Pflichten

Rechnungs- und Offenlegungspflichten

Kaufleuten haben nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten.

Einführung

Unabhängig von der Rechtsform sind sämtliche Unternehmen zur Rechnungs- und Offenlegung nach dem ersten Abschnitt des Publizitätsgesetzes verpflichtet, wenn in drei aufeinanderfolgenden Jahren mindestens zwei der nachstehend genannten drei Größenmerkmale bzw. Schwellenwerte überschritten werden:
  • Bilanzsumme in der Jahresbilanz von mehr als 65 Millionen Euro;
  • Umsatzerlöse von mehr als 130 Millionen Euro in den letzten zwölf Monaten;
  • Durchschnittlich mehr als 5.000 Arbeitnehmer in den letztenzwölf Monaten beschäftigt waren.
Daneben sind ebenfalls unabhängig von der Rechtsform und Größe Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen offenlegungspflichtig.
Besonders strenge Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten treffen Kapitalgesellschaften (Paragrafen 264 bis 335 HGB) sowie diesen gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften. Dies sind gemäß Paragraf 264a HGB die OHG und die KG, wenn bei ihnen nicht mindestens eine natürliche Person Vollhafter ist.
 Die Pflichten richten sich nach der Größe der jeweiligen Kapitalgesellschaft. Maßgeblich für die Eingruppierung in der nachfolgenden Tabelle sind die in der mittleren Spalte dargestellten Größenmerkmale. Sie dürfen in der jeweiligen Klassifikation (erste Spalte der Tabelle) an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht überschritten werden, ansonsten gelten die Vorschriften der nächstgrößeren Klassifikation.
Klassifikation Größenmerkmale Pflichten
Kleinstkapitalgesellschaften
  • bis 350.000,00 Euro Bilanzsumme
  • bis 700.000,00 Euro Jahresumsatz
  • bis 10 Arbeitnehmer
Wahlweise folgende Erleichterungen:
  • Hinterlegung beim Unternehmensregister statt Offenlegung der Bilanz beim Bundesanzeiger
  • Verkürzte Form der Bilanz (Paragraf 266 Absatz 1 HGB)
  • GuV nach vereinfachtem Gliederungsschema (Paragraf 275 Absatz 5 HGB)
  • Befreiung von der Pflicht eines Anhangs. Dann aber erweiterte Angaben in Bilanz (Paragraf 264 Absatz 1 HGB).
Kleine Kapitalgesellschaften
  • bis 6.000.000,00 Euro
  • Bilanzsumme
  • bis 12.000.000,00 Euro Jahresumsatz
  • bis 50 Arbeitnehmer
Offenlegung von Bilanz und Anhang innerhalb von zwölf Monaten. Der Anhang muss die die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) betreffenden Angaben nicht enthalten (Paragrafen 276, 275 HGB)
Keine Prüfungspflicht
Mittelgroße
Kapitalgesellschaften
  • bis 20.000.000,00 Euro Bilanzsumme
  • bis 40.000.000,00 Euro Jahresumsatz
  • bis 250 Arbeitnehmer
Offenlegung des Jahresabschlusses, des Anhangs (jeweils in gekürzter Form), des Lageberichts, des Berichts des Aufsichtsrats, die nach Paragraf 161 Aktiengesetz (AktG) vorgeschriebene Erklärung und ggfls. des Gewinnverwendungsvorschlags und -beschlusses innerhalb von zwölf Monaten.
Prüfungspflicht für Jahresabschluss und Lagebericht durch vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer.
Große Kapitalgesellschaften
Offenlegung des Jahresabschlusses, des Anhangs, des Lageberichts, des Berichts des Aufsichtsrats, die nach Paragraf 161 des AktG vorgeschriebene Erklärung und ggfls. des Gewinnverwendungsvorschlags und -beschlusses innerhalb von zwölf Monaten.
Prüfungspflicht für Jahresabschluss und Lagebericht durch Wirtschaftsprüfer.
Genossenschaften
Kreditinstitute
Pensionsfonds
Versicherungen
Investmentgesellschaften
Beteiligungsgesellschaften
Unternehmen, die am geregelten Markt teilnimmen
unabhängig von der Größe
keine Hinterlegungsoption im Bundesanzeiger
müssen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen
Bei deutschen Zweigniederlassungen einer ausländischen Hauptniederlassung (nach Paragraf 325a oder Paragraf 340 HGB) gelten die Rechtsvorschriften mit den entsprechenden Schwellenwerten im EU-Staat der Hauptniederlassung.
Unterstützung bei der Frage, in welcher Form Sie Ihren Jahresabschluss offenlegen müssen, gibt Ihnen der Bilanz-Navigator des Bundesanzeigers.

