Experteninterviews und Praxisbeispiele

Konfliktbeispiele

Experten erläutern anhand konkreter Beispiele aus der Praxis, wie sich Mediation sinnvoll einsetzen lässt.
Durch ungelöste Konflikte entstehen Unternehmen jährlich Konfliktkosten von durchschnittlich 20 Prozent ihrer Personalkosten. Diese indirekten Kosten entstehen durch Reibungsverluste in Arbeitsprozessen, Fluktuation, Krankheit und Fehlzeiten und durch schädigendes Verhalten der Mitarbeiter. Dabei können Unternehmen hier bereits mit einfachen Mitteln gegensteuern. 

So wirken Sie Konfliktkosten entgegen

Die wichtigste Regel lautet: Gehen Sie Konflikte in Ihrem Unternehmen aktiv an! Konflikte gehören zum Arbeitsleben dazu und können sinnvoll genutzt werden, um Prozesse zu verbessern und die Zusammenarbeit zu stärken. Es gibt eine Reihe von außergerichtlichen Verfahren, durch die Konflikte schnell und effizient gelöst werden können und so den Unternehmenserfolg nachhaltig steigern. Innerhalb von Unternehmen haben sich insbesondere die Mediation, moderierte Teamgespräche, und Coachings bewährt.
Wir unterstützen Sie dabei, die für Ihren Konflikt sinnvolle Konfliktlösungsmethode zu identifizieren und helfen Ihnen bei der Auswahl geeigneter Experten, um Konflikte in Ihrem Unternehmen beizulegen.

Konfliktfalle Unternehmensnachfolge

Sie haben kürzlich von Ihrem Vorgänger ein Unternehmen übernommen und wollen dieses nun an die künftigen Anforderungen anpassen. Doch Ihr Vorgänger, der zwar weiterhin seine Expertise und Kundenkontakte für das Unternehmen einsetzen soll, zieht sich nicht aus den geschäftspolitischen Entscheidungen zurück, sondern mischt sich nach wie vor in alle Weichenstellungen für die Zukunft ein. Zudem greift er in die Geschäftsabläufe ein, indem er noch immer den Mitarbeitern sagt, was sie zu tun und zu lassen haben.

Die Folgen

  • Für die Mitarbeiter: Die Mitarbeiter sind unsicher, denn sie wissen nicht, wohin es jetzt geht und auf wen sie hören müssen. Dringt der Konflikt nach außen, kann das unter Umständen neue Aufträge gefährden.
  • Für das Unternehmen: Es kann zu Problemen und Verzögerungen in der Produktion oder Erbringung der Dienstleistung entstehen.
  • Für Sie persönlich: Sie sind ständig zeitlich gebunden, da Sie mit dem Vorgänger diskutieren und die entstehenden Konflikte lösen müssen.

Dem Konflikt vorbeugen

Planen Sie den Übergang möglichst langfristig. Passen Sie die Satzungen und Verträge Ihres Unternehmens rechtzeitig an und legen Sie die neuen Zuständigkeiten dort eindeutig fest. Es ist wichtig, dass alle organisatorischen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen geregelt sind. Idealerweise ist für Ihren Vorgänger eine „Ausstiegs-Planung“ vereinbart. 

Den Konflikt lösen

  • Sprechen Sie sprechen das Thema an und vereinbaren klare Spielregeln, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen.
  • Falls der Übernahme-Vertrag Lücken oder Unklarheiten zur Übergabe und Rückzug des Vorgängers aufweist, sollten Sie diese mithilfe eines Rechtsanwaltes klären und formulieren lassen. Dabei sind fest formulierte Meilensteine und Kompetenzen sowie ein endgültiger Ausstiegstermin wichtig.
  • Falls es zum Streit kommt, könnten Sie einen neutralen Vermittler einschalten. Die Mediationsstelle der IHK Darmstadt unterstützt Sie bei der Auswahl eines Mediators sowie bei der Durchführung des Verfahrens. 
  • Für die erste Zeit könnten Sie sich von einem Coach begleiten lassen, der Sie bei der Kommunikation und der Führung des Unternehmens unterstützt. Kontakte zu professionellen Beratern vermittelt Ihnen die IHK Darmstadt. 
  • Sie können Ihrem Vorgänger anbieten, zusammen mit einem Berater / Coach die neuen zukunftsbezogenen Bedürfnisse, Ziele und Betätigungsmöglichkeiten für die kommenden Jahre des „Ruhestandes“ zu formulieren. Kontakte zu professionellen Beratern vermittelt Ihnen ebenfalls die IHK Darmstadt.
  • Sie könnten zur Unterstützung einen Beirat in Ihrem Unternehmen einrichten.

