Steuerliche Außenprüfung: geänderter Verfahrensrahmen ab 2025
Der Gesetzgeber hat Änderungen des steuerlichen Verfahrensrechts im Zusammenhang mit der Außenprüfung (Betriebsprüfung) beschlossen. Diese Änderungen werden auf nach dem 31. Dezember 2024 entstehende Steuern und nach diesem Zeitpunkt angeordnete Außenprüfungen Anwendung finden.
Bundestag und Bundesrat haben am 10. November bzw. am 16. Dezember 2022 das DAC 7-Umsetzungsgesetz beschlossen. Das Gesetz bringt neben der Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Steuerrechts auch Änderungen der Abgabenordnung, die die steuerliche Außenprüfung betreffen. Wir möchten hier über diese Änderungen des steuerlichen Verfahrensrechts, die – soweit nachstehend nicht anders erwähnt – erst im Zeitraum ab dem 1. Januar 2025 anwendbar sein werden, zeitnah berichten.
Die Neuregelungen sollen die verfahrensrechtlichen Rahmenbedingen der Außenprüfung reformieren. Außenprüfungen sollen früher begonnen und abgeschlossen werden, um aus einer langen Prüfungsdauer resultierende Belastungen für die Steuerpflichtigen zu reduzieren und um Steueraufkommen zeitnäher zu realisieren. Dies soll durch die folgenden Kernregelungen erreicht werden, die nach unserer Einschätzung allerdings im Wesentlichen verfahrensrechtliche Verschärfungen für die Steuerpflichtigen beinhalten:
1. Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen
Zukünftig erhält die Finanzbehörde gemäß § 90 Abs. 4 AO n.F. das Recht, jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen über Verrechnungspreise zu verlangen. Im Falle einer Außenprüfung hat der Steuerpflichtige die Aufzeichnungen zudem ohne gesondertes Verlangen innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. Bisher kann die Finanzverwaltung die Vorlage von Aufzeichnungen über Verrechnungspreise regelmäßig nur im Rahmen von Außenprüfungen mit einer Frist von 60 Tagen verlangen. In Fachkreisen wird die Gesetzesänderung zudem in dem Sinne interpretiert, dass die Finanzbehörde zukünftig stets die Vorlage der vollständigen Verrechnungspreisdokumentation (Master File und Local File) verlangen kann, während sie nach der aktuellen Gesetzeslage nur die für eine konkrete Außenprüfung relevanten Daten anfordern kann. Die kurze Vorlagefrist von 30 Tagen kann in der Praxis bedeuten, dass Unternehmen diese Frist tatsächlich nur einhalten können, wenn sie die Dokumentation der Verrechnungspreise laufend erstellen, im Sinne einer „Vorratsdokumentation“, um im Falle einer später etwa angeordneten Außenprüfung eine Dokumentation bereits parat zu haben.
2. Zuschläge wegen verspäteter Vorlage von Aufzeichnungen
Die Verschärfung der Regelungen zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation wird durch § 162 Abs. 2 AO n.F. flankiert, der festlegt, dass die Finanzverwaltung den (der Höhe nach durch die Neuregelung nicht geänderten) Zuschlag wegen einer verspäteten Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen in Zukunft auch kurzfristig festsetzen kann, nämlich für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen. Hinsichtlich der Zuschläge für die Nichtvorlage und die Vorlage von im Wesentlichen nicht verwertbaren Aufzeichnungen bleibt es hingegen dabei, dass sie regelmäßig erst nach Abschluss der Außenprüfung festgesetzt werden können.
3. Behördlicher Datenzugriff im Rahmen der Außenprüfung
§ 147 Abs. 7 AO n.F. legt fest, dass die Finanzverwaltung Daten, die ein Steuerpflichtiger aufgrund seiner Verpflichtung gemäß § 147 Abs. 6 AO zur Verfügung stellt, auf mobilen Datenverarbeitungssystem (Laptop) aufbewahren und verarbeiten darf, unabhängig vom Einsatzort des Datenverarbeitungssystems. Diese Neuregelung ist seit 1. Januar 2023 in Kraft.
