Schiedsgerichtsbarkeit - FAQs

1. Was ist Schiedsgerichtsbarkeit?

Die Schiedsgerichtsbarkeit wurde von der Kaufmannschaft als ein ihren Interessen besonders entsprechendes Streitklärungsinstrument erfunden. Schiedsgerichte sind private, d.h. nichtstaatliche Gerichte, die über Streitigkeiten abschließend und rechtsverbindlich entscheiden. Da der privaten Schiedsgerichtsbarkeit anders als der ordentlichen Gerichtsbarkeit keine staatliche Macht zukommt, kann ein Schiedsgericht nur dann über eine Streitigkeit richten, wenn sich die Parteien des Streits zuvor darauf geeinigt haben. Dadurch wird der Rechtsweg zu den staatlichen Zivilgerichten (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof) ausgeschlossen. Solche Einigungen sind zwischen Kaufleuten nicht unüblich. Ein Schiedsverfahren ähnelt im Ablauf einem „normalen” Gerichtsverfahren: Die Parteien fertigen Schriftsätze, es findet in der Regel eine mündliche Verhandlung statt. Auch können Beweisaufnahmen durchgeführt werden. Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen hat wie ein Urteil. Bei aller Ähnlichkeit zum Gerichtsverfahren: Die Schiedsrichter sind in der Verfahrensgestaltung wesentlich freier und flexibler als die Richter eines staatlichen Gerichtes. Auch können die Parteien stärker Einfluss auf das Verfahren nehmen. Zum Beispiel werden sie bei der Auswahl der Schiedsrichter beteiligt oder sie können den Verhandlungsort und die Verfahrenssprache einvernehmlich regeln. Diese Flexibilität kann zu schnellen und preisgünstigen Lösungen führen, die vor einem staatlichen Gericht nicht zu erzielen wären.

2. Welche Arten von Schiedsgerichten gibt es?

Es gibt zwei Arten von Schiedsgerichten: die sogenannten institutionellen Schiedsgerichte und ad-hoc Schiedsgerichte. Institutionelle Schiedsgerichte sind mit einer Institution, häufig einer Handelskammer oder einem Unternehmensverband, verbunden. Diese stellen eine Verfahrens- und meistens auch eine Kostenordnung bereit und unterstützen die Parteien bei der Einleitung und zum Teil auch während des gesamten Schiedsverfahrens. Ein ad-hoc Verfahren findet ohne die Unterstützung einer Institution statt, die Parteien und die Schiedsrichter führen das Verfahren dann in Eigenregie.

3. Institutionelle Schiedsgerichte

Schiedsgerichte in Bremen
  • Schiedsgericht der Handelskammer Bremen:
Die Handelskammer Bremen stellt in einer jahrhundertealten Tradition der Kaufmannschaft Schiedsverfahren zur Streitbeilegung zur Verfügung. Damit werden - unabhängig von der ordentlichen Gerichtsbarkeit – sachnah und schnell wirtschaftliche Streitigkeiten gelöst werden.
  • Hanseatisches Schiedsgericht:
Das Hanseatische Schiedsgericht, eine Kooperation der Handelskammern Bremen und Hamburg, bietet Unternehmen eine moderne und effiziente Alternative zur traditionellen Gerichtsbarkeit. Mit einer klaren Ausrichtung auf professionelle Schiedsgerichtsbarkeit wird ein entscheidender Beitrag zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Norddeutschland geleistet. Es werden die Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der DIHK als einheitliche Verfahrensordnung genutzt. Die Verfahren werden über die zentrale digitale Verfahrensmanagementplattform (VMP) effizient durchgeführt. Die Verfahren werden direkt in Hamburg oder Bremen verwaltet. Beide Kammern übernehmen dabei die persönliche Betreuung der Parteien, beispielsweise durch Unterstützung bei der Auswahl der Schiedsrichter, Organisation der Verhandlungen und Verwaltung von Verfahrenskosten.

