Grundsteuerreform

1. Warum die Grundsteuer reformiert werden musste

Am 10.04.2018 entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass die Bewertung der Grundstücke im Rahmen der Grundsteuer mit dem Einheitswert verfassungswidrig ist.
Die Einheitswerte stammen teilweise aus dem Jahr 1964, in den östlichen Bundesländern basieren sie noch auf Feststellungen aus dem Jahr 1935.
Eigentlich hatte der Gesetzgeber Hauptfeststellungen im sechsjährigen Rhythmus vorgesehen, bei denen der Grund und Boden bewertet werden sollte. Diese Hauptfeststellungen fanden jedoch nach 1964 bzw. 1935 nie wieder statt. So kam es, dass zum Beispiel ein im Jahr 2015 errichtetes Gebäude so bewertet wurde, als ob es sich noch im Ausstattungszustand des Jahres 1964 bzw. 1935 befand. Die zeitgemäße Ausstattung und der dadurch bedingte höhere Wert blieben unberücksichtigt.
Umgekehrt blieben bei der Bewertung aber auch Abnutzungen alter Gebäude, die den Wert minderten, außen vor.
Die Einheitswerte wurden nur vereinzelt angepasst, zum Beispiel bei wesentlichen Wertveränderungen oder bei der Errichtung neuer Gebäude. Wechselte der Eigentümer, nahmen die Finanzämter jedoch meist keine Anpassungen vor, sondern verwendeten weiterhin den bisherigen Einheitswert der Vorbesitzer.
Die Bewertung der Grundstücke auf Grundlage der veralteten Einheitswerte führte im Laufe der Zeit zu Wertverzerrungen und schließlich dazu, dass für gleichartige Grundstücke unterschiedliche Grundsteuern anfielen.
Das stellt einen klaren Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung dar. Aus diesem Grund erklärte das BVerfG im Jahr 2018 die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig. Gleichzeitig verpflichtete es den Gesetzgeber, die Grundsteuer bis Ende 2019 neu zu regeln.
Diese Neuregelung soll zum 01.01.2025 in Kraft treten. Bis dahin darf die Grundsteuer übergangsweise weiterhin nach den bisherigen Regelungen erhoben werden.

2. Was ändert sich im Vergleich zur bisherigen Rechtslage?

2.1 Bisherige Berechnung – künftige Berechnung

Wie bisher wird auch bei der neuen Grundsteuer in einem dreistufigen Verfahren mit dem Grundstückswert, der Steuermesszahl und dem Hebesatz gerechnet.
Maßgebend für die Ermittlung des Grundstückswerts war bisher der Einheitswert. Dieser wird durch den Grundsteuerwert abgelöst.
Dieser Grundsteuerwert orientiert sich unter anderem am Bodenrichtwert, an der Fläche des Grundstücks, am Alter des Gebäudes sowie daran, ob das Gebäude privat oder betrieblich genutzt wird.
Erst bei näherer Betrachtung wird ersichtlich, wie viele Rechenschritte künftig nötig sind, bis der neue Grundsteuerwert ermittelt ist.
Für ein Einfamilienhaus gestaltet sich die Rechnung zum Beispiel folgendermaßen:
Zuerst ermittelt man den jährlichen Rohertrag; dieser ergibt sich aus der monatlichen Nettokaltmiete unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen aufgrund der Mietniveaustufe. Davon zieht man die Bewirtschaftungskosten ab und erhält so den jährlichen Reinertrag. Darauf wendet man einen Vervielfältiger an, um den kapitalisierten Reinertrag zu erhalten. Dazu addiert man dann noch den abgezinsten Bodenwert und erhält schließlich den Grundsteuerwert.
Hinweis:
Ein ausführliches Rechenbeispiel finden Sie unter Punkt 3.5.1
Eine wichtige Änderung gibt es bei unbebauten Grundstücken: Auch Gebäude von untergeordneter Bedeutung zählen – anders als bisher – nun als Bebauung. Das bedeutet: Ein bisher unbebautes Grundstück könnte künftig als bebautes Grundstück gelten. Dementsprechend würde der Grundsteuerwert höher ausfallen. Gebäude von untergeordneter Bedeutung sind zum Beispiel ein Gartenhaus, ein kleiner Geräteschuppen oder ein Carport für ein Wohnmobil.