4. Hemmung des Eintritts der Festsetzungsverjährung durch die Außenprüfung
Eine Außenprüfung führt zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist für Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt (Ablaufhemmung). Die Steuern verjähren daher später und können noch nach Abschluss der Außenprüfung festgesetzt werden. Bisher endet die Ablaufhemmung spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung stattgefunden hat, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind. Praktisch bedeutet dies, dass der Finanzverwaltung zur Auswertung der Prüfungsergebnisse und ggf. zur Änderung der Steuerfestsetzung die gesamte Festsetzungsfrist von in der Regel 4 Jahren zur Verfügung steht. § 171 Abs. 4 AO n.F. legt zukünftig fest, dass die Ablaufhemmung im Grundsatz spätestens endet, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde, fünf Jahre verstrichen sind. Dadurch wird der Eintritt der Festsetzungsverjährung aus Sicht der Steuerpflichtigen grundsätzlich berechenbarer, weil die zeitlichen Bezugspunkte der Ablaufhemmung (Starttermin und Dauer der Ablaufhemmung) feststehen.
5. Teilabschlussbescheid zur Feststellung abgrenzbarer Besteuerungsgrundlagen
Zukünftig kann die Finanzverwaltung gemäß § 180 Abs. 1a AO n.F. Besteuerungsgrundlagen, die sie im Rahmen einer Außenprüfung ermittelt und die abgrenzbar sind, bereits während der laufenden Außenprüfung (spätestens bis zur Vorlage des Prüfungsberichtes gemäß § 202 Abs. 1 AO) durch einen Teilabschlussbescheid gesondert feststellen. In diesem Fall ergeht gemäß § 202 Abs. 3 AO n.F. ein (begleitender) Teilabschlussbericht. Praktisch vermittelt der Teilabschlussbescheid frühzeitig Rechts- und Planungssicherheit, was z.B. Maßnahmen und Transaktionen, für die die steuerliche Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes vorgreiflich ist, erleichtern kann. Der Steuerpflichtige kann den Erlass eines Teilabschlussbescheides verlangen, wenn er ein erhebliches Interesse daran glaubhaft macht. Der Begriff des erheblichen Interesses ist allerdings nicht näher erläutert und bedarf weiterer Klärung.
6. Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen
Gemäß § 200a AO n.F. hat die Finanzverwaltung zukünftig die Möglichkeit, den in § 200 Abs. 1 AO festgelegten Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen in einer Außenprüfung (u.a. Erteilung von Auskünften, Vorlage von Aufzeichnungen) durch ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen zur Durchsetzung zu verhelfen. Sind seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung 6 Monate verstrichen und ist der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, obwohl die Finanzbehörde auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen hatte, kann die Finanzverwaltung ohne weitere Begründung die qualifizierte Mitwirkungspflicht verfügen. Das Mitwirkungsverlangen muss grundsätzlich innerhalb einer Frist von einem Monat seit seiner Bekanntgabe erfüllt werden. Tritt eine Mitwirkungsverzögerung ein, weil der Steuerpflichtige keine ausreichende Mitwirkung innerhalb der Monatsfrist leistet, ohne dass er die Entschuldbarkeit der Verzögerung glaubhaft macht, wird gegen ihn zwingend ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt. Dieses ist der Höhe nach auf maximal 11.250 Euro begrenzt. Das Finanzamt kann allerdings einen Zuschlag festsetzen, wenn zu befürchten ist, dass der Steuerpflichtige anderenfalls aufgrund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Dies ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige in einem der von der Außenprüfung umfassten Kalenderjahre einen Umsatzerlös von mindestens 12 Millionen Euro erzielt hat oder er zu einem Konzern gehört, der in einem von der Außenprüfung umfassten Kalenderjahr konsolidierte Umsatzerlöse in Höhe von mindestens 120 Millionen Euro erzielt hat. Der Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt bis zu T€ 25 für jeden Tag der Mitwirkungsverzögerung und kann für höchstens 150 Kalendertage festgesetzt werden. Mithin kann ein Zuschlag im Einzelfall bis zu 3.750.000 Euro betragen.