Gestaltungskräfte entfesseln!

Der Staat greift immer mehr in wirtschaftliche Prozesse ein. Unternehmen werden durch wachsende Bürokratie in ihren Bewegungsspielräumen eingeschränkt. Dabei sollte es ganz anders laufen: Die Unternehmen brauchen Freiheit für ihr unternehmerisches Handeln. Und sie werden mit dieser Freiheit verantwortungsvoll umgehen. Denn sie wissen: Wenn politisch die Weichen richtig gestellt werden, wird im Land Bremen vieles passieren, für das dann keine Steuergelder ausgegeben werden müssen.

Bürokratie abbauen

Die bremische Verwaltung sollte sich als proaktiver und offensiver Dienstleister positionieren. Das Verwaltungshandeln und -selbstverständnis muss sich an den Nutzern orientieren. Viel zu häufig wird noch in Kapazitäten und Leistungsmöglichkeiten gedacht. Für die dringend erforderlichen Veränderungen in der Verwaltung braucht es ein strategisches Konzept.
  • Genehmigungs- und Planverfahren beschleunigen: Bremen und Bremerhaven haben bei der Erreichbarkeit, der Serviceorientierung und der Dauer von Genehmigungsvorgängen aus Sicht der Unternehmen erhebliche Defizite. Es ist dringend notwendig, dass die Prozessdigitalisierung ausgebaut und die Antragsbearbeitung beschleunigt werden.
  • Bauantragsbürokratie reduzieren: Die hohe Unzufriedenheit der am Bauantrag beteiligten Planer, Vorhabenträger und Investoren über mangelnde Verfahrenstransparenz, lange Verfahrenslaufzeiten und unnötig komplexe Abstimmungsprozesse erfordern dringend ein Umsteuern. Genehmigungsverfahren müssen schnell und wirkungsvoll digitalisiert werden. Bauanträge sollten – soweit es das Verfahrensrecht ermöglicht – als dialogisches Verfahren begriffen werden. 
  • Verfahrensmanager einsetzen: Sinnvoll wäre es, von Seiten der Behörden einen Verfahrensmanager einzusetzen, der alle Beteiligten miteinander vernetzt und durch das Verfahren begleitet.
  • Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderungen in Bremen und Bremerhaven stärken: Doppelarbeiten und Doppelstrukturen müssen vermieden und Synergien genutzt werden. Für viele Unternehmen ist eine deutlich intensivere Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderungsgesellschaften in Bremen und Bremerhaven wichtig – insbesondere auch für potenzielle Investoren und ansiedlungsinteressierte Unternehmen.
  • Bremisches Personalvertretungsrecht modernisieren: Um die Möglichkeit zu erleichtern, dass zukunftsorientierte Verwaltungsstrukturen geschaffen werden können, sollte das bremische Personalvertretungsrecht evaluiert und modernisiert werden. 

Wirtschaftskraft stärken – Gewerbeflächen erweitern

Unternehmen brauchen Flächen, auf denen sie arbeiten und ihren Betrieb ausbauen können. Das Land Bremen muss immer genügend Gewerbeflächen im Vorrat haben, damit anfragende Unternehmen von außerhalb schnell mit passenden Arealen bedient werden können.
  • Ausreichend Flächenreserven schaffen: Gewerbeflächenentwicklung und Clusterpolitik sind entscheidende Instrumente, um Bremens und Bremerhavens Stärken auszubauen – also Stärken in Häfen und Logistik, Automobilwirtschaft, Luft- und Raumfahrt, Erneuerbare Energien, Umweltwirtschaft und Umwelttechnologien, Gesundheitswirtschaft und Life Sciences, Nahrungs- und Genussmittel sowie auch Kultur- und Kreativwirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologien, Maschinenbau und Robotik sowie Innovative Materialien.
  • Beide Handlungsfelder müssen Hand in Hand gehen: Die Dispositionsreserve an verfügbaren Gewerbeflächen ist insbesondere in der Stadt Bremen aktuell stark abgeschmolzen. Eine Qualifizierung von Bestandsgebieten braucht Zeit. Damit ansiedlungs- oder erweiterungswillige Unternehmen eine Perspektive bekommen, bedarf es neben langfristiger Planung auch kurzfristiger Lösungen.
  • Dauerhaft ist eine proaktive Gewerbeflächenpolitik erforderlich: Notwendig ist die deutlich schnellere Planung und Umsetzung von Flächenentwicklungen und Infrastrukturmaßnahmen. Es bedarf konkreter Antworten, wie und wo den bereits bestehenden Gewerbeflächenengpässen begegnet werden soll. Insbesondere für nicht integrierbares „störendes“ Gewerbe, für Industrieflächen oder große zusammenhängende Nachfragen braucht es eine ausreichende Dispositionsreserve an frei verfügbaren und sofort vermarktbaren Flächen in gegebenenfalls neu zu entwickelnden Gewerbe- und Industriegebieten. Mit Fertigstellung des Wesertunnels muss hierzu u.a. das Entwicklungsband A281 rechts und links der Weser mit einer konkreten Flächenqualifizierungsplanung unterlegt werden, die in der strategischen Langzeitbetrachtung auch das Areal Niedervieland III nicht ausschließt. Insgesamt sollten – wie als Ziel im Gewerbeflächenentwicklungsprogramm (GEP) 2030 genannt – in der Stadt Bremen mindestens 100 Hektar Dispositionsfläche vorgehalten werden. 
  • Als Region und gemeinsamer Wirtschaftsraum agieren: Im Fokus der bremischen Gewerbeflächenentwicklung muss auch eine bis in das Jahr 2050 vorausblickende strategische Flächenentwicklung mit dem niedersächsischen Umland stehen. Wo immer es sinnvoll ist, sollten gemeinsame Gewerbegebiete über Ländergrenzen hinweg vorangebracht werden – nicht nur in Achim-West, sondern möglicherweise auch in den Verflechtungsräumen zu den Gemeinden Stuhr, Lemwerder, Schwanewede und Langen. Durch die bestehenden wirtschaftlichen Verflechtungen profitiert auch das Land Bremen von Regionalkooperationen. Zum Beispiel durch Einkommen, Beschäftigung und Steuern.