2.2 Einige Bundesländer rechnen anders

Eigentlich gilt das neue System der Grundsteuer bundesweit. Allerdings wurde den Bundesländern ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, eigene, vom sogenannten Bundesmodell abweichende Regeln zur Bewertung zu entwickeln und erlassen.
Von dieser Öffnungsklausel haben bisher Gebrauch gemacht: Sachsen, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Saarland.
Hinweis:
Details zu den einzelnen Regelungen dieser Länder finden Sie unter Punkt 6.

3. Die Berechnung der neuen Grundsteuer in Sachsen (Nutzungsartmodell)

3.1 dreistufiges System

Beim Nutzungsartmodell in Sachsen wird die Grundsteuer analog zum Bundesmodell in einem dreistufigen Verfahren ermittelt:
 
1. Stufe
Ermittlung des Grundsteuerwerts
2. Stufe
Anwendung der Steuermesszahl und Berechnung des Steuermessbetrags
3. Stufe
Anwendung des Hebesatzes
Die kurze Berechnungsformel für die Grundsteuer lautet:
Grundsteuerwert × Steuermesszahl × Hebesatz = Grundsteuer
Vor allem hinter dem Grundsteuerwert verbergen sich aber noch einige sehr ausführliche Rechenschritte.

3.2 Grundsteuerwert (Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren)

Für die Berechnung des Grundsteuerwerts bei bebauten Grundstücken gibt es zwei Verfahren:
  • das Ertragswertverfahren und
  • das Sachwertverfahren.
Das Ertragswertverfahren gilt für
  • Ein- und Zweifamilienhäuser,
  • Mietwohngrundstücke und
  • Wohnungseigentum.

Das Sachwertverfahren findet Anwendung bei
  • Geschäftsgrundstücken,
  • gemischt genutzten Grundstücken,
  • Teileigentum und
  • sonstigen bebauten Grundstücken.
Je nach Bewertungsverfahren fließen unterschiedliche Faktoren in die Berechnung ein.

Für das Ertragswertverfahren zählen insbesondere:
  • Grundstücksfläche
  • Bodenrichtwert
  • Alter des Gebäudes
  • Wohnfläche
  • Mietniveaustufe
  • monatliche Nettokaltmiete
     
So sieht die Berechnung nach dem Ertragswertverfahren aus:
Berechnungsschema Ertragswertverfahren
monatliche Nettokaltmiete je qm Wohnfläche (Anlage 39 zum Bewertungsgesetz (BewG))
+/– Zuschlag/Abschlag abhängig von der Mietniveaustufe
× 12
= jährlicher Rohertrag
jährlicher Rohertrag
-  Bewirtschaftungskosten
(abhängig vom Alter des Gebäudes, Anlage 40 zum BewG)
= jährlicher Reinertrag
× Vervielfältiger
(abhängig vom Alter des Gebäudes, Anlagen 37 und 38 zum BewG)
= Barwert des Reinertrags
Grundstücksfläche
× Bodenrichtwert
× Umrechnungskoeffizient bei Ein- und Zweifamilienhäusern
= Bodenwert
× Abzinsungsfaktor
= abgezinster Bodenwert
+ abgezinster Bodenwert
= Grundsteuerwert

Die relevanten Faktoren beim Sachwertverfahren sind unter anderem:
  • Grundstücksfläche
  • Bodenrichtwert
  • Alter des Gebäudes
  • Brutto-Grundfläche des Gebäudes
  • Herstellungskosten des Gebäudes

