Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

l. Haager Übereinkommen vom 2. Juli 2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

Das internationale Anerkennungs- und Vollstreckungssystem von gerichtlichen Entscheidungen ist äußerst fragmentiert. Vollstreckungsgläubiger müssen sich daher mit unzähligen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften von Drittländern über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen ebenso wie mit bilateralen, regionalen und multilateralen Übereinkommen auseinandersetzen. Damit diese Komplexität verringert wird, erfolgte im Juli 2019 die Annahme des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Mit dessen einheitlichen Regeln sollen die Anerkennung und Vollstreckung zwischen den Vertragsstaaten, also auch zu Drittländern vereinfacht und der multilaterale Handels- und Investitionsverkehr erleichtert werden. Die praktischen Auswirkungen werden sich jedoch aufgrund der noch sehr geringen Anzahl der Vertragsparteien zunächst in Grenzen halten. Sollten weitere Staaten – insb. die USA – bald nachziehen und das Abkommen ebenfalls ratifizieren, sind deutlich mehr Anwendungsfälle zu erwarten.
Das Abkommen verpflichtet Staaten, gerichtliche Entscheidungen, die in dem Staat, in dem sie ergangen, in Kraft getreten und vollstreckbar sind, in einem anderen Vertragsstaat nach den Regeln des Übereinkommens anerkannt und vollstreckt werden können. Die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckung ist nur aus den im Übereinkommen selbst genannten Gründen möglich. Eine abschließende Aufzählung solcher Versagungsgründe ist Art. 7 des Abkommens zu entnehmen. Zu ihnen zählen bspw. die betrugsweise Erlangung der Entscheidung oder ein Verstoß gegen den ordre public des ersuchten Staates.
Eine erneute Prüfung der Sachentscheidung im ersuchten Staat ist nicht zulässig. Anwendbar ist das Abkommen nach Art. 1 Abs. 1 auf Zivil- und Handelssachen, nicht jedoch auf Steuer- und Zollsachen sowie auf verwaltungsrechtliche Angelegenheiten. Ausgenommen vom Anwendungs-bereich sind auch diverse Teilgebiete des Zivilrechts, so z.B. das Familien- und Erbrecht, das Insolvenzrecht, Streitigkeiten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums sowie Teile des Kartellrechts, vgl. Aufzählung in Art. 2 Abs. 1a) – q).
Gerichtliche Vergleiche können im ersuchten Staat wie eine Entscheidung vollstreckt werden, sofern sie auch im Ursprungsstaat in derselben Weise wie eine Entscheidung vollstreckbar sind.

ll. Beitritt der Europäischen Union

Am 29. August 2022 hat die Europäische Union ihre Beitrittsurkunde zu diesem Übereinkommen hinterlegt. 
Für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme des Königreiches Dänemark) wird das Übereinkommen zwölf Monate nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde, also am 01. September 2023, verbindlich werden, soweit innerhalb dieser Frist kein anderer Vertragsstaat dem Beitritt widersprochen hat, was nicht geschehen ist.
Mit dem künftigen Beitritt weiterer Staaten wird die internationale Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zukunft weiter erleichtert werden. Eine Liste der jeweils beigetretenen Vertragsstaaten ist hier zu finden. 
Um die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zeitgerecht und vollständig umsetzen zu können, bedarf es einiger Durchführungsvorschriften im deutschen Recht. Zudem soll die Zuständigkeit für das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile nach der Zivilprozessordnung modifiziert werden.

III. Haager Konferenz (“HCCH”) für Internationales Privatrecht