Konfliktfalle Mobbing

So erkennen Sie Mobbing

Wenn Sie feindselige Verhaltensweisen unter Kolleginnen und Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern beobachten, kann dies ein Anzeichen für Mobbing sein. Die Situation ist insbesondere gekennzeichnet durch Drangsalieren, Schikanieren, gezieltem Benachteiligen von Kolleginnen und Kollegen. Wer gemobbt wird, fühlt sich diskriminiert und erlebt extremen psychischen Druck. Mobbing ist ein gezielter Angriff auf die Person und ihr soziales Ansehen (beispielsweise Gerüchte verbreiten; vor Anderen demütigen; lächerlich machen; Schwächen ausnutzen oder Menschen bloßstellen; sexuelle Andeutungen oder Annäherungen; Kritik am Privatleben), auf die sozialen Beziehungen und die Kommunikation (Kontakt verweigern; von Gesprächen ausschließen; ständig unterbrechen; laut anschreien; Informationen vorenthalten; abwertende Gestik/Mimik und Ähnliches) sowie auf die Qualität der Arbeit (Leistungen unterbewerten; Zuständigkeiten entziehen; sinnlose und kränkende Aufgaben zuteilen und Ähnliches) Von Mobbing spricht man dann, wenn solche Situationen nicht Einzelfälle bleiben, sondern sich dahinter ein Verhaltensmuster verbirgt, das die systematische Ausgrenzung und Erniedrigung eines anderen Menschen zum Ziel hat. 

Die Folgen

  • Für die Mitarbeiter: In vielen Fällen ziehen sich betroffene Mitarbeiter zurück, sie kündigen „innerlich“, haben Angst vor Entscheidungen oder machen nur noch "Dienst nach Vorschrift". Häufig wirkt sich die Situation auf die Betroffenen sowohl seelisch als auch körperlich aus. Mobbing-Opfer neigen eher zu Alkohol- oder Drogenmissbrauch und sind häufiger krank als andere Mitarbeiter.
  • Für das Unternehmen: Durch den erhöhten Krankenstand und die Unproduktivität entstehen dem Unternehmen hohe Kosten. Darüber hinaus drohen die Qualität der Leistungen / Produkte zu leiden und das Fehlerrisiko zu steigen, was irgendwann auch vom Kunden bemerkt wird. Mobbing schlägt sich auch auf das Betriebsklima insgesamt negativ nieder. Als  Unternehmen sind Sie außerdem einem gewissen Prozessrisiko ausgesetzt,  falls beispielsweise auf Schmerzensgeld geklagt wird. Darüber hinaus zählen soziale Folgekosten, wie Steigerungen von Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen, zu den gesamtwirtschaftlichen Kosten des Mobbing-Phänomens. Der jährliche volkswirtschaftliche Schaden in Deutschland wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.