So sieht die Berechnung nach dem Sachwertverfahren aus:
Berechnungsschema Sachwertverfahren
Normalherstellungskosten in €/qm
× Baupreisindex
× Brutto-Grundfläche des Gebäudes
= Gebäudenormalherstellungswert
– Alterswertminderung (abhängig vom Alter des Gebäudes)
= Gebäudesachwert
Gebäudesachwert
Grundstücksfläche
× Bodenrichtwert
= Bodenwert
+ Bodenwert
= vorläufiger Sachwert
× Wertzahl (Anlage 43 zum BewG)
= Grundsteuerwert

Bei unbebauten Grundstücken ist die Berechnung dagegen viel einfacher. Hier errechnet sich der Grundsteuerwert aus Bodenrichtwert und Grundstücksfläche.
Bei allen Berechnungen gilt: Der Grundsteuerwert wird auf volle 100 € abgerundet.

3.3 Steuermesszahl und Steuermessbetrag

Steht der Grundsteuerwert für das Grundstück fest, kommt in der zweiten Stufe die Steuermesszahl zur Anwendung. Dadurch erhält man den Steuermessbetrag, der für die weitere Berechnung benötigt wird.

Die Formel dazu lautet:
Grundsteuerwert × Steuermesszahl = Steuermessbetrag
Je nach Art der Bebauung kann die Steuermesszahl unterschiedlich hoch ausfallen.
 
Art der Bebauung
Steuermesszahl
Einfamilienhaus
0,36 ‰
Zweifamilienhaus
0,36 ‰
Mietwohngrundstücke
0,36 ‰
Wohnungseigentum
0,36 ‰
Teileigentum
0,72 ‰
Geschäftsgrundstücke
0,72 ‰
gemischt genutzte Grundstücke
0,72 ‰
sonstige bebaute Grundstücke
0,72 ‰
unbebaute Grundstücke
0,36 ‰
Beispiel zur Berechnung
Ein Einfamilienhaus in Sachsen hat einen Grundsteuerwert von 100.000 €.
 
Der Steuermessbetrag beträgt:
100.000 € × 0,36 ‰ = 36 €
Sozialer Wohnungsbau und nach dem Wohnraumförderungsgesetz geförderte Wohnungen profitieren von einer Ermäßigung der Steuermesszahl um 25 %. Bei Denkmälern reduziert sich die Steuermesszahl um 10 %.
Beispiel zur Berechnung
Ein Einfamilienhaus hat einen Grundsteuerwert von 100.000 €. Es liegt ein Förderbescheid nach dem Wohnraumförderungsgesetz vor. Die Steuermesszahl von 0,36 ‰ reduziert sich um 25 % auf 0,27 ‰. Der Steuermessbetrag beträgt:
100.000 € × 0,27 ‰ = 27,00 €

