Erfolgreiche Planung, Kommunikation und Unterstützung für Unternehmen und Kommunen

Baustellen sind ein notwendiger Bestandteil der Infrastrukturentwicklung, doch sie bringen Herausforderungen mit sich – insbesondere für Unternehmen. Einschränkungen in der Erreichbarkeit, Lärm, Staub und Kundenrückgänge können erhebliche wirtschaftliche Folgen haben. Ein gut durchdachtes Baustellenmanagement kann helfen, diese negativen Effekte zu minimieren.
Die nachfolgenden Informationen richten sich sowohl an Kommunen und Bauträger, die Baustellen planen und umsetzen, als auch an Unternehmen, die von Baustellen betroffen sind und wissen möchten, wie sie sich vorbereiten und ihre Rechte wahrnehmen können.

1. Erfolgreiches Baustellenmanagement für Kommunen

1.1. Frühzeitige Planung und Koordination

Kommunen und Bauträger müssen Bauprojekte vorausschauend planen, um die Beeinträchtigungen für Unternehmen und Bürger zu minimieren.

Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse

  • Identifizierung der betroffenen Unternehmen und Anwohner
  • Berücksichtigung paralleler Bauprojekte zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen
  • Prüfung von alternativen Bauzeiten (beispielsweise Arbeiten in verkehrsarmen Zeiten)

Klare Koordination der Bauzeiten

  • Abstimmung mit Straßenbauämtern, Versorgungsunternehmen und Stadtwerken
  • Festlegung eines verbindlichen Bauzeitplans
  • Regelmäßige Anpassung und Aktualisierung des Zeitplans

1.2. Kommunikation und Information

Eine transparente und frühzeitige Kommunikation ist entscheidend, um Akzeptanz für Bauvorhaben zu schaffen.

Vor Baubeginn

  • Frühzeitige Einladung zu Informationsveranstaltungen für Unternehmen und Anwohner
  • Erstellung eines Informationsportals mit allen relevanten Details (Zeitraum, Verkehrsänderungen, Ansprechpartner)
  • Persönliche Anschreiben an betroffene Gewerbetreibende

Während der Bauzeit

  • Einrichtung eines Baustellenmanagers als zentralen Ansprechpartner
  • Regelmäßige Updates über Baufortschritte per E-Mail, Website oder soziale Medien
  • Durchführung von Informationsveranstaltungen und Feedbackgesprächen

Wichtige Kommunikationskanäle

  • Stadt- und Gemeindeverwaltungen
  • Industrie- und Handelskammern (IHKs)
  • Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsgesellschaften
  • Lokale Medien und Online-Plattformen

1.3. Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen

Erreichbarkeit sicherstellen

  • Umleitungen klar ausweisen und alternative Parkmöglichkeiten schaffen
  • Baustellenbeschilderung gemeinsam mit Unternehmen abstimmen
  • Lieferverkehr möglichst wenig einschränken

Baustellenmarketing aktiv fördern

  • Baustellenaktionen organisieren (beispielsweise Rabattaktionen oder Events)
  • Gemeinschaftliche Werbekampagnen für betroffene Unternehmen unterstützen
  • „Baustellen-Gutscheine“ oder besondere Serviceleistungen für Kunden anbieten

Finanzielle Entlastung prüfen

  • Förderung von Baustellenmarketing durch kommunale Programme
  • Unterstützung bei Miet- und Steuererleichterungen für betroffene Unternehmen

2. Handlungsempfehlungen für Unternehmen

2.1. Vorbereitung auf die Baustelle

Frühzeitig Informationen einholen

  • An Informationsveranstaltungen der Kommune teilnehmen
  • Prüfen, ob Alternativrouten für Kunden und Lieferanten notwendig sind
  • Mit anderen betroffenen Unternehmen zur Bündelung von Interessen zusammenarbeiten

Betriebsabläufe anpassen

  • Lieferzeiten und -wege optimieren
  • Flexible Öffnungszeiten prüfen
  • Kunden über alternative Zugänge und Parkplätze informieren

2.2. Baustellenmarketing nutzen

Eine Baustelle kann auch als Chance für gezieltes Marketing genutzt werden:

Kreative Ideen für Baustellenmarketing

  • „Baustellen-Rabatte“ oder besondere Aktionen für Kunden
  • Baustellenführungen oder Events für Anwohner und Kunden
  • Digitale Kampagnen und Social-Media-Werbung („Trotz Baustelle für Sie da!“)

Kooperation mit anderen Betrieben

  • Gemeinschaftliches Baustellenmarketing mit benachbarten Unternehmen
  • Gemeinsame Info-Kampagnen und Baustellenzeitungen

3. Anliegerrechte beim Straßenbau

Wenn Unternehmen bei Straßenbauarbeiten Behinderungen oder Umsatzeinbußen erfahren, stellt sich die Frage nach staatlichen Entschädigungen.

