Qualität und Standards sichern

Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR)

Im Mai 2023 hat die Europäische Union die neue Verordnung zur allgemeinen Produktsicherheit (General Product Safety Regulation (GPSR) erlassen welche zum 13.12.2024 unmittelbar in jedem EU-Mitgliedsstaat in Kraft tritt. Diese enthält wichtige Änderungen und Regelungen für Unternehmen, die Produkte auf den Markt bringen. Dieses Merkblatt gibt eine Übersicht über die wesentlichen Inhalte der Verordnung.

Zweck der Verordnung

Die Verordnung (EU) 2023/988 dient als umfassender Rechtsrahmen für die allgemeine Produktsicherheit, um Lücken in bestehenden Harmonisierungsvorschriften zu schließen und den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten. Sie ersetzt die bisherigen Richtlinien zur allgemeinen Produktsicherheit (2001/95/EG und 87/357/EWG).

Wen betrifft die Verordnung?

Die Verordnung gilt für alle Verbraucherprodukte, die in der EU in Verkehr gebracht werden, soweit im Rahmen des Unionsrechts keine spezifischen Bestimmungen über die Sicherheit des betreffenden Produktes enthalten sind.
Sie betrifft dabei alle Wirtschaftsakteure (Hersteller, Importeure, Händler, etc.) die Teil der Liefer- und Vertriebskette sind. Neu aufgenommen sind explizit Fulfillment-Dienstleister und Anbieter von Online-Marktplätzen, welche zusätzliche Sorgfaltspflichten haben. Ausgenommen sind jedoch Dienstleistungen.
Grundsätzlich gilt die Verordnung für neue, gebrauchte, reparierte oder wiederaufgearbeitete Produkte und auch für den Fernabsatz.
Folgende Produkte sind von der Verordnung ausgenommen:
  • Human- und Tierarzneimittel
  • Lebens- und Futtermittel
  • Lebende Pflanzen und Tiere, tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte
  • Pflanzenschutzmittel
  • Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge
  • Antiquitäten

Aspekte für die Bewertung der Sicherheit von Produkten

In der Verordnung wurden folgende Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit von Produkten verankert:
  • Eigenschaften des Produkts (Aussehen, technische Merkmale, Zusammensetzung, Verpackung)
  • Wechselwirkung mit anderen Produkten
  • Aufmachung des Produkts (Etikettierung, Alterskennzeichnung und Warnhinweise, für eine sichere Verwendung, Entsorgung)
  • Erscheinungsbild des Produkts, das den Verbraucher dazu verleitet, das Produkt anders zu verwenden als vom Hersteller vorgesehen (zum Beispiel Form und Farbe des Produkts verleitet Kinder zum Verzehr)
  • Cybersicherheitsmerkmale
  • Sofern die Art des Produktes dies erfordert, die sich entwickelnden, lernenden und prädiktiven Funktionen

Pflichten der Wirtschaftsakteure

Pflichten der Hersteller

Hersteller müssen sicherstellen, dass ihre Produkte den Sicherheitsanforderungen über die gesamte Lebensdauer des Produkts entsprechen. Sie müssen hierfür für jedes Produkt eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen. Diese technischen Unterlagen müssen für mindestens 10 Jahre nach Inverkehrbringen des Produkts aufbewahrt werden und auf dem neusten Stand gehalten werden.
Jeder Person wird zum Hersteller, wenn diese das Produkt physisch oder digital so verändert, dass sich diese Änderung auf die Sicherheit des Produktes auswirkt und
  • durch die Änderung das Produkt in einer Weise geändert wird, die in der ursprünglichen Risikobewertung nicht vorgesehen war
    • aufgrund der Änderung sich die Art der Gefahr ändert, eine neue Gedahr entstanden oder sich das Risikoniveau erhöht hat
    • die Änderungen nicht von den Verbrauchern selbst oder in ihrem Auftrag für ihren eigenen Bedarf vorgenommen wurden.

Pflichten der Inverkehrbringer

Importeure sind dafür verantwortlich, dass nur Produkte in die EU eingeführt werden, die den Anforderungen entsprechen. Sie müssen ebenfalls technische Unterlagen und Informationen zum Produkt und Hersteller bereithalten.

Pflichten der Händler

Händler müssen überprüfen, ob die Produkte eine CE-Kennzeichnung tragen und ob die notwendigen Sicherheitsinformationen vorhanden sind. Sie sind verpflichtet, Produktinformationen in digitaler Form bereitzustellen und bei Unfällen oder Risiken Informationen weiterzugeben.

Rückverfolgbarkeitsanforderungen für bestimmte Produkte

Unternehmen müssen einen Rückruf durchführen, wenn ein Produkt nachweislich gefährlich ist. Sie sind verpflichtet, Unfälle, die durch ihre Produkte verursacht werden, den Marktüberwachungsbehörden zu melden.
Für bestimmt Produkte, Produktkategorien oder Produktgruppen, die ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern darstellen, kann die Kommission ein Rückverfolgbarkeitssystem einrichten, dass die Wirtschaftsakteure übernehmen müssen. Dieses System umfasst die Erfassung und Speicherung von Daten, auch auf elektronischem Weg, anhand dessen das Produkt, seine Komponenten oder die an der Lieferkette beteiligten Wirtschaftsakteure identifiziert.

Pflichten im Fernabsatz

Die Verordnung gilt auch für den Fernabsatz und Online-Verkäufe. Produkte gelten als auf dem Markt bereitgestellt, wenn sich das Verkaufsangebot an Verbraucher in der EU richtet.
Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte online auf dem Markt bereit, so muss das Angebot mindestens folgende eindeutigen und sichtbaren Angaben enthalten:
  • Namen, eingetragener Handelsname oder Handelsmarke des Herstellers sowie der Postanschrift und die E-Mail-Adresse, unter denen er kontaktiert werden kann
  • falls der Hersteller nicht in der EU sitzt, Name, Anschrift und E-Mail-Adresse der verantwortlichen Person
  • Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich der Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren
  • etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die gemäß dieser Verordnung oder den anwendbaren Harmonisierungsvorschriften der Union in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht zu verstehen ist und auf dem Produkt, der Verpackung oder in den Begleitunterlagen zu finden sind

Meldung bei Unfällen durch das Produkt

Der Hersteller ist verpflichtet, Unfälle, die durch sein Produkt entstanden sind, unverzüglich den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaats, in dem sich der Unfall ereignet hat, über das Safety-Business-Gateway zu melden.
Importeure und Händler, die von einem Unfall, der durch ein von ihnen in Verkehr gebrachten oder auf dem Markt bereitgestellten Produkts verursacht wurde, Kenntnis haben, müssen unverzüglich den Hersteller informieren.

Pflichten der Anbieter von Online-Marktplätzen

Anbieter von Online-Marktplätzen spielen eine zentrale Rolle bei der Einhaltung der Produktsicherheitsvorschriften:
Sie müssen:
  • Sicherstellen, dass sie über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die einschlägigen Anforderungen der GPSR unverzüglich zu erfüllen
    • Sicherstellen, dass alle Produkte auf ihren Plattformenden Sicherheitsanforderungen entsprechen
    • eine zentrale Kontaktstelle einrichten, über die Verbraucher Fragen zur Produktsicherheit stellen können
    • Registrierung im Safety-Gate Portal zur schnellen Kommunikation mit Marktüberwachungsbehörden
    • Sicherstellen, dass alle betroffenen Verbraucher im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs ermittelt werden und unverzüglich benachrichtigt werden können.
Produkte dürfen erst auf er Plattform gelistet werden, wenn vollständige und korrekte Sicherheits- und Rückverfolgbarkeitsinformationen vorliegen.

Abhilfemaßnahmen

Der Wirtschaftsakteur hat im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs dem Verbraucher eine wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe anzubieten. Der Wirtschaftsakteur muss dem Verbraucher die Wahl zwischen mindestens zwei der folgenden Abhilfemaßnahmen anbieten:
  • Reparatur des zurückgerufenen Produkts
  • Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs (mit identischem Wert und Qualität).
  • angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts, sofern der Erstattungsbetrag mindestens dem gezahlten Preis entspricht

Schnellwarnsystem Safety Gate

Das Safety-Gate-System ersetzt das bisherige RAPEX-System und ermöglicht einen schnelleren Informationsaustausch über gefährliche Produkte zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission. Unternehmen können hierüber Produkte melden und Verbraucher informieren.
Wirtschaftsakteure müssen Unfälle und gefährliche Produkte im Safety-Gate-Portal melden. Das Portal bietet Unternehmen die Möglichkeit, Informationen schnell und effizient an Marktüberwachungsbehörden und Verbraucher zu übermitteln. Link zum Safety-Gate-Portal.

Folgen eines Verstoßes

Verstöße gegen die Produktsicherheitsverordnung (GPSR) können folgende Auswirkungen haben:
  • Marktüberwachungsmaßnahmen: Die Behörden können den Verkauf eines Produkts stoppen oder zurückrufen, wenn es als gefährlich eingestuft wird.
  • Bußgelder und Strafen: Bei Nichteinhaltung der Verordnung drohen erhebliche Bußgelder und Strafen, insbesondere wenn Verbraucher gefährdet werden.
  • Haftung: Unternehmen können haftbar gemacht werden, wenn sie gefährliche Produkte in Verkehr bringen. Dies kann zu hohen Entschädigungszahlungen führen

Wichtige Hinweise für Unternehmer

Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) erhalten Unterstützung durch die Europäische Kommission in Form von Leitlinien und Beratung, um die Einhaltung der neuen Vorschriften zu erleichtern.
  • Prüfen Sie die Konformität und Sicherheit Ihrer Produkte regelmäßig.
  • Implementieren Sie interne Verfahren zur Risikobewertung und -minderung.
  • Nutzen Sie das Safety-Gate-Portal für die Meldung von Gefahren und zur Zusammenarbeit mit Marktüberwachungsbehörden.