3.4 Hebesatz

Im dritten Schritt wird der Hebesatz auf den Steuermessbetrag angewendet. Im Ergebnis erhält man schließlich die Grundsteuer.
Die Berechnungsformel lautet:
Steuermessbetrag × Hebesatz = Grundsteuer
Der Hebesatz wird von der Gemeinde bzw. Kommune festgesetzt.
Beispiel zur Berechnung
Der Hebesatz der Gemeinde A beträgt 450 %. In der Nachbargemeinde B gilt ein Hebesatz von 400 %. Bei einem Steuermessbetrag von 36 € ergibt sich folgende Grundsteuer:
Gemeinde A: 36 € × 450 % = 162 €
Gemeinde B: 36 € × 400 % = 144 €
Es gibt drei unterschiedliche Hebesätze:
  • Grundsteuer A: Diese gilt für Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft.
  • Grundsteuer B: Diese gilt für alle anderen bebauten und unbebauten Grundstücke.
  • Grundsteuer C: Diese darf die Gemeinde ab 2025 für unbebaute, „baureife“ Grundstücke erheben.
Die Hebesätze für die Grundsteuer A und B müssen von den Gemeinden festgelegt werden.
Eine Erhebung der Grundsteuer C liegt im Ermessen der Gemeinde. Ob die Gemeinden davon Gebrauch machen werden und wie hoch der Hebesatz ausfallen wird, bleibt abzuwarten.
Voraussetzung für die Grundsteuer C ist, dass
  • es sich um „baureife“ Grundstücke handelt und
  • „städtebauliche Gründe“ für deren Erhebung sprechen.
Baureife Grundstücke sind unbebaute Grundstücke, die nach Lage, Form und Größe und ihrem sonstigen tatsächlichen Zustand sowie nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften sofort bebaut werden könnten.
Als städtebauliche Gründe kommen insbesondere in Betracht:
  • die Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten,
  • die Nachverdichtung bestehender Siedlungsstrukturen oder
  • die Stärkung der Innenentwicklung.
Diese städtebaulichen Gründe muss die Gemeinde nachvollziehbar darlegen. Auch muss sie die baureifen Grundstücke genau bezeichnen und das Gemeindegebiet, für das die Grundsteuer C gelten soll, in einer Karte nachweisen.
Mit der Grundsteuer C will der Gesetzgeber die Eigentümer unbebauter und baureifer Grundstücke dazu bringen, dort Wohnraum zu schaffen. Durch den höheren Hebesatz und die dadurch höhere Grundsteuer verteuert sich die Spekulation mit Bauland und macht das Abwarten von Wertsteigerungen unattraktiver. Damit soll dem Wohnungsmangel vor allem in Ballungsgebieten entgegengewirkt werden.

3.5 Beispiele


3.5.1    Einfamilienhaus
Ein Einfamilienhaus in Sachsen, Baujahr 1994, hat eine Wohnfläche von 160 qm. Die monatliche Nettokaltmiete beträgt 996,80 €.
Es gilt die Mietniveaustufe 2. Die Grundstücksfläche beträgt 650 qm. Der Bodenrichtwert liegt bei 130 €/qm. Die Gemeinde hat einen Hebesatz von 580 % festgelegt.
 
So berechnet sich die Grundsteuer (Bewertung zum Stichtag 01.01.2022):
 
Berechnungsschema Einfamilienhaus im Ertragswertverfahren
monatliche Nettokaltmiete
(Anlage 39 zum BewG) 
      996,80 €
+/– Zuschlag/Abschlag
abhängig von der
Mietniveaustufe 
          - 10 %
× 12 
              × 12
= jährlicher Rohertrag 
 10.765,44 €
  jährlicher
 Rohertrag
   10.765,44 €
 – Bewirt_
schaftungs-
kosten (Anlage
40 zum BewG)
           – 21 %
= jährlicher
   Reinertrag
      8.504,70 €
 × Verviel-
    fältiger
    (Anlagen 37
     und 38 zum
     BewG)
         × 27,77
 = Barwert
des Reinertrags
 236.175,45 €
Grundstücksfläche 
        650 qm
× Bodenrichtwert 
    130 €/qm
× Umrechnungskoeffizient
bei Ein- und
Zweifamilienhäusern 
             0,94
= Bodenwert 
      79.430 €
× Abzinsungsfaktor 
         0,3057
= abgezinster
    Bodenwert 
 24.281,75 €
+ abgezinster
Bodenwert
= Grundsteuerwert
(abgerundet auf 
volle 100 €)
 260.400,00 €
Grundsteuerwert × Steuermesszahl × Hebesatz = Grundsteuer 
260.400,00 € × 0,36 ‰ × 580 % = 543,72 € 
Ergebnis: 
Die Grundsteuer für das Einfamilienhaus beträgt jährlich 543,72 €. 

3.5.2    Geschäftsgrundstück
Ein Verbrauchermarkt, erbaut 2017, hat eine Bruttogrundfläche von 1.200 qm. Das Grundstück ist 4.000 qm groß. Der Bodenrichtwert liegt bei 40 €/qm. Den Hebesatz hat die Gemeinde auf 580 % festgelegt.

