Informationen zum Verkehrsleiter

Seit dem 4. Dezember 2011 gilt die Verordnung EG 1071/2009 (geändert durch Verordnung EG 2020/1055) zur Festlegung europäischer gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers. Dabei wurde auch der Begriff des „Verkehrsleiters“ eingeführt.

Wer muss einen Verkehrsleiter bestellen?
 
Jedes Unternehmen, das
  • gewerblich Güterkraftverkehr mit Fahrzeugen über 3,5 t (grenzüberschreitend über 2,5 t) zulässige Gesamtmasse oder
     
  • gewerblich Personenbeförderung mit Fahrzeugen für mehr als neun Personen einschließlich Fahrer durchführt,
muss im Rahmen der Genehmigung (EU-Lizenz) einen Verkehrsleiter bestellen. Ändert sich der Verkehrsleiter oder erlischt die Beauftragung, so muss dies der Genehmigungsbehörde mitgeteilt werden.

Was ist ein Verkehrsleiter und welche Aufgaben hat er?
Der Verkehrsleiter ist eine Person, die tatsächlich und dauerhaft die Verkehrstätigkeit des Unternehmens leitet. Die Anforderungen an die tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrstätigkeit eines Unternehmens sind dabei jeweils von der konkreten Unternehmensstruktur abhängig.
Der Verkehrsleiter muss entweder:
  • als "interner Verkehrsleiter" im Unternehmen tätig sein (z. B. als Eigentümer, Anteilseigner oder Angestellter)
     
  • oder als "externer Verkehrsleiter" (nicht zum Unternehmen gehörende Person) vertraglich beauftragt sein. Dabei sind die tatsächlich und dauerhaft durchzuführenden Aufgaben und die Verantwortlichkeiten dieses "externen Verkehrsleiters" vertraglich genau zu vereinbaren. Dieser "externe Verkehrsleiter" darf die Verkehrsgeschäfte von höchstens vier Unternehmen mit insgesamt 50 Fahrzeugen leiten. Bei seiner Tätigkeit hat er ausschließlich die Interessen des Unternehmens zu vertreten und muss unabhängig von Unternehmen sein, für die das Unternehmen Beförderungen durchführt.
Zu den Aufgaben des Verkehrsleiters gehören insbesondere das Instandhaltungsmanagement für die Fahrzeuge, die Prüfung der Beförderungsaufträge und -dokumente, die grundlegende Rechnungsführung, die Zuweisung der Ladung oder der Fahrdienste an die Fahrer und Fahrzeuge sowie die Prüfung der Sicherheitsverfahren.

Welche Anforderungen muss der Verkehrsleiter erfüllen?

1. Ständiger Aufenthalt (Wohnsitz) in der EU
2. Tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrsgeschäfte des Unternehmens
3. Fachliche Eignung
  • Die fachliche Eignung wird in der Regel durch eine Prüfung bei der für den Wohnort des Prüflings zuständigen IHK nachgewiesen.
     
  • Die fachliche Eignung kann auch nachgewiesen werden durch eine mindestens zehnjährige leitende Tätigkeit in dem Zeitraum vor dem 4. Dezember 2009 (d. h. mindestens im Zeitraum vom 4. Dezember 1999 bis zum 4. Dezember 2009) ohne Unterbrechung in einem Unternehmen, das Güterverkehr betreibt. Die leitende Tätigkeit muss in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union erbracht worden sein. Sie muss die zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens erforderlichen Kenntnisse in den maßgeblichen Sachgebieten vermittelt haben. Eine entsprechende Bescheinigung ist bei der für den Wohnort des Antragstellers zuständigen IHK zu beantragen.
     