3.1 Grundsätze des Eigentumsschutzes nach Artikel 14 Grundgesetz

Der Artikel 14 I 1 Grundgesetz (GG) schützt jedes private Vermögensrecht wie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Wenn Bauarbeiten das Betriebsgrundstück oder -gebäude beschädigen, beispielsweise aufgrund starker Erschütterungen, besteht ein Schadensersatzanspruch. Artikel 14 GG schützt auch den Gewerbebetrieb als solchen, verleiht aber keinen Anspruch auf Umsatz und Gewinn.
Auch der sogenannte "Anliegergebrauch" wird von Artikel 14 GG geschützt. Der Anliegergebrauch besteht u.a. darin, den Betrieb zu Fuß oder mit einem PKW zu erreichen. Wird beispielsweise ein Geschäft wegen Baumaßnahmen endgültig vom Zugang abgeschnitten, kann eine entschädigungspflichtige Enteignung vorliegen.
Die Sozialbindung des Eigentums verlangt es, grundsätzlich Verbesserungen und Veränderungen zum Wohle aller entschädigungslos hinzunehmen. Ein "Sonderopfer" mit Entschädigungsanspruch wird erst dann angenommen, wenn die Beeinträchtigungen rechtswidrig oder unverhältnismäßig sind oder die Folgen der Bauarbeiten im Hinblick auf deren Intensität, Art und Dauer sehr einschneidend sind.
Die Eigentumsposition umfasst nicht den Lagevorteil eines Gewerbebetriebes wie beispielsweise die Kundennähe durch eine Fußgängerzone oder die Erreichbarkeit durch eine Hauptverkehrsstraße. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Urteil vom 30. Juni 2003 (Aktenzeichen 22 U 173/02) entschieden:
Ein Hotel- und Restaurantbetrieb erlitt Umsatzeinbußen, da er nicht mehr - wie früher - direkt an einer Bundesstraße lag, sondern die Zufahrt nur noch über eine Nebenstraße erfolgte. Dieser Lagevorteil ist von Anfang an mit dem Risiko der jederzeitigen Änderung behaftet, so dass im Falle einer Verschlechterung kein entschädigungspflichtiges Sonderopfer anzunehmen ist. Ein eigentumsrechtlicher Schutz greift in diesen Fällen nur ein, wenn die örtlichen Besonderheiten für das jeweilige Gewerbe unverzichtbar sind.

Wann liegt ein Sonderopfer vor?

Die Rechtsprechung hat bislang keine festen Grenzen für noch vertretbare Umsatzeinbrüche festgelegt. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Als Maßstab dient der gesunde Betrieb, der im Laufe der Jahre Rücklagen für derartige Vorkommnisse gebildet hat. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Betrieb schon zuvor nicht mehr wirtschaftlich gesund war, wenn sich bereits kurz nach Beginn der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen wirtschaftliche Schwierigkeiten ergeben.

Einige grundsätzliche Urteile zur Frage des Sonderopfers bieten einen ersten Überblick:

