Konjunkturreport Berlin-Brandenburg

Die Berlin-Brandenburger IHKs veröffentlichen zu Beginn eines jeden Jahres ihre gemeinsame repräsentative Konjunkturumfrage, die aktuell unter knapp 3.000 Unternehmen durchgeführt wird.

Konjunktur tritt auf der Stelle

Wann wird denn endlich wieder Konjunktursommer, fragt sich nicht nur die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg.
Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn zeigen leider: sobald wohl nicht.
Der Konjunkturklimaindex beider Länder zählt 101 Punkte; das ist nur ein Punkt mehr als im Herbst des Vorjahres. Die Zeitreihe schwankt also, wie schon seit zwei Jahren, weiterhin kraftlos entlang des Stillstand anzeigenden Wertes von 100 Zählern entlang. Die Hauptstadtregion erlebt die seit 20 Jahren längste konjunkturelle Schwächephase. Allein in der schweren Strukturkrise zu Beginn der 2000er Jahre entwickelte sich der Klimaindex ähnlich schwach.
Und hier schließt sich ein Kreis: Aus einer Konjunkturkrise, die aus Corona-Verwerfungen, dem russischen Überfall auf die Ukraine und dessen Folgen, etwa Energiekrise und internationale Handelsspannungen, erwuchs, ist längst eine Strukturkrise geworden. Wenn dieser Bericht auch einige Hoffnungsschimmer enthält – etwa die leicht optimistischeren Investitionsplanungen unternehmensnaher Dienstleister – so überwiegen doch Skepsis und Sorge. Zwar gibt es, vor allem in Berlin, einige Branchen, in denen die Konjunkturindikatoren auf niedrigem Niveau wieder steigen. Doch zeigen die Berichte der letzten beiden Jahre, dass auf dergleichen zarte Ansätze einer Erholung schon in der nächsten Umfrage ein Absturz folgen kann – so unsicher ist die Entwicklung.
In welchem Maße die konjunkturelle mittlerweile durch eine strukturelle Krise überlagert wird, zeigen die am Ende dieses Berichtes ausgewerteten Risikoeinschätzungen der Berlin-Brandenburger Unternehmen.
War jahrelang meist der Fachkräftemangel der Risikofaktor Nummer eins, rutscht dieser nun auf den dritten Platz ab. Größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung sind aus Sicht der Unternehmen inzwischen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, gefolgt von den Arbeitskosten. Damit dem konjunkturellen Winter zumindest ein Frühling folgt, wird die Politik die drängendsten Wachstumshemmnisse endlich angehen müssen: sei es die Bürokratielast, der Investitionsstau in der Infrastruktur oder die steuerliche Belastung der Unternehmen.

Industrie schwächelt, Dienstleister bleiben stabil

Der Abwärtstrend des Geschäftslageindikators schwächt sich seit einigen Umfragen ab, er endet aber nicht. Zum Jahresbeginn verliert der Indikator – der sich aus positiven und negativen Einschätzungen der Geschäftslage ergibt – einen Punkt im Vergleich zum Herbst 2024 und zählt 13 Punkte. Mithin übertrifft der Anteil der Unternehmen in Berlin-Brandenburg, deren Geschäfte gut laufen, jenen mit schlechten Geschäften nur noch um 13 Prozentpunkte. Im Vergleich mit der Phase vor Corona ist das ein ernüchternder Wert. Damals wurde meist die 50-Punkte-Marke überschritten.
Zwischen den Branchen und den Ländern zeigen sich erhebliche Diskrepanzen.