So berechnet sich die Grundsteuer (Bewertung zum Stichtag 01.01.2022):
Berechnungsschema Geschäftsgrundstück im Sachwertverfahren 
Normalher-
stellungskosten
in €/qm 
                  
         896 €/qm 
× Baupreisindex 
          × 148,6 % 
× Bruttogrund-
fläche des
Gebäudes 
       × 1.200 qm 
= Gebäude-
normalherstell-
ungswert 
     1.597.747,20 € 
– Alterswert-
minderung
(5/30) 
   – 266.291,20 € 
= Gebäude-
sachwert 
     1.331.456,00 € 
  Gebäude-
 sachwert 
 1.331.456,00 € 
Grundstücks-
fläche 
                    
            4.000 qm 
× Boden-
richtwert 
     
      
         × 40 €/qm 
= Bodenwert 
    160.000,00 €            
+ Bodenwert 
+ 160.000,00 € 
= vorläufiger 
   Sachwert 
1.491.456,00 € 
× Wertzahl 
(Anlage 43
zum BewG) 
            × 0,65 
= Grundsteuerwert  
(abgerundet auf 
volle 100 €) 
   969.400,00 €  
Grundsteuerwert × Steuermesszahl × Hebesatz = Grundsteuer 
969.400,00 € × 0,72 ‰ × 580 % = 4.048,21 € 
Ergebnis:
Die Grundsteuer für den Verbrauchermarkt beträgt jährlich 4.048,21 €. 

4. Auswirkungen: Wer muss künftig wie viel zahlen?

Ziel des Gesetzgebers war es, die Grundsteuerreform aufkommensneutral zu gestalten. Insgesamt sollten alle Steuerpflichtigen zusammen nicht mehr Grundsteuer bezahlen als bisher. Die individuellen Steuerzahlungen werden sich hingegen verändern. Letztlich wird es so sein, dass einige Grundstücksbesitzer weniger bezahlen müssen als bisher, während andere künftig mehr Grundsteuer bezahlen müssen.
Wie hoch die tatsächlich zu zahlende Grundsteuer ab 2025 ausfallen wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Die Höhe der Grundsteuer wird vor allem davon abhängen, welche Hebesätze die Gemeinden festlegen werden.

5. Ausblick: Was müssen Sie wann tun?

01.01.2022
Der 01.01.2022 ist der Stichtag für die erste Hauptfeststellung. Das bedeutet, dass die Finanzämter alle Grundstücke in Deutschland neu bewerten. Damit die Finanzämter diese erste Bewertung durchführen können, müssen die Steuerpflichtigen eine „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ abgeben.
Die Aufforderung zur Abgabe erfolgte am 30. März 2022 durch öffentliche Bekanntmachung des Bundesministeriums der Finanzen (BStBl 2022 I S. 205).
Suchen Sie möglichst zeitnah die für die Erklärung benötigten Informationen und Unterlagen zusammen.
Das sind zum Beispiel:
  • Gemarkung und Flurstück des Grundvermögens,
  • Eigentumsverhältnisse,
  • Grundstücksart (unbebaut, Wohngrundstück, andere Bebauung),
  • Fläche des Grundstücks,
  • bisherige Einheitswertbescheide.
Beachten Sie:
Die meisten Bundesländer haben ab dem Frühjahr 2022 ein Informationsschreiben an die Grundstückseigentümer versandt, in denen alle wichtigen Daten für die Erklärung enthalten sind.

01.07.2022
Ab diesem Termin kann die Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte abgegeben werden. Die elektronische Übermittlung ist Pflicht, deshalb sollten Sie sich rechtzeitig um einen ELSTER-Zugang bemühen, falls dieser noch nicht besteht.
Hinweis
Ein ELSTER-Benutzerkonto können Sie online erstellen:
 
31.10.2022
Der 31.10.2022 ist der letzte Abgabetermin für die Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte. Dieser Stichtag gilt auch für steuerlich beratene Mandanten.

In der Zwischenzeit
Die Finanzämter erlassen die Feststellungsbescheide bezüglich der Grundsteuerwerte und der Steuermessbeträge. Die Gemeinden legen ihre Hebesätze neu fest.