Internationale Schiedsgerichte im Ausland

Neben dem Bremer Schiedsgericht ist in Deutschland der Schiedsgerichtshof bei der DIHK zu nennen. Ferner ist die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) zu nennen. Das wohl bekannteste Schiedsgericht in Europa ist das der ICC International Chamber of Commerce (Paris). Bekannte europäische Schiedsgerichte gibt es zum Beispiel auch in der Schweiz, in England, Schweden und Österreich. Den Parteien steht es grundsätzlich frei, sich durch die Aufnahme einer entsprechenden Schiedsklausel in ihrem Vertrag für das Schiedsgericht ihrer Wahl zu entscheiden.

4. Worin besteht der Unterschied zu Schlichtung und Mediation?

Anders als bei der Schlichtung und der Mediation entscheidet das Schiedsgericht am Ende des Verfahrens verbindlich über die geltend gemachten Ansprüche. Diese Entscheidung hat für die Parteien die Wirkung eines staatlichen Urteils. Die Schiedsrichter können sich also nicht darauf beschränken, allein oder mit den Parteien eine mögliche Lösung auszuarbeiten und den Parteien vorzuschlagen, sich auf deren Umsetzung zu einigen. Allerdings werden auch die Schiedsrichter ausloten, ob die Chance zu einer gütlichen Einigung besteht. Bei der Mediation vermittelt ein unparteiischer Dritter – der Mediator – zwischen den Parteien. Sie findet nur statt, wenn beide Parteien sich darauf einigen. Der Mediator unterstützt dabei, eine gemeinsame Lösung für den bestehenden Konflikt zu erarbeiten. Der Mediator selbst trifft keine Entscheidung. Er macht am Ende der Verhandlung einen Einigungsvorschlag, der allerdings nicht verbindlich ist.

5. Worin bestehen die Vorteile eines Schiedsverfahrens gegenüber einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten?

Die Schiedsgerichtsbarkeit wurde von der Kaufmannschaft als Alternative zu den Verfahren vor den staatlichen Gerichten entwickelt, um die damit mitunter verbundenen Unzulänglichkeiten zu vermeiden.
Schiedsgerichtsbarkeit ist schnell: Die Schiedsrichter sind private Dienstleister, die als solche sofort für die Bearbeitung zur Verfügung stehen (andernfalls sollten sie nicht ausgewählt werden). Daher können Zeitverluste vermieden werden, die bei der Einschaltung der überlasteten staatlichen Gerichte in der Regel unumgänglich sind. Auch das Verfahren selbst kann flexibler und unbürokratischer und daher häufig schneller geführt werden als ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten. Schließlich gibt es bei den meisten Schiedsgerichten weder Berufungs- noch Revisionsinstanz. Mit dem Schiedsspruch der ersten und einzigen Instanz ist der Streit endgültig und verbindlich entschieden. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten sind daher in der Schiedsgerichtsbarkeit sehr selten.
Freie Wahl der Schiedsrichter: Im Schiedsverfahren wählen die Parteien die Schiedsrichter selbst und können dabei auf spezielle Fachkompetenz und Erfahrung achten. Schiedsrichter müssen nicht zwingend Juristen sein. Bestehen Zweifel an deren Unparteilichkeit oder erfüllen sie ihre Aufgaben nicht, können sie durch ein Gericht abgelehnt werden.
Weite Gestaltungsmöglichkeiten: Die Parteien können das Schiedsverfahren flexibel nach ihren Bedürfnissen gestalten. Sie einigen sich oft auf bestimmte Verfahrensordnungen, wie etwa das Schiedsregulativ der Handelskammer Bremen, die Schiedsordnung des Hanseatischen Schiedsgerichts oder die Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs, und können diese in gewissen Grenzen individuell anpassen.
Verfahren in einer Instanz: Im Gegensatz zu staatlichen Gerichtsverfahren gibt es in Deutschland bei Schiedsverfahren nur eine Instanz, sodass gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts keine Berufung möglich ist. Ein staatliches Gericht kann den Schiedsspruch jedoch aufheben, wenn bestimmte Gründe vorliegen, etwa eine ungültige Schiedsvereinbarung, fehlende Kenntnis des Verfahrens einer Partei, nicht erfasste Streitigkeit, Verfahrensfehler, fehlende Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes oder ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung.
Schiedsgerichtsbarkeit ist vertraulich: Das Verfahren ist von Schiedsrichtern und Parteien streng vertraulich zu behandeln. Anders als beim öffentlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten können vertrauliche Details daher nicht nach außen dringen. Viele Unternehmen sehen dies als einen ganz wesentlichen Vorteil.
Verhandlungssprache: Die Parteien sind in der Wahl der Verhandlungssprache frei, sofern die vereinbarte Schiedsordnung dies zulässt.
Schiedsgerichtsbarkeit kann Geschäftsbeziehungen bewahren: Die Führung eines Schiedsverfahrens wird wegen der kaufmännischen Wurzeln der Schiedsgerichtsbarkeit von vielen Unternehmern als eine adäquate Form der Streitbeilegung angesehen. Nach Abschluss des Schiedsverfahrens, das im übrigen sehr häufig mit einer einvernehmlichen Einigung endet, können die Geschäfte häufig unbelasteter weitergeführt werden als dies nach Führung eines Gerichtsprozesses der Fall ist.
Schiedsgerichte schaffen im Ausland vollstreckbare Titel: Schiedssprüche sind nach einer Vollstreckbarkeitserklärung durch das zuständige Oberlandesgericht vollstreckbar. Im internationalen Bereich sind Schiedssprüche sehr häufig wesentlich leichter zu vollstrecken als deutsche Urteile. Das liegt daran, dass eine sehr große Zahl von Staaten dem sogenannten New Yorker Abkommen von 1958 beigetreten sind (Liste der Staaten), das die Vollstreckung von Schiedssprüchen im Ausland regelt. Hinzukommen weitere entsprechende Abkommen zwischen Deutschland und anderen Staaten. Deutsche Urteile sind dagegen nicht überall auf der Welt vollstreckbar. In China oder Russland zum Beispiel kann grundsätzlich aus einem deutschen Schiedsspruch vollstreckt werden, nicht aber aus einem deutschen Gerichtsurteil.

