Stellungnahme der Handelskammer Bremen - IHK für Bremen und Bremerhaven anlässlich der Teilfortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans Bremen 2025 (VEP)

Verkehr und Mobilität stellen für die Stadtgesellschaft eine komplexe Themenstellung dar. Die vielen und mehrschichtigen Anforderungen und Betroffenheiten müssen in einen modernen, ebenso integrativen wie strategischen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) einfließen. Siedlungs-entwicklung, Demographie sowie Wirtschafts- und Pendlerverkehre stellen hierbei die zentralen Handlungsfelder dar. Eine moderne und innovative Verkehrspolitik muss einem entsprechenden Zielekanon folgen und verlässlich dazu beitragen, Mobilität zu sichern und die Erreichbarkeit zentraler und oberzentraler Orte bzw. Einrichtungen und Unternehmen zu verbessern. Nur so kann die Attraktivität des Oberzentrums Bremen für die Bürgerinnen und Bürger, für Besucher und für die ansässigen Unternehmen gesteigert werden.
Vor diesem Hintergrund erkennt die Handelskammer Bremen - IHK für Bremen und Bremerhaven einerseits die Notwendigkeit einer nachhaltigen und stadtökologischen Weiterentwicklung unseres Verkehrssystems ausdrücklich an. Auf der anderen Seite jedoch darf eine darauf ausgerichtete Mobilitätspolitik das Funktionieren unserer Stadt als wirtschaftliches Oberzentrum des Nordwestens nicht gefährden. Handlungsfelder und Maßnahmen der VEP-Fortschreibung müssen daher stets hinsichtlich ihrer Eingriffstiefen, Zumutbarkeiten und Prioritäten hinterfragt werden.
Verkehr kann nur als Teil einer integrierten Stadtentwicklung gedacht werden. Bremen benötigt ein modernes verkehrsträgerübergreifendes Mobilitätskonzept für den innenstadtorientierten Verkehr. Darin müssen der ÖPNV sowie der Rad- und Fußverkehr ebenso wichtige Rollen spielen wie der Motorisierte Individualverkehr (MIV), der Reisebusverkehr und die City-Logistik.
Zu den Inhalten des Entwurfsberichtes zur Teilfortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans Bremen 2025 äußern wir uns wie folgt:

