Nachfolge regeln - Innovationskraft erhalten!

Neue Produkte mit immer kürzeren Produktlebenszyklen stürmen auf die weltweiten Märkte und das macht auch vor dem Mittelstand nicht Halt. Jedoch gelten deutsche KMU als äußerst innovativ. Aufgrund ihrer oft schlanken Strukturen können sie sich schnell an sich verändernde Umweltbedingungen anpassen und ihre Wettbewerbsvorteile behaupten. Im Zuge eines Generationswechsels wird die Innovationsfähigkeit vieler Familienunternehmen auf die Probe gestellt.
In den letzten Jahren vor der Unternehmensnachfolge gewinnen oftmals die persönlichen Ziele der abgebenden Generation wie z. B. Altersvorsorge oder außerbetriebliche Betätigungen an Bedeutung. Die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, lässt nach. Damit wächst die Gefahr, dass diese Unternehmen durch die fehlende Innovationsbereitschaft ihre Marktstellung verlieren. In diesem Kontext bilden sich fünf typische Problemkreise:
  •  "Gefahr" der strategischen Neuausrichtung
    Viele deutsche Familienunternehmen blicken auf eine traditionsreiche Vergangenheit zu-rück. Das Festhalten und Anpassen an einen Markt prägt die Historie dieser Unternehmen. Bricht der Markt jedoch weg, wird Beständigkeit zur Gefahr. Die von den Nachfolgern angemahnte Notwendigkeit, neue Märkte zu erschließen, wird von den Übergebern schnell als "Verrat" an den eigenen unternehmerischen Entscheidungen empfunden. In einer Situation, in der schnelles Handeln erforderlich ist, droht die Entscheidungsohnmacht.
  • Geringe Investitionsbereitschaft
    Unternehmer vor dem Generationswechsel lassen oftmals in der Investitionsbereitschaft nach. Damit versetzen sie das Unternehmen mitunter in eine existenzbedrohende Lage. Denn neben dem Kaufpreis muss der potenzielle Käufer zusätzlich die fälligen Investitionen finanzieren. Fehlt dem Unternehmen die nötige Ertragskraft, um den hohen Kapitaldienst zu decken, droht die Nachfolge zu scheitern.
  • Überhastetes Handeln
    Häufig wollen Nachfolger direkt nach dem Eintritt alle Ideen, die sie haben, sofort umsetzen. Doch dies kann auf Widerstand aus allen Reihen stoßen und das eigentliche Innovationspotenzial verpufft.
  • Gefahr der Doppelspitze
    Ein Erfolgsfaktor im Nachfolgeprozess kann die Zusammenarbeit von Nachfolger und Übergeber sein. Auf diese Weise wird der Nachfolger langsam in die Management Prozesse involviert und knüpft Beziehungen zu Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden. Die Doppelspitze kann dann zur Innovationsfalle werden, wenn nicht konsistent geführt wird. Machtspiele zwischen Übergeber und Übernehmer und die fehlenden Entscheidungskompetenzen lähmen die Innovationsfähigkeit.
  • Fehlende Infrastruktur
    Die Innovationskraft von mittelständischen Unternehmen ist nicht zuletzt abhängig von ihrer Organisationsstruktur. Eine offene Führungskultur ist in diesem Zusammenhang wichtig. Trifft ein ideenreicher Nachfolger auf ein patriarchal geprägtes Team, werden die strategische Neuausrichtung und die Implementierung von Innovationen zur Herausforderung.
Auch während des Generationswechsels muss die Innovationskraft im Unternehmen erhalten bleiben. Folgende Lösungsansätze haben bewährt:
  • Die frühzeitige Trennung von Privat- und Unternehmensvermögen hilft der nächsten Generation, Veränderungen zu realisieren und ermöglicht gleichzeitig eine flexiblere Gestaltung des Kaufpreises.
  • Um eine Innovationslücke zu vermeiden, sollte der Nachfolger in strategische Themenfelder frühzeitig integriert werden. Oft löst die frühzeitige Übergabe der Geschäftsführung die Gefahr unzureichender Innovationen.
  • Um Einbußen in Bezug auf Wert, Attraktivität und Preis des Unternehmens zu vermeiden, müssen notwendige Investitionen bis zum endgültigen Wechsel getätigt und kreative  Finanzierungslösungen gefunden werden.
  • Die Breite der Altersstruktur sowie die Heterogenität der Belegschaft fördern die Innovationsfähigkeit.
  • Eine Ruhestandsplanung hilft dem Altinhaber, der nächsten Generation Platz zu machen.
Im Generationswechsel trifft Änderungsbedarf auf den Wunsch nach Beständigkeit. Um diese Herausforderung zu meistern und die Chance zu nutzen, muss die Innovationskraft der neuen Generation systematisch zusammengebracht werden mit dem langjährigen Know-how der abge-benden Generation – auch das gehört zu einem professionellen Nachfolgemanagement dazu.
Autoren: Prof. Dr. Birgit Felden, Leiterin des Studiengangs Unternehmensgründung und -nachfolge und Direktorin des EMF-Instituts der HWR Berlin sowie Vorstand der Kölner TMS Unternehmensberatung AG und Jonas Pickhardt (M.Sc.), Berater der TMS Unternehmensberatung AG