Ausbildungsbilanz 2023

Nur leichter Zuwachs bei Ausbildungsverträgen

Die Zahl der Ausbildungsverträge ist im IHK-Bezirk Darmstadt leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Doch ist das kein Grund zur Erleichterung, denn zum zweiten Mal in Folge übersteigt die Zahl der offenen Stellen die Zahl der Bewerber*innen. Die Entwicklung beim Anteil der Abiturient*innen zeigt Handlungsbedarf.

Pressemeldung vom 24. Januar 2024

Die gute Nachricht zuerst: Die Ausbildungszahlen im IHK-Bezirk Darmstadt sind nun auch im dritten Jahr in Folge angestiegen. Insgesamt wurden zum Stichtag (31.12.2023) des aktuellen Ausbildungsjahrs 2.703 Ausbildungsverträge geschlossen. Das sind 36 Verträge (plus 1,3 Prozent) mehr als noch 2022. Die schlechte Nachricht: Das Vor-Corona-Niveau aus dem Jahr 2019 mit 2.835 Verträgen konnte nicht wieder erreicht werden. Gegenüber dem Jahr 2019 bleibt die Zahl der Ausbildungsverträge um 4,7 Prozent zurück. Wie schon im Vorjahr waren es 2023 weniger Bewerber als offene Stellen. In der IHK-Lehrstellenbörse sind für das Ausbildungsjahr 2023 noch 563 freie Plätze gemeldet.
„Es gibt nach wie vor einen nicht unerheblichen Anteil an Schulabgängern, die in keiner Statistik auftauchen. Weder bei den Ausbildungsverträgen noch bei den Studienanfängerzahlen“, sagt Torsten Heinzmann, Teamleiter für Ausbildung bei der IHK Darmstadt. „Hier gab es während der Corona-Pandemie eine Zäsur. Jetzt sehen wir aber, dass die potenziellen Azubis nicht zurückkommen“, so der Ausbildungsexperte.
Es gibt nach wie vor einen nicht unerheblichen Anteil an Schulabgängern, die in keiner Statistik auftauchen. 

Torsten Heinzmann

„Daher sehen wir dringenden Handlungsbedarf bei der Berufsorientierung“, betont Dr. Marcel Walter, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung der IHK Darmstadt. Für Ausbildungsinteressierte ist die Situation aktuell so gut wie lange nicht: Mit etwas Engagement können sie derzeit aus mehreren Ausbildungsplatzangeboten wählen. Für eine gute Berufswahl müssen junge Menschen aber auch ihre Stärken und Wünsche kennen. Hier ist die schulische Berufsorientierung ein zentraler Baustein.
Wir brauchen eine starke Berufsorientierung an Gymnasien. Ich baue hier auf die neue Landesregierung, dass sie die Berufsbildung deutlich stärker in den Fokus nimmt.

Dr. Marcel Walter

Auch für die klassische Zielgruppe der Ausbildung – Jugendliche ohne Hochschulzugangsberechtigung – sind die Chancen auf einen Ausbildungsplatz wieder deutlich größer. Der Anteil der Auszubildenden mit Fachhochschulreife/Hochschulreife ist mit 30,3 Prozent weiter rückläufig und auf einen neuen Tiefststand in den letzten zehn Jahren gerutscht. 2022 lag der Anteil bei 31,05 Prozent, 2021 bei 35,45 und 2020 bei 35,54 Prozent. Das spricht dafür, dass Betriebe bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen wieder verstärkt auf Haupt- und Realschüler zugehen. Da jedoch gleichzeitig viele Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben, machen die Zahlen auch Handlungsbedarf deutlich: „Wir brauchen eine starke Berufsorientierung an Gymnasien. Ich baue hier auf die neue Landesregierung, dass sie die Berufsbildung deutlich stärker in den Fokus nimmt. Wir brauchen mehr junge Menschen in der dualen Ausbildung, um unsere Fachkräfte von morgen zu gewinnen“, sagt Geschäftsbereichsleiter Walter. An Gymnasien werde zu oft das Studium als bester oder einziger Karriereweg dargestellt. „Das ist aber ein Trugschluss“, macht Walter klar. „Mit einer Ausbildung und Weiterqualifizierung kann man in derselben Zeit einen Abschluss machen, der dem akademischen Bachelor- oder Master gleichgestellt ist. Der Weg über den Beruf hat dabei den Vorteil, dass man von Anfang an Geld verdient, den Praxisbezug und zugleich beste Karriereperspektiven hat.“
Bei der Bilanz der Ausbildungsverträge gibt es auch regionale Unterschiede, nicht in allen Kreisen ging es mit den Zahlen bergauf. Im Kreis Groß-Gerau gingen die Verträge minimal um 0,1 Prozent zurück, und auch im Kreis Darmstadt-Dieburg gab es ein kleines Minus von 0,2 Prozent. Gewinnen konnten die Stadt Darmstadt (+2,5 Prozent), Kreis Bergstraße (+2,3 Prozent) und der Odenwaldkreis (+4,9 Prozent).
Weiterhin gibt es im IHK-Bezirk einen Überhang an kaufmännischen Auszubildenden (1.806) gegenüber den gewerblich-technischen (897).
Bei den zehn beliebtesten IHK-Ausbildungsberufen kam es gegenüber 2022 zu leichten Verschiebungen. Auf Platz 1 landen die Verkäufer*innen und überholten damit die Kaufleute im Einzelhandel. Und die Bankkaufleute haben es wieder unter die Top10 mit Rang 9 geschafft.
Bei den Nationalitäten kommt es nur zu kleinen Verschiebungen. Auf Platz 1 liegen wie in den Vorjahren Auszubildende mit türkischer Staatsangehörigkeit (123) - über alle Ausbildungsjahre hinweg. Das Herkunftsland Italien folgt auf Platz 2 (69) und Syrien auf Platz 3 (68). Neu in der Top10 sind junge Menschen aus Vietnam (31). „Ohne die jungen Leute mit fremdem Pass wüssten manche Firmen nicht, woher sie ihre Nachwuchskräfte nehmen“, so IHK-Experte Heinzmann.

Top 10 der IHK-Ausbildungsberufe

Platz
Beruf
neu abgeschlossene Verträge
1
Verkäufer/in
257
2
Kaufmann/frau im Einzelhandel
227
2
Kaufmann/frau für Büromanagement
227
4
Industriekaufmann/frau
161
5
Fachinformatiker/in
158
6
Kaufmann/frau für Spedition und Logistikdienstleistung
123
7
Fachkraft für Lagerlogistik
112
8
Mechatroniker/in
108
9
Bankkaufmann/frau
97
10
Kaufmann/frau für Groß- und Außenhandelsmanagement
90

Top 10 der Nationalitäten

Platz
Nationalität
Anzahl aktiver Verträge über alle Ausbildungsjahre
1
Türkei
123
2
Italien
69
3
Syrien
68
4
Polen
60
5
Afghanistan
55
6
Griechenland
39
7
Marokko
32
8
Spanien
31
9
Vietnam
31
10
Rumänien
30
Patrick Körber
Geschäftsbereichsleiter, Pressesprecher
Bereich: Kommunikation und Marketing