Bauwirtschaft

Richtlinien für Bauen in Kreisläufen auf EU- und Bundesebene

Aktionsplan Kreislaufwirtschaft

Die Europäische Kommission hat Mitte März 2020 einen neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft vorgelegt. Dieser ist eine der zentralen Strategien des Green Deal, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 umzusetzen. Er umfasst eine Übersicht und einen Zeitplan zu den Vorhaben, mit denen die Kommission in den kommenden Jahren den Übergang von einer linearen zu einer kreislauforientierten Wirtschaft einleiten möchte. 
Der Gebäudesektor ist einer der sieben Schlüsselsektoren des Green Deals. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen durch den Bau, Betrieb und Rückbau von Gebäuden emittiert und rund 230 Millionen Tonnen Abbruchabfall erzeugt werden. Während die Recyclingquote für mineralische Bau- und Abbruchabfälle bei knapp 90 Prozent liegen, besteht für die restlichen Materialien noch Handlungsbedarf, sie wieder in den Kreislauf zurückzuführen. Eine Schwierigkeit liegt in den Verbundstoffen, die es erschweren Materialien zu trennen, um sie einer Wiederverwendung zuführen zu können.  
Der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft definiert unter Punkt 3.6 folgende Ziele für Bauwirtschaft und Gebäude: 
  • Überarbeitung der Bauprodukteverordnung einschließlich der möglichen Einführung von Anforderungen an den Rezyklatanteil für bestimmte Bauprodukte unter Berücksichtigung ihrer Sicherheit und Funktionalität;  
  • Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit von Bauten im Einklang mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft  
  • für die Gestaltung von Gebäuden und Entwicklung Einführung digitaler Gebäude-Logbücher
  • Nutzung von Level(s) zur Einbeziehung der Lebenszyklusanalyse in die öffentliche Auftragsvergabe und des EU-Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen sowie Prüfung der Zweckmäßigkeit der Festlegung von CO2-Reduktionszielen und des Potenzials der CO2-Speicherung;  
  • Prüfung einer Überarbeitung der in den EU-Rechtsvorschriften festgelegten Zielvorgaben für die stoffliche Verwertung von Bau- und Abbruchabfällen und ihren materialspezifischen Fraktionen;  
  • Förderung von Initiativen zur Verringerung der Bodenversiegelung ‚zur Sanierung stillgelegter oder kontaminierter Brachflächen und zur Verbesserung der sicheren, nachhaltigen und kreislauforientierten Nutzung von ausgehobenen Böden.  
In Kreisläufen planen, bauen und bewirtschaften erfordert ein Umdenken in der Branche. Minimierung von Fläche und Materialeinsatz, Substitution von nicht wiederverwertbaren Materialien und schlussendlich die Demontierbarkeit des Bauwerks müssen bereits bei der Planung Berücksichtigung finden.  

Verordnungen und Beschlüsse auf EU- und Bundesebene

Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung sind die „Zauberworte“, die für die Bau- und Immobilienwirtschaft zukünftig massiv an Bedeutung zunehmen müssen. Damit dies gelingt, gibt es auf EU- und Bundesebene zahlreiche Verordnungen und Beschlüsse, die es zu kennen und zu beachten gilt:

Energieeffizienz von Gebäuden im Betrieb

Abbau und Recycling

Baustoffe und -produkte & TGA

Bisher lag der Hauptfokus der Bundesregierung darauf, die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. Im Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden hierfür die notwendigen Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden, die Erstellung und die Verwendung von Energieausweisen und der Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden geregelt. Doch die CO2 neutrale Bewirtschaftung von Gebäuden stellt nur einen kleinen Baustein zur Nachhaltigkeit der Branche dar.  
Für die Einbringung von Mineralischen Ersatzbaustoffen in die Kreislaufwirtschaft gilt ab dem 1. August 2023 die Mantelverordnung.
Zu den wichtigsten Regelungen zählen die Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe sowie an die Verwertung von Materialien in Verfüllungen von Abgrabungen und Tagebauen. Sie werden erstmalig bundeseinheitlich und rechtsverbindlich festgelegt. Bislang waren sie auf gesetzlicher Ebene nur in sehr allgemeiner Form geregelt und lediglich durch nicht rechtsverbindliche und inzwischen teilweise veraltete technische Regeln beziehungsweise Erlasse in den Ländern konkretisiert. Insbesondere mit der Ersatzbaustoffverordnung sollen unter anderem die Ziele der Kreislaufwirtschaft gefördert und die Akzeptanz für Ersatzbaustoffe verbessert werden. Dadurch können auch Potenziale zur weiteren Steigerung des Recyclings von Bau- und Abbruchabfällen für den Einsatz in technischen Bauwerken erschlossen werden.
Welche wesentlichen Merkmale die Bauprodukte erfüllen müssen, regelt bereits seit 2011 die Bauprodukteverordnung: Sie dient dazu, dass Bauprodukte EU weit vergleichbar sind in Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale wie beispielsweise in Bezug auf Brandverhalten, Wärmeleitung oder Schalldämmung. Der derzeitige Rechtsrahmen enthält auch Vorschriften zur CE-Kennzeichnung dieser Produkte, lässt jedoch die Ziele des Green Deals hinsichtlich Schutz des Ökosystems und Gewährleistung von Nachhaltigkeit außen vor. Am 30. März 2022 hat die EU-Kommission den Entwurf einer neuen Bauprodukteverordnung veröffentlicht. Bis diese jedoch zur Rechtskraft kommt werden noch einige Jahre (voraussichtlich 2045) vergehen.  

