Kundenanalyse:

Einführung

Man kann es nicht allen recht machen – das gilt auch für Unternehmen und ihre Kund*innen. Egal ob B2B oder B2C, die Ansprüche an Qualität, Service und Preis variieren stark. Deshalb ist es wichtig, sich zu überlegen, wer eigentlich angesprochen werden soll und welche Zielgruppe im Fokus steht.
Wer versucht, wirklich alle Kund*innen anzusprechen, riskiert, sich zu verzetteln und bietet am Ende nur eine durchschnittliche Leistung, die niemanden richtig zufriedenstellt. Es ist also entscheidend, den Fokus auf bestimmte Kundengruppen oder Angebote zu legen.
Wenn man Kund*innen mit ähnlichen Merkmalen – wie gleichen Qualitätsansprüchen oder Präferenzen – zusammenfasst, kann man diese gezielt ansprechen und die Leistungen besser an ihre Erwartungen anpassen. Das steigert die Kundenzufriedenheit und bildet die Grundlage für eine starke Kundenbindung.
Eine Analyse der bestehenden Kund*innen zeigt, ob sie zur Zielgruppe des Unternehmens passen und welche potenziellen Gruppen in Zukunft angesprochen werden können. Und ob diese Gruppen wirklich "lohnend" sind, lässt sich durch eine genaue Kundenanalyse und die Bestimmung des Kundenwerts herausfinden.

1. Ausgewählte Methoden der Kundenanalyse

Im Rahmen der Kundenanalyse sind verschiedene Methoden bekannt. Exemplarisch werden hier häufig angewendete Instrumente kurz vorgestellt.

a. Kundensegmentierung

Kundensegmentierung bedeutet, Kund*innen in Gruppen zu unterteilen, basierend auf bestimmten Merkmalen oder Daten. Es ist entscheidend, seine Zielgruppe und deren Bedürfnisse genau zu kennen, damit man die Produkt- und Marketingstrategie entsprechend anpassen kann – nur so können nachhaltige Erfolge erzielt werden.
Innerhalb einer Kundengruppe sollten die Wünsche und Bedürfnisse möglichst ähnlich sein, ebenso wie das Kaufverhalten. In der Konsumgüterbranche und im Bereich Investitionsgüter lassen sich diese Gruppen nach verschiedenen Kriterien aufteilen.
Kundensegmentierung am Beispiel Buchhandel

Stellen wir uns eine Buchhandlung in Volksdorf vor. Das Geschäft bietet ein breites Sortiment an und hat sich dank eines ergänzenden Online-Services und Hauslieferungen gut im Markt positioniert.
Die Inhaberin, Frau X, hat festgestellt, dass ihre Hauptkundin meist zwischen 30 und 60 Jahre alt ist, akademisch vorgebildet und häufig Mutter mit einem Teilzeitjob. Daraus hat sie ihr Angebot ausgerichtet: Neben anspruchsvoller Belletristik und einem großen Sortiment an Kinder- und Jugendbüchern bietet sie auch schöne Postkarten und Accessoires an. Doch in letzter Zeit hat sie festgestellt, dass besonders Sachbücher, insbesondere Kochbücher, stark nachgefragt werden.
Damit hat die Buchhandlung schon den ersten Schritt zur Kundensegmentierung gemacht. Doch die Hauptkundengruppe wird bisher nur anhand grundlegender soziografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht und Beruf beschrieben. Um ein noch besseres Verständnis für die Kund*innen zu bekommen, könnten auch Informationen aus den persönlichen Verkaufsgesprächen genutzt werden. Diese zusätzlichen Erkenntnisse helfen dabei, Werbemaßnahmen gezielt auszurichten und das Sortiment noch besser auf die Bedürfnisse der Kundinnen abzustimmen. Wenn Frau X etwa das Einzugsgebiet ihrer Kund*innen genauer kennt, könnte sie ihre Werbung gezielt auf diese Regionen fokussieren und Streuverluste vermeiden. Erkenntnisse über die Internetnutzung der Kund*innen könnten darauf hinweisen, dass weitere Kommunikationskanäle oder Vertriebsmöglichkeiten sinnvoll wären. Auch Informationen über die Motive und Einstellungen der Käufer*innen könnten dabei helfen, das Sortiment noch stärker an ihre Wünsche anzupassen.

b. Kundenbewertung

Nur durch die Bewertung bestehender und potenzieller Kundengruppen lässt sich erkennen, ob und wie stark diese zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen. Deshalb ist es besonders wichtig, sich auf die Gruppen zu fokussieren, die als besonders vielversprechend gelten. Eine Methode, die dabei besonders hilfreich ist, ist der Customer Lifetime Value, der im Folgenden näher erläutert wird.
Customer Lifetime Value am Beispiel Spedition und Lagerei