Ihre Pflichten als Arbeitgeber

  • Der Arbeitnehmer hat ein Beschwerderecht und Anspruch darauf, dass Abhilfe geschaffen wird.
  • Der Arbeitgeber hat die sogenannte Fürsorgepflicht. Das bedeutet er muss auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Er muss den Arbeitnehmer insbesondere vor Gesundheitsgefahren schützen und Maßnahmen unterlassen, die das Fortkommen des Arbeitnehmers beeinträchtigen könnten. Eine wichtige Rolle spielt hier auch das grundrechtgeschützte Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, insbesondere die Gleichbehandlungspflicht, die auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt ist.
  • Arbeitgeber und Führungskraft müssen Beschwerden von Betroffenen ernst nehmen. Gegebenenfalls sind Beweise zu erheben, indem Betroffene und Zeugen angehört werden. Ferner sind der Personalrat, die Frauenvertretung, der Mobbingbeauftragte, Personalmitarbeiter oder sogar eine außerbetriebliche Schlichtungsstelle einzuschalten. Das LAG Thüringen hat in mehreren Urteilen entschieden, dass der Arbeitgeber als Verantwortlicher auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn er es unterlässt, Maßnahmen zu ergreifen oder seinen Betrieb so zu organisieren, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ausgeschlossen wird. (LAG Thüringen, 15.02.2001 Az.: 5 Sa 102/2000)

Dem Konflikt vorbeugen

  • Schulen Sie Ihre Führungskräfte und Mitarbeiter, wie man Mobbing erkennt und verhindert und wie man in Mobbing-Fällen vorgehen soll.
  • Schulen Sie Ihre Führungskräfte hinsichtlich Mitarbeiterführung, Motivation und Kommunikation mit Konfliktmanagement. Zum Teil erfordert das eine Veränderung der bestehenden Organisationsstruktur, um einen demokratischen Führungsstil, weniger starre Hierarchien und transparente Entscheidungspolitik zu etablieren.
  • Häufig werden über Mobbing Überforderungen und Konflikte „bewältigt". Daher sollten Überforderungen der Mitarbeiter, die insbesondere durch höheres Arbeitstempo, höhere Verantwortung und Anforderungen sowie Personaleinsparungen entstehen können, vermieden werden.
  • Richten Sie – vielleicht in Zusammenarbeit mit einem Anwalt, einem Mediator oder der Mediationsstelle der IHK - eine anonyme Beschwerdestelle ein.

Den Konflikt lösen

  • Empfehlen Sie dem gemobbten Mitarbeiter, ein Mobbing-Tagebuch zu führen, in dem alle Vorfälle nach Ort, Datum, Zeit und Inhalt der Mobbingaktivität genau protokolliert werden. Nur so können für eine Aussprache, Abmahnung des Mobbers oder eine gerichtliche Auseinandersetzung die geschehenen Angriffe glaubhaft gemacht werden.
  • Geben Sie Ihren Mitarbeitern eine Anleitung beziehungsweise Vorschläge zur Selbsthilfe (zum Beispiel Coaching), um aus der Opferrolle herauszufinden. Hierbei können Sie sich Unterstützung von externen Experten holen.
  • Sprechen Sie als Vorgesetzter persönlich mit dem Mobber und machen Sie ihm klar, dass er persönlich zur Verantwortung gezogen wird, indem Sie disziplinarische oder sogar strafrechtliche Schritte androhen - bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Handlungsanleitungen bietet die Broschüre „Hilfe gegen Mobbing am Arbeitsplatz – so beenden Sie das Mobbing jetzt“ von der “Initiative Neue Qualität der Arbeit (inqa)“. Sie gibt Tipps, wie Arbeit für Unternehmen rentabel und für Beschäftigte gesund, motivierend und attraktiv gestaltet werden kann. (Siehe: www.inqa.de)

Konfliktfalle Unternehmensfusion

Durch den Zusammenschluss zweier Betriebe mit unterschiedlichen Belegschaften und Betriebskulturen, mit Unterschieden in der hierarchischen Struktur und des Führungsstils sowie bei der Vergütung, aber vielfach auch hinsichtlich Größe und Ertragsstärke soll die Schlagkraft und die Marktmacht erhöht sowie Effizienzgewinne generiert werden. Im Zuge der Fusion werden Mitarbeiter entlassen, andere mit neuen – auch weniger bedeutsamen oder interessanten Aufgaben – betraut. 

Die Folgen

  • Für die Mitarbeiter: Es kann zu Konkurrenz um die Besetzung von Führungspositionen kommen und infolgedessen zu Enttäuschung bei Nichtberücksichtigung. Mitunter werden in einer Übergangszeit für gleiche Tätigkeiten unterschiedliche Vergütungen gezahlt.  Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und Leistungs- und Qualitätsansprüche können sich im Vergleich zum bisher Gewohnten verändern. Im Betrieb herrscht große Unsicherheit: Die Mitarbeiter haben Angst vor Arbeitsplatzverlust oder jedenfalls Vergütungsnachteilen oder Bedeutungsverlust und allgemein besteht die Befürchtung, dass gewohnte Strukturen und Abläufe verändert werden. Es knirscht gewaltig innerhalb der neu zusammen gesetzten Belegschaft. Es können sich Gruppen bilden, die aus Fusionsgewinnern bzw. –verlierern, aus alter und neuer Belegschaft bestehen. Neidgefühle, Aggressionen gegenüber den neuen Kollegen und gegen Führungspersonal können entstehen.
  • Für das Unternehmen: Diese Entwicklungen können die Arbeitsproduktivität senken und die Qualität der Produkte beeinträchtigen.

Dem Konflikt vorbeugen

  • Um Spekulationen und hierdurch hervorgerufene Unsicherheiten und Ängste unter den Mitarbeitern zu vermeiden, sollte die allgemeine Situation im Betrieb und dessen zukünftige Ausrichtung möglichst früh in einer Betriebsversammlung offen angesprochen werden. Einzelne Mitarbeiter betreffende Folgen der Fusion sollten im vertraulichen Gespräch mit dem jeweils Betroffenen wertschätzend erörtert werden. Ein bestehender oder ein neu gebildeter Betriebsrat sollte frühzeitig eingebunden werden. Der Veränderungsprozess sollte unter Anwendung der Projektmanagementmethode geplant und durchgeführt werden. Hierbei kann die IHK Darmstadt helfen.
  • Wenn Gruppen und Abteilungen aus beiden Firmen zusammen geführt werden, ist ein „guter“ Start hilfreich. Dafür bieten sich Workshops an. Hier können die Mitarbeiter beider Unternehmen für sich erarbeiten, was toll war an der Vergangenheit und was sie eher nicht in die Zukunft mitnehmen wollen. Die Resultate werden der jeweiligen Gegenseite präsentiert. Danach wird die Vergangenheit mit einem Ritual abgeschlossen und ein gemeinsames Leitbild für die gemeinsame Zukunft erarbeitet.
  • Wenn es darum geht, mit den ablehnenden Reaktionen und Demotivationsanzeichen in Fusionssituationen bei ihren Mitarbeitern umzugehen, sind Führungskräfte oft überfordert. Deshalb sollten sie sich in Schulungen auf die „Change-Phasen“ vorbereiten können, um den Change-Prozess aktiv mit den Mitarbeitern anzugehen.

Den Konflikt lösen

  • Bei der Durchsetzung der mit der Fusion einhergehenden Umstrukturierungsmaßnahmen müssen tarifvertragliche Vorgaben und individualvertragliche Vereinbarungen ebenso beachtet werden, wie die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes. Bei der Frage nach möglichen Handlungsoptionen zur Durchsetzung sind die Kosten und Risiken arbeitsgerichtlicher Verfahren zu kalkulieren. Hierbei sind neben den Kosten für die Beauftragung von Rechtsanwälten auch die negativen Folgen solcher Prozesse für das Betriebsklima sowie die Kosten für die zu zahlenden Abfindungen zu berücksichtigen. 
  • Kosten- und zeitsparend kann die Begleitung des gesamten Prozesses durch einen externen Berater oder Mediator sein. Dieser kann im Vorfeld Konflikten entgegensteuern und einvernehmliche Lösungen bei Auseinandersetzungen mit Teilen der Belegschaft oder Einzelpersonen herbeiführen. Die Mediationsstelle der IHK Darmstadt berät zu den verschiedenen Möglichkeiten und vermittelt im Bedarfsfall Mediatoren.