01.01.2025
Ab dem 01.01.2025 ist die neue Grundsteuer zu zahlen.

6. Was passiert, wenn keine Feststellungserklärung abgegeben wird?

Jeder Steuerpflichtige ist verpflichtet, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes abzugeben. Steuerpflichtiger ist in den meisten Fällen der Grundstückseigentümer.
Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung erhalten die Steuerpflichtigen im Rahmen der ersten Hauptfeststellung per öffentlicher Bekanntmachung. Abgabezeitraum ist nach derzeitigem Stand vom 01.07.2022 bis 31.10.2022.
Bei dieser Feststellungserklärung nach § 228 Abs. 1 BewG handelt es sich um eine Steuererklärung. Das bedeutet: Gibt der Steuerpflichtige die Erklärung nicht ab, kann er zum einen durch Zwangsmittel zur Abgabe gezwungen werden, zum anderen darf das Finanzamt aber auch die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Ein Verspätungszuschlag droht jedoch nicht.

6.1 Zwangsmittel
Als Zwangsmittel stehen grundsätzlich zur Verfügung:
  • das Zwangsgeld,
  • die Ersatzvornahme und
  • der unmittelbare Zwang.
Um es gleich vorwegzunehmen: Bei Nichtabgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes kommt lediglich ein Zwangsgeld in Betracht.
Denn sowohl Ersatzvornahme als auch unmittelbarer Zwang erfordern eine sogenannte vertretbare Handlung. Diese liegt hier aber nicht vor, da die Abgabe von Steuererklärungen eine unvertretbare Handlung darstellt, die nur vom Steuerpflichtigen selbst, nicht aber von einem Dritten vorgenommen werden kann – auch nicht vom Finanzamt. Das Zwangsgeld beträgt maximal 25.000 €. Bei erst-maliger Androhung ist mit einem Zwangsgeld von ca. 25 € bis 250 € zu rechnen.

6.2 Schätzung
Das Finanzamt darf die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Die meisten Daten, die für die Festsetzung des Grundsteuerwertes benötigt werden, sind dem Finanzamt ohnehin bekannt.
Das sind u.a.:
  • das Aktenzeichen/die Steuernummer,
  • Gemarkung, Flur und Flurstücksnummer,
  • Lage,
  • Grundstücksfläche,
  • Bodenrichtwerte,
  • Art der Nutzung.
Zu schätzen wären also nur die Angaben, die der Steuerpflichtige angeben muss.
Das sind zum Beispiel:
  • Wohn- und Nutzfläche,
  • Garagenplätze,
  • Baujahr.
Achtung
Wer glaubt, sich durch eine Schätzung Arbeit ersparen zu können, sollte wissen: Das Finanzamt wird sicher nicht zugunsten des Steuerpflichtigen schätzen. Ganz im Gegenteil.
Für die Schätzung spielt es keine Rolle, ob das Finanzamt bereits ein Zwangsgeld festgesetzt hat oder nicht.

6.3 Verspätungszuschlag
Das Finanzamt muss grundsätzlich bei Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe einer Steuererklärung einen Verspätungszuschlag festsetzen (§ 152 Abs. 2 Abgabenordnung).
Aber: Im Rahmen der ersten Hauptfeststellung, die zum Stichtag 01.01.2022 erfolgt, entfällt ausnahmsweise die verpflichtende Festsetzung eines Verspätungszuschlags. Das bedeutet, dass das Finanzamt nicht gezwungen ist, bei Nichtabgabe der Feststellungserklärung einen Verspätungszuschlag zu erheben.

7. Die Berechnung der neuen Grundsteuer nach den Ländermodellen

Aufgrund der Öffnungsklausel sind die Bundesländer befugt, eigene Gesetze zur Grundsteuer zu erlassen. Mittlerweile steht fest: Die Mehrheit der Länder setzt das Bundesmodell um, sieben Bundesländer haben sich dagegen entschieden.
Das Saarland und Sachsen orientieren sie sich am Bundesmodell und modifizieren dieses geringfügig (sog. Nutzungsartmodell). Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen gehen jeweils einen ganz eigenen Weg.

7.1 Baden-Württemberg
Das Bundesland Baden-Württemberg hat sich für das sogenannte modifizierte Bodenwertmodell entschieden. Dieses Modell berechnet sich anhand der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Die Steuermesszahl beträgt einheitlich 1,3 ‰. Eigentümer von Wohngebäuden profitieren von einem 30%igen Abschlag auf die Steuermesszahl und zahlen weniger Grundsteuer als Eigentümer von gewerblichen Grund-stücken oder Brachflächen.

7.2 Bayern
Hier wird es ein „reines Flächenmodell“ geben. Welchen Wert Grundstück und Gebäude haben, spielt keine Rolle.
Bei der Berechnung der Grundsteuer werden deshalb einheitlich für das Grundstück 0,04 €/qm angesetzt, für ein Gebäude grundsätzlich 0,50 €/qm. Handelt es sich um ein Wohngebäude, gibt es einen Abschlag von 30 %, so dass nur noch mit 0,35 €/qm gerechnet wird.
Für sozialen Wohnungsbau und denkmalgeschützte Gebäude sind ebenfalls Rabatte vorgesehen.

7.3 Hamburg
Hamburg hat das sogenannte Wohnlagenmodell auf den Weg gebracht. Für die Berechnung der Grundsteuer spielen sowohl die Fläche des Grundstücks als auch die genutzte Fläche des Gebäudes und die Wohnlage der Immobilie eine Rolle.
Bezüglich der Lage orientiert sich das Wohnlagenmodell am Mietspiegel, der die Grundstücke in normale und gute Wohnlagen einteilt. Unabhängig von der Nutzung werden für ein Grundstück 0,02 €/qm angesetzt, für das Gebäude 0,40 €/qm.
Wohnanlagen sind steuerlich begünstigt, bei Sozialwohnungen und denkmalgeschützten Häusern reduziert sich ebenfalls die Grundsteuer.

7.4 Hessen
Das Bundesland Hessen hat sich für das sogenannte Flächen-Faktor-Modell entschieden. Das bedeutet, dass neben der Größe des Grundstücks auch dessen Lage berücksichtigt wird.
Hessen orientiert sich grundsätzlich am bayerischen Flächenmodell, ergänzt dieses aber noch durch einen lagebezogenen Faktor.
Das bedeutet, dass zunächst feste Berechnungsgrößen zur Anwendung kommen. Diese sogenannten Flächenzahlen betragen für das Grundstück 0,04 €/qm und für Gebäude 0,50 €/qm. Der Faktor ermittelt sich aus dem Bodenrichtwert des jeweiligen Grundstücks und dem durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde.

7.5 Niedersachsen
Das Bundesland Niedersachsen nutzt ebenfalls die Öffnungsklausel für ein eigenes Grundsteuermodell: das sogenannte Fläche-Lage-Modell. Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt grundsätzlich anhand der Fläche, ergänzt um wertbildende „innerkommunale Lagefaktoren“. Letztendlich ist das niedersächsische Modell nahezu identisch mit dem hessischen Modell.
Gerechnet wird mit festen Berechnungsgrößen, sogenannten Äquivalenzzahlen. Diese betragen für das Grundstück 0,04 €/qm und für Gebäude 0,50 €/qm. Der Faktor ermittelt sich aus dem Bodenrichtwert des jeweiligen Grundstücks und dem durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde.

7.6 Saarland
Auch wenn das Saarland grundsätzlich von der Öffnungsklausel Gebrauch macht, übernimmt es das Bundesmodell weitgehend. Denn dieses wird lediglich hinsichtlich der Steuermesszahl modifiziert. Je nach Grundstücksart gibt es länderspezifische Steuermesszahlen.
Für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum beträgt die Steuermesszahl 0,34 ‰.
Für unbebaute Grundstücke, Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute Grundstücke liegt die Steuermesszahl bei 0,64 ‰.