Das Hinweisgeberschutzgesetz - Handlungsbedarf für Unternehmen

Am 2. Juli 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz mit einer Verspätung von ca. anderthalb Jahren in Kraft getreten. Damit wurde die Whistleblowing-Richtlinie der Europäischen Union nunmehr in deutsches Recht umgesetzt.
1. Für wen besteht Handlungsbedarf?
Betroffen sind alle Unternehmen die regelmäßig mehr als 49 Personen beschäftigen. Maßgeblich ist, anders als beim Kündigungsschutzgesetz, die Anzahl der „Köpfe“. Für Unternehmen mit bis zu 249 angestellten Personen gibt es eine Übergangsfrist bis 01.12.2023. Bis dahin werden keine Bußgelder bei fehlender Umsetzung verhängt. Unternehmen mit mehr als 249 Angestellten kommen leider nicht in diesen Genuss. Hier gelten die Bußgeldvorschriften bereits seit dem 02.07.2023.
2. Welche Verstöße sind erfasst?
Der deutsche Gesetzgeber ist bei der Umsetzung der Richtlinie hinsichtlich des Anwendungsbereiches etwas über diese hinausgegangen. So sind beispielsweise auch Straftatbestände aus dem deutschen Recht vollends vom Gesetz fasst. Auch bestimmte bußgeldbewehrte Verstöße unterfallen dem Anwendungsbereich des Gesetzes. Ein sehr umfangreicher Katalog an gesetzlichen Regelungen ist im § 2 HinSchG abschließend aufgezählt.
3. Welche Meldestellen gibt es?
Das Gesetz unterscheidet zwischen einer internen und einer externen Meldestelle. Letztere ist bei einer deutschen Behörde eingerichtet. Es gibt Spezialzuständigkeiten z.B. Im Bereich der Versicherungen und Banken. Die allgemeine externe Meldestelle, welche für die meisten Sektoren und Ordnung zuständig ist, wurde beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Da es dem Hinweisgeber freisteht, ob der die interne oder externe Meldestelle nutzt, sieht das Gesetz eine Hinweispflicht auf die zuständige externe Meldestelle vor. Gleichzeitig sollen aber auch Anreize für die Nutzung der internen Meldestelle geschaffen werden.
4. Wie sieht die interne Meldestelle aus?
Die interne Stelle soll bei einer fachkundigen Person angesiedelt werden. In der Gesetzesbegründung werden exemplarisch die Personalabteilung, die Rechtsabteilung oder auch Complianceabteilung genannt. Wichtig ist, dass die mit der Meldestelle betraute Person über ausreichend Fachkenntnisse verfügt sowie unabhängig und vertraulich arbeiten kann. Gerade die notwendigen Fachkenntnisse sind essenziell, um beurteilen zu können, da auch eine Meldung den Hinweisgeberschutz nach dem Gesetz auslöst.
Anonyme Meldungen oder gar eine anonyme Kommunikation muss nicht ermöglicht werden. Welche Kanäle zur Verfügung gestellt werden, ist dem Unternehmen überlassen. Es muss jedoch auch die Möglichkeit bestehen, dass Meldungen mündlich und in Textform erstattet werden.
Die Belegschaft ist darüber zu informieren, wie Meldungen erstattet werden können, welche Meldungen den Hinweisgeberschutz auslösen (2.) und wohin sie sich für eine externe Meldung wenden können.
Interne Meldungen können beispielsweise durch eine unternehmensinterne Ausweitung des Anwendungsbereiches (2.) gefördert werden. Eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht.
5. Eine Meldung - was nun?
Oberstes Gebot ist die Vertraulichkeit, da die Meldestellen die Identität des Hinweisgebers grundsätzlich nicht preisgeben dürfen. Zudem ist die Meldung zu protokollieren und dem Hinweisgeber der Eingang binnen 7 Tagen zu bestätigen. Auch muss dem Hinweisgeber die Möglichkeit gegeben werden, das Protokoll zu prüfen.
Sodann muss die Meldestelle den Hinweisen nachgehen. Das Gesetz macht hier keine konkreten Vorgaben. Zur Erforschung des Sachverhaltes sollen jedoch alle zumutbaren Wege genutzt werden. Zu beachten ist dabei jedoch, dass auch die Identität möglicher betroffener Mitarbeiter nur unter engen Voraussetzungen offenbart werden darf. Mithin sollen also sämtliche Ausforschungsmaßnahmen soweit wie möglich anonym erfolgen.
Spätestens drei Monate nach der Eingangsbestätigung muss die Meldestelle dem Hinweisgeber eine Rückinformation über den Stand des Verfahrens geben. Hierbei sind ergriffene und geplante Folgemaßnahmen zu benennen. Diese kann die Meldestelle lediglich vorschlagen. Die Umsetzung hingegen muss durch das Unternehmen erfolgen.
6. Welchen Schutz genießt der Hinweisgeber?
Unterfällt eine Meldung dem gesetzlichen oder internen Anwendungsbereich, so ist der Hinweisgeber durch ein Verbot von Repressalien geschützt. Ein Verstoß gegen dieses Verbot führt zu einem Schadensersatzanspruch. Eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Hinweisgebers erleichtert hier den Nachweis zulasten des Unternehmens.
Ist eine Meldung jedoch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig, so ist der Hinweisgeber dem Grunde nach selbst zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet und nicht geschützt.
7. Was passiert, wenn ich das Gesetz nicht umsetze?
Werden die gesetzlichen Anforderungen nicht umgesetzt, so kann dies mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Eine fehlende interne Meldestelle kann bei verpflichteten Unternehmen mit bis zu 249 Arbeitnehmern ab dem 01.12.2023 zu einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro führen.