Krisenfest und zukunftsbereit? Resilienz und Innovationsfähigkeit der Metropolregion Rhein-Neckar

Die Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) kommt zu dem Ergebnis, dass die MRN im Vergleich zu anderen deutschen Metropolregionen beim Thema Resilienz bei den Indikatoren Stabilität und Diversität solide abschneidet, bei der Innovativität aber Nachholbedarf aufweist.
Als „Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und als die Fähigkeit, dynamisch mit strukturellen Herausforderungen umzugehen“, definiert die Studie, die IW Consult (Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH) im Auftrag der IHK Metropolregion Rhein-Neckar erstellt hat, die Resilienz einer Region. Stabilität, wirtschaftsstrukturelle Diversität und Innovativität wurden als Indikatoren für Resilienz identifiziert. Diese drei Indikatoren wurden aus insgesamt 13 Faktoren gebildet. Verglichen wurde die MRN in jedem Bereich mit dem „Klassenbesten“, also der besten Metropolregion in Deutschland. Die Studie verdeutlicht anhand verschiedener Szenarien für das Jahr 2030 den Handlungsbedarf und gibt Handlungsempfehlungen, wie die MRN zur Spitze der deutschen Metropolregionen aufschließen kann.

Die wichtigsten Ergebnisse

Stabilität

Zu den Stärken in puncto Stabilität zählt die gute Verkehrsinfrastruktur, die jedoch einige neuralgische Probleme aufweist wie die Rheinquerungen. Hinzu kommt ein flächendeckender Zugang zu Hochschulen und kurze Wege zwischen den Schlüsselakteuren Wirtschaft, Wissenschaft, Verbände und Politik. Auf der Negativseite stehen zum Beispiel ein deutliches Leistungsgefälle zwischen MRN-Teilregionen, eine teils hohe kommunale Verschuldung und ein zerfasertes Image.

Diversität

Die recht ausgewogene Größendiversität - also die Mischung aus großen, mittleren und kleinen Unternehmen – gehört zu den Stärken. Weniger ausgeprägt zeigt sich die Branchendiversität, was auf eine gewisse Schwäche hinweist.

Innovativität

Bei der Innovativität eröffnet sich das größte Verbesserungspotenzial. Zwar gibt es im Vergleich mit der besten Metropolregion verhältnismäßig viele FuE-Beschäftigte und wissenschaftliche MINT-Institute, doch lassen sich diese Stärken noch nicht in ebenso deutliche Innovativitätsvorteile ummünzen. So kommt beispielsweise die weltweit herausragende Bedeutung des Wissenschaftsstandortes Heidelberg in der Grundlagenforschung in den Unternehmen der Region noch immer wenig zum Tragen.
Zudem verlagern Großunternehmen ihre Aktivitäten in Forschung und Entwicklung zunehmend in andere Regionen, und die regionale Steuerung von Innovationen weist Effizienzdefizite auf.

Handlungsoptionen

Die Studie hat acht strategische Handlungsfelder identifiziert, in denen gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz führen. Für den Indikator Stabilität sind dies unter anderem Erhaltung und Ausbau der Infrastruktur – also Verkehrsinfrastruktur, digitale Infrastruktur und Energienetze –, außerdem die MINT-Bildung und das Image der MRN. Konkret könnten zum Beispiel die 5G-Versorgung verbessert und vermehrt interkommunale Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Internationale Fachkräfte könnten mit innovativen Angeboten wie Schnupperjahren und Verwaltungsvereinfachungen wie zentralen Verfahren zur Fachkräfteeinwanderung angezogen werden.
Zur Erhöhung der wirtschaftsstrukturellen Diversität sollte die Region auf die Ansiedlung von Unternehmen aus attraktiven Zukunftsbranchen setzen und Zukunftstechnologien etablieren. So bilden die Kliniken in der Region beispielsweise einen guten Nährboden für die Entwicklung von Unternehmen aus der Medizintechnik. Zudem sollte die MRN verstärkt mit den umliegenden High-Tech-Standorten Darmstadt, Karlsruhe und Kaiserslautern kooperieren.
Zum dringend nötigen Ausbau der Innovativität muss die Steuerung des regionalen Innovationssystems optimiert werden. Hier gilt es einen Raum zu schaffen, in dem Wissen generiert werden und Ideen gedeihen können mit dem Ziel, daraus Geschäftsmodelle und Produkte zu entwickeln. Die Kooperationen zwischen den diversen Akteuren in der MRN müssen intensiviert werden. Konkrete Maßnahmen könnten etwa „Fast-Track-Genehmigungen“ für Technologieunternehmen, die Schaffung von Reallaboren oder eines Innovationsfonds sein, der von der MRN initiiert werden und private Mittel aus der Zivilgesellschaft oder von privaten Investoren akquirieren könnte.

Methodik

Für die Studie hat IW Consult (Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH) die MRN in verschiedenen Kategorien mit den führenden Metropolregionen verglichen. Zusätzlich haben die Verfasser statistische Daten ausgewertet, eine detaillierte, repräsentative Umfrage unter den Unternehmen der Metropolregion Rhein-Neckar durchgeführt und zur weiteren Einordnung ausführliche Experteninterviews geführt.
Außerdem wurden die befragten Unternehmen gebeten, ihre Reaktionen auf ein Normal-, ein Negativ- und ein Positiv-Szenario im Jahr 2030 zu skizzieren, also wie sich solche Szenarien auf Bruttowertschöpfung und Beschäftigung auswirken. Prämisse war, dass sich die Rahmenbedingungen bis dahin nicht verändern. Schon im Normalszenario gehen die Unternehmen im Schnitt von einem Umsatzrückgang von 6,6 Prozentpunkten aus, was 4,3 Prozentpunkte weniger Bruttowertschöpfung und 5,1 Prozentpunkte weniger Beschäftigung bedeuten würde.
Die gesamte Studie steht unter www.ihk.de/pfalz/mrn-resilienzstudie zur Verfügung.
Die IHKs Rhein-Neckar, Pfalz, Darmstadt Rhein-Main-Neckar und Rheinhessen vertreten in der Metropolregion Rhein-Neckar gemeinsam die Interessen von rund 160.000 Unternehmen.