6. Nach welchen Regeln bestimmen sich Schiedsverfahren?

Die Schiedsrichter und Parteien haben stets die §§ 1025-1066 der Zivilprozessordnung zu beachten, die das Recht des Schiedsverfahrens regeln. Die meisten dieser Regelungen können aber einvernehmlich abbedungen, abgeändert oder ergänzt werden. Dies kann entweder durch die Schiedsordnung der jeweiligen Institution geschehen, vor dessen Schiedsgericht der Fall verhandelt wird, oder aber durch Vereinbarungen der Parteien.

7. Was ist eine Schiedsklausel und wie sollte sie formuliert werden?

Ein Schiedsgericht kann nur dann über einen geltend gemachten Anspruch entscheiden, wenn seine Zuständigkeit von den Parteien vereinbart wurde. In aller Regel vereinbaren die Parteien dies bereits bei Abschluss des Vertrages durch die Aufnahme einer Schiedsklausel. Es kommt vor, dass den Parteien bei der Formulierung von Schiedsklauseln Formfehler unterlaufen. Oft wird aus ihnen nicht hinreichend klar, welches Schiedsgericht zuständig sein soll, oder es gibt andere rechtliche Probleme. Wir empfehlen deshalb, die von den jeweiligen Institutionen entworfenen Musterklauseln zu verwenden. Dann besteht keine Gefahr, dass die Klausel unwirksam ist und dass Sie sich doch noch an das staatliche Gericht wenden müssen.
Die Tätigkeit des Schiedsgerichts der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven kann mit folgender Musterklausel zwischen den Parteien Vereinbart werden:
"Alle Streitigkeiten, die aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag (genaue Bezeichnung des Vertrags) resultieren oder dessen Gültigkeit betreffen, werden nach dem Schiedsgerichtsregulativ der Handelskammer Bremen in seiner jeweils gültigen Fassung unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs endgültig entschieden."
Ergänzend sollte die Anzahl der Richter, das anwendbare materielle Recht und die Sprache des Verfahrens festgelegt werden. Mit Aufnahme dieser oder einer ähnlich lautenden Schiedsklausel in den Vertrag legen sich die Parteien verbindlich auf ein Schiedsgerichtsverfahren und das Schiedsgerichtsregulativ der Handelskammer Bremen fest.
Der Schiedsgerichtshof bei der DIHK stellt die nachfolgenden Musterklauseln zur Vereinbarung eines SGH-Schiedsverfahrens zur verfügung. Sie können in Verträge aufgenommen oder gesondert vereinbart werden. Die Klauseln können mit den unten genannten optionalen Regelungen ergänzt werden. Die Klauseln sollten im Übrigen nicht verändert werden.
a. Schiedsgerichtsklausel:
„Alle Streitigkeiten, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer endgültig entschieden.“
Optionale Ergänzungen:
„Die Administrierung des Schiedsverfahrens erfolgt durch … [bitte IHK oder AHK aus Anlage 4 der Schiedsregeln des SGH angeben].“

