FAQ

FAQ zur Pflichtzugehörigkeit

1. Wer ist bei der IHK zugehörig?

Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Paragraf 2 Absatz 1 IHK-Gesetz). Das Gesetz knüpft mit den Worten "zur Gewerbesteuer veranlagt" nicht an die kommunale Gewerbesteuerveranlagung an, sondern an die objektive Gewerbesteuerpflicht. Ob das betreffende Unternehmen tatsächlich zur Zahlung von Gewerbesteuer herangezogen wird, ist unerheblich. Maßgeblich für die Pflichtmitgliedschaft bei der IHK ist die Einstufung der Finanzämter zur Gewerbesteuerpflicht. Eine Überprüfung der Finanzamtsfestsetzungen steht der IHK nicht zu.
Zur Begründung der Pflichtmitgliedschaft muss der Gewerbetreibende eine Betriebsstätte im Kammerbezirk der IHK unterhalten. Hierbei ist der, dem Steuerrecht entnommene Begriff der Betriebsstätte aus Paragraf 12 Abgabenordnung (AO) maßgebend. Jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient, ist eine Betriebsstätte im Sinne von Paragraf 12 AO. EIne Betriebsstätte kann daher jeder körperliche Gegenstand sein, welcher der Tätigkeit eines Unternehmens dient und einen räumlichen Bezug zum Kammerbezirk hat. Hierunter fallen Taxi- und Marktstände, Automaten, die vertragliche Mitbenutzung fremder Büro- oder Gewerberäume sowie die Ausübung eines Gewerbes innerhalb eines anderen Gewerbebetriebes. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist die Kammerzugehörigkeit und somit die Pflichtmitgliedschaft bei der IHK gegeben. Die Pflichtmitgliedschaft wurde mehrfach durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt und verstößt weder gegen das Grundgesetz, die Landesverfassung noch gegen EU-Recht.

2. Warum gibt es die gesetzliche Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer (IHK)?

Der Gesetzgeber hat sich für die Pflichtzugehörigkeit entschieden, damit die IHK das Gesamtinteresse aller Gewerbetreibenden in ihrem Bezirk vertreten kann. Die IHK spricht nicht für Einzelinteressen, sondern für alle, die ein Gewerbe betreiben. Die IHK als repräsentative Vertretung der Unternehmerschaft wird vom Staat gebraucht, von den Bürgermeistern und Landräten, vom Regierungspräsidenten, von der Landesregierung in Wiesbaden und der Bundesregierung in Berlin. Mit der IHK hat der Staat auf allen Ebenen im Bereich der Wirtschaft eine sachverständige und repräsentative Gesprächspartnerin, Beraterin und Gutachterin. Die IHK kennt die Wirtschaftslage und die Unternehmen in ihrem Bezirk. Sie sieht die Interessen langfristig und sucht für alle die gemeinsame und beste Lösung. Wäre der Beitritt zur IHK freiwillig, hinge die Zusammensetzung ihrer Mitgliederschaft vom Zufall ab. Da die IHK alle Gewerbetreibenden als finanziell unabhängige Institution vertritt, ist sie in Verwaltung und Politik angesehen. Durch das Fernbleiben ganzer Gruppen von Gewerbetreibenden wäre den Kammern der Einblick in deren Verhältnisse nicht mehr umfassend möglich. Dann wäre auch die umfassende Sachkunde und Objektivität der Kammern nicht mehr gewährleistet.
Die gesetzliche Kammerzugehörigkeit eröffnet ihren Mitgliedern die Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen. Zugleich hat sie eine freiheitssichernde Funktion. Die unternehmerische Handlungsfreiheit wird durch die Pflichtmitgliedschaft nicht eingeschränkt. Denn dort, wo im Sinne des Allgemeininteresses ein gesetzlicher Zwang notwendig ist, wird gleichzeitig auf eine staatliche Verwaltung verzichtet. An deren Stelle tritt die Mitwirkung der Betroffenen, zum Beispiel durch aktive Beteiligung an der Vollversammlungswahl.

