Grundlagen

Kassenführung

Kassen als Prüfungsschwerpunkt

Bei Betriebsprüfungen legen die Finanzbehörden vermehrt ihren Fokus auf Registrierkassen und überprüfen die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung, insbesondere bei bargeldintensiven Betrieben wie Gaststätten und Einzelhandel. Leider schließt das Gros der Kassenprüfungen mit Beanstandungen ab, was oftmals zu Hinzuschätzungen führt. Im schlimmsten Fall kann es sogar zur Einleitung eines Strafverfahrens kommen.

Die aktuellen Anforderungen

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung haben sich insbesondere seit 2018 erheblich verschärft. Grund dafür sind verschiedene Vorschriften, wie zum Beispiel die sogenannte Kassenrichtlinie, das Kassengesetz und weitere Verordnungen.
Wichtig sind vor allem folgende Vorgaben:
  • Ab dem 1. Januar 2020 müssen grundsätzlich alle Kassen mit einer sog. zertifizierten elektronischen Sicherheitseinrichtung (tSE) ausgestattet werden.
  • Ab dem 1. Januar 2020 gilt eine Belegausgabepflicht für elektronische Kassen. Sie verpflichtet die Unternehmen zur sofortigen Ausstellung eines Kassenbons.
  • Hierdurch wird die seit 2018 nunmehr gesetzlich geregelte Einzelaufzeichnungspflicht ergänzt: Jeder Verkaufsvorgang muss detailliert im elektronischen System aufgezeichnet – ein sogenannter Z-Bon reicht nicht aus!
  • 2018 wurde auch die sog. Kassennachschau eingeführt. Prüfer der Finanzverwaltung dürfen unangekündigt die Kassenbuchführung überprüfen und Zugriff auf die Kasse verlangen.
  • Erforderlich ist außerdem eine Verfahrensdokumentation. Diese muss auch die Organisationsunterlagen zum eingesetzten Kassensystem, wie z.B. Kassenfabrikat, Seriennummer, Einsatzzeiten, Programmieranleitungen etc. enthalten.
Offene Ladenkasse: Unternehmer, die bisher keine Registrierkasse benutzen oder kein elektronisches System verwenden, sind nicht zur Anschaffung gezwungen. Eine allgemeine Pflicht zur Nutzung einer Registrierkasse besteht weiterhin nicht.

Mit dem Steuerberater und dem Kassenhersteller abstimmen!

Vor der Entscheidung für ein Kassensystem gilt es, sich sehr genau mit den Anforderungen an eine „ordnungsgemäße Kassenführung“ auseinanderzusetzen. Hilfestellung können hierbei Steuerberater und die Kassenhersteller geben.

Die Kassen-Nachschau als Prüfinstrument

Die Finanzbehörden haben bereits seit 2018 die Möglichkeit von unangemeldeten Kassenkontrollen, der sogenannten Kassen-Nachschau. Das ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung. In diesem Zusammenhang müssen alle relevanten Aufzeichnungen, Bücher und Unterlagen (auch elektronisch) vorgelegt und ein Datenzugriff über eine digitale Schnittstelle respektive Datenträgerüberlassung ermöglicht werden.
Die Finanzverwaltung erläuterte mit dem Schreiben vom 29. Mai 2018 die Einzelheiten der Kassen-Nachschau wie folgt:
  • Der Kassen-Nachschau unterliegen nicht nur elektronische und PC-gestützte Registrierkassen, sondern - neben Taxametern, Wegstreckenzählern, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Geldspielgeräten - auch offene Ladenkassen.
  • Die Entscheidung, ob während der Kassen-Nachschau ein Kassensturz durchgeführt wird, liegt im Ermessen des Prüfers.
  • Die Kassen-Nachschau darf während der üblichen Geschäftszeiten, aber auch außerhalb dieser Zeiten vorgenommen werden, sofern im Unternehmen noch/schon gearbeitet wird (Arbeitszeiten).
  • Der Prüfer kann inkognito die öffentlich zugänglichen Geschäftsräume betreten, die dortigen Vorgänge beobachten und Testkäufe vornehmen. Die eigentliche Kassen-Nachschau muss nicht am selben Tag wie die Beobachtung der Kassenabläufe beginnen. Der Prüfer hat sich erst dann auszuweisen, wenn er die nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäftsräume betreten möchte oder Einsicht in das elektronische Aufzeichnungssystem verlangt.
  • Bei Abwesenheit des Steuerpflichtigen oder seines gesetzlichen Vertreters (z. B. Geschäftsführer einer GmbH, Paragraf 35 GmbHG) sind alle Mitarbeiter zur Mitwirkung verpflichtet, soweit diese hierzu tatsächlich in der Lage sind und rechtlich vom Geschäftsinhaber befugt wurden.
  • Neben der Einsichtnahme in kassenrelevante Aufzeichnungen, Bücher und sonstige Organisationsunterlagen und dem Datenzugriff kann der Prüfer Unterlagen und Belege scannen bzw. fotografieren.
  • Die Kassen-Nachschau stellt keine Außenprüfung nach Paragraf 193 AO dar. Sofern Anlass zu Beanstandungen der Kassenaufzeichnungen bzw. -buchungen oder (ab 1. Januar 2020) der technischen Sicherheitseinrichtung besteht, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden. Dieses ist schriftlich bekannt zu geben.
  • Da die Kassen-Nachschau keine Außenprüfung darstellt, ist kein Prüfungsbericht anzufertigen. Werden jedoch auf Grundlage der Kassen-Nachschau die Besteuerungsgrundlagen geändert, ist dem Steuerpflichtigen zuvor rechtliches Gehör zu gewähren. Gegen die  Änderungen im Steuerbescheid kann Einspruch eingelegt werden.

Die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (tSE)

Mit dem „Kassengesetz“ werden Unternehmen darüber hinaus verpflichtet, ab 2020 ihre elektronischen Kassen(-systeme) mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) auszustatten. Hierdurch soll verhindert werden, dass Kassendaten nachträglich und unerkannt gelöscht oder verändert werden. Die tSE besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle.
Jeder Kassenzugriff ist nun lückenlos, das heißt fortlaufend nummeriert und manipulationssicher auf einem Speichermedium mit folgenden Daten aufzuzeichnen:
  • Zeitpunkt von Vorgangsbeginn und -ende bzw. Abbruch
  • laufende Transaktionsnummer
  • Art des Vorgangs
  • Daten des Vorgangs
  • Zahlungsart
  • Prüfwert
  • Seriennummer des Kassensystems oder der tSE
Registrierungspflicht! Unternehmen müssen die Verwendung einer tSE der Finanzverwaltung unter Angabe der Zertifizierungsnummer sowie weiterem Angaben anzeigen. Dieses soll nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erfolgen. Überdies soll ein elektronisches Meldeverfahren eingerichtet werden.
Hinweis: Mit der Nichtbeanstandungsregelung wird die Mitteilungsfrist bis zu dem Zeitpunkt ausgesetzt, an dem ein elektronisches Meldesystem verfügbar ist.
Verwendet ein Unternehmer ein Kassensystem, das
  • nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder
  • nicht durch eine zertifizierte tSE geschützt ist,
stellt dieses eine Ordnungswidrigkeit dar, bei der Geldbußen bis zu 25.000 Euro verhängt werden können.

Buchführungspflicht, Kassentypen, Aufzeichnung und Aufbewahrung

Wichtige “To Do´s” für die Praxis

  • Kassenbericht/Kassenbuch: Alle Kasseneinnahmen und -ausgaben müssen täglich festgehalten werden.
  • Einzelaufzeichnung: Jeder Verkaufsvorgang ist mit den wichtigsten Angaben aufzuzeichnen. Die Kassenaufzeichnungen sind chronologisch zu erstellen und fortlaufend zu nummerieren. Tageseinnahmen sind getrennt nach dem Steuersatz für die Umsatzsteuer (7 % und 19 %) aufzuzeichnen.
  • Detailtiefe: Grundsätzlich muss jeder verkaufte Artikel genau erfasst werden, wobei eine Zusammenfassung bei gleichen Warengruppen mit gleichem VK-Preis möglich ist. Welche Detailtiefe erforderlich ist, hängt auch vom Artikelportfolio ab: je genauer Sie differenzieren, desto besser!
  • Kassensturzfähigkeit: Kassenaufzeichnungen sind so zu führen, dass der Soll- jederzeit mit dem Ist-Bestand der Kasse abgeglichen werden kann.
  • Belegpflicht: Der Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ gilt für sämtliche Tageseinnahmen und -ausgaben.
  • Z-Bons: Ein Tagesendsummenbon (oder auch Kassenabschlussbeleg) muss folgende Pflichtangaben enthalten: fortlaufende und automatisch generierte Nummer des Bons, Name des Geschäfts(-inhabers), Datum/Uhrzeit des Ausdrucks, Bruttoeinnahmen pro Umsatzsteuersatz, Storno-/ Retourbuchungen, Entnahmen bzw. alle weiteren Eingriffsvorgänge in die Kasse, Zahlungsart und Ausdruck des Nullstellungszählers. Die Z-Bons sind zusammen mit Kassenbuch oder den Kassenberichten aufzubewahren.
  • Aufbewahrung der Rechnungen: Rechnungen, die von einer Registrierkasse erstellt wurden, sind aufbewahrungspflichtig. Die Pflichtangaben darauf sind jedoch geringer, wenn es sich um sog. Kleinbetrag­rechnungen (< EUR 250 inkl. Umsatzsteuer) handelt.
  • Nachvollziehbarkeit von Veränderungen: Eintragungen sind so zu korrigieren, dass die ursprüngliche Erfassung lesbar und nachvollziehbar ist.
  • Dokumentenmanagementsysteme: Alle in einem Datensystem erzeugten Dateien können nachträglich verändert werden. Dieses gilt nicht nur für Rechnungen im WORD-Format oder Kalkulationen mit EXCEL; dieses gilt auch für erhaltene/erstellte PDF-Dateien oder sonstige Kassendaten, welche zwecks Archivierung (10 Jahre) auf einem Datenträger abgelegt werden. Hier empfiehlt sich die Anschaffung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS), welches eine unveränderbare Archivierung („GOBD-konform“) sicherstellt.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuerberater oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