Aktuelle Rechtsprechung

Arbeitsangebot bei fristloser Kündigung kann teuer werden

Im Falle einer fristlosen Kündigung sollten Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine offensichtlich nicht ernst gemeinten Weiterbeschäftigungen anbieten. Dies könnte dazu führen, dass sie diesem anschließend einen sogenannten „Annahmeverzugslohn” zahlen müssen – auch wenn dieser nicht gearbeitet hat. Ein Beispiel hierfür liefert ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichtes.
5. April 2023
Kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis fristlos und bietet gleichzeitig dem Arbeitnehmer „zur Vermeidung von Annahmeverzug“ die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutzprozesses an, verhält er sich widersprüchlich. In einem solchen Fall kann man tatsächlich vermuten, dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint ist. Diese Vermutung kann durch die Begründung der Kündigung zur Gewissheit oder durch entsprechende Darlegungen des Arbeitgebers entkräftet werden.
Folgender Fall musste vom Bundesarbeitsgericht entschieden werden:
Die Beklagte sprach gegenüber dem als technischen Leiter beschäftigtem Kläger eine fristlose Änderungskündigung aus und bot ihm zugleich einen neuen Arbeitsvertrag mit deutlich verringerter Vergütung als Softwareentwickler an. Mit dem Angebot forderte er ihn zum Arbeitsantritt auf. Der Kläger lehnte das Änderungsangebot ab und erschien auch nicht zur Arbeit. Daraufhin kündigte ihm die Beklagte erneut außerordentlich und forderte ihn im Falle der Ablehnung dieser außerordentlichen Kündigung erneut zum Arbeitsantritt auf. Dem leistete der Kläger nicht Folge.
Im anschließenden Kündigungsschutzprozess wurde festgestellt, dass beide Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst haben. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer auf Zahlung der rückständigen Gehälter von dem Zeitpunkt der fristlosen Kündigung bis zu seinem Ausscheiden.
Letztinstanzlich gab das Bundesarbeitsgericht dem Kläger Recht. Die Beklagte befand sich aufgrund der unwirksamen außerordentlichen Kündigung im Annahmeverzug, ohne dass der Kläger seine Arbeitsleistung anbieten musste. Grund dafür sei das widersprüchliche Verhalten der Beklagten. Sie hatte sich anstatt der milderen ordentlichen Kündigung für eine außerordentliche Kündigung entschieden. Hierdurch hatte sie bewusst deutlich gemacht, dass für sie eine Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar sei. Dies steht im Widerspruch zu dem Angebot auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses. Daher könne nicht von einem ernsthaften Angebot ausgegangen werden.
Praxistipp: Da insbesondere mit einer fristlosen Beendigungskündigung grundsätzlich zum Ausdruck gebracht wird, dass das vorgeworfene Fehlverhalten zu schwer wiegt, um das Arbeitsverhältnis während der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, stellt jede Art von Weiterbeschäftigung einen Widerspruch zum Kündigungsgrund dar und ist geeignet diesen unglaubwürdig zu machen.
Quelle: BAG v. 29.3.2023 - 5 AZR 255/22

Markus Würstle
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht