Gewerbeuntersagung vermeiden

Unternehmer müssen häufig finanzielle Engpässe überwinden. Gründe hierfür sind vielfältig, ob die schlechte konjunkturelle Situation oder Forderungsausfall. 
In solchen Situationen werden oftmals die Zahlung von Löhnen und Gehältern als vorrangige Arbeitgeberpflicht angesehen und die Abführung von laufenden Steuern an das Finanzamt, Beiträgen an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften werden vernachlässigt.
Viele Unternehmer wissen nicht, dass gerade durch das Finanzamt und die Krankenkassen Gewerbeuntersagungen wegen persönlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden angeregt und durch das zuständige Gewerbeamt eingeleitet werden, wenn hohe Rückstände vorliegen bzw. schleppende Zahlung erfolgte. 
Das zuständige Gewerbeamt ist dann verpflichtet, ein entsprechendes Verwaltungsverfahren einzuleiten. 

Aktuelles

Möglichkeit der Stundung/Vollstreckungsaufschub/vereinfachte Anpassung von Vorauszahlungen von Steuerforderungen in der Corona-Krise
Mit einem Schreiben vom 22.12.2020 hat das Bundesministerium der Finanzen eine Verlängerung der Regelungen zur Stundung/Vollstreckung von Steuerforderungen in der Corona-Krise erlassen.
Sie sehen steuerliche Erleichterungen für diejenigen Steuerpflichtigen vor, die von den Folgen der Corona-Krise betroffen sind. Betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31.03.2021 Anträge auf Stundung der bis zum 31.03.2021 fälligen Steuern stellen, die Stundung sind längstens bis 30.06.2021 zu gewähren. Ratenzahlungsvereinbarungen können unter Umständen auch bis 31.12.2021 gewährt werden.
Auch ist ein Vollstreckungsaufschub möglich, wichtig ist jedoch, dass sich der Betroffene an das Finanzamt wendet.
 
Erleichterte Bedingungen für die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen

Der GKV – Spitzenverband empfiehlt den Krankenkassen, den vom aktuellen Teil-Shutdown betroffenen Unternehmen einen (erneuten) erleichterten Stundungszugang der Beiträge anzubieten.

Informieren Sie sich daher bei der zuständigen Krankenkasse über die Möglichkeit der Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen, um Ihrem Unternehmen in einer existenzbedrohlichen Lage finanziell wieder ein wenig Luft zu verschaffen.

Auch wenn die erleichterten Bedingungen nicht bei Ihnen greifen, nehmen Sie umgehend Kontakt mit Ihren Firmenansprechpartner der Krankenkasse auf, wenn absehbar ist, dass die Gesamtsozialversicherungsbeiträge am Fälligkeitstag nicht gezahlt werden können.

(Stand: 03.02.2021)

In welchen Fällen kann das Gewerbe untersagt werden?

§ 35 Gewerbeordnung aber auch in Spezialgesetzen, ist die Gewerbeuntersagung, ggf. verbunden mit dem Widerruf einer zuvor erteilten behördlichen Erlaubnis, zu finden, wie in § 3 Güterkraftverkehrsgesetz. Die Ausübung des Gewerbes ist nach § 35 Gewerbeordnung  zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung eines Gewerbebetriebs Beauftragten dartun.  Als unzuverlässig gelte n Gewerbetreibende, wenn sie nach dem Gesamtbild ihres Verhaltens keine Gewähr dafür bieten, dass sie ihr Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben werden. Davon können auch eine GmbH und deren Geschäftsführer betroffen sein.
Folgende Tatsachen können in der Gesamtschau zur Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden führen:
  • Missachtung steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, wie keine oder ständige verspätete Abgabe von Steuererklärungen, keine Zahlungen an das Finanzamt, etc., Sozialversicherungsbeiträge werden nicht, nicht vollständig etc. abgeführt
  • Begehung von Straftaten, die im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen oder Auswirkungen auf diese haben können, wie Erpressung, Nötigung, Insolvenzstraftaten, Betrug, Untreue, etc.
  • Begehung von Ordnungswidrigkeiten, zum Beispiel werden ständig Berufspflichten verletzt (Verletzung von Melde-, Weiterbildungs-, Informations-, Prüfpflichten)
  • mangelnde wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, d.h. Es fehlen für die Gewerbeausübung die notwendigen finanziellen Mittel. Ein Zeichen dafür sind unter anderem Einträge im Schuldnerverzeichnis (Abgabe der Vermögensauskunft, Haftbefehl zur Erzwingung der Erklärung, etc.), erfolglose Vollstreckungsversuche, etc.
Die zuständige Behörde ermittelt den Sachverhalt und befragt u.a. Berufsgenossenschaften, Kammern, Krankenkassen oder andere Körperschaften hinsichtlich der Zuverlässigkeit des betroffenen Unternehmers.

Die Einleitung eines Verfahrens wird dem Betroffenen immer schriftlich mitgeteilt und ausführlich begründet. Er hat dann innerhalb einer gesetzten Frist ab Zustellung des Schreibens Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern.

Was können Sie tun?

