Gewerbeordnung

Gewerbeuntersagung

Als Gewerbetreibender tragen Sie viel Verantwortung – für sich, für Ihre Mitarbeiter, für die ganze Firma. Ob aus finanziellen oder anderen Gründen, wenn Sie in Schwierigkeiten geraten oder diese abzusehen sind, droht Ihnen eventuell ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach Paragraf 35 Gewerbeordnung (GewO) durch die zuständige Ordnungsbehörde aufgrund einer zu befürchtenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Damit es nicht soweit kommt, sind wir für Sie da.

Gewerbeuntersagungsverfahren (GU) - Einleitung des Verfahrens

Krankheitsbild:

  • Umsatzzahlen brechen ein
  • Lohn kann nicht gezahlt werden
  • Sozialversicherungsbeiträge stehen aus
  • Steuern können nicht bezahlt werden
  • Unangenehme Post vom Finanzamt

Diagnose:

  • drohendes Gewerbeuntersagungsverfahren durch Regierungspräsidium (RP)

Behandlung:

  • Anschreiben der IHK umgehend öffnen
  • Möglichkeit zum Gespräch nutzen
  • IHK gibt nach Einschätzung der Sachlage Stellungnahme gegenüber dem RP ab.

Gründe für die Einleitung eines GU

Als unzuverlässig im Sinne des Paragraf 35 Gewerbeordnung (GewO) gilt ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung dann, wenn der Gewerbetreibende nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung seines Gewerbes zu gewährleisten. Die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens dient daher dem Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten.
Die folgenden Unzuverlässigkeitsmerkmale sind die häufigsten Gründe für eine Verfahrenseinleitung:
  • Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, zum Beispiel Steuererklärungen werden nicht oder ständig verspätet eingereicht und/oder Zahlungen an das Finanzamt werden nicht oder ständig verspätet getätigt.
  • Missachtung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge werden nicht abgeführt.
  • Die eidesstattliche Versicherung über das Vermögen muss abgegeben werden oder es ergeht Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
  • Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen.
  • Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Gewerbeausübung fehlt, das heißt die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden.
  • Es fehlt der wirtschaftliche Leistungswille.
  • Es fehlt das nötige berufliche Verantwortungsbewusstsein.
In den meisten Fällen kommen jedoch mehrere dieser Punkte zusammen und führen dann zur Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens durch das
Regierungspräsidium Darmstadt, Luisenplatz 2, 64283 Darmstadt.
Da es sich beim Gewerbeuntersagungsverfahren um ein förmliches Verwaltungsverfahren handelt, erfolgt bei Einleitung immer eine schriftliche Mitteilung des Regierungspräsidiums Darmstadt mit einer ausführlichen Begründung an den Betroffenen. Dieses Schreiben enthält eine Frist zur Stellungnahme, die zur Vermeidung der Gewerbeuntersagung auch unbedingt eingehalten werden sollte.

Besonderheit: Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers

Der Geschäftsführer einer GmbH übernimmt die Aufgaben eines Arbeitgebers. In dieser Funktion hat er die monatlichen Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben sowie die Lohnsteuer des Arbeitnehmers einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die Pflicht zur Voranmeldung und Abführung gilt auch für die Umsatzsteuer. Auch trägt der Geschäftsführer die Verantwortung dafür, dass die GmbH ihre Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern erfüllt. Die einbehaltenen Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind an die Sozialversicherungsträger abzuführen; gleiches gilt auch für die Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Nähere Informationen zu den Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers finden Sie hier.
Kommt der GmbH-Geschäftsführer diesen Verpflichtungen nicht nach, kann nicht nur gegen die GmbH, sondern auch gegen ihn persönlich ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet werden. Bitte beachten Sie daher als Geschäftsführer nicht nur den Schriftverkehr des Regierungspräsidiums mit der GmbH, sondern auch die an Sie persönlich gerichteten Schreiben.

