Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt

Sind höhere Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit rechtens?

„Nein”, entschied nun das Bundesarbeitsgericht. Zuschläge für regelmäßige Nachtschichtarbeit und unregelmäßige Nachtarbeit dürfen nicht deshalb unterschiedlich hoch sein, weil regelmäßige und häufigere Nachtschichtarbeit weniger belastend sei als eine einmalige Nachtarbeit.
6. Dezember 2023
Geklagt hat eine Arbeitnehmerin aus Thüringen, die im Gaststättengewerbe tätig ist. Der geltende Tarifvertrag sah für eine einmal pro Woche stattfindende Nachtarbeit einen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent vor. Für regelmäßige Nachtschichten mit wöchentlichen Wechseln wurde ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent gewährt. Weil die Arbeitnehmerin in Wechselschichten arbeitete, wurde ihr nur der 25 Prozent-Zuschlag gezahlt. Laut der Klägerin sei diese Ungleichbehandlung ungerechtfertigt. Die gesundheitlichen Belastungen bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit seien gleich. Die unterschiedliche Häufigkeit und fehlende Planbarkeit der einmaligen Nachtarbeit rechtfertige keine ungleiche Bezahlung.
Während das Arbeitsgericht Erfurt und das Thüringer Landesarbeitsgericht die Klage noch abgewiesen haben, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 15. November 2023 nun der Revision der Klägerin stattgegeben und den beklagten Arbeitgeber zur Zahlung des höheren Zuschlags verpflichtet. Bereits 2018 entscheid das BAG in einem ähnlich gelagerten Fall, dass es ein Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt, wenn Nachtschichtarbeit und unregelmäßige Nachtarbeit unterschiedlich vergütet werden. Damals erkannte das Bundesarbeitsgericht zwar an, dass Arbeitnehmer oft den subjektiven Eindruck hätten, ihr Körper könne sich an die regelmäßige Nachtarbeitszeit besser anpassen als bei einer unregelmäßigen Nachtarbeit. Dies widerspreche aber objektiven arbeitsmedizinischen Erkenntnissen, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, je regelmäßiger und häufiger sie geleistet werden muss.
(BAG, Urteil vom 15.11.2023 – 10 AZR 163/23; BAG, Urteil vom 21.03.2018 – 10 AZR 34/17)
Markus Würstle
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht