Online-Handel

Umgang mit bezahlten Produktbewertungen

Wenn in die Berechnung der durchschnittlichen Bewertung eines Produktes auf einer Verkaufsplattform bezahlte Bewertungen einfließen, muss der Betreiber des Portals darauf hinweisen. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden.
2. August 2022
Kundenbewertungen sind sehr beliebt und beeinflussen die Kaufentscheidung vieler Verbraucher. Deswegen werden sie häufig auch zum Kauf angeboten. Im vorliegenden Fall bot die Klägerin im Internet die entgeltliche Vermittlung von Kundenrezensionen (sogenannte ERP-Rezensionen) an. Die Kunden der Klägerin sind ausschließlich Händler auf Verkaufsplattformen.
Die Produkte werden dort mit einem Gesamtsternesystem bewertet. Die Beklagte vermittelt zudem ihren Verkaufspartnern gegen Entgelt Kundenrezensionen im Rahmen des sogenannten  Early Reviewer Programms (i.F.: ERP). Dabei handelt es sich um Bewertungen ausländischer Rezensenten gegen Entgelt oder Gutscheine für Produkte, die zuvor auf der dortigen Plattform gekauft wurden. Diese Bewertungen werden auch deutschen Käufern angezeigt und fließen in das Gesamtbewertungsergebnis ein.
Die Klägerin wendet sich gegen die Veröffentlichung von ERP-Rezensionen, wenn diese Teil des Gesamtbewertungsergebnisses werden und nicht darauf hingewiesen wird, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele dieser Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind.
Das Gericht folgte der Auffassung der Klägerin und sieht in dem Verhalten der Beklagten eine unlautere getarnte Werbung.
Die Berücksichtigung von ERP-Rezensionen habe auch geschäftliche Relevanz. Schließlich erhielten die Rezensenten eine kleine Belohnung für die Abfassung der Rezension. Daraus folge zwangsläufig, dass sie bei Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen seien. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass ein nicht geringer Anteil der Teilnehmer an dem Programm sich veranlasst sehe, ein Produkt positiver zu bewerten als dies tatsächlich seiner Meinung entspreche, um weiterhin an dem Programm teilnehmen zu dürfen.
Bereits in der Vergangenheit haben mehrere Gerichte entschieden, dass derjenige, der eine Bewertung ausspricht, in seinem Urteil frei und unabhängig sein muss. Der Verkehr erwartet objektive Bewertungen, die nicht unzulässig beeinflusst wurden. Bezahlte Bewertungen sind zwar nicht generell verboten, es ist jedoch unzulässig und irreführend, wenn auf diesen Umstand nicht ausdrücklich hingewiesen wird.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, 09.Juni 2022 (Az.: 6 U 232/21)

Markus Würstle
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht