ibi-Handelsstudie 2024

Zukunft des Einzelhandels in Südhessen

Das Forschungsinstitut ibi research an der Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und 53 Industrie- und Handelskammern hat eine Studie „Der deutsche Einzelhandel 2024“ durchgeführt. Die dritte Auflage der IHK-ibi-Handelsstudie erfasst die aktuelle Situation des Einzelhandels anhand einer deutschlandweiten Befragung von über 2.100 Unternehmen. An der regionalen Befragung für Südhessen haben sich 56 Unternehmen beteiligt, davon beschäftigt gut die Hälfte der Unternehmen weniger als zehn Mitarbeiter. Hier ein Überblick über die zentralen Ergebnisse der Studie.

Stationärer Handel bleibt wichtig, Multikanal-Strategien wachsen

Für den Einzelhandel in Südhessen bleibt das stationäre Geschäft der wichtigste Vertriebskanal. 68 Prozent der Unternehmen verkaufen ihre Produkte und Dienstleistungen weiterhin über den eigenen Laden. Allerdings setzen immer weniger Unternehmen ausschließlich auf diesen Kanal. Der häufigste Ansatz ist eine Multikanal-Strategie, die 45 Prozent der Einzelhändler verfolgen, während 25 Prozent sich ausschließlich als Online-Händler positionieren. Damit ist der Anteil der reinen Online-Händler in Südhessen mehr als doppelt so hoch wie im bundesweiten Durchschnitt (12 Prozent). Zudem erwarten 71 Prozent der Einzelhändler in Südhessen steigende Umsätze über ihre Online-Shops. Die Studie liefere wertvolle Erkenntnisse, um die Bedürfnisse des hiesigen Einzelhandels noch besser zu verstehen und im Anschluss die Angebotspalette aktuell zu halten.
„Digitale Anwendungen wie auch Multikanal-Ansätze im Vertrieb sind nicht mehr wegzudenken. Das bestätigt uns in unseren Angeboten, die sowohl auf den stationären als auch auf den Onlineauftritt abzielen.In der Studie sehen wir aber auch einen Beleg, dass wir als IHK Darmstadt die richtigen Schwerpunkte in unserer Arbeit für den Handel und unsere Mitglieder legen. Wir bieten bereits eine große Anzahl an Leistungen und Veranstaltungen an, die genau auf die Punkte in der Studie einzahlen, und die vor allem an kleine und mittlere Unternehmen adressiert sind, wie zum Beispiel aktuell die Reihe, Webinare für den Handel von morgen‘“ , sagt Dr. Daniel Theobald, Geschäftsbereichsleiter Unternehmen und Standort bei der IHK Darmstadt.

Social Media zur Kundeninformation

Die Befragten der Studie haben sich auch zum Einsatz von Social Media geäußert. 98 Prozent und damit fast sämtliche Einzelhändler nutzen Social Media in ihrem Unternehmensalltag. Zwei von drei Befragten in Südhessen haben ein Google-Unternehmensprofil angelegt, 61 Prozent verfügen über eine eigene Website (ohne Online-Shop), gut die Hälfte nutzt die Meta-Anwendungen Facebook und Instagram (je 54 Prozent). Immerhin knapp ein Drittel (32 Prozent) betreibt Suchmaschinenoptimierung (SEO). Vor allem zwei Zwecken dient der Einsatz von Social Media: der Kundeninformation (80 Prozent) und um die eigene Bekanntheit zu steigern (78 Prozent).

Bei fast der Hälfte der Handelsunternehmen fehlt die Zeit für Digitalisierungsmaßnahmen

Eine konkrete Digitalisierungsstrategie verfolgt lediglich ein Drittel der befragten südhessischen Einzelhändler. Bei weiteren acht Prozent ist die Entwicklung einer Strategie in Planung. Ebenfalls ein Drittel verwendet bereits Künstliche Intelligenz im eigenen Unternehmen. Generell werden fehlende zeitliche Ressourcen und hohe Investitionskosten als Hauptgründe angegeben, warum Schritte zur weiteren Digitalisierung nicht vorgenommen werden.

Zunehmende Regulierung als Hindernis

Über alle Unternehmensgrößen hinweg nehmen 72 Prozent der südhessischen Unternehmen einen (sehr) negativen Einfluss durch zunehmende Regulierung auf ihr Geschäftsmodell wahr. Auch die damit einhergehende Bürokratisierung schränkt 64 Prozent der Händler stark oder sehr stark ein. Konkret werden die Umsetzung der Kassenrichtlinie und Buchführungsgrundsätze (GoBD) sowie die EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) als die Bereiche mit den größten bürokratischen Belastungen genannt. Der Mittelwert für die südhessischen Betrieben sind mit 7,6 auch nur 0,1 besser im Vergleich zu ganz Deutschland.

Fast die Hälfte der Befragten klagt über hohe Energiekosten

Die Studie liefert auch Erkenntnisse darüber, welche Themen die aktuelle Geschäftslage beherrschen. In Südhessen werden vor allem hohe Energiekosten, Fachkräftemangel im eigenen Unternehmen sowie sinkende Passantenfrequenz genannt. Anders als bei der bundesweiten Auswertung, bei der 80 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als Hemmnis nennen, sind es in Südhessen nur 36 Prozent.

Schlechte Noten für den ÖPNV

Bei den Ergebnissen zur Erreichbarkeit der Ladengeschäfte zeichnet sich ein eindeutiges Bild ab: Während die südhessischen Einzelhändler vor allem die Erreichbarkeit zu Fuß (58 Prozent), per Fahrrad (53 Prozent) und per Auto (45 Prozent) als sehr positiv empfinden, trifft das für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nur für 24 Prozent zu. Gut ein Viertel (27 Prozent) bewertet den ÖPNV-Anschluss sogar als schlecht oder sehr schlecht. Jedoch gibt es Hoffnung:
„Die Gespräche in den Gremien der IHK laufen bereits, wie die lokale Mobilitätswende gelingen kann und was das konkret für den stationären Handel bedeutet. Dem Thema werden wir uns in diesem Jahr verstärkt annehmen“, blickt Dr. Daniel Theobald voraus.

Ein klares Fazit: der Einzelhandel benötigt dringend Unterstützung um zukunftsfähig zu bleiben

Der deutsche Einzelhandel steht vor vielfältigen Herausforderungen, darunter Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel und politische Unsicherheiten. Insbesondere der Wettbewerb mit globalen Plattformen sowie bürokratische Hürden belasten viele Unternehmen. Während nachhaltige Strategien immer wichtiger werden, erschweren finanzielle und administrative Hürden deren Umsetzung. Um die Zukunftsfähigkeit des Handels zu sichern, sind gezielte politische Unterstützung, Bürokratieabbau und Investitionen in digitale sowie nachhaltige Lösungen essenziell.