Autofreie Innenstadt

Zentrale Aspekte
Eine Metropole wie Bremen braucht eine effiziente Erreichbarkeit. Verkehr und Mobilität haben dabei eine dienende Funktion; sie sind Voraussetzung für eine wirklich vitale Innenstadt. Bremen sollte die Chance wahrnehmen, mit einer intelligenten Verkehrsplanung für die gesamte Region zu glänzen, die einerseits mehr Menschen - gerade auch aus einem weiteren Einzugsgebiet - in die Stadt bringt und andererseits das Ziel einer nachhaltigen und umweltgerechteren Innenstadtentwicklung erfüllt.
Die Konkurrenzsituation zu den gerade für Pkw-Kunden attraktiven Shopping-Centern am Stadtrand und im niedersächsischen Umland darf nicht außer Acht gelassen werden. Hierfür sprechen insbesondere auch ökologische Aspekte. Andere Verkehrsströme zu Zielen an der Peripherie führen zur Zersiedelung und höheren Verkehrsemissionen. Daher ist die Erreichbarkeit der Innenstadt insgesamt zu verbessern, d.h. alle Mobilitätsteilnehmer, auch die MIV-Nutzer, müssen komfortable Gegebenheiten vorfinden. Insbesondere muss die Anbindung der Region an das Oberzentrum durch den Erhalt der verkehrlichen Leistungsfähigkeit der wichtigsten Zugangsstraßen gesichert werden. Die Handelskammer wird keinen VEP mittragen, der diese unverzichtbaren Innenstadtzufahrten in ihrer verkehrlichen Leistungsfähigkeit einschränkt. Als Stadt am Fluss ist Bremen auf leistungsfähige Verbindungsachsen zwischen den Weserseiten angewiesen. Daher müssen die Friedrich-Ebert-Straße/Wilhelm-Kaisen-Brücke einschließlich Tiefer/Altenwall und die Bürgermeister-Smidt-Straße als wichtige Verkehrsachsen, die die beiden Weserseiten verbinden, für den MIV erhalten bleiben. Gleiches gilt uneingeschränkt auch für Breitenweg und Hochstraße, ohne deren volle verkehrliche Leistungsfähigkeit eine autoarme Innenstadt nicht ansatzweise denkbar ist. Auch die Zweispurigkeit des Straßenzugs Am Wall muss erhalten bleiben.
Dies vorangestellt, sollten gleichwohl unnötige Durchgangsverkehre, insbesondere Lkw-Verkehre, beispielsweise zwischen den Alten Hafenrevieren rechts der Weser und Hastedt/ Hemelingen, aus der Innenstadt (konkret aus dem Straßenzug Faulenstraße/Martinistraße/ Osterdeich) herausgehalten werden. Mit dem Ringschluss der A 281 kann dies gelingen.
Die Martinistraße sollte - wie im Innenstadtkonzept beschrieben - leichter zu queren sein. Dies muss mit einer städtebaulichen Aufwertung beider Straßenseiten einhergehen. City, Schlachte sowie auch die anliegenden Geschäfte und Gastronomen würden hiervon profitieren. Die Handelskammer würde es daher mittragen, wenn der Straßenzug auf eine Fahrspur je Richtung zurückgebaut und durchgehend mit Tempo 30 ausgewiesen würde. Einen weiteren wesentlichen Beitrag könnte eine deutlich prominenter inszenierte Hauptquerung zwischen dem Jacobikirchhof und Pieperstraße/Heimlichenstraße leisten.
Eine provisorische mehrmonatige Umgestaltung der Martinistraße zur Erprobung einer Einbahnstraßenregelung wird von der Handelskammer als unverhältnismäßig abgelehnt.
Vielmehr sollte bei der Martinistraße in größeren Zusammenhängen gedacht werden. So wiederholt die Handelskammer ihre Forderung nach einer Machbarkeitsuntersuchung zur Straßenbahnverlegung aus der Obernstraße.
Ebenso lehnt die Handelskammer den Rückbau des Straßenzugs Am Wall zu einer Einbahnstraße ab. Für die dort auf der Straße vorgesehene Fahrradroute Wallring fehlen eine Bedarfsanalyse und eine Alternativenbetrachtung. Die Betroffenheit der gewerblichen Anlieger blieb bislang unberücksichtgt. Die Maßnahme ist unverhältnismäßig.
Die Glocke als Musikhaus und Kulturort von Rang ist zu betonen und in ihrer städtebaulichen Einordnung zu stärken. Bei dem diskutierten Umbau der Domsheide kann es jetzt nicht mehr allein um die Optimierung der Haltestellenanlagen gehen. Vielmehr muss durch eine neue Platz- und Umfeldgestaltung unbedingt auch die Entreesituation und die städtebauliche Einordnung des Konzerthauses insgesamt gestärkt werden. Die Ergebnisse der Machbarkeitsuntersuchung zur Straßenbahnverlegung aus der Obernstraße sind dabei zu berücksichtigen.
Die Kommunikations- und Marketingstrategie zum Thema „autofreie Innenstadt“ ist neu aufzusetzen. Das Thema verunsichert Kunden, es verschlechtert die Rahmenbedingungen für dringend notwendige Investitionen und beschädigt derzeit den regionalen und überregionalen Ruf des Dienstleistungsstandortes Innenstadt Bremen. Immobilienwirtschaft, Innenstadthandel und Innenstadt-Investoren sind sich einig: Ein Festhalten an einer kompromisslos vorfestgelegten großflächigen autofreien Innenstadt wird den Abschwung der Innenstadt verstärken. Im Falle einer Umsetzung ist von einem spürbaren Rückgang der kaufkräftigen Kundschaft aus Bremens Umlandgemeinden auszugehen. Zudem werden sich mögliche Investoren und Mietinteressenten zugunsten anderer Standorte von der Bremer City abwenden.
Dabei zieht die Innenstadtwirtschaft mit, wenn es gilt, unnötige Durchgangsverkehre zu unterbinden und die Innenstadt zwischen Wall und Weser deutlich autoärmer zu gestalten, um so eine stärker fußgänger- und aufenthaltsorientierte Innenstadt zu kreieren, die sich zugleich auch mit den Oberzielen von Zentralitätssteigerung und Klimaschutz verbinden lässt: „Eine Innenstadt für alle – von außen gut erreichbar, im Inneren verkehrsberuhigt“.
Eine attraktive Innenstadt muss gut erreichbar sein: mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Pkw, dem Reisebus, dem Fahrrad und zu Fuß. Dies gilt in jedem Fall auch für Zuliefer-, Entsorgungs- und Handwerkerverkehre. Wichtig aus Sicht der Innenstadtwirtschaft ist die gute Erreichbarkeit der Altstadt-Parkhäuser für die auf die Nutzung des Pkw angewiesenen Besucher aus entfernteren Stadtteilen und dem Umland. Hotellerie, Gastronomie und Kultur sind auch am späten Abend auf eine solche Erreichbarkeit angewiesen. Zudem sind die Belange älterer sowie mobilitätseingeschränkter Innenstadtbesucher zu berücksichtigen.
Parkhausstandorte sind grundsätzlich zu erhalten, so lange keine tragfähigen Alternativen bestehen. Wenn aus städtebaulichen Gründen einzelne Standorte aufgegeben werden sollen, z.B. Parkhaus Mitte, sind parallel alternative Stellplatzangebote in ausreichender Anzahl an fußläufig gut mit den zentralen Einkaufslagen verbundenen Standorten darzustellen.
Eine autoärmere Innenstadt kann gelingen, stellt in jedem Fall aber ein komplexes Vorhaben dar, das in seinen Netzauswirkungen immer auch die Randbereiche wie die Bahnhofsvorstadt, das Viertel und die Alte Neustadt betrifft. Dies muss mitbedacht werden. Mobilitätsziele dürfen nicht einfach durch Beschilderung und Fahrbahnschraffierungen angeordnet werden. Was nützt es, wenn der motorisierte Verkehr aus der Innenstadt herausgehalten wird, es sich dafür auf anderen Routen staut und gleichzeitig die Geschäfte in der City substanzielle Kaufkraftverluste in Richtung peripherer Einkaufszentren erleiden? Kein Zweifel also, dass es zur Zielerreichung begleitender Konzepte und Investitionen, vor allem aber alternativer Strecken- und Mobilitätsangebote bedarf. Bevor also der motorisierte Individualverkehr mit ordnungspolitischen Mitteln nachhaltig reduziert wird, müssen zunächst diese Alternativen geschaffen werden.
Weitere Kritikpunkte
  • Mit Blick auf die Realisierung des Wallkontors und der dort vorgesehenen Passage muss die Umgestaltung der Museumsstraße deutlich vorgezogen werden.
  • Der Tiefertunnel kann nicht ernsthaft als Fahrradabstellanlage in Betracht gezogen werden.
  • Beim skizzierten Abbau straßenbegleitender Stellplätze sind in jedem Fall weiterhin Stellplätze für Taxis, Reisebusse, Behinderte, Liefer- und Ladezonen, Handwerkerzonen sowie Orte für Carsharing und Elektromobilität vorzusehen. Zudem muss es in Härtefallsituationen mit weiten Entfernungen zu den Parkhäusern Ausnahmen in Form von bewirtschafteten Kurzzeitparkständen geben. Das Faulenquartier sowie die Straßenzüge am Wall, Altenwall und Tiefer sind auszunehmen. Für die Martinistraße muss ein Liefer- und Kundenverkehrskonzept entwickelt werden. Zudem bedarf es einer klaren Vorstellung, was genau mit dem freiwerdenden Straßenräumen geschehen soll - mit anschließender zügiger Umsetzung.
  • Bevor Reisebusparkplätze verlagert werden, bedarf es einer stimmigen und den Tourismus fördernden Reisebus-Konzeption. Hierzu fehlt jegliche Information.
  • Die vorgesehenen beschilderten Zufahrtsbeschränkungen in die Innenstadt sind unnötig. Die Ausweisung neuer Fahrradstraßen und Fußgängerzonen sowie der Wegfall des Straßenrandparkens sollten selbsterklärend sein. Der drohende Schilderwald kommt einer Verbotsflut gleich.
  • Eine Einbahnstraßenregelung im Sielwall ist nicht zustimmungsfähig, solange die Maßnahme nicht mit den Gewerbetreibenden vor Ort (IG Das Viertel) erörtert und abgestimmt wurde.
  • Mit Blick auf die Zunahme der Elektromobilität sollten die City und ihre Parkhäuser stärker mit E-Ladesäulen ausgestattet werden.
  • Verbesserungsbedürftig ist die Innenstadtzufahrt über Stephanibrücke, Doventorscontrescarpe und Doventorstraße. Schlechte Ausschilderung und unübersichtliche Fahrbahnmarkierungen führen hier zu einer unattraktiven Eingangssituation, die von vielen Autofahrern gemieden bzw. umfahren wird.

ÖPNV-Strategie

Zentrale Aspekte
Der ÖPNV bildet zusammen mit dem Individualverkehr das Rückgrat der innerstädtischen Mobilität und ist eine wichtige Verkehrsart für die Anbindung an das Umland. Die Lebensqualität und Urbanität Bremens ist somit unmittelbar verbunden mit einem attraktiven und leistungsfähigen ÖPNV. Zudem ist der innenstadtorientierte ÖPNV ein bedeutender Frequenzbringer; er prägt das Stadtbild, steigert die Lebensqualität und kann mit attraktiven Angeboten die Mobilitätswahl beeinflussen.
Die Handelskammer begrüßt die Attraktivierung des ÖPNV: Die Verkürzung der Taktung, der Einsatz von modernen Fahrzeugen, auch eventuell mit alternativen Antrieben, sowie die Umsetzung attraktiverer Tarife und die Einführung einer kostenfreien ÖPNV-Nutzung im Dreieck Hauptbahnhof, Brill, Sielwall sind voranzutreiben, die Einführung eines innerstädtischen Ringbusses und die Verlegung der Straßenbahn aus der Obernstraße temporär zu testen.
Jedoch stellt die Finanzierung der in der VEP-Fortschreibung beschriebenen ÖPNV-Angebotsoffensive (Fuhrpark, Takte, Strecken) in Verbindung mit den Anforderungen zur Barrierefreiheit sowie den Wünschen nach Tarifreduzierungen (bis hin zum kostenfreien ÖPNV) einen ungemeinen Kraftakt für die Planungen des kommunalen Haushalts dar. Wenn es darauf hinausläuft, dass die Öffentliche Hand ihren Mitteleinsatz verdoppelt, um einen Fahrgästezuwachs von 20 Prozent zu erreichen (von denen viele nicht einmal bisherige MIV-Nutzer, sondern Fußgänger und Radfahrer sind), dann stellt sich insbesondere für ein Haushaltsnotlage-Land die Nutzen/Kosten-Frage.
Weitere Kritikpunkte
  • Die Erhöhung bzw. Ausweitung der Bewohnerparkgebühren zur Querfinanzierung des ÖPNV ist sachfremd und wird von uns abgelehnt.
  • Eine ÖPNV-Taxe bewirkt in erster Linie mehr Bürokratie und eine Verteuerung von Übernachtungen.
  • Eine Einpendlerabgabe ist rechtlich fragwürdig. Sie befördert zudem Bürokratie und eine unzeitgemäße Betonung der Landesgrenze. Der notwendige Abstimmungsprozess mit den Umlandgemeinden ist vollkommen unklar.
  • Das verpflichtende Jobticket für Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitenden ist wegen des Kontrahierungszwangs und der willkürlich wirkenden Betriebsgröße rechtlich fragwürdig.
  • Erhöhung Grundsteuer: Die Handelskammer befürchtet, dass durch eine Anhebung der Grundsteuer Wohnen in Bremen weiter verteuert wird und einen weiteren Standortnachteil gegenüber dem Bremer Umland darstellen würde. Die Grundsteuer dient nicht zur Querfinanzierung des ÖPNV, sondern anderen öffentlichen Infrastrukturen. Zudem zieht eine Grundsteuererhöhung Personenkreise zur ÖPNV-Finanzierung heran, die gar keinen Gebrauch vom ÖPNV machen. Hier sind langwierige Klageverfahren zu erwarten.

Parken in Quartieren

Zentrale Aspekte
Die Stellplatzsituation in den Stadtquartieren berührt häufig auch Nebenzentren mit Dienstleistungsgewerbe und Nahversorgungseinrichtungen. Eine Überreglementierung beeinträchtigt deren Umfeldbedingungen.
Das gesamte Kapitel ist angefüllt mit Verboten, Überwachungsmaßnahmen, Sanktionen und Gebührenerhöhungen. Der Leitsatz, demzufolge eine Reduzierung des Parkdrucks erreicht werde, indem zunächst der Parkdruck erhöht wird, überzeugt nicht ansatzweise. Die einzig wirkliche Maßnahme zur Reduzierung des Parkdrucks wäre der Bau von Quartiersgaragen. Innovationen wie eine Stellplatz-App werden nicht wirklich ernsthaft verfolgt. Die simple Durchsetzung des Verbots des aufgesetzten Parkens und die einhergehende Reduzierung von bis zu 50 Prozent der Stellplätze in manchen Nebenstraßen geht an der über Generationen geübten und geduldeten Lebenswirklichkeit vieler BremerInnen vorbei. Die Überwachung durch Dutzende neueingestellte Ordnungsamtsmitarbeiter/-innen und deren Refinanzierung aus Bußgeldern stellt aus unserer Sicht keinen gangbaren Weg dar. Sinnvoller wäre deren Einsatz im Bereich von Sicherheit und Sauberkeit. Da in Quartieren mit hohem Parkdruck mit erheblichen Parksuchverkehren zu rechnen ist, sollten neben der weiteren Duldung auch die rechtlichen Spielräume zur Legalisierung des aufgesetzten Parkens (Markierungen oder Verkehrszeichen 315 “Gehwegparken“) ausgenutzt werden.
Leider werden die weiteren für das Anwohnerparken geplanten Quartiere noch nicht benannt. Die Auswahl dieser Quartiere erscheint intransparent und darf nicht einzelnen Lobbygruppen überlassen bleiben. Die Perspektive der Gewerbetreibenden in solchen Quartieren ist stets frühzeitig einzuholen und abzuwägen. Unsere Erfahrungen aus Findorff zeigen eine Betroffenheit der Stadtteil- und Nahversorgungszentren, deren Erreichbarkeit erschwert wird. Dabei ist der höchste Parkdruck abends und nachts zu beobachten, wenn die Anwohnerschaft mit ihren Pkw zurück in die Wohnstraßen drängt. Tagsüber hingegen hat sich in nahezu allen Quartieren eine Art Gleichgewicht eingestellt, das durch den im VEP behandelten Maßnahmenkatalog unverhältnismäßigerweise aus den Fugen zu geraten droht.

Stadt-/Regionales Verkehrskonzept

Zentrale Aspekte
Die Anbindung der Region muss durch eine Erweiterung, deutliche Verbesserung und räumliche Ausdehnung des Stadtregionalen ÖPNV-Angebotes, gesicherte Innenstadtzufahrten und den sehr raschen Ausbau des Park+Ride-Systems einen Qualitätssprung erfahren. Der Komfort des Systems sollte durch hohe Frequenzen und Direktverbindungen in Form von eng getakteten und kostenlosen Shuttle-Bussen und Bahnen erhöht werden. Bevor Innenstadt-Infrastrukturen im Bereich des Parkens und des Motorisierten Individualverkehrs reduziert werden, sollte in Testmodellen die Akzeptanz dieser Konzepte durch die Nutzer überprüft werden.
Nur ein stark verbessertes regionales Verkehrs- bzw. ÖPNV-Konzept stellt für die vielen tausend MIV-nutzenden Einpendler und Innenstadtbesucher eine echte Verkehrsmittelalternative dar. Diesem Anspruch wird der Maßnahmenkatalog jedoch insgesamt nicht gerecht.
Weitere Kritikpunkte
  • Eine Führung der Regionalbusse direkt durch die Innenstadt hat zwar Vorteile, überlastet möglicherweise aber Martinistraße und Schüsselkorb. Die direkte Anbindung der Innenstadt sollte an deren Peripherie erfolgen (Brill, AOK-Kreuzung, Herdentor, Tiefer/Altenwall).
  • Integriertes P+R/B+R-Konzept: Bike+Ride ist ein Ergänzungsangebot, benötigt wird aber eine ernstgemeinte P+R-Offensive (Anzahl, Plätze, Qualität), die die autofahrende Umlandbevölkerung in Scharen überzeugt. Umsteigeknotenpunkte P+R/SPNV sollten daher nach nordniederländischem Vorbild zu Mobilitätshubs weiterentwickelt werden.

Fazit

Die Handelskammer ist bereit, sich konstruktiv an den Arbeitsprozessen für eine Fortschreibung des VEP und ein neues Gesamtmobilitätskonzept zu beteiligen. Jedoch betrachten wir das Politikziel einer “autofreien“ Innenstadt und die darauf aufsetzende Maßnahmenliste unverändert kritisch, denn es scheint in Teilen unvereinbar mit dem viel bedeutenderen Ziel zu sein, die Zentralität der City zu erhöhen. Es kann und darf nur um gemeinsame Anstrengungen für eine attraktive und gleichzeitig autoärmere Innenstadt gehen.
Bevor der motorisierte Individualverkehr mit ordnungspolitischen Mitteln nachhaltig reduziert wird, müssen zunächst alternative Mobilitäts-, Routen- und Stellplatzangebote geschaffen, notwendige Begleitinvestitonen in die öffentlichen Räume gesichert und realistische ÖPNV-Finanzierungswege gefunden werden.
Wir bitten darum, unsere Anmerkungen umfänglich zu berücksichtigen.
Vom Plenum der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven am 19. April 2021 einstimmig beschlossen.