Verkehrsinfrastruktur ausbauen

Viele Themen in der überregionalen Verkehrsanbindung sehen die Unternehmen in der Standortumfrage der Handelskammer vergleichsweise weniger problematisch als die lokale Verkehrsinfrastruktur. Dennoch ist klar, dass die Verkehrsinfrastruktur für die Logistik-, Hafen- und Industriestandorte Bremen und Bremerhaven herausragende Bedeutung hat. Für die bessere Anbindung Norddeutschlands – gerade auch der Unternehmen in Bremerhaven – und für eine verkehrliche Entlastung ist beispielsweise der Weiterbau der Autobahn A20 von großer Wichtigkeit. Auch der Flughafen in Bremen ist ein zentraler Standortvorteil für die Wirtschaft in der gesamten Metropolregion Nordwest. Erhebliche Defizite sahen die Unternehmen vor allem auf lokaler Ebene.
  • Leistungsfähigkeit und Personalkapazitäten in den Straßenbauverwaltungen stärken: Bremen und Bremerhaven brauchen leistungsfähige Verkehrswege. Die Verkehrsplanung und die Steuerung der begleitenden Verfahren sind zeit- und personalaufwendig. Diese komplexe Materie erfordert Fachpersonal unterschiedlicher Qualifikationen. Eine entscheidende Voraussetzung für die Verkürzung langer Planverfahren bei Neubau, Sanierung und Unterhalt bremischer Verkehrsinfrastrukturen sowie für ein kluges Baustellenmanagement ist eine nachhaltige Kompetenz- bzw. Ressourcenerweiterung in den zuständigen Fachreferaten, ebenso die weitere Digitalisierung der Prozesse.
  • Mehr Mittel zur Beseitigung des Sanierungsstaus bereitstellen: Der Sanierungsstau für bremische Verkehrswege liegt aktuell im deutlich dreistelligen Millionenbereich und wächst weiter an. Es braucht dauerhaft und in weit stärkerem Maße als zuletzt ausreichende Mittel für die werterhaltende Sanierung der Verkehrsinfrastrukturen. Nur so kann die Mobilität für Stadtbewohner, Berufspendler, Umlandbesucher und für den Wirtschaftsverkehr aufrechterhalten werden. Das ist die Voraussetzung für wirtschaftliche Stärke und urbane Vitalität. Nur auf diese Weise können Bremen und Bremerhaven ihre Funktion als Oberzentren in der Nordwestregion erfüllen.
  • Verkehrskonzept für die Überseestadt ernsthaft umsetzen: Zur Leistungssteigerung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur braucht die Überseestadt in Bremen so schnell wie möglich ein überzeugendes Maßnahmenbündel. Schlüsselprojekte sind die Verbesserung der Rampensituation an der Auffahrt zur Stephanibrücke in Richtung Delmenhorst, eine neue Straßenbahnstrecke sowie erweiterte multimodale Mobilitätsangebote. Im Gesamtkontext werden auch die Brückenverbindungen von der Überseeinsel nach Woltmershausen sowie über das Becken des Europahafens dringend benötigt.
  • Bremerhavener Stadtverkehr entzerren: Wichtige Themen in der Seestadt sind die Wiedereröffnung des Bahnhofs Speckenbüttel/Leherheide als Haltepunkt für den Schienenpersonennahverkehr. Ebenso kann der Bau einer Ortsumgehung Lehe in Form einer am Rande des Überseehafens verlaufenden Trasse für motorisierte Verkehre unter 7,5t als kürzeste Verbindung zwischen Zollamt Roter Sand und dem neuen Hafentunnel einen wichtigen Beitrag zur Entzerrung und Neuordnung des Bremerhavener Stadtverkehrs leisten.
  • Rückbau der Columbusstraße: Zugleich mit den genannten Projekten müssen der stadtverträgliche und dem Verkehrsaufkommen entsprechende Rückbau der Columbusstraße im Sinne der weiteren Innenstadtentwicklung und der besseren Verknüpfung der Innenstadt mit den Havenwelten angegangen werden.
  • Flughafen erhalten und ausbauen: Für den Wirtschaftsstandort Bremen und die Metropolregion Nordwest ist es elementar, dass der Airport Bremen in seiner Funktion erhalten bleibt. Er ist ein wichtiger Zubringer für den Interkontinentalverkehr und darum gerade auch für Geschäftsreisende von größter Bedeutung. Allerdings gilt auch: Die betriebswirtschaftliche Effizienz des Flughafens muss verbessert werden.