Rechnungslegung

Alle Kaufleute haben für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis ihres Vermögens und ihrer Schulden darstellenden Abschluss sowie eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (GuV) aufzustellen. Diese gesetzlich vorgeschriebene Rechnungslegung wird auch als Jahresabschluss bezeichnet. Der Jahresabschluss setzt sich aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zusammen. Bei Kapitalgesellschaften umfasst der Jahresabschluss zusätzlich den sogenannte Anhang (Ausnahme: Kleinstkapitalgesellschaften), außerdem gelten strengere inhaltliche Anforderungen an die Rechnungslegung.
  1. Bilanz
    Die Bilanz stellt zum Ende eines jeden Geschäftsjahres das momentane Verhältnis zwischen Vermögenswerten und Schulden dar. Vom Aufbau her befindet sich auf der linken Seite (Aktivseite) der Bilanz das Vermögen, auf der rechten Seite (Passivseite), wird dargestellt mit welchen Mitteln das Vermögen auf der Aktivseite finanziert wird. Die Bilanz muss ausgeglichen sein, Aktiva und Passiva müssen saldiert Null ergeben.
  2. Gewinn- und Verlustrechnung
    Die Gewinn- und Verlustrechnung ist die für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres aufzustellende Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen des Geschäftsjahres, die zur Ermittlung des Jahresergebnisses dient.
  3. Anhang und Lagebericht
    Bei den Kapitalgesellschaften, insbesondere also der GmbH und der Aktiengesellschaft, sowie bei den Personenhandelsgesellschaften, die keine persönlich haftenden Gesellschafter haben, hier vor allem die GmbH & Co KG, ist die Bilanz um einen Anhang zu erweitern. Bei Kapitalgesellschaften wird erst durch die Angaben im Anhang ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage möglich.
Zudem muss bei großen und mittleren Kapitalgesellschaften ein Lagebericht erstellt werden, der zusätzliche Informationen zu Geschäftsverlauf und Lage der Kapitalgesellschaft enthält. Im Gegensatz zum Anhang gehört der Lagebericht technisch nicht zum Jahresabschluss. Aus dem Lagebericht soll insbesondere die zukünftige Entwicklung unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken des Unternehmens entnommen werden können.

Konzernabschluss

Als Konzern bezeichnet man jede Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen (sog Konzernunternehmen) unter einheitlicher Leitung. Diese Definition gilt sowohl für den Unterordnungskonzern (Paragraf 18 Absatz 1), bei dem es ein „herrschendes“ Unternehmen gibt als auch für den Gleichordnungskonzern (Paragraf 18 Absatz 2), bei dem es kein „herrschendes“ Unternehmen gibt.
Da die wirtschaftliche Einheit Konzern in Bezug auf den Konzernabschluss wie ein rechtlich einheitliches Unternehmen anzusehen ist, werden durch den Konzernabschluss grundsätzlich die gleichen Ziele verfolgt wie durch den Jahresabschluss. Er soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln.
Der Konzernabschluss besteht aus Konzernbilanz, Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung (Konzern-GuV), Konzernanhang (konsolidierter Abschluss) und Kapitalflussrechnung (Bestandteil des Anhangs).
Ferner müssen der Konzernabschluss sowie der Konzernlagebericht im Einklang mit der Konzernabschlussrichtlinie (83/349/EWG) und der Prüferrichtlinie (84/253/EWG) der EU aufgestellt, geprüft und offengelegt sein. Die offen zu legenden Unterlagen müssen in deutscher Sprache eingereicht werden. Auf die Befreiung der Personenhandelsgesellschaft muss im Anhang des Konzernabschlusses hingewiesen werden.

Prüfung der Jahresabschlüsse

Der Jahresabschluss und der Lagebericht der mittleren und großen Kapitalgesellschaften (siehe Tabelle unter Ziffer 1) sowie Personengesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter unterliegen einer Prüfungspflicht durch einen externen Abschlussprüfer.
Hat eine Prüfung nicht stattgefunden, so kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden. Der Abschlussprüfer soll jeweils vor Ablauf des Geschäftsjahres gewählt werden, auf das sich seine Prüfungstätigkeit erstreckt.
Der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht sind bei großen Konzernen stets durch einen externen Abschlussprüfer zu prüfen. Zugelassen sind nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.

Offenlegung

Der Begriff Offenlegungspflicht bezeichnet die für bestimmte Unternehmen vorgesehene Veröffentlichung von Jahresabschlüssen inklusive Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung.
Hintergrund der Offenlegungspflicht ist die Verknüpfung der Haftungsbeschränkung und Publizität. Durch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Unternehmensergebnisse, kann jeder Interessierte sich von der Solvenz des Unternehmens überzeugen, was die Sicherheit des Handelsverkehrs verbessert.
Der Umfang der Offenlegungspflicht ergibt sich aus oben dargestellten Tabelle.

Wo sind die Jahresabschlüsse einzureichen?

Die offenlegungspflichtigen Unterlagen sind beim Betreiber des Bundesanzeigers in elektronischer Form einzureichen. Der Bundesanzeiger informiert auf seinen Internetseiten umfassend über sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Einreichung.

Sanktionen

Über die Einhaltung der Veröffentlichungspflicht im Bundesanzeiger wacht das Bundesamt für Justiz. Wer die Offenlegungsfristen versäumt, muss mit der Einleitung eines Ordnungsgeldverfahrens rechnen. Das Ordnungsgeld beträgt mindestens 2.500 und höchstens 25.000 Euro. Unter der Bedingung, dass die Offenlegung nachgeholt wird, kann das Mindestordnungsgeld seit 2013 für kleinste Kapitalgesellschaften auf 500 Euro beziehungsweise für kleine Kapitalgesellschaften auf 1.000 Euro herabgesetzt werden. Bei Einreichung der Unterlagen nach Androhung des Ordnungsgeldes innerhalb von sechs Wochen kann die Zahlungsverpflichtung insgesamt abgewendet werden. War ein Unternehmer schuldlos daran gehindert, seine Bilanzen rechtzeitig vorzulegen, besteht die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Gegen die Festsetzung des Ordnungsgelds ist der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde möglich; zuständig ist ausschließlich das Landgericht Bonn.
Stand: April 2023