüfungen von einer zunehmenden Zahl von Berufen zuständig. Mittlerweile prüft die IHK Darmstadt jährlich mehr als 8.500 Zwischen- und Abschlussprüflinge in mehr als 70 Berufen.
Aus dem "IHK-Report", April 2012, Seite 10.
Folge 1, Die Anfangsjahre
Belegschaft bei der Einweihung des Sudhauses der Michelsbräu in Babenhausen, 1899
Gegen indirekte Steuern wie die 1892 eingeführte Biersteuer protestierte die Handelskammer. Diese nahm im Juni des Jahres 1862 mit zunächst sieben Mitgliedern aus Handel, Banken und Versicherungen ihre Arbeit auf. Mit Wilhelm Merck stand ab 1881 erstmals ein Industrieller an der Spitze der Handelskammer. Der Zusatz „Industrie“ im Namen kam erst später hinzu. Räumlich war sie für Darmstadt und Bessungen zuständig. Neben der Herstellung chemischer Produkte sowie dem Ofen- und Maschinenbau gab es noch zwei weitere erfolgreiche und besondere Industriezweige: das Hutmachergewerbe und die Tapetenherstellung.
Und heute? 2012 stellt die Michelsbräu Privatbrauerei vor allem klassische Biersorten wie Pils, Radler und Export her.
Aus dem "IHK-Report", März 2012, Seite 10.