Um unnötige zusätzliche Schwierigkeiten während eines Verfahrens zu vermeiden, empfehlen wir:
  • Öffnen Sie unter allen Umständen unverzüglich Ihre Post, holen Sie auf jeden Fall niedergelegte Schriftstücke so schnell wie möglich bei der Post ab. Sorgen Sie auch bei Abwesenheit für die Entgegennahme und Bearbeitung der Post.
  • Reagieren Sie unbedingt auf Schreiben des Gewerbeamtes, insbesondere wenn darin die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird. Sie sollten schriftlich oder telefonisch innerhalb der genannten Frist mit dem zuständigen Bearbeiter beim Gewerbeamt Kontakt aufnehmen.
  • Nehmen Sie mit dem Gewerbeamt vereinbarte Gespräche wahr bzw. informieren Sie den Ansprechpartner dort, wenn Sie den Termin verschieben müssen.
  • Prüfen Sie bei finanziellen Schwierigkeiten vollständig Ihre Situation (offene Forderungen, Einnahmen, Ausgaben, Lebensbedarf, etc.). Stellen Sie sich Fragen, wie Sie Ihr Gewerbe ordnungsgemäß fortführen können, ob es optimiert werden kann. Erarbeiten Sie sich einen tragfähigen Sanierungsplan.
  • Halten Sie mit dem Gewerbeamt getroffene Absprachen, wie z. B. die Vorlage eines Sanierungsplans bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt, ein bzw. teilen Sie dem Amt mit, warum Sie es nicht können.
  • Geben Sie dem Gewerbeamt gegenüber vertraulich auch Auskunft über persönliche Schwierigkeiten, die zu Ihrer Situation beigetragen oder sogar ausschlaggebend dafür waren.
  • Sprechen Sie mit Ihren Gläubigern (Finanzamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkassen)
  • Signalisieren Sie Ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Auch wenn Sie vielleicht Kommunikationsschwierigkeiten mit Ihrem Sachbearbeiter haben, suchen Sie weiterhin das Gespräch, möglicherweise mit einem anderen Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten. Versuchen Sie, eine für Sie erfolgreiche Lösung herbeizuführen.
  • Informieren Sie zeitnah das Gewerbeamt sowohl über positive als auch negative Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den Gläubigern und belegen Sie diese, wenn möglich schriftlich. Warten Sie nicht erst auf eine Anfrage des Amtes.
  • Behalten Sie den Überblick über von Ihnen abgegebene eidesstattliche Versicherungen bzw. Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe.
Die Beachtung dieser Tipps, die Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzeptes beim Gewerbeamt oder gar der Wegfall der vorgeworfenen Untersagungsgründe erhöhen die Chancen auf eine Aussetzung oder sogar Einstellung des Verfahrens.

Insolvenz

Während eines Insolvenzverfahrens gibt es einen besonderen Schutz für das Gewerbe. Eine Gewerbeuntersagung darf wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht durchgeführt werden, wenn die Unzuverlässigkeit allein mit ungeordneten Vermögensverhältnisse begründet wird. Damit soll der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens, eine Sanierung des Betriebes zu ermöglichen, Rechnung getragen werden. Dieser Schutz gilt auch während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans. Wird jedoch die selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden durch den Insolvenzverwalter freigegeben und treten erneut Außenstände bei Steuern, Sozialabgaben oder sonstigen öffentlichen Abgaben auf, kann das Gewerbeuntersagungsverfahren aufgrund der erneuten Schulden wieder durchgeführt werden. Auch wenn das Insolvenzverfahren während eines bereits laufenden Gewerbeuntersagungsverfahren eröffnet wurde, kann die Behörde unter Umständen das Untersagungsverfahren weiter betreiben.
Hier finden Sie alles zum Thema: Was wenn die Insolvenz droht?

Welche Rechtsmittel gibt es gegen eine Gewerbeuntersagung?

Gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid ist der Widerspruch innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheides zulässig. Aus dem Bescheid ist zu entnehmen, wie und wo dieser eingelegt werden kann.

Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs der Untersagung kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss.

Aufgrund des eingelegten Widerspruches prüft die zuständige Behörde die Entscheidung erneut und erlässt einen Bescheid. Hat der Widerspruch kein Erfolg, steht der Weg zum Verwaltungsgericht offen. Die Frist zur Klageerhebung beträgt ein Monat ab Zustellung des Widerspruchsbescheide

Kann das Gewerbe wieder später aufgenommen werden?

Frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch eher) kann ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung der selbständigen Tätigkeit gestellt werden.
Vorausgesetzt werden Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (positive Zukunftsprognose).

Welche Rolle spielt die IHK? 

Die IHK Chemnitz wird aufgrund gesetzlicher Regelung zu dem Gewerbeuntersagungsverfahren zur Stellungnahme aufgefordert. Im Rahmen der Prüfung werden den Betroffenen in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Alle Informationen werden von uns selbstverständlich vertraulich behandelt. Durch diesen persönlichen Kontakt ergeben sich oft zusätzliche wichtige Informationen, die für eine umfassende Stellungnahme notwendig sind. In einer objektiven Stellungnahme werden wir versuchen, das redliche Unternehmen zu unterstützen.

Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Situation bedeutet, sollten Betroffene rechtzeitig mit dem Gewerbeamt und dem zuständigen Gesprächspartner in unserem Hause Kontakt aufnehmen. Wir sind in dieser schwierigen Phase für Sie da und bieten im Rahmen unserer Möglichkeiten Hilfestellung an.