PM 50 | 18.05.2022

Hohe Preise und Lieferengpässe machen Sorgen

IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2022

Hohe Energie- und Materialpreise sowie gestörte Lieferketten belasten die regionale Wirtschaft und dämpfen das Wachstum. Während die aktuelle Lage noch relativ stabil bewertet wird, sacken die Geschäftsprognosen deutlich ab. Unsicherheiten über die weiteren Folgen des Krieges in der Ukraine bestimmen den Ausblick.
Der IHK-Geschäftsklimaindex, der die Einschätzungen zur aktuellen Lage und zu den Geschäftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, fällt unterhalb der Wachstumsschwelle auf 98 Punkte, nach 109 Punkten in der Vorumfrage.
Das sind die zentralen Aussagen der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Chemnitz, die im April 2022 durchgeführt wurde und an der sich 558 Unternehmen aus Industrie, Baugewerbe, Einzel- und Großhandel, Dienstleistungen, Verkehr sowie Gast- und Tourismusgewerbe mit insgesamt mehr als 27.200 Beschäftigten beteiligten.

Lage und Erwartungen

Mit Ausbruch des Ukraine-Krieges haben sich die Probleme bei den Energie- und Materialpreisen sowie den gestörten Lieferketten weiter verschärft. Fast alle Unternehmen spüren die Auswirkungen durch Krieg und Sanktionen - insbesondere durch nochmals höhere Energiekosten (85 %), höhere Kosten für Rohstoffe und Vorleistungen (68 %) sowie Störungen in den Lieferketten und der Logistik (48 %).
„Die Kriegsfolgen, aber auch die konsequente Null-Covid-Strategie in China mit all ihren Konsequenzen stellen aktuell die größten konjunkturellen Belastungen dar. Angesichts dieser Herausforderungen schlagen sich die Unternehmen immer noch recht wacker“,
so fasst Dr. h. c. Pfortner, Präsident der IHK Chemnitz, die aktuelle Situation zusammen.
„Die Langwierigkeit staatlicher Maßnahmen ist deshalb kaum zu verstehen“,
so Pfortner weiter.  
Mit 37 Prozent berichten aktuell weiterhin mehr Unternehmen von guten Geschäften als von schlechten (16 Prozent). Viele Unternehmen konnten die aktuellen Kostensteigerungen an ihre Kundschaft, zumindest teilweise, weitergeben (44 %) oder planen dies (35 %). Höchst fraglich bleibt allerdings, ob das auch in den nächsten Monaten möglich ist. Die regionalen Unternehmen geraten zunehmend in unruhiges Fahrwasser. Der Geschäftsausblick ist deutlich eingetrübt.
Rund ein Drittel geben pessimistische Prognosen ab, während nur 13 Prozent bessere Geschäfte erwarten. Im Risikoradar der regionalen Wirtschaft stehen mit stark steigender Tendenz die Energie- und Kraftstoffpreise (83 % der Nennungen), gefolgt von den Rohstoffpreisen (65 %) und den Arbeitskosten (62 %) ganz oben.
 
„Die Wirtschaft braucht eine sichere und zuverlässige Energie- und Rohstoffversorgung. Dafür müssen wir auch unsere heimischen Potenziale viel stärker in den Blick nehmen.
Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren darf nicht nur für LNG-Terminals gelten, sondern beispielsweise auch für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und die Förderung heimischer Rohstoffe – insbesondere von Erdgas“,
fordert der IHK Präsident.

Investitionen und Beschäftigung

Angesichts der großen Unsicherheit nimmt die Einstellungsbereitschaft ab. So rechnen für die kommenden Monate nur noch zwölf Prozent der Betriebe mit einer Personalaufstockung, 18 Prozent mit einem Rückgang. Die Investitionsbereitschaft sinkt ebenfalls. 18 Prozent (Vorumfrage 23 %) der Unternehmen beabsichtigen, ihre Investitionsausgaben zu erhöhen und 43 Prozent gleichzuhalten. 39 Prozent der Unternehmen fahren ihre Investitionsbudgets zurück bzw. planen keine Investitionen.

Branchen

Der Blick auf die einzelnen Branchen zeigt erhebliche Unterschiede. Im Einzelhandel sowie im Tourismus- und Gastgewerbe verbessern sich durch den Wegfall pandemiebedingter Beschränkungen auf niedrigem Niveau die Geschäfte. Allerdings trüben die gestiegenen Kosten die Konsumlaune. Im Bau, Großhandel und im Verkehrsgewerbe machen sich die explodierenden Preise bei Kraftstoffen, Materialien und die Lieferengpässe besonders bemerkbar. Im Verkehrsgewerbe schlagen sich die hohen Kosten bereits deutlich auf die Finanzlage durch. 40 Prozent arbeiten aktuell mit Verlust.
„Deshalb braucht die Verkehrsbranche dringend die angekündigte temporäre Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe spätestens ab 1. Juni“,
so Pfortner weiter.
Indes bleiben die Lagebewertungen in der Industrie relativ stabil. Steigende Energie- und Materialpreise und gestörte Lieferketten schlagen sich allerdings immer deutlicher auf die Ertragsentwicklung durch. Die fehlenden Vorprodukte spiegeln sich in der rückläufigen Auslastung der Kapazitäten wider.
Der Krieg in der Ukraine sowie die damit verbundenen Wirtschaftssanktionen wirken sich mittelbar auf fast alle Industrieunternehmen aus.
Jeweils 88 Prozent berichten von höheren Energiekosten sowie höheren Kosten für Rohstoffe und Vorleistungen. Störungen in der Lieferkette und Logistik (57 %) sowie fehlende Rohstoffe und Vorleistungen (49 %) schränken ebenfalls die Geschäfte ein. Rund jedes vierte befragte Industrieunternehmen unterhält bzw. unterhielt Geschäftsbeziehungen in die Ukraine (11 %), nach Russland (18 %) oder Belarus (8 %).
Neben den oben genannten Hindernissen berichten diese Unternehmen häufig von Verlusten von Geschäftspartnern bzw. Abbruch von Geschäftsbeziehungen (42 %), Umsatzrückgängen (42 %), Zunahme von Handelshemmnissen (36 %), Auftragsstornierungen (31 %) und Hindernissen im Zahlungsverkehr (20 %).

Ansprechpartner IHK:
Martin Witschaß
Referatsleiter Standortanalyse/Arbeitsmarktpolitik
Tel. 0371 6900-1250