Geplante Steueränderungen 2024
Entwurf Wachstumschancengesetz
Mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, dem sog. Wachstumschancengesetz, soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert werden. Außerdem sollen Impulse gesetzt werden, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können. Dies ist laut der Begründung des Gesetzentwurfs wichtig, um die Transformation der Wirtschaft zu begleiten sowie die Wettbewerbsfähigkeit, die Wachstumschancen und den Standort Deutschland zu stärken.
Daneben soll das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfacht werden und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie entlastet werden. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, die dazu beitragen, unerwünschte Steuergestaltungen aufzudecken und abzustellen. Darüber hinaus soll das Steuerrecht im Rahmen des im Koalitionsvertrag Vereinbarten weiter modernisiert werden.
Die im Wachstumschancengesetz geplanten Steueränderungen für das Jahr 2024 haben wir für Sie nachfolgend zusammengefasst:
Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern
Ab 2024 soll für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) eine Höchstgrenze von 1.000 Euro (statt bislang 800 Euro) gelten (§ 6 Abs. 2 EStG-E).
Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung
Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt werden, soll die wieder eingeführte degressive Abschreibung i. H. v. bis zum 2,5-fachen der linearen Abschreibung, höchstens 25 %, in Anspruch genommen werden können (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG-E).
Sonderabschreibung
Unternehmen mit einem Gewinn von nicht mehr als 200.000 Euro sollen für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter unter weiteren Voraussetzungen eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG geltend machen können. Diese Sonderabschreibung soll für nach dem 31.12.2023 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter 50 % statt bisher 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen (§ 7g Abs. 5 EStG-E).
Privatnutzung betrieblicher E-Fahrzeuge
Bei rein elektrischen Fahrzeugen, die dem Unternehmer oder einem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung zur Verfügung stehen, ist derzeit für die Ermittlung des Werts der Privatnutzung nach der 1%-Methode ein Viertel des Bruttolistenneupreises oder nach der Fahrtenbuchmethode ein Viertel der Anschaffungskosten heranzuziehen, sofern dieser 60.000 Euro nicht übersteigt. Für nach dem 31.12.2023 angeschaffte Firmenfahrzeuge soll diese Wertgrenze auf 70.000 Euro angehoben werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG-E).
Geschenke
Für nach dem 31.12.2023 beginnende Wirtschaftsjahre soll die Freigrenze, bis zu der Geschenke an Geschäftspartner als Betriebsausgaben abziehbar sind, statt derzeit 35 Euro dann 50 Euro betragen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG-E)
Verlustrücktrag
Die derzeit befristet bis Ende 2023 angehobenen Höchstbetragsgrenzen für den steuerlichen Verlustrücktrag von 10 Mio. Euro bei Einzelveranlagung bzw. 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung sollen bis 2025 weitergelten. Ab dem Veranlagungszeitraum 2026 sollen dann die hälftigen Höchstbeträge gelten (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG-E).
Darüber hinaus soll der Verlustrücktrag ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zeitlich von zwei auf drei Jahre ausgedehnt werden. Ein Verlustrücktrag wäre damit bis in den dritten vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich (§ 10d Abs. 1 Satz 2 EStG-E).
Verlustvortrag
Die sog. Mindestbesteuerung bei Nutzung eines Verlustvortrags soll befristet von 2024 bis 2027 gesenkt werden. Unverändert soll dann ein vorgetragener Verlust bis zu 1 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung 2 Mio. Euro) vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können. Der Verlustabzug vom verbleibenden Gesamtbetrag der Einkünfte soll aber bis zu 75 % (statt derzeit 60 %) des Gesamtbetrags der Einkünfte möglich sein (§ 10d Abs. 2 EStG-E).
Optionsmodell
Bisher können nur Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften bis 30.11. mit Wirkung für den nachfolgenden Veranlagungszeitraum einen Antrag auf Anwendung der Körperschaftsbesteuerung stellen.
Die Antragstellung zur Nutzung dieses Optionsmodells soll künftig auch eingetragenen Gesellschaften bürgerlichen Rechts (eGbR) offenstehen.
Zudem sollen auch neu gegründete Gesellschaften für deren erstes Wirtschaftsjahr das Optionsmodell nutzen können (§ 1a Abs. 1 Satz 1 bis 4 KSt-E).
Klimaschutz-Investitionsprämie
Mit einer Klimaschutz-Investitionsprämie von bis zu 30 Mio. Euro sollen Anreize für unternehmerische Investitionen zur Senkung des Energieverbrauchs gesetzt werden. Förderfähig sollen dabei die Anschaffung und die Herstellung neuer abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an bestehenden beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sein, die zu nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen.
Diese Wirtschaftsgüter sollen in einem von einem zertifizierten Energieberater oder ggf. dem unternehmenseigenen Energiemanager erstellten Energieeinsparkonzept enthalten sein müssen und die Energieeffizienz der betrieblichen Tätigkeit über bestehende EU-Vorgaben hinaus verbessern (§ 2 Klimaschutz-InvPG-E). Begünstigt sein sollen Investitionen, die im Zeitraum nach dem 29.02.2024 begonnen und vor dem 01.10.2030 abgeschlossen werden (§ 3 Abs. 1 Klimaschutz-InvPG-E).