Quellen der öffentlichen Haushalte pflegen

Das Land Bremen steht vor der Herausforderung, trotz hoher Verschuldung und weiterhin drohender Haushaltsnotlage die Folgekosten des Kriegs in der Ukraine zu bewältigen, Klimaschutzmaßnahmen in erheblichem Umfang zu finanzieren und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes durch Investitionen in Bildung, Forschung und physische Infrastrukturen langfristig zu sichern und zu verbessern. Voraussetzung dafür ist: Bremen muss seine Wirtschaftskraft stärken. Nur was zuvor erwirtschaftet wurde, kann anschließend auch verteilt werden. Die Gewerbesteuereinnahmen machen einen großen Teil des finanziellen Handlungsspielraumes der öffentlichen Hand aus. Darum ist die Landespolitik gut beraten, ihre Quellen gut zu pflegen.
  • Fiskalische Handlungsspielräume sichern: Bremen darf seine fiskalischen Handlungsspielräume für die kommenden Jahre trotz der anstehenden Ausgaben nicht gefährden. Die zu erwartenden (steigenden) Zinslasten und die erforderliche Tilgung durch eine zusätzliche Schuldenaufnahme in Höhe von 3 Milliarden Euro (2,5 Milliarden Euro für Klimaschutz bis 2027 und 500 Millionen Euro für Auswirkungen des Ukraine-Krieges) stellen ein Risiko für die finanzielle Handlungsfähigkeit zukünftiger Landesregierungen dar. Bereits die Tilgung des Bremen-Fonds (1,2 Milliarden Euro) wird ab 2024 mit rund 40 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen.
  • Gestaltungsmöglichkeiten nutzen: Oberstes Gebot muss es sein, dass Bremen die vorhandenen Möglichkeiten effizienter nutzt, damit mehr Mittel in standortstärkende Investitionen fließen können, um so die Einnahmebasis langfristig zu erhöhen.
  • Sanierungshilfen nicht gefährden: Für das Land Bremen ist es wichtig, dass es vor dem Hintergrund der bestehenden außergewöhnlichen Haushaltsnotlage fiskalisch nur in enger Abstimmung mit Bund und Ländern agiert, um die Zahlung der Sanierungshilfen in Höhe von 400 Millionen Euro pro Jahr nicht zu gefährden.
  • Schuldenfinanzierung nur in Ausnahmen: Eine Schuldenfinanzierung sollte grundsätzlich nur für wichtige, partielle Einzelinvestitionen mit hohem Nutzen-Kosten-Faktor erfolgen, deren Finanzierung aus dem laufenden Haushalt faktisch nicht möglich ist.
  • Grundsteuer auf Hebesatzniveau des Umlands senken: Das bundespolitische Versprechen der Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform muss auch in Bremen und Bremerhaven strikt eingehalten werden. Mit der notwendigen Reform der Grundsteuer darf es keine Belastungsverschiebung von privaten zu gewerblich genutzten Grundstücken und Gebäuden geben. Generell muss das Hebesatzniveau mit Blick auf die umliegenden Gemeinden abgesenkt werden, um im regionalen Wettbewerb besser bestehen zu können. 
  • Gewerbesteuern langfristig stabil halten: Die Städte Bremen und Bremerhaven unterliegen insbesondere bei den Standortkosten einem starken Wettbewerb mit dem Umland. Schon jetzt liegen diese auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Die Gewerbesteuer in Bremen muss als wesentlicher Standortfaktor langfristig stabil gehalten werden, um Planungssicherheit für ansässige und ansiedlungswillige Unternehmen zu garantieren.
  • Steuerverwaltung muss IT-Chancen nutzen: Bremens Steuerverwaltung muss sich stär-ker als serviceorientierter Dienstleister positionieren und die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen. Ein partnerschaftlicher Umgang mit den Steuerpflichtigen gehört ebenso dazu wie die Schaffung bzw. Bekanntgabe niedrigschwelliger Beratungsangebote auch für Unternehmen.
  • Keine weiteren Rekommunalisierungen: So verführerisch aus politischen Erwägungen eine Rekommunalisierung öffentlicher Infrastrukturen auch sein mag – die Erfahrung zeigt: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Gerade in einer Zeit steigender Kosten auf den unterschiedlichsten Feldern dürfen Unternehmen und auch die Bürgerinnen und Bürger nicht zusätzlich belastet werden durch neu geschaffene kommunale Strukturen.