„Der Schiedsort ist … [bitte gewünschten Ort angeben].“

„Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt … [bitte 1 oder 3 angeben].“

„Die Regelungen des „Fast-Track-Schiedsverfahrens“ gemäß § 20 der Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind anwendbar.“

„Das in der Sache anwendbare Recht ist das Recht des Landes … [bitte gewünschte Rechtsordnung angeben].“

„Vertragsstrafe bei Verletzung der Vertraulichkeit: --­€ [bitte den von den Parteien als angemessen erachteten Betrag einsetzen].“

„Verfahrenssprache vor dem Schiedsgericht ist … [bitte Deutsch oder Englisch angeben].“

b. Mediations- und Schiedsgerichtsklausel:
„Die Parteien verpflichten sich, im Falle einer sich aus dem vorliegenden Vertrag oder über seine Gültigkeit ergebenden oder sich darauf beziehenden Streitigkeit zunächst eine Mediation nach den Bestimmungen der Industrie- und Handelskammer … [bitte gewünschte IHK angeben, die Mediation anbietet] durchzuführen.“

Sollten die Parteien innerhalb von 6 Wochen nach Einleitung des Mediationsverfahrens keine Einigung erzielt haben, kann jede Partei eine Schiedsklage nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer erheben. Über alle noch verbleibenden Streitigkeiten wird dann unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer endgültig entschieden.“

Optionale Ergänzungen:
„Die Administrierung des Schiedsverfahrens erfolgt durch … [bitte IHK oder AHK aus Anlage 4 der Schiedsregeln des SGH angeben].“

„Der Schiedsort ist … [bitte gewünschten Ort angeben].“

„Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt … [bitte 1 oder 3 angeben].“

„Die Regelungen des „Fast-Track-Schiedsverfahrens“ gemäß § 20 der Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind anwendbar.“

„Das in der Sache anwendbare Recht ist das Recht des Landes … [bitte gewünschte Rechtsordnung angeben].“

„Vertragsstrafe bei Verletzung der Vertraulichkeit: --­€ [bitte den von den Parteien als angemessen erachteten Betrag einsetzen].“

„Verfahrenssprache vor dem Schiedsgericht ist … [bitte Deutsch oder Englisch angeben]."

8. Was kostet ein Schiedsverfahren?

Was ein Schiedsverfahren kostet, ist je nach Schiedsgerichtsinstitution sehr unterschiedlich geregelt. § 12 des Schiedsgerichtsregulativ der Handelskammer Bremen enthält die entsprechenden Regeln für dieses Schiedsgericht. Die Kosten setzen sich aus Verfahrensgebühren, die zwischen den Schiedsrichtern und unserer Handelskammer verteilt werden, und einer Verwaltungspauschale für die durch die Administration verursachten Kosten zusammen. Die Verfahrenskosten vor dem Schiedsgericht der Handelskammer Bremen sind, vergleicht man sie mit denen der Schiedsgerichten der DIS oder der ICC, sehr viel geringer. Wenn man die Gesamtkosten eines Schiedsverfahrens mit den Gesamtkosten eines Gerichtsprozesses (inklusive der Anwaltsgebühren), der durch mehrere Instanzen geführt wird, vergleicht, so rechnet sich die Anrufung des Schiedsgerichtes häufig. Bei Verfahren mit geringen Streitwerten, die meistens nicht in die 2. Instanz gehen, kann ein Gerichtsverfahren allerdings kostengünstiger sein.