Ausweitung des UKlaG und des UWG auf das Arbeitsrecht

Eine Bund-Länder Arbeitsgruppe prüft derzeit, ob der Anwendungsbereich der Verbandsklage im Unterlassungsklagen-Gesetz (UKlaG) auch auf arbeitsvertragliche Regelungen, soweit diese als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen sind, erstreckt werden sollte.
Das ist bisher gemäß § 15 UKlaG ausgeschlossen. Zudem soll geprüft werden, ob bestimmte Verstöße gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften (z. B. gegen das MiLoG) zukünftig wettbewerbsrechtlich über das UWG sanktioniert werden sollten. Wir bitten um Rückmeldung bis zum 20.12.2024.
Diese Bund-Länder Arbeitsgruppe ist von der Justizministerkonferenz (JuMiKo) eingerichtet worden und soll nun unter Federführung von Hamburg die Einführung geeigneter Instrumente im arbeitsgerichtlichen Verfahren ergebnisoffen prüfen und gegebenenfalls konkrete Vorschläge ausarbeiten.
Im Zuge dieser Prüfung wurde eine Verbändeanhörung zur Erweiterung von UKlaG und UWG eingeleitet und die DIHK zu einer Stellungnahme zu den Vor- und Nachteilen und insbesondere zu folgenden Fragen aufgefordert:
  • Könnte grundsätzlich ein praktisches Bedürfnis für eine Unterlassungsklage im Sinne des § 1 UKlaG bestehen?
  • Falls ja: Welchen Verbänden könnte eine sachgerechte und den Besonderheiten von arbeitsvertraglichen Beziehungen Rechnung tragende Durchsetzung übertragen werden?
  • Was sind die Vor- und Nachteile einer Anwendung des UWG auf bestimmte grundlegende Schutzvorschriften des Arbeitsrechts?
  • Gibt es ein praktisches Bedürfnis für eine wettbewerbsrechtliche Sanktionierung bestimmter Verstöße gegen arbeitnehmerschützende Vorschriften? Wenn ja, aus welchen Gründen?
  • Welche der derzeit nach § 8 Abs. 3 UWG klagebefugten Akteure kämen in Betracht, um solche Verstöße geltend zu machen?
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem beigefügten Schreiben Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz vom 20. November 2023.

Erste Einschätzung der DIHK
Es gibt weder ein praktisches Bedürfnis für die Ausweitung der Unterlassungsklage auf Arbeitsrechtsverstöße, noch für eine wettbewerbsrechtliche Sanktionierung solcher Verstöße. Hinsichtlich der Klagebefugnis muss es beim Gleichlauf zwischen UKlaG und UWG bleiben. Eine Ausweitung auf Gewerkschaften in Form einer Abmahn- und Klagebefugnis für Arbeitnehmer wird als überflüssig und systemwidrig abgelehnt.
 
UKlaG
Ein arbeitsrechtliches Verbandsklagerecht würde zu einer Zunahme von Rechtsstreitigkeiten führen. Zudem ist aus sozialpolitischen Gründen für Arbeitnehmer die Schwelle, ein arbeitsgerichtliches Verfahren einzuleiten, bereits jetzt sehr niedrig, z. B. durch gedeckelte Gerichtskosten oder die Prozessvertretung durch eine Gewerkschaft. Eine Gefahr, dass die Individualrechte von Arbeitnehmern nicht durchgesetzt werden können, besteht aus unserer Sicht nicht, zumal erstinstanzlich auch anders als im Zivilrecht jede Partei nur die eigenen Anwaltskosten trägt, unabhängig vom Ausgang des Prozesses. Zudem erscheinen Unterlassungsansprüche im Bereich des Arbeitsrechts in der im UKlaG vorgesehenen Form nicht zweckmäßig, denn § 6 UKlaG bestimmt die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Das würde dazu führen, dass sich Zivilgerichte mit der Frage unwirksamer Klauseln in Arbeitsverträgen beschäftigen müssten, obwohl dies ein Bereich ist, der typischerweise den Arbeitsgerichten vorbehalten ist.
 
UWG:
Aus DIHK-Sicht sind arbeitsrechtliche Verstöße gerade nicht als solche i. S. d. § 3a UWG zu werten, da diese im arbeitsgerichtlichen Verfahren und zwischen den Parteien geklärt werden sollen. Auch für die Sanktionierung von nicht eingehaltenen allgemeinverbindlichen Tarifverträgen und von Verstößen gegen das MiLoG gibt es andere Möglichkeiten (welche?, ggf. aus den entsprechenden Urteilsbegründungen zu entnehmen?). Eine doppelte Rechtsverfolgung und Sanktionierung ist auf jeden Fall zu vermeiden. Auch darf es nicht zu ggf. unterschiedlichen Urteilen von Arbeitsgericht und Landgericht kommen - ganz abgesehen davon, dass das Ziel, die Belastung der Gerichte zu verringern, dann gerade konterkariert würde, wenn nun sogar bei beiden Gerichtszweigen Parallelverfahren angestrengt werden könnten.
 
Klagebefugnis
Auch die Frage, wer solche Ansprüche geltend machen könnte, wird sich schwierig gestalten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 UKlaG sind Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen abmahn- und klagebefugt. Dieselbe Formulierung ist auch in § 8 Abs. 3 Ziff. 4 UWG enthalten. Schon das war bei der Einführung dieser Regelungen im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hochumstritten und war von uns abgelehnt worden. Es ist dann aber bewusst formuliert worden, dass es gerade nicht um die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen geht. Zwar mögen Arbeitnehmer auch Verbraucher sein, aber Gewerkschaften sind deshalb noch keine Verbraucherschutzorganisationen. Vielmehr können Gewerkschaften betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Gewerkschaftsmitglieder bei der arbeitsgerichtlichen Geltendmachung ihrer Rechte unterstützen, indem sie im Gerichtsverfahren als deren Prozessvertreter oder Beistände auftreten. Es gibt bereits nach geltendem Recht ausreichend Klagemöglichkeiten für Gewerkschaften im Arbeitsrecht. Eine Ausweitung auf das UKlaG und UWG ist weder sinnvoll noch erforderlich.
Verbraucherorganisationen hingegen haben gerade nicht die Aufgabe, arbeitsvertragliche Problemstellungen aufzugreifen. Doppelstrukturen erscheinen schädlich und führen zu unnötiger Belastung der betroffenen Unternehmen und auch der Gerichte.
Wenn und soweit Mitbewerber arbeitsrechtliche Rechtsverstöße ihrer Konkurrenten abmahnen könnten, wäre die nächste Welle von Abmahnmissbrauch schon programmiert, diesmal nicht unter dem Aspekt der finanziellen Eigeninteressen, sondern eher unter dem Aspekt des Behinderungswettbewerbs und ggf. auch, um an Geschäftsgeheimnisse zu gelangen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Positionen dazu bis zum 4. Januar 2024 zusenden könnten.
Auch eine Rückmeldung zu unserer Ersteinschätzung ist für uns hilfreich. Zudem interessiert uns, ob und inwieweit aus Ihrer Sicht bei unserer Stellungnahme wegen § 1 Abs. 5 IHK Beschränkung oder Zurückhaltung geboten erscheint.
Bitte senden Sie uns Ihre Rückmeldung/Anmerkungen/Stellungnahme an reppelmund.hildegard@dihk.de und stoew.jacqueline@dihk.de