Indikator der Geschäftslage

Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage
Indikator der Geschäftslage-Berlin-Brandenburg-2025
So leiden die Industriegeschäfte in beiden Ländern; doch in Berlin fällt der Saldo von 29 auf 15 Zähler, in Brandenburg steigt er – wenn auch nur von null auf zwei Punkte. Die bundesweite Industriekrise verschont auch die Region nicht, wobei Bereiche wie die Pharma- und Chemieindustrie besser laufen als Automotive. Im Baugewerbe folgt der kurzen Herbstbelebung der Winter-Blues, der aufgrund der weiterhin angespannten Nachfragesituation deutlich heftiger ausfällt als früher. Wohnungs- und Gewerbebau dümpeln vor sich hin. Impulse setzt der Tiefbau, der stark öffentlich geprägt ist.
Die Handelskonjunktur lässt jegliche Dynamik vermissen. In beiden Ländern berichten mehr Händler von schlechten als von guten Geschäften. Der Handel leidet unter der sich verfestigenden Konsum-Unlust, in einigen Regionen Brandenburgs auch unter der demografischen Entwicklung. Zumindest erstere dürfte sich ändern, wenn sich die wirtschaftlichen Aussichten wieder aufhellen.
Ähnlich betroffen vom zögerlichen Privatkonsum zeigt sich die Geschäftslage im Gastgewerbe: Die Branche steht in beiden Ländern deutlich schlechter dar als im Herbst, ist weit entfernt von der Dynamik vor Corona und findet nicht zu alter Stärke zurück.
Allein das Dienstleistungsgewerbe beider Länder fungiert, wie schon so oft, als konjunktureller Anker der Region. 20 Punkte zählt der Geschäftslageindikator, deutlich mehr als in jeder anderen Branche.
Nicht zuletzt Finanz-, Versicherungs- und unternehmensnahe Dienstleister berichten von etwas besseren Geschäften als noch im Herbst.

Skeptische Erwartungen verfestigen sich

Die Unternehmen der Region blicken überwiegend skeptisch in die nahe Zukunft. Der Erwartungsindikator, der sich aus optimistischen und pessimistischen Einschätzungen ergibt, zählt minus elf Punkte
und verbessert sich im Vergleich zum Herbst um nur einen Zähler.
Damit notiert er neun Umfragen in Folge im negativen Bereich. Derart lang verharrte die Zeitreihe selbst während der Krise zu Beginn der Nullerjahre nicht unterhalb des Nullwertes.
Skepsis, stellenweise Pessimismus, scheinen sich zu verfestigen. Allerdings ist die Skepsis in beiden Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt. Während in Berlin 22 Prozent der Befragten schlechtere
und 20 Prozent bessere Geschäfte erwarten, überwiegt in Brandenburg mit 34 zu zehn Prozent klar die negative Sicht. Die Diskrepanz zieht sich durch nahezu alle Branchen.
Eine Ausnahme ist das Gastgewerbe, dessen Betriebe in beiden Ländern überwiegend pessimistisch gestimmt sind. Die stark eingetrübten Zukunftsaussichten vieler Brandenburger Unternehmen dürften,
zumindest in personenbezogenen Branchen und im weiteren Umland, auch demografischen und wirtschaftsstrukturellen Veränderungen geschuldet sein.
In der Industrie trüben sich die Aussichten in beiden Ländern weiter ein, der Erwartungsindikator fällt in Berlin von fünf Zählern im Herbst auf einen Punkt, in Brandenburg von minus 19 auf minus 30. Gründe sind hohe Kosten, nachlassende Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und schwache Inlandsnachfrage. Die Handelserwartungen in Brandenburg sind weiterhin stark eingetrübt, auch wenn der Indikator leicht von minus 41 auf minus 38 Punkte steigt. In Berlin steigt er von minus 16 auf null Punkte. Für die starke Niveaudiskrepanz dürften nicht zuletzt Kaufkraft- und strukturelle Unterschiede
verantwortlich zeichnen.
Unverändert von Skepsis geprägt sind die Erwartungen der Berliner Dienstleister, deren Erwartungsindikator bei minus zwei Punkten verharrt, während er in Brandenburg von minus 20 auf minus 16 Punkte
steigt. Hohe Arbeitskosten gepaart mit Fachkräftemangel und überschattet von wachstumshemmenden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen lassen kaum Hoffnung auf eine demnächst dynamischere Konjunktur aufkommen.

Indikator der Geschäftserwartungen

Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der erwarteten Geschäftslage in Prozentpunkten
Indikator der Geschäftserwartungen-Berlin-Brandenburg-2025
Die komplette Auswertung der Konjunkturumfrage Berlin-Brandenburg lesen Sie im Konjunkturbericht für den Jahresbeginn 2025 (Download im rechten Bereich).
Eine Auswertung für Südbrandenburg finden Sie im Artikel zur Konjunkturumfrage Südbrandenburg.