Umsatzsteuerliche Behandlung der privater Nutzung von E-Fahrzeugen und Fahrrädern

Die private Nutzung eines Fahrzeugs unterliegt der Umsatzsteuer, wenn bei Anschaffung der volle oder teilweise Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Das gilt auch für Fahrräder.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2022 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 53 KB) gibt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Hinweise zur umsatzsteuerrechtlichen Bewertung. Insbesondere sind danach die ertragsteuerlichen Sonderregelungen bei der Umsatzsteuer nicht anwendbar. Die Grundsätze des BMF-Schreibens gelten in allen offenen Fällen.
Zunächst wird klargestellt, dass der Begriff „Fahrzeug“ – wie er bisher bereits in Abschnitt 15.23 UStAE verwendet wird – mit dem Begriff Kraftfahrzeug gleichzusetzen ist. Er umfasst damit auch Elektrofahrräder, die einer Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen (Abschnitt 15.23 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Das sind im Wesentlichen E-Bikes, bei denen der Motor unabhängig von der Trittleistung des Fahrers funktioniert.
Im Gegensatz dazu sind (Elektro-)Fahrräder zu sehen, die nicht der Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen und damit verkehrsrechtlich als „Fahrrad“ einzuordnen sind (Abschnitt 15.24 Abs. 1 UStAE). Hierunter fallen die sogenannten Pedelecs, bei denen der Elektromotor lediglich unterstützt, der Fahrer aber in jedem Fall selbst treten muss. Spätestens bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h schaltet der Elektromotor ab.
Eine selbständige elektrische Anfahrts- oder Schiebehilfe bis 6 km/h ist unschädlich. Spezifisch für Fahrräder in diesem Sinne geltende Hinweise sind in einem neuen Abschnitt 15.24 UStAE enthalten.


Ertragsteuerliche Sonderregelungen nicht anwendbar
Zudem wird in Abschnitt 15.23 UStAE an mehreren Stellen klargestellt, dass für umsatzsteuerliche Zwecke die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 5 EStG nicht anzuwenden sind. Diese erlauben unter bestimmten Voraussetzungen, den Bruttolistenpreis für ertragsteuerliche Zwecke lediglich zur Hälfte bzw. nur zu einem Viertel anzusetzen. Entsprechend gilt dies auch für die Steuerbefreiung/-ermäßigung für (Elektro-)Fahrräder.


1 %-Regelung möglich
Positiv hervorzuheben ist, dass die 1 %-Regelung auch bei Fahrrädern angewendet werden kann. Die 1 %-Regelung oder Listenpreismethode wird zur Errechnung des geldwerten Vorteils, der sich aus der Überlassung eines betrieblichen Fahrzeuges zur privaten Nutzung ergibt, angewendet.
Danach wird ein Prozent des inländischen Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen inklusive Umsatzsteuer für jeden Kalendermonat der Ertragsbesteuerung unterworfen.
Bei der Berechnung der konkreten umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage muss allerdings unterschieden werden, wer das Fahrrad nutzt.
  • Private Nutzung durch den Unternehmer (Abschnitt 15.24 Abs. 2 UStAE)

    Die Ermittlung erfolgt auf Basis der für Fahrzeuge geltenden Regelungen zur 1 %-Regelung wie sie Abschnitt 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a UStAE vorsieht. Das Fahrzeug muss daher zu mindestens 50 % betrieblich genutzt werden. Berechnungsgrundlage ist der inländische Bruttolistenpreis (ggf. zzgl. Sonderausstattungen).

    Zur Abgeltung nicht mit Vorsteuern belasteter Kosten kann ein pauschaler Abschlag von 20 % vorgenommen werden. Der so ermittelte Betrag ist ein Nettowert und bildet die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage. Die Umsatzsteuer ist mit dem allgemeinen Steuersatz zu berechnen.
  • Überlassung zur auch privaten Nutzung an Arbeiternehmer (Abschnitt 15.24 Abs. 3 UStAE)

    Abschnitt 15.24 Abs. 3 UStAE enthält spezielle Vorgaben für die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils. Berechnungsgrundlage ist die auf volle 100 Euro abgerundete UVP des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrades einschließlich der Umsatzsteuer.

    Ein Abschlag für nicht vorsteuerbelastete Kosten ist nicht zulässig. Der so ermittelte Betrag ist ein Bruttowert, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist, um zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu gelangen. Beträgt der für das Fahrrad anzusetzende Wert weniger als 500 € (Brutto-UVP), kann auf die Besteuerung verzichtet werden.

    Die Ermittlung des Privatanteils anhand eines Fahrtenbuchs ist mangels Tachos ausgeschlossen.

Unentgeltliche Wertabgabe oder entgeltliche Leistung?
Die unternehmensfremde (private) Nutzung eines Fahrzeugs unterliegt als sog. „unentgeltliche Wertabgabe“ nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer, wenn bei Anschaffung der volle oder teilweise Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Fahrzeug zur auch privaten Nutzung, wird grundsätzlich eine entgeltliche Leistung (Überlassung gegen Arbeitsleistung) angenommen.

Für die Frage, mit welchem Wert die Besteuerung zu erfolgen hat, enthielt der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) bereits bisher Erläuterungen in Abschnitt 15.23, die sich auf herkömmliche Fahrzeuge bezogen. Mit dem neuen Schreiben vom 7. Februar 2022 veröffentlicht die Finanzverwaltung erstmals Hinweise zur Besteuerung von Fahrrädern. Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden, also ggf. auch auf Sachverhalte der Vergangenheit.