Recruiting-Studie

Fünf Fehler, die Unternehmen bei der Azubi-Suche machen

Die Marketing- und Recruiting-Expertin Felicia Ullrich erfragt jährlich in ihrer Studie „Azubi-Recruiting-Trends“, welche Benefits Jugendliche bei der Ausbildungsplatzwahl überzeugen. Dabei werden auch Fehler sichtbar, die Unternehmen typischerweise bei der Azubi-Ansprache machen. Hier die Top Five aus ihrer aktuellen Erhebung.
Autor: Jonathan Kuhn, 8. März 2020

1. Eltern als Influencer vernachlässigen

Eltern legen heute viel Wert darauf, ihre Kinder bei Entscheidungen miteinzubinden. Das erwarten Jugendliche auch von ihrem Arbeitgeber. Andererseits haben Eltern auch heute noch großen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. Allerdings sind sie beim Thema Ausbildung oft genauso unwissend und verunsichert wie ihre Kinder. Trotzdem beziehen nur 30 Prozent der Unternehmen die Eltern beim Recruiting ein, wie die Studie zeigt.

2. Das eigene Unternehmen ist nicht über Google auffindbar

Auch bei Jugendlichen gilt: Wer etwas sucht, sucht über Google. Insbesondere kleine Unternehmen werden allerdings über die organische Suche nur schwer gefunden. Die Lösung: Google-Anzeigen schalten. Diese sind effektiv und lassen sich auch für regionale Zielgruppen gut eingrenzen, beispielsweise wenn Ihr Unternehmen explizit Azubis aus dem Kreis Groß-Gerau sucht. Auch die Möglichkeit, mit einer für die Suchmaschine optimierten Stellenanzeige auf „Google for Jobs“ zu erscheinen, nutzen Firmen häufig nicht. Eine verpasste Chance, findet Felicia Ullrich.

3. Zu viele Forderungen, zu wenig Orientierung in Stellenanzeigen

Nach Google suchen Jugendliche am häufigsten bei der Agentur für Arbeit und in Stellenbörsen nach einem Ausbildungsplatz. Die dort veröffentlichten Stellenanzeigen sind jedoch oft lieblos von der eigenen Webseite kopierte Werbetexte, die nicht auf die Zielgruppe Azubis angepasst sind. Das menschliche Unterbewusstsein fragt immer: „Was ist in dem Angebot für mich drin?“. Diesen „WIIFM“-Faktor (aus dem Englischen: What’s in it for me?) bedienen Unternehmen noch zu wenig. Statt herauszustellen, wie auch der Azubi von der Ausbildung profitiert, stehen häufig die Erwartungen und Voraussetzungen des Arbeitgebers im Vordergrund. Auch die Ausbildungsvergütung versteckt sich zu oft hinter Formulierungen wie »nach Tarif«, die für Jugendliche nicht sofort greifbar sind.

4. Social Media: Dabei sein ist eben doch nicht alles

Grundsätzlich gilt: Zu viele Unternehmen setzen auf soziale Medien, ohne ihre „Hausaufgaben“ gemacht zu haben. Denn ohne einen guten Karrierebereich auf der eigenen Website und gute Stellenanzeigen macht Social Media wenig Sinn. Instagram und Co. taugen dabei nur eingeschränkt für Stellenausschreibungen: Nur fünf Prozent der Azubis geben laut Felicia Ullrich an, über soziale Medien nach einer Ausbildung zu suchen. Ohnehin verstehen junge Menschen Kanäle wie Instagram oder TikTok als Teil ihres Privatlebens und empfinden Recruiting-Versuche als störend. Daher sollten Auftritte in den sozialen Medien vor allem für Employer-Branding, also die Darstellung des eigenen Unternehmens als Arbeitgeber, genutzt werden.

5. Bewerbungs- statt Begeisterungsprozess

„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ – In Bewerbungsgesprächen kommen immer die gleichen bescheuerten Fragen, die wenig zielführend sind, sagt die Recruiting-Expertin: Laut Studie lügen 90 Prozent der Azubis bei der Frage nach den eigenen Stärken. Anstatt ins Gespräch miteinander zu kommen, wird der Bewerber ausgefragt. Im schlimmsten Fall sitzen ihm dabei gleich drei oder mehr Unternehmensvertreter gegenüber, die ihm nicht alle die gleiche Aufmerksamkeit schenken. Typische Bewerberfehler, wie fehlende Vorbereitung oder Ansprache mit falschem Namen, sind auch auf Unternehmensseite häufig zu finden. Wenig überraschend also, dass das Bewerbungsgespräch regelmäßig eines der meistkommentierten Themen in der Studie „Azubi-Recruiting-Trends“ ist.
Felicia Ullrich beschäftigt sich seit 15 Jahren mit den Themen Azubi-Marketing und -Recruiting und ist bundesweit als Dozentin im Einsatz. Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre arbeitete sie in den Marketing-Abteilungen von Coca-Cola und der Deutschen Bank, bevor sie 1998 in die Geschäftsführung des U-Form Verlags wechselte. Als Mitinhaberin des Bewerbungstest-Anbieters „U-form Testsysteme“ initiierte sie 2013 mit „Azubi-Recruiting-Trends“ die größte doppelperspektivische Studie zum Thema Azubi-Recruiting. Die Studie erscheint jährlich und befragt sowohl Azubis als auch Ausbilder und Ausbildungsverantwortliche. www.testsysteme.de/studie