Die Trualsen GmbH ist seit zehn Jahren auf der Elbinsel tätig und hat sich vor allem auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus Osteuropa spezialisiert. Doch nun wurden dem Geschäftsführer auch einige Angebote aus arabischen Ländern unterbreitet. Obwohl die Partnerschaft mit den osteuropäischen Lieferanten gut läuft, gibt es hin und wieder kleinere Unregelmäßigkeiten. Daher stellt sich die Frage, ob das neue Angebot aus den arabischen Ländern eine attraktive Alternative darstellt.
Um die potenzielle Kundengruppe besser einzuschätzen, möchte die Spedition den Customer Lifetime Value (CLV) nutzen. Dieses Konzept basiert auf den Prinzipien der Investitionsrechnung und hilft dabei, die langfristige Rentabilität eines Kunden zu bewerten.
Die anfänglichen Kosten für die Erschließung einer neuen Kundengruppe werden den erwarteten Geschäftserfolgen mit diesen Kunden gegenübergestellt, wobei die zukünftigen Erträge abgezinst werden. Für die Bestimmung des CLV muss die Trualsen GmbH also eine Einschätzung der Akquisitionskosten vornehmen. In diesem Fall umfassen diese beispielsweise Reisekosten, zusätzliche Mitarbeiterkosten oder auch Messeauftritte. Angenommen, die gesamten Akquisekosten im ersten Jahr betragen 1,5 Millionen Euro. In einem ersten, vereinfachten Ansatz werden die zu erwartenden Zahlungsüberschüsse (auch Deckungsbeiträge genannt) abzüglich der weiterhin notwendigen Marketingmaßnahmen für die voraussichtliche Dauer der Geschäftsbeziehung prognostiziert. Die folgenden Zahlungsüberschüsse (ZÜ) für die nächsten zehn Jahre werden in der nachstehenden Tabelle dargestellt.
Jahr
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
ZÜ in Tausend Euro
100
120
120
140
140
160
160
180
200
200
Der CLV wird als Kapitalwert der Zahlungsreihe bestimmt.
Mit: AK = Aquisitionskosten; n = Planungshorizont; t = Laufzeitindex; i = Kalkulationszinssatz (8 %)
CLV = 173.000 Euro
Das bedeutet, dass die zukünftigen Erfolge aus den Geschäften mit den neuen Kunden einen Mehrwert von rund 173.000 Euro für die Spedition bringen würden – was die Kundengruppe zu einer sehr attraktiven Option macht. Dabei wurde bislang noch nicht berücksichtigt, dass diese Kunden voraussichtlich auch über den aktuellen Planungshorizont von zehn Jahren hinaus weiterhin für zusätzlichen Umsatz sorgen werden.

c. Kundenzufriedenheit

Eine hohe Kundenzufriedenheit ist der Schlüssel zur langfristigen Kundenbindung. Zufriedene Kunden kaufen nicht nur wiederholt, sondern empfehlen das Unternehmen auch weiter. Das bedeutet für jeden Unternehmer: Die Zufriedenheit der Kunden sollte kontinuierlich im Blick behalten werden. Das Zitat „If you can’t measure it, you can’t manage it“ trifft auch hier voll zu.
Es gibt verschiedene Methoden, um die Kundenzufriedenheit zu messen. Natürlich lässt sich die Zufriedenheit durch Kundenbefragungen ermitteln – aber diese sind oft zeitaufwendig und kostenintensiv. Es gibt jedoch auch einfachere, erste Indikatoren, die auf eine mögliche Kunden(un)zufriedenheit hinweisen, wie zum Beispiel:
  • Umsatzanteil mit Bestandskunden,
  • Durchschnittliche Dauer der Kundenbeziehung,
  • Reklamationsrate,
  • Anteil von Neukunden, die auf Weiterempfehlungen basieren.
Messung der Kundenzufriedenheit am Bespiel Medizintechnik

Ein Medizintechnikunternehmen passt Ultraschallgeräte und Röntgenapparate so an, dass sie perfekt auf die individuellen Bedürfnisse verschiedener Arztpraxen abgestimmt sind. Besonders wichtig für die Kunden ist es, auch nach dem Kauf bei Problemen schnell und unkompliziert eine zufriedenstellende Lösung zu finden.
ChatGPT:
Für dieses Unternehmen ist es besonders wichtig, durch exzellenten After-Sale-Service eine hohe Kundenloyalität aufzubauen. Eine kurze Rückfrage beim Kunden direkt nach dem Service gibt schnell Aufschluss darüber, wie zufrieden er mit der Lösung ist.

2. Erste Schritte einer Kundenanalyse

  1. Die Identifizierung bestehender und potenzieller Kundengruppen ist der erste Schritt, um einen Markt sinnvoll und zielgerichtet zu bearbeiten.
  2. Nur die "lohnenden" Kundengruppen tragen langfristig zum Erfolg eines Unternehmens bei, deshalb ist es wichtig, den Nutzen dieser Gruppen genau zu bestimmen.
  3. Diese "lohnenden" Kundengruppen sollten regelmäßig gepflegt werden, indem ihre Zufriedenheit kontinuierlich im Blick behalten wird.

Für die Kooperation bei der Erstellung dieses Merkblatts bedanken wir uns herzlich bei der HSBA - Hamburg School of Business Administration (Professor Dr. Torsten Keller).