Forschungszulage
Ab 2024 soll die bestehende steuerliche Forschungsförderung deutlich ausgeweitet werden. So sollen Eigenleistungen des Unternehmers in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben statt mit 40 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde ab 01.01.2024 mit 70 Euro berücksichtigt werden können (§ 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 FZulG-E).
Zudem ist vorgesehen, dass in nach dem 31.12.2023 beginnenden Wirtschaftsjahren auch ein der AfA entsprechender Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zu den förderfähigen Aufwendungen zählt, sofern die Wirtschaftsgüter ausschließlich eigenbetrieblich verwendet werden und für das Forschungsvorhaben erforderlich sind (§ 3 Abs. 3a FZulG-E).
Bei nach dem 31.12.2023 in Auftrag gegebenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sollen die Kosten der Auftragsforschung mit 70 % statt bisher 60 % gefördert werden (§ 3 Abs. 4 Satz 2 FZul-E).
Schließlich soll der Höchstbetrag der Bemessungsgrundlage ab 01.01.2024 verdreifacht werden und damit bis zu 12 Mio. Euro betragen (§ 3 Abs. 5 FZulG-E).
Um die für einen Veranlagungszeitraum festgesetzte Forschungszulage zeitnah zu berücksichtigen, sollen ab 01.01.2024 Einkommen- oder Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen auf Antrag für den letzten noch nicht veranlagten Zeitraum angepasst werden können, sofern dies im Festsetzungszeitpunkt möglich ist (§ 10 Abs. 2a FZulG-E).
Immobilienbranche: Einführung degressive Abschreibung für neue Wohngebäude
Bei einer nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnenen Herstellung von Wohngebäuden im EU/EWR-Raum, soll eine degressive AfA von 6 % anstelle der linearen Gebäude-AfA von 3 % genutzt werden können. Beim Erwerb von Wohngebäuden soll die degressive AfA genutzt werden können, wenn innerhalb des vorgenannten Zeitraums der Kaufvertrag rechtswirksam abgeschlossen wird und diese Anschaffung bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erfolgt (§ 7 Abs. 5a EStG-E).
Quellensteuereinbehalt bei Vergütungen für Rechteüberlassungen
Werden für die Überlassung von Rechten an den Vergütungsgläubiger, der nicht der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliegt, Vergütungen gezahlt, muss der Vergütungsschuldner grundsätzlich Quellensteuer einbehalten und an das zuständige Finanzamt abführen. Diese Pflicht besteht bislang nicht, wenn die Vergütungen an den Vergütungsgläubiger im Kalenderjahr maximal 5.000 Euro betragen. Der Schwellenwert soll sich ab 2024 auf 10.000 Euro erhöhen (§ 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG-E).
Betriebsveranstaltungen
Lohnsteuerlich liegt derzeit kein Arbeitslohn der an einer Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer vor, soweit die Zuwendungen den Freibetrag von 110 Euro nicht übersteigen. Dieser Freibetrag kann für zwei Veranstaltungen im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Er soll ab 2024 auf 150 Euro angehoben werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG-E).
Umsatzsteuerliche Erleichterungen
Anhebung von Schwellenwerten:
2023
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2024
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Befreiung von der Verpflichtung der Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen (§ 18 Abs. 2 Satz 3 UStG-E)
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Umsatzsteuer im Vorjahr von nicht mehr als 1.000 Euro
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Umsatzsteuer im Vorjahr von nicht mehr als 2.000 Euro
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Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 Satz 1 Nr. 1 UStG-E)
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Gesamtumsatz von nicht mehr als 600.000 Euro
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Gesamtumsatz von nicht mehr als 800.000 Euro
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Zudem sollen Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelung (bis zu 22.000 EUR Jahresumsatz) nutzen, von den umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten ab dem Jahr 2023 befreit werden (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG-E). Das Finanzamt kann jedoch eine Umsatzsteuererklärung anfordern.
Umsatzsteuersätze auf Gas- und Wärmelieferungen
Der im Zuge des Russland-Ukraine-Konflikts aufgrund stark gestiegener Gaspreise auf 7% abgesenkte Umsatzsteuersatz auf Gas- und Wärmelieferungen soll ggf. bereits zum 01.01.2024 und nicht erst zum 01.04.2024 wieder auf 19% steigen, da die Gaspreise zwischenzeitlich wieder gesunken sind.
eRechnung
Zur Bekämpfung des Steuerbetrugs haben sich Deutschland als auch die EU-Kommission das Ziel gesetzt, den Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen und das Mehrwertsteuersystem zu modernisieren. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei die Einführung der verpflichtenden eRechnung für nationale und internationale Umsätze.
Mit der Neufassung des § 14 Abs. 2 UStG-E soll die Einführung einer verpflichtenden eRechnung für im Inland steuerbare Umsätze zwischen inländischen Unternehmern (B2B) umgesetzt werden.