  • Verkehrsbehinderungen durch Straßenarbeiten sind nur dann entschädigungslos hinzunehmen, wenn sie nach Art und Dauer nicht über das hinausgehen, was bei ordnungsgemäßer Planung und Durchführung der Arbeiten mit möglichen und zumutbaren Mitteln in sachlicher und personeller Art notwendig ist. Bei einer nicht unerheblichen Überschreitung dieser Grenze besteht ein Anspruch auf Entschädigung wegen rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriffs: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 6.November 1997 Aktenzeichen III ZR 198/96.
  • Bei ordnungsgemäß durchgeführten Bauarbeiten kann die Grenze von der entschädigungslos hinzunehmenden Sozialbindung des Anlieger-Eigentums zum entschädigungspflichtigen enteignenden Eingriff überschritten werden, wenn die Arbeiten nach Art und Dauer sich besonders einschneidend, gar Existenz bedrohend, auf den Anliegergewerbebetrieb ausgewirkt haben: BGH, Beschluss vom 27. November 1986, Aktenzeichen III ZR 245/85).
  • Wenn der Zugang zum Ladenlokal durch Bauarbeiten erheblich erschwert ist, muss es jeder Anlieger hinnehmen, dass die Straße entsprechend den örtlichen Bedürfnissen erneuert und umgestaltet wird: Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 18. November 1997 , Aktenzeichen 24 U 261/96.
  • Aus dem Fernstraßengesetz lässt sich kein Entschädigungsanspruch für Umsatzeinbußen ableiten, die aus der Verlagerung von Verkehrsströmen als Folge einer Veränderung des Wegenetzes herrühren: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 21.Oktober 2003, Aktenzeichen 24 U 261/96.
  • Bauarbeiten an Straßen können rechtswidrig sein, wenn die Arbeiten nach Art und/oder Dauer über das jenige hinausgehen, was bei ordnungsgemäßer Planung und Durchführung mit zumutbaren Mitteln möglich gewesen wäre. Die Vollsperrung einer Bundesstraße über einen Zeitraum von 17 Monaten war unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig, weil in nennenswertem Umfang mit Straßenbauarbeiten erst lange nach der Vollsperrung begonnen wurde und weil ein Anliegerverkehr wegen der fortbestehenden Befahrbarkeit der Straße möglich gewesen wäre: Brandenburgisches OLG, Urteil vom 10. Februar 1998, Aktenzeichen 2 U 193/96).
  • Der Mieter eines Geschäftslokals ist nicht deshalb zur Kündigung des Mietvertrages berechtigt, weil die Zugänglichkeit seines Betriebes durch Straßenbauarbeiten beeinträchtigt wird. Diese Beeinträchtigung stellt keinen Mangel der Mietsache dar, denn das Risiko, dass sich auf Grund welcher Umstände auch immer die Kunden verlaufen, trägt alleine der Mieter (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. November 1997, Aktenzeichen 24 U 261/96).

3.2 Vorgehen der Behörden

Die Behörden sind verpflichtet, bei Baumaßnahmen das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren. Alle Tätigkeiten sind daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind. Unter mehreren geeigneten Baumaßnahmen ist diejenige auszuwählen, die den einzelnen Gewerbetreibenden und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Baumaßnahmen müssen unterbleiben, wenn die zu erwartenden Nachteile für den Betroffenen außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen.
  • Überflüssige Verzögerungen sind durch sorgsame Planung und zügige Durchführung der Maßnahmen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 6. November 1997, Aktenzeichen III ZR 198/ 96). Wo immer es den Behörden mit wenig Aufwand möglich ist, Beeinträchtigungen zu vermeiden oder zu verkleinern, müssen die entsprechenden Schritte unternommen werden. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass Bauarbeiten an einer Fußgängerzone nicht flächendeckend, sondern in kleineren Einheiten durchzuführen sind, wenn dadurch der Zugang zu Ladengeschäften besser gewährleistet wird.
  • Grundsätzlich ist es Sache des Betroffenen, darzulegen und zu beweisen, dass die angegriffene Baumaßnahme unverhältnismäßig ist. Dies zwingt den Anlieger jedoch nicht dazu, ständig die Baustelle vor dem eigenen Grundstück zu beobachten und eine Aufstellung des zeitlichen Ablaufs der Bauarbeiten vorzulegen (BGH, Urteil vom 6. November 1997, Aktenzeichen III ZR 198/ 96).
  • Ist der von der Behörde für die Bauarbeiten veranschlagte Zeitplan wesentlich überschritten worden, so gilt dies als Indiz dafür, dass die Arbeiten unverhältnismäßig lange gedauert haben. Hier kehrt sich die Darlegungs- und Beweislast um: Die Behörde steht in der Pflicht darzulegen, welche Ursachen zur Verzögerung geführt haben.
  • Die Behörden sollten betroffene Anlieger frühzeitig von den Plänen informieren und auch die beabsichtigten Baumaßnahmen zeitlich und örtlich präzisieren. Eine Pflicht der Straßenbaubehörde, vor Beginn von Straßenbauarbeiten mit Verkehrsbeschränkungen die betroffenen Anlieger anzuhören und auf ihre Belange bei ihren Plänen Rücksicht zu nehmen, gilt nur bei umfangreichen Arbeiten wie etwa beim U-Bahn-Bau, nicht aber bei Kanal- und Rohrverlegungsarbeiten, durch die der Straßenverkehr lediglich eingeschränkt wird und die Behinderungsdauer kurz ist. In diesen Fällen reicht eine Ankündigung der Arbeiten in der örtlichen Presse (OLG Koblenz, Urteil vom 7. Juni 2000, Aktenzeichen 1 U 964/ 97).

