Wirtschaft

Südhessens Unternehmen blicken mit gemischten Gefühlen in die Zukunft

Wie schätzen südhessische Unternehmen die Rahmenbedingungen und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Südhessen ein? Das hat die IHK Darmstadt im Rahmen des Zukunftsprojekts »Wirtschaft 2040 | Südhessen denkt voran« von ihren Mitgliedsunternehmen erfahren wollen. 525 Unternehmen haben sich beteiligt.
Text: Dr. Benedikt Porzelt, Februar 2024
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Als die wichtigsten Entwicklungen der kommenden 15 Jahre sehen die Unternehmen den demografischen Wandel sowie die Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelt an. Auch wenn diese Entwicklungen nicht Südhessen allein betreffen, ergeben sich daraus entscheidende Herausforderungen für den Standort. So wird die regionale Fachkräftesicherung im Kontext einer alternden Gesellschaft immer wichtiger, während der digitale Wandel nur umgesetzt werden kann, wenn die Infrastruktur vor Ort vorhanden ist.
Die Antworten zu idealen Standortfaktoren und der aktuellen Lage in Südhessen zeichnen ein ambivalentes Bild. Einerseits sind sich die meisten Betriebe sicher, dass Südhessen gute Voraussetzungen für die wirtschaftliche Zukunft hat. Andererseits gibt es durchaus zentrale Baustellen.

Bezahlbarer Wohnraum wird wichtiger 

Folgende fünf Standortfaktoren sind aus Sicht der meisten befragten Unternehmen für eine erfolgreiche Zukunft Südhessens entscheidend: eine zeitgemäße Kommunikationsinfrastruktur, eine moderne Verwaltung, die Bürokratie abbaut, die Verfügbarkeit von Arbeits- bzw. Fachkräften, eine zuverlässige Verkehrs- und Logistikinfrastruktur sowie bezahlbarer Wohnraum.
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Allerdings offenbart der Blick auf die aktuelle Lage am Standort Südhessen bei drei der fünf genannten Faktoren klaren Handlungsbedarf. So werden die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, der Stand im Bereich moderne Verwaltung mitsamt Bürokratieabbau sowie die Verfügbarkeit von Arbeits- bzw. Fachkräften von einer deutlichen Mehrheit der Unternehmen als schlecht eingeschätzt. Ebenfalls eher negativ wird der Stand bei Energieversorgung, Kinderbetreuung und Mobilitätsangeboten beurteilt. Eine Stärke Südhessens zeigt sich hingegen bei der hohen Lebensqualität der Region, den attraktiven Qualifizierungsangeboten für Fachkräfte, den Bereichen Forschung und Innovation sowie der hohen Attraktivität für die junge Generation.
Insgesamt ergibt sich aus der Umfrage ein durchwachsenes Bild: Zwar attestieren viele der befragten Unternehmen dem Standort Südhessen eine solide Ausgangslage, um im Wettbewerb der Zukunft zu bestehen. Gleichzeitig offenbaren die Antworten zu einzelnen Standortfaktoren aber auch deutliche Probleme. Die Umfrage bestätigt damit in weiten Teilen, was auch bereits eine von der IHK Darmstadt beauftragte Prognos-Studie gezeigt hat: Vor allem in der Verflechtung der Wissenschaftsstadt Darmstadt mit dem Umland liegt eine große Stärke, doch bedrohen der zunehmende Fachkräftemangel und heterogene Rahmenbedingungen in den Teilregionen die Zukunftsfähigkeit Südhessens.
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Auch wenn einige der genannten Kritikpunkte von politischen Rahmenbedingungen abhängen, die auf Bundes- oder EU-Ebene entschieden werden, gibt es genug Bereiche, die durch gezielte Maßnahmen vor Ort verbessert werden können. So benötigt etwa eine erfolgreiche Fachkräftesicherung gut ausgestattete Schulen und eine frühzeitige berufliche Orientierung, die auf den Einbezug regionaler Betriebe setzt. Für die fachliche Weiterentwicklung braucht es im Anschluss attraktive Bildungsangebote vor Ort, die alle wichtigen Qualifizierungswege umfassen: Ausbildung, Studium und Weiterbildung. Zudem bieten sich im Bereich der Fachkräfteeinwanderung noch Chancen. So sollte in regionalen »Reallaboren« getestet werden, wie tauglich neue Konzepte zur Arbeitsmarktintegration von Asylbewerbern sind. Gleichzeitig wird es ohne bezahlbaren Wohnraum jedoch schwierig, Arbeitskräfte in Südhessen zu halten oder aus anderen Regionen anzulocken. Neben der Schaffung von neuem Wohnraum sollte daher auch die Erprobung innovativer Wohnkonzepte stärker in den Blick genommen werden.

Die detaillierte Auswertung der Online-Befragung und weitere Informationen zum Zukunftsprojekt »Wirtschaft 2040 | Südhessen denkt voran« finden Sie unter www.wirtschaft2040.de
Dr.Benedikt Porzelt
Bereich: Aus- und Weiterbildung | Hauptgeschäftsführung
Themen: Berufliche Orientierung, Bildungspolitik, IHK-Strategie