Die eRechnung soll im Vorgriff auf die spätere Einführung eines bundeseinheitlichen elektronischen Meldesystems der Verwaltung umgesetzt werden. Dieses transaktionale Meldesystem soll dazu dienen, Rechnungen zu erstellen, auf Plausibilität zu prüfen und weiterzuleiten sowie die relevanten Meldedaten an staatliche Stellen zu übermitteln.
Die eRechnungsstellung für betroffene nationale Umsätze soll grundsätzlich ab 01.01.2025 verpflichtend sein, jedoch wurden spezielle zeitliche Übergangsregelungen vorgesehen.
Unternehmer dürfen bis zum 31.12.2026 für in 2025 und 2026 ausgeführte Umsätze aus Vereinfachungsgründen weiterhin andere Rechnungsformate einschließlich der Papierrechnungen verwenden.
Handelt es sich beim Aussteller der Rechnung um einen Unternehmer, dessen Gesamtumsätze im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen haben, gilt diese Übergangsregelung bis zum 31.12.2027 für bis Ende 2027 ausgeführte Umsätze.
Außerdem kann bis zum 31.12.2027 für in den Jahren 2026 und 2027 ausgeführte Umsätze mit Zustimmung des Rechnungsempfängers auch ein anderes Rechnungsformat verwendet werden, sofern die ausgestellte Rechnung über das EDI-Verfahren übermittelt wird.
Die Zustimmung des Empfängers zur weiteren übergangsweisen Nutzung des EDI-Verfahrens sollte rechtzeitig vor dem 01.01.2025, z.B. bereits bei Vertragsschluss eingeholt werden.
Ausnahmen von der eRechnungspflicht sollen für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise gelten, für die weiterhin jedes Rechnungsformat, einschließlich der Papierrechnung, zulässig sind (§§ 33 Satz 4, 34 Abs. 1 Satz 2 UStDV-E).
Generelle Ausnahmen für bestimmte Unternehmer, wie etwa umsatzsteuerliche Kleinunternehmer, sind nicht vorgesehen.
Technische Anforderungen:
Nach dem Verständnis des Gesetzgebers handelt es sich bei einer eRechnung um eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht.
Die eRechnung muss den EU-Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 entsprechen (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 UStG-E). Die aktuelle Fassung dieser Norm ist derzeit besonders auf B2G-Umsätze (Business-to-Government) ausgelegt, da auch die in diesem Bereich etablierten Formate ZUGFeRD und XRechnung auf diesem Standard basieren.
Weiterhin möchte der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnen, das Rechnungsformat zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger zu vereinbaren. Erfolgt eine solche individuelle Absprache, muss das gewählte Format eine Extraktion der Rechnungspflichtangaben in ein Format ermöglichen, das der CEN-Norm EN 16931 entspricht oder mit diesem Format interoperabel ist (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UStG-E).
Eine Papierrechnung oder eine Rechnung in einem anderen Format soll zukünftig als sonstige Rechnung gelten und der bisherige Vorrang der Papierrechnung entfallen (§ 14 Abs. 1 Satz 4 und 5 UStG-E).
Damit fällt in Zukunft jedes Rechnungsformat, das nicht die Voraussetzungen für eine eRechnung erfüllt, unter den Begriff „sonstige Rechnung“. Insbesondere betrifft dies auch Rechnungen, die zwar papierlos in elektronsicher Form ausgestellt werden, aber nicht dem vorgegebenen Datenformat entsprechen, wie z. B. Rechnungen als PDF-Dateien.
Vor diesem Hintergrund sollten sich Unternehmen zeitnah mit den geplanten Änderungen auseinandersetzen. Die Automatisierung und Digitalisierung der Rechnungsverarbeitung kann zur Effizienzsteigerung und Zeitersparnis im Unternehmen beitragen.
Im Zuge der Umstellung sollte seitens der betroffenen Unternehmen zunächst eine sorgfältige Analyse der bisherigen Abrechnungs- und Rechnungseingangsprozesse erfolgen, um abzuschätzen, in welchem Umfang technische und personelle Ressourcen erforderlich sind, um die derzeitigen Prozesse an die vom Gesetzgeber angestrebten volldigitalisierten Systeme anzupassen.
Gleichzeitig müssen Gesetzgeber und Finanzverwaltung die technischen Rahmenbedingen rechtzeitig festlegen. Diesbezüglich fordern die Wirtschaftsverbände einen Bestandsschutz für bisher getätigte Investitionen, indem an die bestehenden elektronischen Rechnungssysteme angeknüpft wird. Abzuwarten bleibt, inwiefern für die eRechnungsprozesse kostenlose staatliche IT-Anwendungen, v. a. für KMU, zur Verfügung gestellt werden.
Übergangszeitraum
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01.01.2025 - 31.12.2026
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eRechnung ist mit Zustimmung des Empfängers neben einer sonstigen Rechnung (Papier oder anderes elektronisches Format) möglich
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01.01.2027 – 31.12.2027
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Verlängerung für Unternehmern mit einem Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr bis zu 800.000 €
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01.01.2027 – 31.12.2027
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anstelle eRechnung sind mit Zustimmung des Empfängers auch noch EDI-Rechnungen zulässig
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ab 01.01.2028
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eRechnung verpflichtend
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