Rechtsprechung

Scheinselbstständigkeit auch im Nebenjob möglich

Wenn eine Tätigkeit in einem arbeitsteilig organisierten gastronomischen Betrieb weisungsgebunden auf Stundenbasis vergütet wird, handelt es sich um eine abhängige Beschäftigung, die sozialversicherungspflichtig ist. Woran das Bundessozialgericht eine sogenannte Scheinselbstständigkeit festmacht, erfahren Sie im folgenden Artikel.
13. Februar 2024
Entscheidendes Merkmal bei der Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die persönliche Abhängigkeit der Beschäftigten vom Arbeitgeber.
Eine Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn jemand zwar nach der zu Grunde liegenden Vertragsgestaltung selbstständige Dienst- oder Werksleistungen für ein fremdes Unternehmen erbringt, tatsächlich aber nichtselbständige Arbeiten in einem Arbeitsverhältnis leistet. Dies hat zur Konsequenz, dass Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer zu zahlen sind.
Das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) hat entschieden, dass eine Kellnerin, die in einem arbeitsteilig organisierten gastronomischen Betrieb zum Stundenlohn arbeitet, als abhängig beschäftigt gilt. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass sie sich nach Betriebszeiten und ihr zugewiesenen Schichten richtet. Trotz mündlicher Absprachen zu Arbeitszeiten und dem Vorbringen des Arbeitgebers, die Kellnerin könne immer noch selbst entscheiden, ob sie die Dienste antreten würde, wurde die Servicekraft als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin eingestuft und die Weisungsgebundenheit seitens des Gerichts bejaht. Hierbei war unschädlich, dass die Servicekraft hauptberuflich sozialversicherungspflichtig als Versicherungskauffrau arbeitete und lediglich nebenberuflich ein Gewerbe für „Gastronomieservice“ angemeldet hatte. Auch die Tatsache, dass die Kellnerin mehrere Auftraggeber hatte, änderte nichts an der Einschätzung des LSG, schließlich käme es auf die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses an.
Hinweis: Zur frühzeitigen Überprüfung der Beschäftigungsart kann die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung genutzt werden.

Kontaktdaten der Clearingstelle:
Deutsche Rentenversicherung Bund
Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen
10704 Berlin
Service-Telefon: 0800 10004800

Das benötigte Antragsformular (V027) sowie Erläuterungen zum Antrag (V028) können auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung abgerufen werden.
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Oktober 2023, L 2 BA 56/23

Markus Würstle
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht