Aktuelle Vorgaben für Kaufverträge
Seit dem 1. Januar 2022 gelten für Kaufverträge oder Verbrauchsgüterverträge neue gesetzliche Regelungen, die insbesondere Verkäufer vor neue Pflichten stellt. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen wurden durch die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/771) in deutsches Recht geändert. Diese Vorschriften betreffen alle Kaufverträge, die nach diesem Datum abgeschlossen wurden.
- Aktualisierungspflicht des Verkäufers
- Verschärfung der Beweislast
- Neue Regeln bei der Gewährleistungsfrist
- Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten für den Käufer
- Neue Pflichten bei der Nacherfüllung
- Früherer Zeitpunkt der Kaufpreiserstattung
- Negative Beschaffenheitsvereinbarung
- Ergänzungen der Bestimmungen für Garantien
Aktualisierungspflicht des Verkäufers
Verkäufer von Waren mit digitalen Elementen – wie Tablets, E-Bikes, Autos, intelligente Armbanduhren, Navigationsgeräte oder Saugroboter – unterliegen einer gesetzlichen Aktualisierungspflicht. Diese Pflicht soll sicherstellen, dass die Produkte auch dann funktionsfähig bleiben, wenn sich das digitale Umfeld- wie die Cloud-Infrastruktur - ändert oder Sicherheitsupdates erforderlich sind.
Der Verkäufer muss alle funktionserhaltenden Updates bereitstellen und den Verbraucher über diese informieren. Upgrades, also Verbesserungen der digitalen Elemente, sind davon nicht umfasst.
Die Dauer der Aktualisierungspflicht ist gesetzlich nicht genau festgelegt, sondern richtet sich nach der Verbrauchererwartung. Kriterien dafür sind zum Beispiel Werbeaussagen, Materialien, Preis oder die übliche Nutzungs- und Verwendungsdauer („life-Cycle“) des Produkts. Die Pflicht kann nur unter engen Voraussetzungen im Vertrag ausgeschlossen oder verkürzt werden. So muss der Verbraucher in seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt werden, dass eine Abweichung vorliegt. Zudem muss dies im Kaufvertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Ein Ausschluss der gesetzlichen Aktualisierungspflicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist grundsätzlich nicht wirksam.
Verschärfung der Beweislast
Seit dem 1. Januar 2022 gilt eine verlängerte Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf (Verkauf an Endkonsumenten): Tritt innerhalb der ersten zwölf Monate nach Übergabe ein Mangel auf, wird vermutet, dass dieser bereits bei Übergabe bestand. Zuvor lag dieser Zeitraum bei sechs Monaten.
Der Verkäufer kann diese Vermutung widerlegen, zum Beispiel durch den Nachweis, dass der Mangel auf unsachgemäße Nutzung oder Verschleiß zurückzuführen ist.
Neue Regeln bei der Gewährleistungsfrist
Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beim Verbrauchsgüterkauf beträgt weiterhin zwei Jahre ab Ablieferung der Sache. Neu ist hier die sogenannte Ablaufhemmung: Bei einem Mangel, der sich innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist gezeigt hat, tritt die Verjährung erst vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Zeigt sich somit zum Beispiel erst im 23. Monat der Mangel, kann der Käufer seine Ansprüche noch bis zum 27. Monat nach Lieferung geltend machen. Zudem greift eine Ablaufhemmung, wenn der Unternehmer während der Verjährungsfrist einem geltend gemachten Mangel durch Nacherfüllung (Reparatur oder Neulieferung) abgeholfen hat. In diesem Fall tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels erst nach Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde.
Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten für den Käufer
Grundsätzlich soll der Verkäufer bei einem Sachmangel die Möglichkeit haben, diesen Mangel zu korrigieren. Der Käufer hat daher zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung. Er kann also die Reparatur der mangelhaften Sache oder die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache verlangen. Rücktritt, Minderung und Schadenersatz sind erst möglich, wenn der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, und diese ergebnislos verstrichen ist.
Während es im unternehmerischen Geschäftsverkehr bei dieser Regelung bleibt, entfällt das Erfordernis der Fristsetzung bei Verbrauchergeschäften.
Hier ist es ausreichend, dass eine angemessene Frist abgelaufen ist. Hat der Unternehmer in diesem Sinne nicht rechtzeitig nacherfüllt, ist der Verbraucher unmittelbar zum Rücktritt berechtigt. Was dabei eine angemessene Zeit ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Neue Pflichten bei der Nacherfüllung
Der Käufer ist ausdrücklich dazu verpflichtet, die Kaufsache zum Zwecke der Nacherfüllung (zum Beispiel Reparatur) dem Verkäufer zur Verfügung zu stellen, also dem Händler die Ware zu übergeben oder sie ihm zu schicken. Gleichzeitig ist der Verkäufer verpflichtet, die im Rahmen der Nacherfüllung ersetzte Kaufsache auf seine Kosten zurückzunehmen. Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen kann hiervon nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.
Früherer Zeitpunkt der Kaufpreiserstattung
Bei Rückgabe einer mangelhaften Kaufsache muss der Verkäufer den Kaufpreis erstatten, sobald der Käufer den Nachweis der Rücksendung erbringt – ein Einlieferungsbeleg eines Transportunternehmens genügt. Zudem trägt der Verkäufer die Rücksendekosten.
Negative Beschaffenheitsvereinbarung
Beim Verkauf von B-Ware, Vorführgeräten, Ausstellungsstücken und gebrauchter Ware kann die negative Beschaffenheit, zum Beispiel Gebrauchsspuren, nicht mehr über die Produktbeschreibung oder die Ausschilderung der Ware vereinbart werden. Eine solche sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarung ist nur möglich, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung „eigens“ davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht. Diese Abweichung muss zudem ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Diese gesonderte Vereinbarung kann, zum Beispiel beim Bestellvorgang im Text auf der Webseite hervorgehoben dargestellt werden. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder im Formularvertrag ist nicht mehr zulässig. Im Online-Handel genügt auch ein vorangekreuztes Kästchen nicht, welches der Verbraucher deaktivieren kann. Ein nicht vorangekreuztes Kästchen ist jedoch beispielsweise möglich.
Diese Regelung gilt nicht im unternehmerischen Verkehr (B2B) und unter Verbrauchern beziehungsweise Privatleuten (C2C).
Ergänzungen der Bestimmungen für Garantien
Eine Garantieerklärung ist dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Aus ihr muss deutlich hervorgehen, dass die Garantie neben den gesetzlichen Gewährleistungsrechten besteht, und dass die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist. Die Garantieerklärung muss dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Kaufsache zur Verfügung gestellt werden. Die Garantie nur auf Verlangen des Verbrauchers zur Verfügung zu stellen, genügt nicht mehr.
Verstößt der Garantiegeber gegen diese Vorgaben, ist die Garantieerklärung dennoch wirksam, da ein Verstoß nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen darf. Allerdings können Händler wegen eines solchen Verstoßes abgemahnt werden.
Stand: 06.03.2025