  • Als fachliche Eignung gilt auch eine bestandene Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder in einer beruflichen IHK-Weiterbildung bzw. durch bestimmte Studienabschlüsse.
    Derzeit werden anerkannt:
    • Speditionskaufleute,
    • Kaufleute im Eisenbahn- und Straßenverkehr (Fachrichtung Güterverkehr),
    • Verkehrsfachwirt,
    • Diplom- Betriebswirte im Ausbildungsbereich Wirtschaft, Fachrichtung Spedition der Berufsakademien Lörrach und Mannheim oder im Fachbereich Wirtschaft I, Studiengang Verkehrswirtschaft und Logistik, Fachrichtung Güterverkehr der Fachhochschule Heilbronn sowie Bachelor of Arts, Studiengang Betriebswirtschaftslehre/Spedition, Transport und Logistik der Berufsakademien Lörrach und Mannheim oder im Studiengang Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik, Vertiefungsrichtung Verkehrslogistik der Hochschule Heibronn.
Voraussetzung ist jedoch, dass die entsprechende Ausbildung vor dem 4. Dezember 2011 begonnen wurde.

4. Persönliche Zuverlässigkeit
  • Die persönliche Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters darf insbesondere nicht durch Verurteilungen oder Sanktionen auf Grund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Vorschriften in folgenden Bereichen in Frage gestellt sein:
    • Handelsrecht
    • Insolvenzrecht
    • Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche
    • Straßenverkehr
    • Berufshaftpflicht
    • Menschen- und Drogenhandel
    • Steuerrecht
       
  • Gegen den Verkehrsleiter darf in keinem Mitgliedsstaat ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion wegen eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht insbesondere in den folgenden Bereichen verhängt worden sein:
     
    • Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,
    • höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,
    • Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,
    • Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge,
    • Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenverkehrs,
    • Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße,
    • Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in bestimmten Fahrzeugen,
    • Führerscheine,
    • Zugang zum Beruf,
    • Tiertransporte,
    • Entsendung von Arbeitnehmern im Kraftverkehr,
    • Auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht,
    • Kabotage.
       
  • In den EG-Verordnungen sind eine Reihe von Verstößen aufgeführt, die zum Entzug bzw. zur Verweigerung der persönlichen Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters führen können:
    • Überschreitung der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeit um 25 Prozent oder mehr
    • Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit um 50 Prozent oder mehr während der täglichen Arbeitszeit
    • Fehlender Fahrtenschreiber und/oder fehlender Geschwindigkeitsbegrenzer oder Vorhandensein und/oder Verwendung einer betrügerischen Vorrichtung, durch die die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts und/oder der Geschwindigkeitsbegrenzer verändert werden können, oder Fälschung der Schaublätter oder der vom Fahrtenschreiber und/oder von der Fahrerkarte heruntergeladenen Daten
    • Fahren ohne gültigen Nachweis der technischen Überwachung, falls ein solches Dokument nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist, und/oder sehr schwerwiegende Mängel u. a. an Bremssystem, Lenkanlage, Rädern/Reifen, Federung oder Fahrgestell, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird
    • Beförderung gefährlicher Güter, deren Beförderung verboten ist oder die mit verbotenen oder nicht zugelassenen Mitteln zur Verwahrung oder ohne entsprechende Gefahrgutkennzeichnung am Fahrzeug befördert werden, von der eine solche Gefahr für Menschenleben und Umwelt ausgeht, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird
    • Beförderung von Personen oder Waren ohne gültigen Führerschein oder durch ein Unternehmen, das nicht im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz ist
    • Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte, einer Karte eines anderen Fahrers oder einer Karte, die auf der Grundlage falscher Angaben und/oder gefälschter Dokumente erlangt worden ist
    • Güterbeförderung unter Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse um 20 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen und um 25 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 12 Tonnen

Verkehrsunternehmerdatei
Die Namen der von den Unternehmen der jeweiligen zuständigen Erlaubnisbehörde im Rahmen der EU-Lizenz-Verfahren benannten Verkehrsleiter werden an das Bundesamt für Güterverkehr weitergeleitet. Dieses unterhält eine "Verkehrsunternehmerdatei", deren Inhalte teilweise auch öffentlich einsehbar sind.

Da zur Aufnahme in die „Verkehrsunternehmerdatei“ ein Fachkundenachweis mit einer Bescheinigungsnummer erforderlich ist, sollten bisher akzeptierte Nachweise ohne Nummerierungen (z. B. alte Fachkundebescheinigungen ohne Nummer oder Prüfungszeugnisse Speditionskaufmann etc.) bei der für den Wohnsitz zuständigen IHK/HK in eine Fachkundebescheinigung nach der EG-Verordnung 1071/2009 umgetauscht werden.