Aktuelle Rechtsprechung

Handelsregister: Einträge sind verlässlich

Beim Abschluss von Verträgen können sich die Parteien auf den aktuellen Handelsregistereintrag des Vertragspartners berufen. Dies gilt auch, wenn sie vorab informiert wurden, dass es eine neue eintragungspflichtige Tatsache gibt. Ein “Kennenmüssen” oder eine “grob fahrlässige Unkenntnis” gibt es nicht, so der Bundesgerichtshof.
27. März 2024
Grundsätzlich wird der Rechtsverkehr durch das Handelsregister geschützt und darf sich auf dieses bis zur Eintragung des Widerrufs verlassen. Ist eine bestimmte Tatsache nicht eingetragen, beispielsweise die Abberufung eines Geschäftsführers, darf ein Dritter davon ausgehen, dass diese nicht besteht.
Im speziellen Fall ging es um eine GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, die ein Grundstück an einen Dritten veräußerte. Zuvor war der Geschäftsführer der Gesellschaft als solcher durch Beschluss der Gesellschafter abberufen worden. Das Grundstücksgeschäft erfolgte zwei Tage später.
Der Käufer behauptete, der Notar habe das Fehlen des Gesellschafterbeschlusses über den Verkauf für unschädlich gehalten und erklärte, dass er zwar wusste, dass der Geschäftsführer abberufen worden war, aber er nicht wusste, ob die Abberufung auch richtig ist. Die GmbH wollte daraufhin, dass der Käufer die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung erteilt, da der Kaufvertrag aufgrund fehlender Vertretungsmacht des Geschäftsführers nicht wirksam zustande kam. Die Auflassungsvormerkung dient dem Käufer als Garantie im Grundbuch, dass der Verkäufer die Immobilie nicht noch anderen Interessenten anbietet. Durch diese ist es dem Verkäufer also unmöglich, die Immobilie anderweitig als finanzielle Sicherheit zu nutzen oder sie einem anderen zu verkaufen.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) war der Geschäftsführer zwar tatsächlich nicht mehr befugt, das Grundstück für die Gesellschaft zu verkaufen, weil er zuvor abberufen wurde. Solange er aber im Handelsregister noch als Geschäftsführer eingetragen ist, muss sich ein Dritter auch auf dessen Vertretungsmacht für die Gesellschaft verlassen dürfen. Außer dieser „weiß Bescheid“, hat also positive Kenntnis über dessen Entlassung oder der Missbrauch der Vollmacht drängt sich ihm auf.  
Der Käufer habe, laut BGH, hier über die Umstände nicht weiter nachforschen müssen. Auch wenn er Kenntnis über einen Beschluss der Gesellschaft hatte, ist die wirksame Abberufung hiervon zu trennen, weil ein solcher Beschluss auch bemängelt werden kann. Ein sicheres Wissen über die Abberufung lag nicht vor.
Die Gesellschaft konnte deshalb vom Käufer nicht verlangen, dass er die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung erteilt. Allerdings könnte sich ein Missbrauch der Vertretungsmacht im konkreten Fall aufdrängen. Denn dem Käufer müsse sich in diesen Fällen – ohne gegenteiligen rechtlichen Rat – geradezu aufdrängen, dass der Geschäftsführer hier ohne Vertretungsmacht handele, wenn er keinen Gesellschafterbeschluss hierzu vorlege.
Die Berufung auf die Auskunft des Notars wurde im Prozess bislang nicht nachgewiesen, weshalb der BGH sich mit diesem Punkt nicht weiter auseinandersetzen konnte und die Sache an die Vorinstanz zurückwies.
Die Grundsätze zur Verlässlichkeit auf das Handelsregister hat der BGH in seinem Urteil aber ausgeführt und vorherige Rechtsprechung wiederholt bekräftigt.
BGH, Urteil vom 09.01.2024 - II ZR 220/22
Kristina Hirsemann
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: AGBs, Lebensmittelrecht, Vertragsrecht