3. Was macht die IHK für ihre Mitglieder? Die Praktische Bedeutung der Pflichtzugehörigkeit

Die Aufgaben der IHK Darmstadt sind:

  • die wirtschaftlichen Interessen im IHK-Bezirk und gegenüber Land und Bund wahrzunehmen,
  • die vom Staat übertragenen Aufgaben zu erfüllen und
  • Serviceleistungen für ihre Kammerzugehörigen zu erbringen.

Beispiele:

  • Die IHK nimmt in der Berufsbildung die Zwischen- und Abschlussprüfungen vor. Dazu erlässt sie die Prüfungsordnungen und errichtet Prüfungsausschüsse.
  • Die IHK trägt maßgebliche Verantwortung in der Berufsausbildung. Im Rahmen der Gesetze trifft sie die notwendigen Regelungen und überwacht die Durchführung, zum Beispiel die Eignung der Ausbilder und der Ausbildungsstätten. Sie registriert die Ausbildungsverträge und berät Auszubildende und Ausbilder.
  • Die IHK nimmt Stellung zu Gesetzentwürfen und allgemeinen Regelungen. Hierbei berücksichtigt sie evtl. widerstreitende Belange von großen und kleinen Betrieben (zum Beispiel bei der Weiterentwicklung von Berufsbildern), von Industrie und Handel (zum Beispiel zum Ladenschluss), von Verladern und Verkehrsgewerbe (zum Beispiel zur Ordnungspolitik im Güterverkehrsrecht).
  • Die IHK nimmt Stellung zu Planungsvorhaben, bei denen unterschiedliche Interessen verschiedener Wirtschaftszweige (zum Beispiel Einzelhandelsstandorte im Konflikt City/grüne Wiese, Gewerbegebiete im Konflikt Industrie/Fremdenverkehr) abzuwägen sind.
  • Die IHK bestellt und vereidigt unabhängige Sachverständige für praktisch alle Bereiche des Wirtschaftsverkehrs. Hiervon profitieren die staatlichen Stellen, Gerichte, Hersteller, Lieferanten, Kunden und Versicherungen.
  • Die IHK nimmt Stellung zu Handelsregistereintragungen und Warenzeichen. Hierbei hat sie das Interesse des Antragstellers an Werbewirkung gegenüber dem Interesse der übrigen Wirtschaft an Firmen- und Zeichenwahrheit ausgleichend zu berücksichtigen.
  • Die IHK nimmt Stellung zu Versteigerungen. Sie gleicht hierbei die Interessen von betroffenen Unternehmen, Konkurrenten, Lieferanten, Kreditgebern und Vermietern aus.
Ohne die Pflichtzugehörigkeit zur IHK müsste der Staat diese Aufgaben selbst übernehmen durch eigene Ämter und Behörden. Wir sind sicher, dass wir die Erledigung der Aufgaben für die gesamte Wirtschaft flexibler, wirtschaftsnäher und kostengünstiger umsetzen.

4. Ist die gesetzliche IHK-Zugehörigkeit mit dem Grundgesetz vereinbar?

Die Rechtsprechung hat erneut bestätigt, dass die gesetzliche IHK-Zugehörigkeit mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7.12.2001). Der Beschluss ist unanfechtbar. Insbesondere erläutert das Gericht, dass kein Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9 Absatz 1 Grundgesetz) vorliegt, weil der Schutzbereich dieser Norm schon nicht berührt ist. Es bestätigt die Ansicht des Gesetzgebers, dass die Erfüllung von Wirtschaftverwaltungsaufgaben durch die Kammern sachnäher und freiheitssichernder ist als die entsprechende Erledigung durch staatliche Behörden. Daneben ist die Interessenvertretung durch private Verbände – wie Fachverbände sie wahrnehmen - nicht im gleichen Maße am Gesamtinteresse und Gemeinwohl orientiert. Eine Aufteilung der Aufgaben auf private Verbände und Behörden würde die vom Gesetzgeber mit einer Selbstverwaltungsorganisation verfolgten Ziele verfehlen.