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Hightech-Autobahn zwischen Dresden und Chemnitz
Die drittgrößte sächsische Stadt hat sich längst zu einem Hightech-Standort entwickelt. Er bietet starkes Zukunftspotenzial. Die Autobahn A4 spielt dabei eine besondere Rolle.
Von Ramona Nagel
Die griechische Sängerin Nana Mouskouri hat sich künstlerisch und auch optisch nie verändert. Große Brille und Pagenschnitt mit tiefem Pony sind noch heute ihre Markenzeichen. Eine Notwendigkeit, das zu ändern, bestand offenbar nicht. Anders dagegen die US-amerikanische Sängerin Madonna. Sie ließ sich inspirieren, wechselte Frisur, Haarfarbe, Kleidung, Musikstil. Sie setzte damit oft internationale Trends und ist damit der Zeit voraus. Die Entwicklung der sächsischen Industrie bewegt sich aktuell zwischen Nana Mouskouri und Madonna. Seit der Wiedervereinigung 1990 sind Automobilbau und Zulieferindustrie die dominierende Branche. Die Branche beschäftigt in gut 5600 Unternehmen etwa 135.300 Mitarbeiter, das sind 25 Prozent aller Beschäftigten in Südwestsachsen. Mit Abstand folgt die Branche Mobilität und Logistik (4320/84.400) mit einem Anteil von 16 Prozent an den Gesamtbeschäftigten sowie wissensintensive Dienstleistungen mit 15 Prozent (8000/84.000). An vierter Stelle ist der Maschinenbau platziert mit einem Anteil von 14 Prozent (2700/76.800).
Die griechische Sängerin Nana Mouskouri hat sich künstlerisch und auch optisch nie verändert. Große Brille und Pagenschnitt mit tiefem Pony sind noch heute ihre Markenzeichen. Eine Notwendigkeit, das zu ändern, bestand offenbar nicht. Anders dagegen die US-amerikanische Sängerin Madonna. Sie ließ sich inspirieren, wechselte Frisur, Haarfarbe, Kleidung, Musikstil. Sie setzte damit oft internationale Trends und ist damit der Zeit voraus. Die Entwicklung der sächsischen Industrie bewegt sich aktuell zwischen Nana Mouskouri und Madonna. Seit der Wiedervereinigung 1990 sind Automobilbau und Zulieferindustrie die dominierende Branche. Die Branche beschäftigt in gut 5600 Unternehmen etwa 135.300 Mitarbeiter, das sind 25 Prozent aller Beschäftigten in Südwestsachsen. Mit Abstand folgt die Branche Mobilität und Logistik (4320/84.400) mit einem Anteil von 16 Prozent an den Gesamtbeschäftigten sowie wissensintensive Dienstleistungen mit 15 Prozent (8000/84.000). An vierter Stelle ist der Maschinenbau platziert mit einem Anteil von 14 Prozent (2700/76.800).
Die Auto-Werke von Volkswagen in Zwickau und Dresden sowie die Produktion von Porsche und BMW in Leipzig haben viel dazu beigetragen, dass sich der Freistaat sehr erfolgreich entwickeln konnte. Die attraktiven Marken zogen Mitarbeiter an, in Leipzig mit DHL sogar weitere Konzerne und in Südwestsachsen international agierende Zulieferer, die Kommunen profitierten von wachsender Attraktivität und Steuereinnahmen. Dass diese Konstellation eines Tages nicht mehr zukunftstauglich sein könnte, war unvorstellbar. Denn die Automobilindustrie hat eine starke Lobby und wurde staatlich oft unterstützt. Doch dieses Mal sind die Probleme nicht nur im Land lösbar, sondern auch international begründet. Vor allem China hat sich vom Lohnfertiger und Dritte-Welt-Land zu einem Hochtechnologieland entwickelt. Unter anderem hat es dabei der deutschen Automobilindustrie wesentliche Marktanteile abgenommen. Nun befindet sich die deutsche Automobilbranche in der Krise und mit ihr auch in gewisser Weise das Land.
„Sachsen steht am Scheideweg.“ So steht es im Abschlussbericht des unabhängigen Expertenrates, den das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Jahr 2022 einberufen hat, um die Rahmenbedingungen der Transformation des Industrie- und Wirtschaftsstandorts Sachsen einzuordnen und eine Prognose seiner Entwicklung bis 2035 zu geben. Vor einem Jahr wurde dieser Bericht veröffentlicht. Die sechs Verfasser bescheinigen dem Freistaat gute Zukunftsaussichten.
Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Chemnitz sieht das so.