Hilfreiche Tools und Informationsquellen für die Baubranche

In Deutschland können über die Internetplattform ÖKOBAUDAT Daten, Informationen und Links rund um die Ökobilanzierung von Bauwerken recherchiert werden. Im Zentrum der Plattform steht die Online-Datenbank ÖKOBAUDAT mit Ökobilanz-Datensätzen zu Baumaterialien, Bau-, Transport-, Energie- und Entsorgungsprozessen. Die Datensätze unterliegen strengen Qualitätsmerkmalen und bieten damit Planern, Architekten und Bauherren eine verlässliche Grundlage für wissenschaftlich fundierte Berechnungen der Einflüsse von Bauwerken auf die Umwelt.  
Als Bewertungstool für Gebäude hat die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit Interessenvertretern des Gebäudesektors einen freiwilligen Bewertungsrahmen für die Umweltleistung von Gebäuden entwickelt: „Levels“. Die Kernindikatoren, die sogenannten „Levels“, die in diesem Rahmen zusammengefasst wurden, sollen Aufschluss über die Ressourceneffizienz von Gebäuden geben. Ziel des Bewertungsrahmens ist, in einer „europäischen gemeinsamen Sprache“ die Umweltleistung von Gebäuden zu überprüfen, vergleichbare Informationen über die Nachhaltigkeit von Gebäuden zu geben und darzulegen, inwieweit Verbesserungen durchgeführt werden können. Level(s) richtet sich als freiwilliges Instrument auch die Architektenschaft und kann als Open-Source Anwendung in Planungsprozessen genutzt werden. 
Die seit 2009 für Energieverbrauchsprodukte geltende Ökodesign-Richtlinie soll nach Beschluss des EU-Parlaments durch die Ökodesign-Verordnung abgelöst werden. Die Verordnung sieht einen umfassenden Ansatz für Ressourcenschutzanforderungen von Produkten vor und bezieht den gesamten Lebenszyklus des Produktes mit ein. Dadurch sollen Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und andere Nachhaltigkeitsaspekte in fast allen Produktkategorien am EU Markt gestärkt werden. Ebenfalls soll mit der Verordnung auch ein digitaler Produktpass eingeführt werden, der Informationen über die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten enthält.  
Dazu passt die Bestrebung der Bundesregierung einen Digitalen-Gebäuderessourcenpass einzuführen. Dieser soll sich an den Energieausweis anlehnen und wesentliche Informationen rund um den Ressourcenverbrauch, die Klimawirkung und die Kreislauffähigkeit angeben. Eine gezielte Materialaufnahme in der Planungsphase und die nahtlose Weitergabe von Informationen über die Qualität und Herkunft der Materialien und deren aktuellen Standort über den gesamten Lebenszyklus ist essenziell, um zirkulär zu bauen und Gebäude zu bewirtschaften. So können Gebäude als Rohstofflager dienen und einen effektiven Beitrag zu Ressourcenschutz und Nachhaltigkeit leisten. Bis es so weit ist können Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche die Plattform Madaster nutzen. In Madaster werden Daten über alle Materialien und Produkte registriert, die in einem Gebäude verbaut wurden. Dadurch kann festgestellt werden, was in welcher Art und Menge wiederverwendet werden kann. Mit der regionalen Datenbank „Bauteilkreisel Da-Di“ für Baumaterialien aus Rückbau und Überbestellung können Baumaterialien ein zweites Leben ermöglicht werden, spart Emissionen, Ressourcen und vermeidet Abfall.  
Die Digitalisierung der Bauwirtschaft durch Building Information Modeling (kurz BIM) nimmt einen zunehmend wichtigen Stellenwert ein. Wenn es um den Neubau oder den späteren Betrieb von Gebäuden oder Infrastrukturen geht, ist Building Information Modeling aktuell ein viel beachtetes Thema. Dabei handelt es sich um eine modellbasierte Arbeitsmethode zum Planen, Errichten und Bewirtschaften von Objekten. Kern der Methode ist das sog. BIM-Modell. Dabei handelt es sich um einen detaillierten, mehrdimensionalen, digitalen Prototyp eines Gebäudes oder Infrastrukturobjekts. Er entsteht bereits in der ersten Planungsphase und wird weiterführend von Facility Managern während des Betriebs genutzt, bis es schlussendlich zum Rückbau und Wiederverwerten der Materialien kommt. 
Die Bundesregierung hat für öffentliche Auftraggeber ein öffentliches BIM Portal (Building Information Modeling) freigeschaltet. Durch die Förderung digitaler Zwillinge können die Potentiale der Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit genutzt und so der Verbrauch an Ressourcen reduziert werden.  
Während es bei einem Neubau leichter fällt, schon in Kreisläufen zu planen und zu bauen und auch aufgrund der Taxonomie Verordnung einen großen Schub erhält, stellt sich der Gebäudebestand als größere Herausforderung dar.  
Damit das Bewusstsein bei allen ankommt und akzeptiert wird, ist ein offener Dialog von Wissenschaft, Politik und den Beteiligten der Immobilienbranche notwendig. Nur wenn alle – Stadtplaner, Bauunternehmer, Finanzierer etc. – an einem Strang ziehen, lassen sich die notwendigen Veränderungen umsetzen.  Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. – DGNB bietet die Möglichkeit der Weiterbildung und stellt Literatur und Studien bereit. Unter weitere Informationen stellen wir Ihnen eine Zusammenfassung zum Zirkulären Bauen der DGNB zum Download zur Verfügung.