3.3 Zahlung einer Entschädigung

Die Höhe einer Entschädigung erreicht nicht die Summe, die als Schadenersatz zu leisten wäre. Mit der Zahlung einer Entschädigung soll nur ein angemessener Ausgleich geschaffen werden.
  • Handelt es sich um einen vorübergehenden Eingriff in den Gewerbebetrieb, ist die Minderung der durchschnittlichen Erträge zu Grunde zu legen. Die Obergrenze der Entschädigungsleistung stellt der Wert des Betriebes dar. Gewinnaussichten, Hoffnungen, Chancen oder Erwerbsmöglichkeiten sind nicht zu berücksichtigen. Andererseits ist ein Vorteil, den der Betrieb nach Abschluss der Baumaßnahmen haben kann (beispielsweise bessere Erreichbarkeit) nur dann zu berücksichtigen, wenn gerade dieser Betrieb und nicht auch andere Unternehmen von dem Vorteil profitieren.
  • Ein Anspruch auf Entschädigung scheidet aus, wenn der Betroffene es schuldhaft unterlassen hat, einen Eingriff in seinen Gewerbebetrieb mit den zulässigen Rechtsmitteln abzuwehren (OLG Hamm, Urteil vom 30.6.2003, Aktenzeichen 22 U 173/ 02). So verliert ein betroffener Straßenanlieger jeglichen Anspruch auf Entschädigung und möglichen Schadensersatz, wenn er es unterlassen hat, Rechtsmittel gegen die Sperrung einer Straße einzulegen (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 10.2.1998, Aktenzeichen 2 U 193/ 96).
  • Aus dem Grundsatz der Sozialbindung des Eigentums ergibt sich, dass Gewerbebetriebe bis zu einer gewissen Grenze entschädigungslos hinnehmen müssen, wenn der Zugang zum Geschäft oder Grundstück beeinträchtigt oder erschwert wird. Wird beispielsweise die Straße saniert oder neu gepflastert, dient dies der Verbesserung und Modernisierung des Straßenbildes. Auch wenn während der Bauzeit nur Fußgänger ein Ladenlokal erreichen können, Stellplätze wegfallen, Einbahnstraßenregelungen geschaffen werden, Umwege notwendig sind oder Bauzäune die Nutzung der Schaufenster unmöglich machen, kann keine Entschädigung für Umsatzrückgänge gefordert werden.
  • Das Hessische Straßengesetz (HSTrG) sieht unter bestimmten Umständen eine Entschädigung vor, wenn die wirtschaftliche Existenz eines anliegenden Betriebes gefährdet ist (22 Absatz 2 HStrG)
  • Unter sehr engen Voraussetzungen (beispielsweise eine Minderung des "Rohertrages" eines Grundstücks um mindestens 50 Prozent) kann auch ein teilweiser Erlass der Grundsteuer nach Paragraf 33 Grundsteuergesetz in Frage kommen.
Die IHK Darmstadt setzt sich dafür ein, dass die notwendigen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur konsequent und zügig vorgenommen werden. Dies gilt zum einen für die großräumigen Verkehrsverbindungen. In die überregionale Verkehrspolitik beteiligen sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) an der Planung der transeuropäischen Netze und Bundesverkehrswege. Zum anderen sind die IHKs auf regionaler Ebene präsent, so zum Beispiel, wenn eine städtische Straße gebaut oder geändert werden soll. Die IHK Darmstadt spricht auch mit, wenn City-Sperrungen oder andere Maßnahmen geplant werden, die den städtischen Verkehr unangemessen beschränken.