„Der Freistaat und vor allem Südwestsachsen besitzen gewichtige Wertschöpfungspotenziale. Sie vollumfänglich zu nutzen und Leitmärkte zu entwickeln muss der Weg sein“,
sagt Martin Witschaß, Geschäftsführer Standortpolitik. Eine hohe Industriedichte und Industrieakzeptanz, das Wachstum des Gesundheits- und Sozialwesens, die hohe Anzahl der Studenten in naturwissenschaftlichen Fächern, industrienahe Netzwerke und Cluster, Industrieforschung sowie umfassende Fertigungsnetzwerke gehören zu den Stärken des Freistaates.
Ein großer Nachteil hingegen ist die Demografie. Die Sachsen gehören zu den ältesten Bundesländern. Besonders in den ländlichen Regionen ist das Fehlen junger Leute unter anderem bei den Bewerbungen für Lehrstellen oder die Nachfolge für Unternehmen deutlich. Die vergleichsweise geringe Anzahl an Patentanmeldungen, der mangelnde Transfer zur Produktreife und die geringe Entwicklungs- und Entscheidungskompetenz der regionalen Industrie zählen ebenso zu den Schwächen des Freistaats.
„Megatrends wie die Digitalisierung, Automatisierung, Künstliche Intelligenz, Nachhaltigkeit oder Intelligente Mobilität verändern Geschäftsmodelle. Sie können dazu beitragen, dass aus Schwächen Stärken werden und sich zudem ganz neue Konstellationen entwickeln“,
meint Witschaß. Mit wichtigen Clustern und Forschungseinrichtungen wie die Technischen Universitäten in Freiberg und Chemnitz, die Hochschule Mittweida, Fraunhofer Gesellschaften, Circular Saxony zum Aufbau einer kreislauffähigen Wirtschaft oder das branchenübergreifende Technologiebündnis SMART Erz verfüge die Region über exzellente Grundlagen. Nun komme es darauf an, die Governance weiterzuentwickeln.
Die Autobahn A4 könnte dabei eine besondere Rolle spielen. In Dresden sind die Chipfabriken von Bosch, X-Fab, AMD, Infineon und Global Foundries sowie der Komponentenhersteller SAW Components angesiedelt. Seit sieben Monaten baut der weltweit größte Halbleiterhersteller TSMC in Dresden eine neue Fabrik und investiert rund 3,8 Milliarden Euro. In dem Werk, das insgesamt knapp 10 Milliarden Euro kostet, sollen Mikrochips für die Automobilindustrie hergestellt werden.
„Es geht nicht darum, alte Arbeitsplätze zu halten, sondern darum, neue Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig Zugang zu Know-how zu bekommen“
, sagt die Vorsitzende des Sachverständigenrates für Wirtschaft, Monika Schnitzer. Aktuell arbeiten in der sächsischen Halbleiterindustrie etwa 70.000 Menschen. In den nächsten sechs Jahren wird die Anzahl der Arbeitsplätze nach Einschätzung des Branchenverbandes Silicon Saxony e.V. in den Chipfabriken, bei Zulieferern, Dienstleistern und Forschungseinrichtungen auf rund 100.000 steigen. Silicon Saxony will sich in diesem und nächsten Jahr verstärkt um Zulieferer bemühen.
Angesiedelt werden könnten diese im Abschnitt der A4 zwischen Dresden und Crimmitschau.
„Damit Dresden Entwicklungsstandort für Mikroelektronik wird, braucht es auch eine Menge Zulieferer. Sie werden sich Standorte suchen, wo sie relativ schnell nach Dresden, aber auch zu den Halbleiterherstellern nach Jena kommen“,
sagt Professor Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Niederlassung Dresden des Instituts für Wirtschaftsforschung. An dieser Trasse produzieren in Freiberg Branchengrößen. Das sind zum Beispiel die Siltronic AG, Hersteller von Wafern aus Reinstsilizium, der Grundlage für die moderne Mikro- und Nanotechnologie. Das Unternehmen mit Sitz in München ist der weltweit drittgrößte Hersteller von Wafern für die Halbleiterindustrie. Freiberg Compound Materials produziert Wafer für anspruchsvollste mikro- und optoelektronische Anwendungen. In Chemnitz wiederum befinden sich mit Fraunhofer wichtige Forschungsinstitute. Der Forschungsstandort könnte mit Reinraum-Forschung untersetzt werden. Die Mitarbeiter wiederum benötigen Wohnungen, davon könnten die Städte Freiberg und Chemnitz mit im Vergleich zu Dresden und Umland günstigen Mieten profitieren.
„Ich sehe hier Zukunftschancen“,
meint Ragnitz.
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Ramona Nagel
Referatsleiterin Kommunikation