Tipps für betroffene Gewerbetreibende

Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in Ihre Lebensumstände bedeutet, sollten Sie die Situation auf jeden Fall ernst nehmen!
Die folgenden Hinweise haben wir für Sie zusammengestellt, um die Chancen für einen positiven Verlauf des Gewerbeuntersagungsverfahrens zu erhöhen:
  • Öffnen Sie auf jeden Fall unverzüglich Ihre Post. Holen Sie bei der Post niedergelegte Schreiben schnellstmöglich ab. Sorgen Sie auch bei persönlicher Abwesenheit für die Entgegennahme, Sichtung und Bearbeitung Ihrer Post.
  • Reagieren Sie auf Schreiben des Regierungspräsidiums oder anderer Ordnungsbehörden - vor allem wenn es darin um die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens geht. Nehmen Sie binnen der dort genannten Frist unbedingt Kontakt mit dem dortigen Ansprechpartner auf. Zeigen Sie hier Interesse an der Klärung der Situation!
  • Nehmen Sie vereinbarte Gesprächstermine bei dem Regierungspräsidium oder dem Finanzamt wahr bzw. informieren Sie Ihren Gesprächspartner, wenn Sie den Termin aus einem wichtigen Grund verschieben müssen.
  • Halten Sie sich an die mit der Behörde getroffenen Absprachen. Legen Sie zum Beispiel Ratenzahlungsvereinbarungen oder Sanierungskonzepte rechtzeitig vor beziehungsweise informieren Sie die Behörde zeitnah, wenn Sie die Vereinbarung nicht halten können.
  • Signalisieren Sie Ihren Gläubigern (insbesondere: Finanzamt, Krankenkassen, Berufsgenossenschaft) die Bereitschaft zur Tilgung der Schulden. Halten Sie mit den Gläubigern getroffene Vereinbarungen schriftlich fest, damit beiden Seiten konkrete Fakten vorliegen.
  • Informieren Sie das Regierungspräsidium über die Ergebnisse der entsprechenden Gläubigergespräche. Werden Sie hier von sich aus aktiv!
  • Beachten Sie bitte, dass das Gewerbeuntersagungsverfahren auch fortgeführt werden kann, wenn der Betrieb des Gewerbes nach Einleitung des Verfahrens aufgegeben wird.

Besonderheiten in der Insolvenz

Während eines Insolvenzverfahrens gibt es einen besonderen Schutz für das Gewerbe, welches aktuell bei der Stellung des Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ausgeübt wird. Eine Gewerbeuntersagung darf wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht durchgeführt werden, wenn die Unzuverlässigkeit allein mit ungeordneten Vermögensverhältnissen begründet wird. Damit soll der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens, eine Sanierung des Betriebes zu ermöglichen, Rechnung getragen werden. Dieser Schutz gilt auch während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach Paragraf 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (Paragraf 260 Insolvenzordnung). Wird jedoch die selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden durch den Insolvenzverwalter freigegeben und treten danach erneut Außenstände bei Steuern, Sozialabgaben oder sonstigen öffentlichen Abgaben auf, kann das Gewerbeuntersagungsverfahren aufgrund der erneuten Schulden wieder durchgeführt werden.

Juristische Konsequenzen einer Gewerbeuntersagung

Sollten alle vorherigen Bemühungen umsonst gewesen und das Regierungspräsidium von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nach Paragraf 35 GewO überzeugt sein, erlässt es einen Bescheid, durch den die Ausübung des Gewerbes untersagt wird. Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht Darmstadt, Julius-Reiber-Straße 37, 64293 Darmstadt, einreichen. Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs der Untersagung kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden - hier sollten Sie ggf. den Rat eines Rechtsanwalts einholen. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss.
Ist der Untersagungsbescheid nach Ablauf der Monatsfrist unanfechtbar geworden, kann frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch früher) ein Antrag auf Wiedergestattung des Gewerbes beim Regierungspräsidium Darmstadt gestellt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Antragstellung ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (sogenannte „positive Zukunftsprognose”).

Die Unterstützung der IHK?

Die IHK Darmstadt wird vom Regierungspräsidium Darmstadt um eine Stellungnahme zu dem eingeleiteten Gewerbeuntersagungsverfahren gebeten. Die letztendliche Entscheidung über Erlass oder Nichterlass eines Gewerbeuntersagungsbescheides trifft jedoch immer das Regierungspräsidium.
Zur Vorbereitung einer entsprechenden Stellungnahme bittet die IHK Darmstadt den betroffenen Gewerbetreibenden um eine schriftliche oder persönliche Äußerung zu den Hintergründen des Gewerbeuntersagungsverfahrens. Durch Ihre Mitwirkung erhält die IHK möglicherweise wichtige Informationen, die für eine aussagekräftige Stellungnahme - eventuell mit für Sie positiven Aspekten - hilfreich sein können.
Auf dieser Internetseite finden Sie weitere ausführliche Hinweise, wie die IHK Darmstadt Sie bei Ihrem Weg aus der Krise unterstützen kann.
Stand: März 2022
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer Kammer - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.